Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

13.7.11

Gesetzesentwurf zur Begrenzung der Haftung und der Abmahnkosten im Urheberrecht

Die LINKE hat im Bundestag einen Gesetzentwurf zur Begrenzung der Haftung und der Abmahnkosten bei Urheberrechtsverletzungen eingebracht. Auch wenn dieser Antrag kaum mehrheitsfähig sein dürfte, möchte ich einen Blick auf den insgesamt wenig durchdachten und handwerklich schlecht gemachten Vorschlag werfen.

Kernstück ist eine Änderung von § 97 Abs. 2 UrhG. Der Entwurf möchte im Urheberrecht die Schadensberechnung nach der sog. Lizenzanalogie und im Wege der Herausgabe des Verletzergewinns – von engen Ausnahmen abgesehen – ausschließen und die Schadensberechnung damit auf den sog. konkreten Schaden (entgangenen Gewinn) beschränken. Dabei wählt der Textvorschlag die Formulierung, dass der Verletzte anstelle des Schadensersatzes den Verletzergewinn oder denjenigen Betrag den ein Lizenznehmer als übliche Vergütung hätte entrichten müssen, nur noch dann verlangen kann, wenn der Verletzer vorsätzlich und in Ausübung einer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit handelt.

Der rechtsdogmatische Fehler besteht in der Annahme, es würde sich bei der Lizenzanalogie und der Herausgabe des Verletzergewinns um eine Art Surrogat für den Schadensersatz handeln. Tatsächlich ist seit langer Zeit anerkannt, dass es nur einen einzigen und einheitlichen Schadensersatzanspruch gibt, für den lediglich drei unterschiedliche Berechnungsmethoden existieren. So zuletzt z.B. der BGH mit Urteil vom 25.09.2007 (Az.: X ZR 60/06).

Der Vorschlag der Linken steht außerdem in Konflikt mit Art. 13 der Enforcement-Richtlinie, die verlangt, dass bei der Bemessung des Schadensersatzes auch Umstände wie der vom Verletzer zu Unrecht erzielte Gewinn oder alternativ eine pauschale Berechnung nach fiktiven Lizenzgebühren gewählt werden kann. Der weitgehende Ausschluss beider Methoden der Schadensberechnung ist europarechtswidrig.

Der Gesetzesentwurf ist im übrigen auch nicht geeignet, Schadensersatzansprüche in den Fällen des Filesharing – die die Fraktion offensichtlich vor Augen hatte – einzudämmen, weil in diesen Fällen die Schadensberechnung nämlich zumindest z.T. anhand der weiterhin möglichen Methode des entgangenen Gewinns erfolgen kann, wobei der Richter diesen Gewinnentgang nach § 287 ZPO schätzt.

Unverständlich ist, dass der Entwurf die bisherige Vorschrift des § 97a UrhG, die eine Deckelung der Abmahnkosten (Anwaltskosten) vorsieht, komplett streicht.

Wenn man speziell Filesharing-Abmahnungen eindämmen will, wäre vielmehr eine Ausweitung des bisherigen § 97a UrhG geboten und zwar z.B. dahingehend, dass gegenüber einem Verletzer der nicht in Ausübung einer selbständigen beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit handelt, der Anspruch auf Erstattung von Abmahnkosten auf EUR 100,- begrenzt wird.

Der Vorschlag der Linken enthält eine weitere interessante Neuerung. Der bisherige § 97a UrhG würde nämlich durch eine Neufassung ersetzt, die dem Abgemahnten einen Anspruch auf Erstattung seiner Kosten gibt, für den Fall, dass die Abmahnung unberechtigt wäre.

Dieser zunächst interessant klingende Vorschlag dürfte den Abgemahnten in vielen Fällen nicht weiterhelfen, weil kein Abmahner freiwillig Kosten erstatten wird und der Abgemahnte diese Kosten damit in der Regel gerichtlich durchsetzen und damit ein nicht unbeträchtliches Prozesskostenrisiko in Kauf nehmen muss. Außerdem ist insoweit die Frage, ob man eine solche Regelung dann nicht auch konsequenterweise für den gesamten Bereich des gewerblichen Rechtsschutzes einführen müsste.

Auch Jens Ferner hat sich mit dem Gesetzesvorschlag beschäftigt und sieht ihn ebenfalls kritisch.

posted by Stadler at 16:10  

35 Comments

  1. Die Einschätzung des Entwurfes ist leider sehr oberflächlich. Das Argument eines „rechtsdogmatischen Fehlers“ mit der Rechtsprechung des BGH zu begründen, ist schwach. Die dogmatischen Grundlagen werden im Gesetzentwurf erläutert. Dass die Rechtsprechung sich damit irgendwann nicht mehr auseinandergesetzt hat und nunmehr schlicht Kraft Gewohnheitsrecht diese Ansprüche als Schadensersatz begreift, ändert nichts daran, dass es sich dogmatisch eben nicht um Schadensersatzansprüche handelt (ebenso verkannt bei Ferner – der Einwand dort, es würde auf Aufsätze aus 1985 verwiesen ist gerade dem Umstand geschuldet, dass diese Frage rechtsdogmatisch nicht mehr bleuchtet wurde; das ändert nichts an deren Richtigkeit). Auch greift der Einwand mit § 287 ZPO nicht. Der entgangene Gewinn ist mangels konkreter Anhaltspunkte in der Regel – d.h. in typischen Filesharing oder sonstigen privaten Verletzungssituationen nicht schätzbar -, sonst hätte es der Erleichterungen über Lizenzanalogie und Verletzergewinn gar nicht bedurft. Soweit er tatsächlich in Ausnahmefällen bestimmbar ist, spricht nichts dagegen, ihn zu gewähren, denn es ist weiterhin ein Schadensersatzanspruch. Wird jedoch kein Schaden festgestellt, ist es m.E. zutreffend, keine sonstigen Ansprüche zu gewähren (auch das wird entgegen Ferner sehr deutlich im Entwurf ausgeführt und lässt keine Fragen offen). Die Streichung der Deckelung der Abmahnkosten wurde zugunsten der Regelungen eines normativen Streitwertes im GKG aufgegeben und nicht, wie es hier erscheint, ohne Ausgleichsregelung. Ohnehin ist das Kernproblem der Abmahnwellen nicht der Schadensersatz, in welcher Form auch immer, sondern es sind die exorbitanten Streitwerte, auf deren Grundlage Kostenansprüche (oftmals als einziger Anspruch) geltend gemacht werden – normative Streitwerte sind als Lösung sauberer als eine pauschale Deckelung – d.h. die Kürzung eines entstandenen Anspruchs nach den allgemeinen Regeln -, die auch Bedenken im Hinblick auf Art. 12 GG auslöst, erst recht, wenn Pauschal für alle Fälle, wie hier vorgeschlagen, vorgesehen. Der Gegenkostenanpruch kann natürlich auch im sonstigen gewerblichen Rechtsschutz verankert werden, aber das wäre wohl eher eine Aufgabe für das BMJ als für eine Oppositionsfraktion. Zum Schluss greift auch der Einwand der Europarechtswidrigkeit kaum. Die Regelungen einer Richtlinie sind stets unter Beachtung der Erwägungsgründe auszulegen und umzusetzen. Der Entwurf enthält m.E. dazu ausreichende Hinweise, warum eine solche Differenzierung auch im Hinblick auf diese spezielle Richtlinie zulässig ist. Daher erscheint mir eher die Rezension „wenig durchdacht“ und „handwerklich schlecht“.

