Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

15.9.11

Polizeigewerkschaft klagt gegen Erkennungsschilder von Polizisten

Was die Polizeigewerkschaften in der Diskussion um Erkennungsschilder noch immer nicht verstanden haben, ist, dass Polizeibeamte im Dienst keine Privatpersonen sind, sondern Staatsgewalt ausüben, wobei die Betonung leider gelegentlich wirklich auf Gewalt liegt. Der Staat hat dem Bürger offen gegenüberzutreten. Anonymität ist etwas was der Bürger gegenüber dem Staat einfordern kann, aber nicht umgekehrt. Aus diesem Grund halte ich Erkennungsschilder bei Polizeibeamten – es müssen nicht zwingend Namensschilder sein – für eine rechtsstaatliche Selbstverständlichkeit. Der Skandal ist eigentlich eher der, dass es derartige Schilder nicht längst in ganz Deutschland gibt. Mit ihrer Klage gegen solche Erkennungsschilder offenbart die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG) eine bedenkliche rechtsstaatliche Haltung.

posted by Stadler at 21:51  

23 Comments

  1. Zumal solche Erkennungsschilder in anderen Ländern durchaus üblich sind und Deutschland somit mal wieder hinterher hinkt. Armes Deutschland.

    Comment by Heiko — 15.09, 2011 @ 21:58

  2. Treffende Argumentation. Eine wirklich bedenliche Haltung. Eine Form der Kennzeichnung, die Rückverfolgbarkeit gewährleistet, finde ich auch eine legitime Forderung.

    Comment by kopflast — 15.09, 2011 @ 21:59

  3. Aber dann kann sich doch keiner mehr in der Anonymität der Uniformen verbergen.

    Comment by Miraculix — 15.09, 2011 @ 22:19

  4. Diese Geisteshaltung ist aber nicht Speziell auf die Polizei beschränkt, sondern meines Erachtens vielmehr im ganzen öffentlichen Dienst verbreitet.

    So zum Beispiel die Fälle wo Lehrstuhlinhaber gegen die Veröffentlichung ihrer Namen vorgingen.
    Bedenklich finde ich, daß trotz vieler eindeutiger Gerichtsurteile es dennoch immer wieder versucht wird und sogar viele behördliche Datenschutzbeauftragte (also zumeist Juristen) sich dafür einspannen lassen.

    Comment by xwolf — 15.09, 2011 @ 22:38

  5. Wenn ich die Webseite der Polizeigewerkschaft richtig lese, dann geht die Klage auch nicht gegen die Kennzeichnung per se, sondern gegen die scharfkantigen Metallschilder.

    Wer auf die Idee gekommen ist, die Kennzeichnung mit Metallschildern machen zu wollen, wo bisher Filznamensschilder mit Velcrobefestigung üblich sind, erschliesst sich mir auch nicht.

    Comment by Ein Mensch — 15.09, 2011 @ 23:12

  6. http://dpolg.de/front_content.php?idcatart=1148&lang=1&client=1

    Comment by Ein Mensch — 15.09, 2011 @ 23:13

  7. Auch Mitarbeiter im öffentlichen Dienst sind Menschen und haben ihre Rechte. Ein Recht ist zum Beispiel das, von geharnischten Wutbürgern verfolgt zu werden. Punkt.

    Comment by Ebenfalls Mensch — 15.09, 2011 @ 23:30

  8. @7: Fehlt da ein „nicht“? Und wie verfolgt der Wutbürger eine pseudonyme Nummer, die von Einsatz zu Einsatz auch noch wechselt? Ideal sind deshalb Velcro-Nummernschilder analog der derzeit üblichen Namensschilder.

    http://www.ikastetiket.dk/de/namensschild_mit_klettband

    Comment by Ein Mensch — 16.09, 2011 @ 00:07

  9. Sie argumentieren:

    1. Polizisten im Dienst sind keine (!) Privatpersonen, sondern üben Staatsgewalt aus.

    2. Deshalb (!) muss bei einem Polizisten im Dienst stets klar sein, welche Privatperson in der Uniform steckt.

    Eine wirklich bestechende Logik.

    Genauso ungeeignet für Ihre Argumentation ist die Aussage, der Staat müsse dem Bürger offen gegenübertreten – das ist zwar richtig und in der Tat eine zwingende rechtsstaatliche Notwendigkeit, aber daraus ergibt sich nur, dass sich auf der Uniform ein Hinweis darauf befinden muss, dass hier „der Staat“ (allenfalls noch: der Bund respektive das Land Berlin oder der Kreis Neubrandenburg) prügelt. Aus der Aussage, dass „der Staat“ dem Bürger offen gegenüber treten muss, folgt nicht, dass die Privatpersonen, durch die der Staat handelt, das für sich persönlich ebenfalls müssen.

    Comment by G. Kraemer — 16.09, 2011 @ 02:09

  10. Was ist eigentlich das Problem? Bei der Bundeswehr tragen doch auch alle Namensschilder. Mit Klarnamen.

    Comment by Momo — 16.09, 2011 @ 05:58

  11. @Kraemer: So lange der Staat ein Haftungsregime installiert, in dem es zwingend erforderlich ist, den einzelnen Handelnden zu benennen, wenn man den Staat dafür in Anspruch nehmen will, muss er auch die Information über den Handelnden ermöglichen.

    Die Privatpersonen, die fü den Staat handeln, sind aber nicht privat und quasi über den Kern ihres Persönlichkeitsrecht geschützt unterwegs, sondern präsentieren den Staat idR aber auch sich selbst offen auf der Straße. Das ist bestenfalls äußerster Schutzbereich des Persönlichkeitsrechts. Kommt dann noch hinzu, dass die Tätigkeit selbst gewählt ist, muss man sich doch ziemlich stark fragen, wo hier die Schutzbedürftigkeit liegen soll.

