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Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

28.7.11

TKG soll zur Bekämpfung der Schwarzarbeit geändert werden

In einem neuen Gesetzentwurf zur Änderung des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes, der vom Bundesrat bereits beschlossen wurde, versteckt sich auch eine Änderung des Telekommunikationsgesetzes (TKG), namentlich der Vorschrift des § 112 Absatz 2 Nr. 7 TKG, die wie folgt gefasst werden soll:

„den Behörden der Zollverwaltung für die in § 2 Absatz 1 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes und den nach Landesrecht für die Verfolgung und Ahndung von Ordnungswidrigkeiten nach dem Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz zuständigen Behörden für die in § 2 Absatz 1a des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes genannten Zwecke über zentrale Abfragestellen.“

Um zu verstehen, worum es hier geht, muss man sich mit dem Konzept der Bekämpfung der Schwarzarbeit befassen.

Die Verfolgung von Schwarzarbeit ist gewissermassen in zwei Bereiche aufgeteilt. Der Zoll ist für die Finanzkontrolle zuständig und verfolgt u.a. Fälle von Steuerhinterziehung und des Sozialmissbrauchs. Daneben verfolgen Landesbehörden (kommunale Behörden) Ordnungswidrigkeiten der unerlaubten Handwerksausübung und  der unrichtigen Gewerbeanmeldung.

Der Zoll hat hierfür weitreichende Befugnisse, insbesondere das Recht, Betriebe – ohne richterliche Anordnung – zu betreten, verbunden mit Auskunfts- und Einsichtnahmerechten vor Ort. Hinzu kommt nach § 112 Abs. 2 Nr. 7 TKG die Befugnis, im automatisierten Auskunftsverfahren Auskunft aus den Kundendateien von Telekommunikationsdienstleistern zu erhalten.

Dieselben Befugnisse sollen nunmehr auch die Landesbehörden erhalten, die (nur) Ordnungswidrigkeiten verfolgen. Das betrifft insbesondere das Betretungsrecht und das Auskunftsrecht nach § 112 TKG.

Das ist verfassungsrechtlich nicht unproblematisch, zumal das Betretungsrecht faktisch schon einer Dursuchung nahe kommt. Auch bei den neuen Befugnissen des TKG stellt sich die Frage, ob man diese bereits einer OWi-Behörde einräumen kann. Denn der nächste Schritt wird dann der sein, dass alle möglichen anderen Behörden, die Ordnungswidrigkeiten verfolgen, ähnliche Befugnisse fordern werden.

posted by Stadler at 16:20  

6 Comments

  1. Stellt sich [mir] vorallem die Frage, (ob und) wie da bei Selbständigen / Einzelunternehmern sauber zwischen Gewerbe und Privatem getrennt wird, sowohl bezüglich Räumen („Home Office“) als auch Telekommunikationsdaten.

    Comment by Ursula von den Laien — 28.07, 2011 @ 16:51

  2. Klasse. Da können die Innungsmeister und Funktionäre der Handwerkskammern praktisch – mit Hilfe der Ordnungsämter – ohne Voranmeldung reinmarschieren und gucken, ob da zulassungspflichtige Tätigkeiten ausgeübt werden. Im Zweifel zählt dann wahrscheinlich schon der erste Anschein, anhand von Werkzeug, Maschinen und Materialien.

    Comment by Tim — 28.07, 2011 @ 21:39

  3. Seltsam. Als ich letztes Jahr einen Dachdecker brauchte, hatte ich Mühe überhaupt einen zu finden, der noch Aufträge von Privatpersonen annehmen wollte. Und bei dem musste ich mich mit einem Termin sechs Monate in der Zukunft zufrieden geben. Da wundert es doch kaum, dass normale Menschen mal in die Zeitung schauen, ob es nicht einen Handwerker gibt, der bereit ist zeitnah Aufträge anzunehmen.

    Und wenn da im Entwurf steht „nach derzeitiger Rechtslage nur bei Tatverdacht mit richterlichem Beschluss möglich, für den die erforderlichen Beweismittel in aller Regel mit den derzeitigen Befugnissen nicht erbracht werden können“ dann kann man doch nur feststellen, dass das gerade der Sinn der Regelung ist, dass eben nicht mit vagem Verdacht im Trüben gefischt werden soll, sondern konkrete Beweise vorliegen müssen, bevor man die Unverletzlichkeit der Wohnung aufhebt.

    Comment by Ein Mensch — 28.07, 2011 @ 23:55

  4. Und bei dem musste ich mich mit einem Termin sechs Monate in der Zukunft zufrieden geben.

    Wie? Kennste etwa keinen, der dir das schwarz nebenher macht…?

    hehehe :-)

    Comment by Baxter — 29.07, 2011 @ 07:18

  5. Ich weiss ehrlich gesagt nicht, welches Problem der Gesetzesentwurf lösen will. Wenn ich so auf die Baustellen schaue, dann sind die, die da arbeiten alle deutlich über 40, meist sehen die schon eher so aus, als wären sie kurz vor dem Eintritt ins Rentenalter.