    Comment by Peter — 13.07, 2011 @ 16:59

  2. Lieber Herr Stadler, helfen Sie doch der LINKEN, indem Sie denen einen Formulierungsvorschlag schicken. Die freuen sich da bestimmt drüber! So etwas nennt sich dann konstruktive Kritik.

    Comment by Steffen — 13.07, 2011 @ 17:29

  3. Kinox.to zeigt ganz deutlich, dass das Urheberecht von Millionen Menschen missachtet wird. Ihm fehlt also die Legitimation des Souverän. Hier noch über Rechtsdogmatik zu sprechen, ist so sinnlos wie in der DDR über Rechtsdogmatik beim Schießbefehl zu spekulieren. Die DDR ist mit einem verfehlten Reiserecht und absurden Medienrecht (Westfernsehverbot) einfach implodiert. Wenn die entartete Minderheitenfolklore für die Rechtewirtschaft gegen Urheber und Bürger nicht demokratisch neu geordnet wird, werden die Bürger weiter millionenfach rechtsuntreu bleiben und der Rechtsstaat Schaden nehmen (wie auch schon mit der entarteten Störerhaftung. Wenn wir arbeitslose Rechtsnwaelte haben, ist das ein Fall für die Arbeitsagentur, aber nicht für das Urheberrecht. Die verfehlte Orthodoxie führt nur zum Anschwellen der Linken und entkernt den buergerlichen Staat.

    Comment by Jan Dark — 13.07, 2011 @ 20:15

  4. @Peter:
    Ihre Einschätzung ist leider äußerst praxisfern und entspricht auch nicht dem Meinungsstand in Rechtsprechung und Literatur. Ich habe lediglich exemplarisch auf eine BGH-Entscheidung verwiesen, man kann hierfür aber ohne weiteres 10 weitere Quellen angeben.

    Mein Einwand, dass die Gerichte einen sog. Mindestschaden nach § 287 ZPO schätzen, wenn sie vorher zu dem Ergebnis gelangt sind, dass überhaupt ein Schaden entstanden ist, lässt sich insoweit nicht als unzutreffend bewerten, als genau dies von den Gerichten praktiziert wird. Die Rechteinhaber argumentieren in Filesharing-Fällen ja gerne mit einem Schaden von mehreren tausend EUR, um dann großzügig nur ein paar hundert geltend zu machen. Das funktioniert auch ohne Lizenzanalogie.

    Die Sreitwertregelung die in dem Entwurf enthalten ist, ist m.E. nicht geeignet die Streitwerte in der Praxis entscheidend zu reduzieren. Dafür ist sie zu unbestimmt und eröffnet den Gerichten ohne weiteres die Möglichkeit, die Unterlassensstreitwerte wie bisher festzusetzen. § 104 a wird m.E. komplett leer laufen, weil die Gerichte bereits jetzt davon ausgehen, dass beispielsweise die Filesharing-Fälle nicht einfach gelagert sind. Die Neureglung im GKG wird ebenfalls keinen Anlass dafür bieten, die Streitwerte für Unterlassungsansprüche abweichend von der bisherigen Praxis deutlich niedriger festzusetzen.

    Was die Schadensersatzforderungen angeht, dürfte die geplante Regelung im GKG verfassungsrechtlich bedenklich sein, weil der Streitwert hier auf EUR 10.000 gedeckelt wird, obwohl deutlich höhere Schäden in Betracht kommen. Man darf hier nicht nur Filesharing-Fälle im Blick haben. Es gibt Fälle von Urheberrechtsverletzungen in denen Millionenschäden geltend gemacht werden.

    Wie man tatsächlich zu einer Reduzierung der Abmahnkosten kommen kann, habe ich in meinem Beitrag erläutert.

    Meine Einschätzung der Europarechtswidrigkeit wegen Verstoß gegen die Enforcement-Richtlinie bezieht durchaus die Erwägungsgründe ein. Die Regelung im Entwurf steht in Widerspruch zu Art. 13 und zu Erwägungsgrund 26 der RL, da das deutsche Gesetz anordnen würde, den Aspekt des Verletzergewinns, der nach der RL bei der Schadensbemessung zu berücksichtigen ist, zu ignorieren.

    Festzuhalten bleibt, dass der Vorschlag nicht praxistauglich ist, weil nicht zu erwarten ist, dass das beabsichtigte Ziel damit erreicht werden kann und zudem erhebliche europarechtliche Bedenken verbleiben.

    Comment by Stadler — 13.07, 2011 @ 21:26

  5. Jan Dark for Justizminister!

    Comment by Ein Mensch — 14.07, 2011 @ 00:13

  6. @Stadler:

    Lizenzanalogie: Ich schlage vor, Sie lesen zunächst die Begründung. Lizenzanalogie und Verletzergewinn sind *dogmatisch* keine Schadensersatzansprüche. Die Rechtsprechung nimmt die Einstufung als „Schadensersatz“ nur noch – unbegründet – als Gewohnheitsrecht an. Unabhängig davon steht es dem Gesetzgeber frei, Regelungen unter „Missachtung“ des BGH zu treffen [Grundkurs I Staatsrecht].

