Aufruf zu Straftaten über soziale Netze?
Bin gerade von On3-Radio zu den England-Riots interviewt worden. Eine der Fragen lautete, ob auch in Deutschland eine Verurteilung – wie in England geschehen – zu einer Freiheitsstrafe von 4 Jahren denkbar sei, für einen Aufruf über Facebook, sich an Plünderungen zu beteiligen.
Der Tatbestand der öffentlichen Aufforderungen zu Straftaten (§ 111 StGB) sieht vor, dass derjenige, der zur Tat aufruft wie ein Anstifter zu bestrafen ist, wenn die Aufforderung tatsächlich in eine entsprechende Tat mündet. Wer also zum Beispiel zu einem Mord auffordert, muss mit einer lebenslangen Freiheitsstrafe rechnen, wenn dieser Mord dann begangen wird.
Wenn der Aufruf nicht erfolgreich ist, wird die Tat mit Freiheitsstrafe von bis zu 5 Jahren oder Geldstrafe bestraft. Der englische Fall würde sich in Deutschland also im obersten Bereich des Strafrahmens bewegen, aber gänzlich ausgeschlossen wäre eine derart hohe Strafe auch nach deutschem Recht nicht.
Eine Aufforderung zu einer Straftat ist übrigens mehr als eine bloße Befürwortung. Der BGH spricht von einer an die Motivation Dritter gerichteten Erklärung, die erkennbar ein bestimmtes Tun verlangt. Auch wenn einige Staatsanwaltschaften hierzu andere Auffassungen vertreten haben, dürfte deshalb der Klick auf den Gefällt-Mir-Button bei Facebook noch keine ausreichende Tathandlung darstellen.
Eine Strafbarkeit setzt vor allem voraus, dass sich der Vorsatz des Anstifters auf eine konkrete Tat bezieht, oder? Ist ja eigentlich auch schon damit gesagt, dass „ein bestimmtes Tun“ vom Anstifter verlangt werden muss.
Der bloße Aufruf, bei einem bestimmten Anlass zu randalieren, dürfte dafür nicht ausreichen, da dieser noch nicht konkret genug für die Erfüllung eines Straftatbestandes ist (wie z.B. Körperverletzung oder Sachbeschädigung) und sich noch auf kein konkretes Tatobjekt bezieht.
Comment by Nils Haag — 17.08, 2011 @ 16:35
Da ist doch „Täter“ gemeint, nicht „Anstifter“, oder?
Comment by Martin Emmerich — 17.08, 2011 @ 16:45
Es ist schon Anstifter gemeint. Siehe den WORTLAUT VON § 111 Abs. 1 StGB
Comment by Stadler — 17.08, 2011 @ 17:14
@Nils Haag:
Das ist eine durchaus interessante Frage, die m.W. nach wie vor äußerst umstritten ist. Überwiegend wird wohl angenommen, dass es ausreichend ist, zu einer bestimmten Art von Tat aufzurufen.
Comment by Stadler — 17.08, 2011 @ 17:17
Wie ist es, wenn jemand ein Revolutionslied (z.B. Heckerlied, Marseillaise) zitiert? Das kann man dann auch als Aufruf zu Gewalt interpretieren.
Comment by Edgar — 18.08, 2011 @ 18:01