    Comment by Malte S. — 16.09, 2011 @ 06:48

  12. @9. Ich vermag nicht zu sehen, wo eine KennNummer eine Person „privatisiert“. Mit Nummer werden Beschwerden gegen Polizisten eindeutig einer bestimmten Amtsperson zugeordnet. Sollte das Vergehen je vor Gericht landen, erfährt der Anwalt eines potentiellen Klägers den Namen sowieso, mit KennNummer ist nicht mehr so leicht möglich, sich mit der Masse seiner Kollegen zu tarnen.

    Comment by Jan — 16.09, 2011 @ 07:13

  13. @Mensch @6: Aus dem verlinkten Artikel geht eindeutig vor, dass es sich um eine Klage gegen die Verletztung der „Privatsphäre der Polizeibeamten“ handelt. Die scharfen Kanten der Schilder ist eindeutig ein Nebenpunkt, wenn auch ein sehr wichtiger.
    Interessanterweise wird an letztere Stelle auch von „Namens- oder Nummernschilder“ geschrieben.

    Comment by Werner — 16.09, 2011 @ 08:44

  14. …aber mit Kennnummer funktioniert das doch mit den anonymen Krawall-Anheizern von der Polizei nicht mehr?

    Comment by Frank — 16.09, 2011 @ 08:56

  15. Endlich das Video zur Satire:

    http://www.youtube.com/watch?v=DWFhkK5yylA

    Comment by Herbert Gauss — 16.09, 2011 @ 14:44

  16. Also wer sich als Polizist nichts zu schulden kommen lässt und immer freundlich und nett ist, der hat ja nichts zu befürchten. ;-)

    Comment by kopflast — 16.09, 2011 @ 17:26

  17. Ich kann verstehen, dass Polizisten den Gedanken an „Sonderstatusverhältnisse“ nur bei Strafgefangenen mögen… Ich hab auch wütende Proteste geerntet, als ich denen mal erklärt habe, dass sie keine Grundrechte haben, die sie dagegen schützen, dass ihre Funkkommunikation im Dienst aufgezeichnet wird.
    Da fragt man sich schon, was die auf ihren FHs im öffentlichen Recht lernen…

    Comment by Bernhard — 16.09, 2011 @ 17:28

  18. Auch wenn ich das in meiner Dienststelle so nicht sagen würde, so bin ich insgeheim froh darüber, dass wir uns mit sichtbaren Ausweisen auf der Strasse bewegen.

    Ich bin für die meine Aufgabe in meinen Beruf eingetreten und nicht um Ärger zu machen. Leider vermasseln mir Kollegen, die sich nicht an die Regeln halten, die Tour und geben mir einen schlechten Namen. Das habe ich satt. Ich will wieder erhobenen Hauptes sagen können, wo ich arbeite.

    Comment by Thomas Kuhn — 16.09, 2011 @ 21:00

  19. Ich fordere das schon lange, dass Polizisten identifizierbar sind, um Straftaten der Beamten verfolgen und verhindern zu können. Es gibt keine Privatssphäre für Staatsgewalt.

    Comment by fernetpunker — 16.09, 2011 @ 23:53

  20. Die Kennzeichnung von Polizisten ist zwar dringend notwendig, aber vermutlich bei weitem nicht hinreichend:

    http://www.sueddeutsche.de/bayern/folgenreicher-polizeieinsatz-in-rosenheim-achtung-ueberfall-1.1145077

    Comment by Ein Mensch — 17.09, 2011 @ 22:53

  21. Es gibt dazu auch einen interesanten Film von der Pressekonferenz…

    http://www.youtube.com/watch?v=DWFhkK5yylA

    Comment by Vollstrecker — 19.09, 2011 @ 12:54

  22. Ich halte Erkennungszeichen auch für richtig, da es sich um eine Staatsgewalt handelt und daher Transparenz für die Bürger gegeben sein muss. Was ich allerdings befürworte, ist eine Nummerkennzeichnung, um die Beamten zu schützen. Wenn diese Nummern mit dem Einsatz wechseln, wäre nichts dagegen einzuwenden und deren Klage nicht haltbar.

    Comment by Tom — 19.09, 2011 @ 15:46

  23. Eine Selektion der unterschiedlichen Bereiche der Polizei ist wichtig. Zuerst: Auch der Staat hat eine Pflicht seine Polizeibeamte, deren Ehefrauen (Freundinnen) und Kinder zu schützen. Es gibt ja in der Polizei unterschiedliche Bereiche: der Kontaktbereichsbeamte, so wie er in Berlin heisst, ist quasi darauf angewiesen, dass man ihn und seinen Namen kennt, Sachbearbeiter unterschreiben Zeugen- und Beschuldigtenvorladungen mit ihrem Namen. Ich glaube, da gab es nie Probleme. Auch ist meiner Kenntnis nach nie die Verfolgung eines Übergriffes eines Polizeibeamten an der Anonymität gescheitert. Namens- oder Nummernschilder würden das, so glaube ich, auch nicht verhindern. Es ist wohl immer nachvollziehbar, welcher Polizeibeamter wo und wann handelt. Bürokratie muss ja wozu gut sein. Inwiefern aber Polizeibeamte und deren Familien durch Rechts- oder Linksextremisten, durch Banden oder Gruppierungen im Bereich der organisierten Kriminalität bedroht oder verfolgt werden könnten, gilt es aber abzuwägen und besonderen Schutz zu gewährleisten. Solche Fälle hätte es nie gegeben?

    Comment by Norbert — 29.11, 2011 @ 20:05

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