    § 287 ZPO: Sie verkennen, dass es überhaupt schon an der Feststellung eines Schadens fehlt. Die Verletzung eines Rechts begründet nicht per se einen Schaden. Dazu gibt es seit mehr als 100 Jahren ausreichend Grundlagenliteratur – Stichwort Mommsen und Differenzhypothese [Grundkurs II Zivilrecht]. Wo soll dieser auch für den Rechteinhaber liegen, wenn z.B. ein Titel in einer Tauschbörse angeboten wird oder ein Bild auf einer WebSeite verwendet wird. Es gibt dort keinerlei Ansatzpunkte für die Existenz eines Schadens. Dass die Rechteinhaber „Milliardenschäden“ durch Raubkopien annehmen, ist nicht nur unbewiesene Scharfmacherei, sondern lässt einen Schaden im Einzelfall dennoch nicht bestimmbar machen. „Irgendein Schaden“ wird schon eingetreten sein, die Argumenation der Rechtinhaber – jeder, der auch nur gelegentlich Verkehrs- oder Versicherungsmandate hat, kann sich da nur ein müdes Lächeln abringen.

    GKG: unbestimmt ?? Streitwert für Unterlassungsansprüche = Höhe des Schadens / Lizenz / Verletzergewinn. Der Rest sind Auffangstreitwerte, und diese können sehr wohl gedeckelt werden. Auch dazu finden sich reichlich Ausführungen in der Begründung. Verfassungsrechtlich bedenklich ist allein § 97a Abs. 2 in der geltenden Fassung.

    Wie der Kollege Jens Ferner haben Sie die Kernregeleungen offenbar nicht durchdrungen. Eine Begrenzung auf „Filesharing“ ist nirgends angelegt. Kernaspekt ist vielmehr eine Differenzierung der Ansprüche nach gewerblichen und nicht gewerblich handelnden Verletzern – und ja, auch eine Begrenzung von Ansprüchen, die jedoch der allgemeinen Dogmatik des Schadensersatzrechts entspricht, zu dieser zurückführen will, um den ausufernden Sonderweg im Urheberrecht zu beenden.

    Herr Kollege Ferner hat seine Unkenntnisse des gewerblichen Rechtsschutzes und die fehlende Lektüre der Begründung ja bewiesen, in dem er die Regelung des § 104a als „wahlkampf-“ und „zielgruppenorientiert“ bezeichnet hat. Dass § 12 IV UWG, der die wörtliche Vorlage für § 104a UrhG-E ist, keine Erfindung der Linken ist, entlarvt die Einschätzung. § 104a UrhG würde ohnehin nur in den Fällen zur Anwendung kommen, in denen vorsätzliche handelnde Verletzer auf gravierende Lizenzkosten in Anspruch genommen werden; in den Übrigen Fällen greift regelmäßig die Regelung im GKG.

    Gegen sachliche Kritik ist nichts einzuwenden, nur leider zeigen beide Autoren, dass sie die Regelungsvorschläge nur beiläufig überflogen haben. Noch bedauerlicher, weil die Blogs zu gut vernetzt sind und damit die oberflächliche bis falsche Analyse im Netz schwirrt.

    Comment by Peter — 14.07, 2011 @ 09:06

  7. Nachdem Sie hier so insistieren, nehem ich an, dass Sie einer der geistigen Urheber des Entwurfs sind. Es wäre daher schön, wenn Sie das auch zu erkennen geben.

    Sachlich kann ich mich nur wiederholen. Ob Lizenzanalogie und Verletzergewinn dogmatisch betrachtet Schadensersatz darstellen, ist sicher diskutabel. Ihr Ansatz ist allerdings in den letzten 30 Jahren kaum mehr vertreten worden, weshalb es auch nötig ist, sich auf entsprechend alte Aufsätze zurück zu ziehen.

    Was § 287 ZPO und den Ansatzpunkt über einen Mindestschaden angeht, kann ich Ihnen nur empfehlen, sich mit der Rechtsprechung auseinanderzusetzen. Mir gefällt die Haltung der Gerichte auch öfter nicht, aber ich muss mich – ebenso wie Sie – mit der Realität befassen.

    Wenn Sie auf § 12 Abs. 4 UWG verweisen, werden sie auch wissen, dass der in der Praxis wirklich gar keine Rolle spielt. Habe in 14 Jahren nicht einmal erlebt, dass er angewendet worden wäre. Und dasselbe würde mit ihrem 104a UrhG auch passieren.

    Comment by Stadler — 14.07, 2011 @ 09:29

  8. § 287 ZPO: Es ist das Grundproblem im gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht, dass sich Gerichte – wie bei der Streitwertbemessung – vollständig von den gesetzlichen Grundlagen entfernen. Aber wenn Sie die Praxis der Gerichte bemühen möchten, zitiere ich eben auch den BGH:

    „Die Tatsachengerichte können sich bei *geeigneter Grundlage* einer Schätzung entsprechend § 287 ZPO bedienen. Das Gericht muss in der Entscheidung jedoch die tatsächlichen Grundlagen seiner Schätzung und ihre Auswertung in *objektiv nachprüfbarer Weise angeben*.“ – BGH XII ZR 53/09

    „Eine Schätzung nach § ZPO § 287 ZPO darf nur vorgenommen werden, wenn und soweit die festgestellten Umstände hierfür eine genügende Grundlage abgeben. Sie *hat zu unterbleiben*, wenn *greifbare* Anhaltspunkte fehlen (*st. Rspr.*, z.B. BGH, NJW-RR 1988, NJW-RR Jahr 1988 Seite 410).“ -BGH VII ZR 339/02

    § 104a: dürfte keine Kernregelung sein und lediglich Spielraum eröffnen. Im Übrigen unterschieden sich das UWG und das UrhG im Hinblick auf den persönlichen Anwendungsbereich und Rechtsfolgen doch erheblich, so dass über die Anwendung in der Praxis nur spekuliert werden kann – man bedenke nur Lizenzforderungen in 5-6 stelliger Höhe.

    2 Juristen, 3 Meinungen, unser Berufsfeld ist sehr streitbar. Warum verwundert es Sie, dass ich mich als Kollege intensiver mit Ihren Argumenten und einem Gesetzentwurf auseinandersetze, erst Recht, wenn Sie eine so große Flanke öffnen ? Ich frage sie auch nicht, ob Sie für die CDU arbeiten und den Entwurf nur deshalb ablehnen, weil er von den Linken kommt.

    Sachargumente und Vorschläge sollten ohnehin fern jede parteipolitische Debatte und persönlicher Anschauungen bewertet werden.