    Es ist doch nicht so, dass die Handwerksbetriebe nicht genug Aufträge hätten, sondern andersherum, dass die jungen Leute den Weg ins Handwerk nicht mehr finden und andere Wege gehen. Ob die jungen Leute wirklich zu doof dafür sind, wie oft geklagt wird, oder die Einstiegshürden zu hoch, vermag ich nicht zu beurteilen.

    Comment by Ein Mensch — 29.07, 2011 @ 11:43

  6. [OFF-TOPIC]

    @Ein Mensch:

    Ob die jungen Leute wirklich zu doof dafür sind, wie oft geklagt wird, oder die Einstiegshürden zu hoch, vermag ich nicht zu beurteilen.

    Meiner Meinung nach weder noch und sowohl als auch. ;-)
    Der sog. „Fachkräftemangel“ und die Nachwuchsprobleme besonders im Handwerk sind m.E. hausgemacht. Eine jahrelange „Mindestlohndiskussion“ war genau das Falsche (in diesem konkreten Zusammenhang, wohl gemerkt). Es hätte eine „Hochlohn“-Diskussion stattfinden müssen. So aber denken viele Firmen doch nach dem Motto: „Was? Mindestlohn? Mehr muss ich also gar nicht zahlen…
    Da haben viele junge, potentielle Nachwuchskräfte keine Lust bei Wind und Wetter auf ’nem Dach rumzuklettern oder ölverschmiert irgendwo in ’ner Werkstatt abzuhängen (Ggf. inklusive Schicht und Wochenende).
    Die Mittelständler wickeln Aufträge oftmals mit irgendwelchen „Subs“ ab, die -überspitzt formuliert- morgens auf ’ner Raststätte aufgegabelt werden und ihre Arbeits“schutz“-Klamotten bei ’ner „25% auf Alles“-Aktion selbst zusammengewürfekt haben. Die Großkonzerne strukturieren sich allesamt um, damit die alten Tarife mit den über Jahrzente erstrittenen Zückerchen (Urlaubstage, Weihnachtsgeld, Urlaubsgeld, Zulagen etc. …) langsam wegfallen. Z.B. durch Gründung von zig einzelnen Tochterfirmen („cost center“) mit jeweils eigenen Haustarifen. Gleichzeitig werden die „Alten, teureren Mitarbeiter mit irgendwelchen Altersteilzeitprogrammen und ähnlich rausgekickt. Lohnnebenkosten sind gerade im produzierenden Gewerbe nicht zu unterschätzen.

    Alles für die Rendite, sozusagen…

    Ich persönlich meine: Wir haben in Deutschland keinen wirklichen Fachkräftemangel. Die Firmen zahlen einfach keine Fachkräftegehälter mehr!
    Übrigens kommt so auch kein einziger Inder nach Deutschland (wird ja oft und gerne von vielen in solchen Zusammenhängen quasi als „running gag“ rumkakelt). Die mit entsprechender Qualifikation kosten nämlich auch entsprechend. Das zahlt heute keiner bzw. kaum einer – so einfach.

    Damit schließt sich der Kreis zum Thema „Mindestlohndiskussion“, denn sämtliche weitere Probleme ergeben sich m.M.n. für die Gesellschaft automatisch daraus. Kein Geld = kein Konsum. Ein Gehalt reicht oftmals nicht mehr, eine Familie zu ernähren -> Die Zahl fastfood-fressender „Schlüsselkinder“ nimmt zu.
    Die Schere Arm/Reich geht weiter auseinander, genauso Schlau/Dumm. Der zu „dumme“ (schlecht qualifizierte) Nachwuchs kann kein Betrieb gebrauchen, die zu „Schlauen“ haben keinen Bock mehr und gehen lieber ins Büro als auf’s Dach. Einen finanziellen Anreiz gibt es nicht mehr, also warum schmutzig machen.

    Liebe Grüße von einem deutschen Ingenieur im produzierenden Gewerbe, der sich immer öfter mit irgendwelchen „Subs“ (Zeitarbeit/ Lohndumping) rumärgern darf weil die kaufmännische Abteilung leider das Portemonaie in der Hand hält und der zudem täglich in immer mehr demotivierte Augen von jungen Handwerkern (Schlosser, Elektriker und Co.) sehen muss…

    Die Produktion läuft auf Hochtouren… Noch!

    Naja, hauptsache Kellner, Putzhilfen u.s.w. haben jetzt einen Mindestlohn…

    Comment by Bruttosozialprodukt-Beiträger_Serien-Exportweltmeister — 29.07, 2011 @ 16:34

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