    Comment by Peter — 14.07, 2011 @ 10:38

  9. @Peter: „GKG: unbestimmt ?? Streitwert für Unterlassungsansprüche = Höhe des Schadens / Lizenz / Verletzergewinn. Der Rest sind Auffangstreitwerte, und diese können sehr wohl gedeckelt werden.“

    Wieso sollte denn der Streitwert des Unterlassungsanspruches nicht höher sein können als etwaige Schadensersatzansprüche?

    Der urheberrechtliche Unterlassungsanspruch bezieht sich auf die Zukunft – der Schadensersatzanspruch auf die Verletzung in der Vergangenheit. Nehmen wir an, es wurde gestern ein Werk geschaffen und heute verletzt und morgen stirbt der Urheber, dann ist das wirtschaftliche Interesse des Rechteinhabers an der Unterlassung (bis zum Erlöschen des Rechts Ende 2081) prima facie größer, als ein ihm zustehender Schadensersatzanspruch. Durch den Entwurf würde mE wesentlich Ungleiches gleich behandelt und dann sind wir wegen Verstoßes gegen Art. 3 GG potentiell in der Verfassungswidrigkeit.

    Und wider der Behauptung des Entwurfes ist mit einem Auffangstreitwert von 10.000 € sehr wohl eine Verkürzung des Rechtsschutzes verbunden. Wenn bei diesem Streitwert ein Berufungsgericht die Revision nicht zulässt, so ist die Entscheidung rechtskräftig, weil § 26 Nr. 8 EGZPO den Weg in die Nichtzulassungsbeschwerde abschneidet.

    So wünschenswert es ist, den Bereich anzugehen und mehr auf einen Ausgleich der Interessen bedacht zu sein – mit diesem Entwurf wird das wohl leider nicht werden…

    Comment by Dominik Boecker — 14.07, 2011 @ 10:39

  10. @den schlauen Peter, der allen anderen Ahnungslosigkeit unterstellt :
    Wenn die Linke die „wörtliche Vorlage“ des 12 IV UWG als Thema in einen neuen 104 a UrhG-E abschreibt, schließt das doch nicht aus, dass sie hier zielgruppenorientierte Rechtspolitik betreibt, oder?

    @jan dark:
    Aha, weil Gesetze nicht eingehalten werden, sind sie nicht mehr legitimiert. Interessant. Dann schaffen wir doch auch gleich wegen millionenfacher Verstöße diese sinnlose Straßenverkehrsordung ab und an den Straßenkreuzungen wird sich dann schon zeigen, wer sich ganz legitim durchsetzen kann.

    Und natürlich sind Filme Gemeingut, da sie ohne jeglichen Kostenaufwand für Schauspieler, Technik u.a. hergestellt werden. Bzw. das Geld für die Herstellung von doofen Zahnärzten kommt, die in Medienfonds investieren. Übrigens sollten auch alle Bücher gemeinfrei werden. Was juckt es den Demos, wovon Autoren und Übersetzer leben.
    Und nein: Man muss kein Freund der Rechteindustrie und ihrer anwaltlichen Abmahn-Hilfstruppen sein, um Ihre Position als Unfug zu bezeichnen.

    Comment by malsonefrage — 14.07, 2011 @ 10:40

  11. @Boecker: nuja, weil der Rechteinhaber die Gefahr der zukünftigen Verletzung durch die – unangetasteten und z.T. sehr hohen – Vertragsstrafeversprechen in den strafbewehrten Unterlassungserklärung beseitigt, die er durchsetzen kann bzw. durch Ordnungsgelder des Gerichts. Auch das ist im GE ausgeführt. Das ist aber zu trennen vom Gebühren bzw. Zuständigkeitsstreitwert.

    § 26 Nr. 8 EGZPO: der Anspruch auf effektiven Rechtsschutz, Art. 19 GG, verlangt nicht den beliebigen Zugang zu mehreren Instanzen – sonst wäre § 26 Nr. 8 EGZPO per se verfassungswidrig.

    @malsonefrage: der Vorwurf der Zielgruppenorientierung bezog sich auf die Formulierung selbst, die aber wohl nicht durch Linke in § 12 UWG eingeführt wurde.

    Comment by Peter — 14.07, 2011 @ 10:53

  12. @malsonefrage: Nicht alles was hinkt, ist ein Vergleich. Die StVO wird trotz Verstössen grundsätzlich akzeptiert. Bei der StVO ist auch nicht nur eine Minderheit der Vorteilsnehmer. Da liegen wesentliche Unterschiede.

    Niemand will das Urheberrecht abschaffen. Es geht um eine grundsätzliche Neuausrichtung.

    Comment by Ein Mensch — 14.07, 2011 @ 11:17

  13. @malsonefrage

    Sie haben sich offenbar im Artikel geirrt. Es geht hier nicht um die marktwirtschaftliche Verwertung von Urheberrechten. Filme wie Harry Potter werden aquch weiter ihren Markt finden. gestern das Kino war brechend voll. Damit ist auch weiterhin eine marktwirtschaftliche Vergütung über Kinos, DVD, Blue Rays, Fernsehen usw. gesichert. Die Autorin von harry pooter hat alleine mit den Büchern 540 Mio britische Pfund vor Steuern verdient. Da wo markt ist, läuft es.

    Es ging hier aber darum, was passieren soll, wo kein Markt ist. Die Nutzer von Kino.to sind nicht bereit, für das Streamen in der Dritt- oder Viertverwertung Geld zu bezahlen. Die Marktelastiztät ist Null. Es gibt keine Kunden, nur Nutzer. Hier ist die Frage, ob dann der Staat den Markt ersetzen soll. Soll die Justiz für Zwangsumsetze sorgen, die auf dem freien Markt nicht zu erzielen sind? Es gibt keinen Schaden, denn keiner würde das kaufen. Das sind erträumte Schäden. Glasklar gemessen.

    Die Medienindustrie hat es versäumt (ausser Apple) tragfähige Geschäftsmodelle zu finden. Damit sind diese Rechteverwerter marktuntauglich und haben in unserer Wirtschaft eigentlich nichts zu suchen. Viele Staatsanwälte haben es satt, sich strafrechtlich als Marktersatz missbrauchen zu lassen.

    Wir haben seit über 20 Jahren Internet in Deutschland. Wer es da nicht geschafft ein Geschäftsmodell zu entwickeln, sollte auch nicht durch die Vergewaltigung des rechts am leben gehalten werden. Kulturflatrate war nicht gewünscht. Es kamen keine Ideen. Die Medienindustrie wie den Bergbau durch den Staat zwngszuwirtschaften ist absurd. Hier muss dringend ein Ansatz gesucht werden, der mit unserem grundgesetzlichen marktwirtschaftlichen Ordnung vereinbar ist. Richterrecht statt Parlamenten, wo so Unsinn passiert, dass Richter Verschlüsselung ohne Rechtssetzung erzwingen wollen, ist eine Verhöhnung des Rechtsstaates. Die deutsche Justiz hat mit allen Beteiligten nachhaltig bewiesen, dass diese Urheberrecht nicht zukunftstauglich ist.

    Den groben Unsinn, dass Warner Brothers in Zukunft die Produktion von Harry Potter finanzieren kann, wenn der deutsche Staat es nicht schafft die Abmahnindustrie durch passende Gesetze zu fördern und auf Markt zu verzichten, spricht klar für den, der ihn erzählt.

    Aber ich erzähle Ihnen trotzdem was aus der Realität fern der „Schadens“träumereien der Abmahnanwälteindustrie: Auch der gestern vorgestellte Harry Potter wird für Warner Brother ein grandioser Erfolg. Ob die Abmahnindustrie dann bei der Drittverwertung auch wieder partizipiert, wage ich ob der kippenden Stimmungslage in Deutschland erheblich zu bezweifeln. Ich finde es auch nicht in Ordnung, dass fern der Urheber diese Trittbrett-Schmarotzer von dem guten Entertainment anderer partizipieren wollen (kein einziger Euro an die Abmahnanwälte geht an die Urheber).

    Comment by Jan Dark — 14.07, 2011 @ 12:32

  14. @malsonefrage
    „Und natürlich sind Filme Gemeingut, da sie ohne jeglichen Kostenaufwand für Schauspieler, Technik u.a. hergestellt werden.“

    Natürlich sind Filme kein Gemeingut. Jeder Filmemacher kann darauf verzichten, sie zu veröffentlichen. Bücher sind auch kein Gemeingut udn es gibt einen florierenden Buchmarkt (die 540 Mio Pfund waren nur durch Buchumsatz), aber noch nie ist jemand auf den dummen Gedanken gekommen, dass man dem Käufer eines Buches verbieten will, dieses auszuleihen und jeder Leser den vollen Preis zu zahlen hätte. Und wenn er auf den Gedanken käme, würde ihm niemand dabei helfen. Warum soll das bei Filmen anders sein, die zudem noch mehr Kanäle als Bücher haben, Erlöse zu erzielen?

    Das im Römischen Recht und im ganzen Mittelalter unbekannte Urheberrecht ist im 21. Jahrhundert nicht mehr geeignet, ordentlich angewendet zu werden. Wie die Ausreiseverbote in der DDR. Man kann mit staatlichem Zwang (erschiessen bei Ausreisewunsch) versuchen unsinnige Gesetze durchzusetzen, aber in der Regel schafft man das nur in faschistischen Staaten. In freiheitlichen und marktwirtschaftlichen Ordnungen fällt so was durch.

    Ich denke bei den Diskussionen um das Urheberrecht neuerdings immer an den Schiessbefehl, wo das geltende Recht der DDR mit Gewehren durchgesetzt werden sollte und die Bürger mit der Straftat der Republikflucht an der Ausreise gehindert werden sollte. Die DDR hat so viel Unsinn gegen die Bürger nicht überlebt. Da Urheberrecht hat in seiner jetzigen Form keine größeren Chancen.

    Comment by Jan Dark — 14.07, 2011 @ 12:44

  15. Allein die Tatsache, dass der Gesetzesentwurf nicht die Axt an die Wurzel des Übels legt und die Anwaltskosten unberührt lässt, zeigt dessen Untauglichkeit.

    Comment by Peter Hense — 14.07, 2011 @ 14:14

  16. @Hense: oh je, oh je .. ein Grundkurs im Kostenrecht, vor allem der Zusammenhang zwischen Gerichtskosten nach GKG und RVG wird – ja, man glaubt es kaum ! – tatsächlich auch im Entwurf erörtert. Allerdings müsste man dazu den Entwurf inkl. der Begründung lesen.

    Und man stelle sich vor – trotz aller akademischen Scharmützel um Nebenkriegsschauplätze wie Haftungsfragen, § 287 ZPO oder § 104a sind die Regelungen zum GKG ein Kernvorschlag des Entwurfes und wirken sich auf die *Anwaltskosten* aus !

    Comment by Peter — 14.07, 2011 @ 14:25

  17. Ich habe da so einen Verdacht, aus welcher Ecke der schlaue, anonyme Peter kommt:

    „jeder, der auch nur gelegentlich Verkehrs- oder Versicherungsmandate hat, kann sich da nur ein müdes Lächeln abringen.“

    Ich stelle mir Peter gerade müde lächelnd vor…

    Comment by Arno Lampmann — 14.07, 2011 @ 17:17

  18. Die Kommentare enthalten fast alles: klugen Sachverstand, differenzierte Betrachtungen, gute Ideen, polternde Polemik, bissigen Sarkasmus, verbitterten Zynismus, voreilige Unterstellungen und vieles mehr.
    Allerdings kaum ausreichenden Humor.
    Engagement in der Sache verlangt nicht Humorlosigkeit im Umgang mit der Sache. Professionelle Rechteverwerter im „Geschäftsmodell Abmahnung“ (unbeschadet zahlreicher seriöser Rechteinhaber, denen das Recht zur Abmahnung keineswegs abgesprochen werden soll)leben häufig gerade von der geringen Gelassenheit, von implementiertem Psycho-Stress auf der Seite der nicht gewerblich urheberechtswidrig tätigen Abmahnungsadressaten (und einem Teil ihrer Anwälte). Davon sollte man sich – gerade auch bei (auch) ernsthaftem Umgang mit dem Thema – nicht anstecken lassen.
    So – jetzt hab‘ ich auch mal einen humorlosen Kommentar abgesetzt. Ist gar nicht so schwer.

    Comment by Ralf Petring — 14.07, 2011 @ 21:34

  19. @Peter: ich bin Dir dankbar, wenn Du mir nicht Bruchstücke von Teilaspekten in den Mund legst.

    In Deinen ersten zwei Absätzen gehst Du auf Dinge ein, die ich nicht geschrieben habe.

    Das brauche ich nicht.

    Comment by Dominik Boecker — 14.07, 2011 @ 21:51

  20. Nur zwei Anmerkungen dazu:

    Bin ich der Einzige, der sich ueber die Regelung der Rechtsverfolgungskosten in Par. 97 I 2 wundert? Da heisst es:

    „Handelte der Verletzer vorsaetzlich in Ausuebung gewerblicher oder selbstaendiger beruflicher Taetigkeit, so kann der Verletzte anstelle des Schadenersatzes [u.a.] die zur Rechtsverfolgung erforderlichen Aufwendungen verlangen“

    Mit anderen Worten: Auch Abmahnkosten nur noch bei Vorsatz + Gewerbsmaessigkeit? Ist das auch bloss Schlamperei oder versteckte Absicht?

    Ausserdem finde ich bezeichnend, dass die Begruendung des Gesetzentwurfs versucht, die Abmahnung von Urheberrechtsverletzungen in die Naehe der so genannten „Abofallen“ zu ruecken. Sogar Aepfel und Birnen sind sich aehnlicher als diese beiden Themenkomplexe.

    Comment by Felix — 14.07, 2011 @ 23:26

  21. Ausserdem finde ich bezeichnend, dass die Begruendung des Gesetzentwurfs versucht, die Abmahnung von Urheberrechtsverletzungen in die Naehe der so genannten “Abofallen” zu ruecken. Sogar Aepfel und Birnen sind sich aehnlicher als diese beiden Themenkomplexe.

    @Felix:
    Im Bereich „filesharing“ täuschste dich aber gewaltig! Bei den sog. „anti-piracy-IT-Dienstleistern“ sind auch noch „alte Bekannte“ aus dialer-Zeiten dabei…

    –> http://pdfcast.org/pdf/bunte-tuete-15-07-2011

    Comment by Baxter — 15.07, 2011 @ 17:03

  22. „Die Nutzer von Kino.to sind nicht bereit, für das Streamen in der Dritt- oder Viertverwertung Geld zu bezahlen.“

    Wer nicht bereit ist Geld für ein Werk auszugeben, der kommt eben nicht (legal) in den Genuss.
    Welch hanebüchener Ansatz… Wenn niemand bereit ist Geld für Flüssigseife auszugeben obwohl er sie nutzen möchte, dann legalisieren wir einfach den Diebstahl von Flüssigseife.
    Na herzlichen Dank!

    Comment by Adrian — 15.07, 2011 @ 23:52

  23. @Adrian

    „Wer nicht bereit ist Geld für ein Werk auszugeben, der kommt eben nicht (legal) in den Genuss.“

    Es ging nicht um die Legalität, sondern um die Bemessung der Schadenshöhe: der Marktwert eine gestreamten Films ist 0€. Die meisten Urheber beiten keine Streams an und potenzielle Kunden zahlen kein geld dafür. Also ist der Marktwert exakt 0 e, damit auch die Schadenshöhe 0 €.

    Zur Legalität hatte ich glaube ich schon gesagt, dass eine Ausreise in den Westen illegal war. Das dortige Recht wurde versucht mit Waffengewalt durchzusetzen (Schießbefehl. Man kann natürlich argumentieren, dass die „Republikflüchtigen“ sich illegal verhalten haben und zu Recdt erschossen wurden. Aber die meisten Menschen denken anders. Die Bürger haben sich das Recht auch nicht gefallen lassen lassen, sondern haben die Republik gestürzt. Das wird mit dem Urheberrecht auch passieren. Es wir wie der Schiessbefehl in der DDR in der jetzigen Form nicht überleben. Es passt nicht mehr zur Gesellschaft. Wie der Schiessbefehl an der innerdeutschen grenze.

    Der Diebstahlsvergleich ist unsachlich. Es wechselt ja beim Streamen von Videos keine bewegliche Sache den Eigentümer. Deswegen kannte das Römische Recht kein „geistiges Eigentum“ bei der Ausprägung des Eigentums- und Besitzrechtes. Eine zeitlang hat die unsachliche Analogie funktioniert, heute passt sie nicht mehr zu unserer Gesellschaft.

    Comment by Jan Dark — 16.07, 2011 @ 08:11

  24. @Jan Dark

    Diese Theorie lässt sich schon nicht durchhalten, wenn es um aktuelle Kinofilme geht. Schliesslich geht es nicht um das Streamen für sich, sondern um den nicht vom Rechteinhaber authentisierten Konsum sprich Verwertung. Der Schaden ist schon durch die dem Rechteinhaber teilweise entzogene Rechtsposition begründet. Es geht lediglich darum, mit geeigneten Mitteln die Höhe zu bestimmen. Die Aussage, das konsumieren des Werkes durch jemanden (im Filesharing-Fall durch potentiell 1000ende) habe irgendwann einen 0-Wert weil schon voll verwertet ist nicht sachgerecht. Letztendlich bleibt zu jeder Zeit die Verwertungsmöglichkeit durch Verkauf von Blue-Ray bzw DvD. Dass es kein internetbasiertes tragfähiges Verwertungsmodell gibt finde auch ich total blöd, jedoch geht damit keinesfalls eine Entwertung einher.

    Das Urheberrecht in Vergleich mit dem Schiessbefehl zu bringen finde ich höchst menschenverachtend und überdies auch nicht tragfähig. Während der eine Fall (am Grundgesetz gemessen) eine eklatante Missachtung elementarer Rechte war, ist das Urheberrecht und daran anschliessend zivilrechtliche Schadenersatzansprüche schon aus Art 14 GG zwingend erforderlich.

    Dass hier kein Diebstahl im technischen Sinne vorliegt ist wohl jedem klar. Mein Vergleich ist sicher zugespitzt, bezog sich aber vielmehr darauf, dass die Lage insofern ähnlich ist, als einem Rechteinhaber seine Verfügungsgewalt entzogen wird (zumindest partiell).

    Der Zurückzug auf das römische Recht überzeugt mich nicht. Ich sehe hier keine Analogie sondern vielmehr ein neues Rechtsinstitut.

    Ungeachtet des Vorstehenden halte ich die momentane Situation im Urheberrecht auch für reformbedürftig. Mein Vorschlag wäre eine Stärkung des Rechts auf Privatkopie. Damit dürfte sich die Abmahnabzocke mancher erledigen und sich die Verfolgung auf die konzentrieren die sich mit fremden Rechten eine goldene Nase verdienen.

    Gruß Adrian

    Comment by Adrian — 16.07, 2011 @ 13:33

  25. Die Frage ist, ob unter denen, die sich mit fremden Rechten angeblich eine goldene Nase verdienen nicht solche in der Mehrheit sind, die der Gesellschaft einen wertvollen Dienst erweisen, weil die sog. Rechteinhaber es seit Jahrzehnten nicht auf die Reihe bringen, die Werke nachfragegerecht zu verwerten.

    Nun könnte man sagen, es wäre deren gutes Recht auf eine nachfragegerechte Verwertung zu verzichten. Das ist es aber nicht. Wenn man schon von geistigem Eigentum sprechen will, dann gilt auch hier, dass Eigentum verpflichtet.

    Comment by Ein Mensch — 16.07, 2011 @ 19:11

  26. @Adrian

    Recht der DDR:
    „Während der eine Fall (am Grundgesetz gemessen) eine eklatante Missachtung elementarer Rechte war, ist das Urheberrecht und daran anschliessend zivilrechtliche Schadenersatzansprüche schon aus Art 14 GG zwingend erforderlich.“
    Es ist grober Unsinn, das Recht der DDR an Masstäben der BRD zu messen. Rechtsdogmatisch war der Schiessbefehl dem DDR-Recht vollständig rechtskonform. So wie sich das Urheberrecht in der BRD aus dem GG ableiten liess. Das Problem ist, das trotz korrekter Rechtsdogmatik die Bürger das nicht wollten. So wie die DDR u.a. wegen des Schiessbefehls zerfiel, wird das Urheberrecht an den Bürgern zerbrechen.

    Schadenshöhe:
    Wenn die Schadenhöhe Null ist, ist kein Schaden da. Der Irrtum im Rechtssystem, dass eine Sache auf der einen Verwertung einen Preis erzielt, dann müsste sie auch auf anderem Wege einen Preis erzielen, ist dümmlich. Empirisch messbar ist, dass sich auf dem Markt der Preis zu null bildet. Das ist ja das Grundproblem des Abmahnwahns: da sich auf dem Markt kein Preis bildet, suchen manche Unternehmer die Hilfe des Staates, um über Umweg über das Strafrecht (Anschlussermittlung, Störerhaftung) einen Preis zu erzielen, der auf dem Markt nicht zu erzielen ist. Da Juristen meist marktunerfahren sind, haben sie sich dazu prostituiert, Marktersatz zu spielen mit katastrophalen Ergebnis. Reformbedarf.

    Heute im Zug dachte ich darüber nach, dass tausende von Spielfilmen für 80 Mio Bürger für 17,98 € im Monat zur Verfügung stehen. Das steht in keinem Verhältnis zu den absurden von Juristen marktfern konstruierten „Schäden“ einzelner Downloads.

    Aus diesem seit langem bestehenden arbeitsfähigen Geschäftsmodell leiten sich auch mögliche Reformvorschläge ab. Man muss den Markt den Preis bestimmen lassen. Nimm einen Film:
    Du kannst ihn im Kino vermarkten, über DVD/Blueray, Online-Stores mit kleinen, marktfähigen Preisen (iTunes) und über TV. Dafür musst Du eine marktfähiges Modell finden. Ein Erlösmodell, das nur mit staatlichem Zwang funktioniert und zu Wucherpreisen (siehe oben) führt, geht nicht in unserer Wirtschaftsordnung. Denkbar ist vielleicht noch, dass man über eine Kulturflatrate eine Pauschalvergütung für Streaming und andere Privatkopien findet. So wie die VG Wort sich Vergütungen direkt an Urheber (ohne Rechteverwerter und Rechtsanwälte und Gerichte)über Verkäufe von Kopierern finanzieren lässt. Aber zur Bemessung der Schadenshöhe sind insbesondere in Hinblick auf Preise bei der GEZ absurd und mit unserer freiheitlichen Wirtschaftsordnung nicht zur Deckung zu bringen. Nicht mal in sozialistischen Staaten wie China missbraucht man den Staat zur Erzielung von Erlösen, die auf dem Markt nicht zu erzielen sind, wie bei uns.

    Römisches Recht:
    Ich halte die ständige Rückbesinnung immer für hilfreich. In Jahrtausende alter Rechtsgeschichte, macht das entartete Urheberrecht nur einen winzigen Zeitraum aus. In Zeiten des Internets funktioniert es aber nicht mehr, es ist nicht durchsetzbar. Nicht durchsetzbares Recht ist Unsinn.

    Diebstahl:
    Vom materiellen Eigentumsübergang auf immateriellen Analogien zu bilden (siehe Flüssigseife) ist genauso unsinnig wie die Gewerkschaften in UK durchsetzten, dass auf E-Loks Heizer mitfahren sollen.

    Comment by Jan Dark — 16.07, 2011 @ 22:45

  27. „Ein Rechtfertigungsgrund, der einer Durchsetzung des Verbots, die DDR zu verlassen, Vorrang vor dem Lebensrecht von Menschen gab, indem er die vorsätzliche Tötung unbewaffneter Flüchtlinge gestattete, ist wegen offensichtlichen, unerträglichen Verstoßes gegen elementare Gebote der Gerechtigkeit und gegen völkerrechtlich geschützte Menschenrechte unwirksam.“ BGHSt 41, 101

    Des Weiteren enthalte ich mich der absurden Diskussion die darauf fußt, den menschenverachtenden Schießbefehl der DDR mit dem Urheberrecht zu vergleichen!

    Comment by Adrian — 16.07, 2011 @ 22:59

  28. @Adrian

    Die Erschiessung von Menschen wurde von DDR-Richtern nicht als unerträgliches Recht nach der Radbruchschen Formel angehen. Das war nur im BRD-Rechtssystem so.

    Deswegen ist es den Bürgern ja auch mit dem DDR-System zu bunt geworden und sie haben das entartete Rechtssystem mit dem politischen System ganz abgeschafft, um so ihrem Menschenrecht zum Durchbruch zu verhelfen.

    Bürger haben einen sehr feinen Sinn dafür, wenn die Rechtsorthodoxie entartet ist und ersetzen sie eher durch eine neue, als eine unsinnige zu tradieren. So ist das Leben. Viel Glück in der Enthaltung über Rechtsvergleiche.

    Comment by Jan Dark — 17.07, 2011 @ 12:09

  29. @Jan Dark

    „Wenn die Schadenhöhe Null ist, ist kein Schaden da.“

    Gut auf den Punkt gebracht.

    Die Sache ist, daß die Medienmafia sich durch dieses Vorgehen gegen die eigene Konsumten selbst beerdigt. Schade nur, daß dabei die schwarzen Scharfe gleich eine gesamte Industrie in den Abgrund befördern. Bleibt zu hoffen, daß google’s youtube oder Apple’s itunes das erfolgreich auffangen und sich weiterhin gegen Erpressungsversuche erfolgreich zur Wehr setzen können.

    Comment by Der Coon — 20.07, 2011 @ 00:49

  30. @Felixs [Nr. 20]: „Bin ich der Einzige, der sich ueber die Regelung der Rechtsverfolgungskosten in Par. 97 I 2 wundert? Da heisst es: …“

    Ja, vermutlich .. denn § 97a Abs.1, der die Kostenerstattung vorsieht, wird nicht angetastet. Warum die Regelung im § 97 Abs. 2 Satz 1 a.E. notwendig war, findest du in der Begründung.

    „Ist das auch bloss Schlamperei oder versteckte Absicht?“ – fragt jemand, der den GE nicht gelesen und verstanden hat …

    So long

    Peter

    Comment by Peter — 20.07, 2011 @ 10:45

  31. @Boecker [19]: „In Deinen ersten zwei Absätzen gehst Du auf Dinge ein, die ich nicht geschrieben habe.“ ?!? *kopfkratz*

    Du schreibst in [9]: „Wieso sollte denn der Streitwert des Unterlassungsanspruches nicht höher sein können als etwaige Schadensersatzansprüche? Der urheberrechtliche Unterlassungsanspruch bezieht sich auf die Zukunft – …“

    und ich in [11]: “ nuja, weil der Rechteinhaber die Gefahr der zukünftigen Verletzung durch die – unangetasteten und z.T. sehr hohen – Vertragsstrafeversprechen in den strafbewehrten Unterlassungserklärung beseitigt, die er durchsetzen kann bzw. durch Ordnungsgelder des Gerichts.“ ..

    Sehe nicht, wo es Diskrepanzen gibt. Im Übringen findest du zu dieser Frage Antworten in der Begründung.

    So long
    Peter

    Comment by Peter — 20.07, 2011 @ 10:50

  32. @Arno [17]: in der Tat ist meine berufliche Erfahrung nicht auf den gewerblichen Rechtsschutz und das Urheberrecht beschränkt, wie bei manchen Kollegen.

    Ein Blick über den juristischen Tellerrand eines speziellen Fachgebietes ist manchmal äußerst aufschlussreich ..

    So long

    Peter

    Comment by Peter — 20.07, 2011 @ 10:53

  33. Falls irgendein Mitleser daran interessiert ist, *verständlich* erläutert zu bekommen, worum es in dem Entwurf tatsächlich geht und wie es geregelt wurde, bleibt euch im Moment leider nichts anderes übrig, als hier zu gucken:

    http://blog.die-linke.de/digitalelinke/linke-gegen-abmahnwahn/#more-3639

    Comment by Peter — 20.07, 2011 @ 12:00

  34. OK, dann klamüser ich es mal kurz aus:

    Ich stellte die Frage, warum denn der Streitwert für die Unterlassung nicht höher sein könne, als der Schadensersatzanspruch und bekomme darauf die Antwort:

    „@Boecker: nuja, weil der Rechteinhaber die Gefahr der zukünftigen Verletzung durch die – unangetasteten und z.T. sehr hohen – Vertragsstrafeversprechen in den strafbewehrten Unterlassungserklärung beseitigt, die er durchsetzen kann bzw. durch Ordnungsgelder des Gerichts. Auch das ist im GE ausgeführt. Das ist aber zu trennen vom Gebühren bzw. Zuständigkeitsstreitwert.“

    Das beantwortet aber a) meine Frage nicht und b) ist selbst diese Nichtantwort inhaltlich neben der Spur: Nicht der Rechteinhaber beseitigt die Wiederholungsgefahr, sondern der Verletzer. Und mit der Anmerkung, dass das von Gebühren und Zuständigkeitsstreitwert zu trennen sei, liegst Du richtig, aber indem Du das an mich adressierst, wird impliziert, dass ich das zuvor vermengt hätte.

    § 26 Nr. 8 EGZPO: der Anspruch auf effektiven Rechtsschutz, Art. 19 GG, verlangt nicht den beliebigen Zugang zu mehreren Instanzen – sonst wäre § 26 Nr. 8 EGZPO per se verfassungswidrig.“

    Das ist allerdings richtig. Aber: de lege lata gibt’s die Möglichkeit der NZB, wenn der Streitwert über 20k € liegt. Bei Deckelung des Streitwertes auf 10k € könnte man nur mit einer zugelassenen Revision zum BGH. Es ist zwar richtig, dass es keinen verfassungsrechtlichen Anspruch auf den Instanzenzug gibt, aber ich sehe keinen Grund (außer Lust und Laune desjenigen, der den Gesetzesentwurf geschrieben hat), das zu ändern. Im Gegenteil halte ich auch den begründungslosen Ansatz von 20k+ € für eine NZB für willkürlich gewählt.

    Da der Blogbeitrag bei den Linken ein bisschen länger ist und danach schreit, eingehend kommentiert zu werden, werde ich dann doch wohl mein Blog mal wieder aktivieren… Ich schreibe die Adresse dann hier in die Kommentare rein…

    Comment by Dominik Boecker — 20.07, 2011 @ 12:43

  35. @Baxter [21] – leider funktioniert der Link (gerade) nicht, aber egal wer sich im Bereich der Filesharer-*Ermittlung* tummelt: Das Filesharing verletzt Rechte des Urhebers (bzw. Rechteinhabers), und es ist legitim dagegen vorzugehen. Abofallen sind, je nach Gestaltung, Betrug oder mindestens Bauernfängerei.

    @Peter [30] – In der Tat, ein Absatz in der Begründung ist mir durchgerutscht (S. 13, 2. Absatz…). Die Absicht ist also offen und nicht versteckt, aber Sinn ergibt es immer noch keinen. §§97 und 97a des Entwurfs widersprechen sich oder sind mindestens unklar. Sollen die in der Begründung genannten Kosten der Ermittlung des Verletzers in den Abmahnkosten nach §97a enthalten sein? Dann ist der Einschub in § 97 II 2 unnötig, weil §97a diese Kosten schon gewährt. Oder soll es diese Kosten nur bei Vorsatz + Gewerbsmäßigkeit geben? Das hielte ich rechtspolitisch für verfehlt.

    Comment by Felix — 25.07, 2011 @ 05:39

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