Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

7.7.11

Das Fußballstadion ist kein grundrechtsfreier Raum

Vielleicht ist es nur ein Sommerlochthema über das SPON und die bloggenden Kollegen Kompa und Möbius schreiben. Aber die Unterdrückung unliebsamer Meinungsäußerungen gehört nunmal zu meinem Themenspektrum, weshalb ich mir ein paar Zeilen ebenfalls nicht verkneifen kann.

Der FC Bayern München erwägt Stadionverbote gegen diejenigen Fans zu verhängen, die noch immer nicht eingesehen haben, dass der Transfer von Nationltorhüter Neuer ein Segen für den Club ist. Jetzt kann man über Stadionverbote gegen solche Fans die mit tatsächlich ehrververletzenden Spruchbändern am Start waren, sicherlich nachdenken. Aber Transparente mit Aufschriften wie „Du kannst auch noch so viele Bälle parieren, wir werden dich nie in unserem Trikot akzeptieren“ sind unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu beanstanden.

Natürlich hat der Verein ein Hausrecht, das man andererseits aber auch missbräuchlich ausüben kann, denn so ein Stadion ist schließlich auch Teil des öffentlichen Raums.

Der BGH hat daher entschieden, dass der Veranstalter, der bestimmte Personen vom Zugang zum Stadion ausschließen will, deren mittelbar in das Zivilrecht einwirkende Grundrechte beachten muss. Insbesondere dürfen einzelne Zuschauer nicht willkürlich ausgeschlossen werden. Es muss vielmehr ein sachlicher Grund bestehen. Und zulässige Meinungsäußerungen stellen bestimmt keinen sachlichen Grund für ein Stadionverbot dar.

Denn, mein lieber FC Bayern, das Fußballstadion ist eben kein grundrechstfreier Raum.

posted by Stadler at 19:40  

5 Comments

  1. Höchstinteressantes Urteil! Ich verfolge seit längerem die Meinung, dass Tageszeitungen oder Blogs mit Kommentarfunktionen nicht einfach sich auf das Hausrecht berufen können, wenn sie die Meinung anderer Bürger durch willkürlich löschen oder nicht freischalten.

    Wer seine Zeitung schreibt oder bloggt, kann sich m.E. auf Presse- und/oder Meinungsfreiheit berufen. Wer eine Kommentarfunktion anbietet, macht damit m.E. einen öffentlichen Raum auf. Zum einen hofft er ja auch davon zu profitieren, wenn andere seine Veröffentlichung kommentieren (sticky site). Zum anderen dürfen dem Kommentator nicht nur Pflichten auferlegt werden, sondern müssen auch Rechte eingeräumt werden.

    Besonders dreist finde ich die Begründung der Beleidigung für verwillkürte Löschung und Unterdrückung der Meinungsfreiheit Faustrecht unter Verhinderung rechtlichen Gehörs bei einer Straftat. Da geht da Urteil des Fussballs m.E. in die richtige Richtung.

    Da offenbar viele Menschen mit der Meinungsfreiheit auf dem Kriegsfuß stehen, z.B. danisch.de, der sich offen gegen Meinungsfreiheit ausspricht und wie oben der Unterlegene auf Hausrecht irrt, glaube ich, dass wir da eine gesetzliche Klarstellung für rechte und Pflichten bei einer weltweit öffentlich im Internet angebotenen Kommentarfunktion bei kommerziellen Produkten und privaten kostenlosen Leistungsangeboten.

    Wenn nicht von alleine der Tenor des obigen Urteils in die Internetwelt fleisst, wäre ich auch gerne bereit im Bundestag eine Petition einzubringen. Das scheint mir trotz des einmaligen Lichtblicks von Jimmy Schulz angesichts der katastrophalen Diskussionsweise in diese komischen Enquete effektiver. Wie sehen das andere?

    Comment by Jan Dark — 7.07, 2011 @ 21:44

  2. Nein, nein, dies ist sicher kein Sommerloch-Thema.

    Das Verhalten des FC Bayern ist genauso wie das jeder anderen (politischen) Struktur, die über einen langen Zeitraum dominiert:

    Der Bezug zu den eigenen Werten wird entkoppelt von der gesellschaftlichen Realität. Alle Mittel, diese Werte aufrechtzuerhalten, werden als legitim angesehen – warum würde man sonst dominieren? Die zeitlich ausgedehnte Vorherrschaft führt zwangsläufig zu einer „der Erfolg gibt uns Recht“-Mentalität.

    Dann heißt es: „Laut Vereinsmitteilung handelt es sich „um eine beim FC Bayern nicht registrierte Gruppierung““. Ach so, wer nicht registriert ist (in der Partei ist), der hat keine Rechte. So einfach ist das.

    Neuer hatte sich immer zu den Schalker Ultras bekannt. Warum soll man nicht der Meinung sein dürfen, dass er nicht zu den Bayern passt?

    Aber Demokratie und Fussball sind halt so ne Sache – siehe FIFA…

    Comment by konsumtrottel — 7.07, 2011 @ 22:20

  3. Ich habe von seiten des Klubs noch keine Aussage mit dem Wort „Stadionverbot“ gelesen – wo hast Du das denn her? „Persona non grata“ ist sicher nicht damit gleichzusetzen.

    Comment by zechbauer — 8.07, 2011 @ 11:19

  4. Mit was sollte der Status der unerwünschten Personen denn sonst gleichzusetzen sein? Bekommens keine Wurst mehr?

    Comment by Marcel — 13.07, 2011 @ 02:10

  5. Hallo,

    auch wenn der Eintrag schon sehr alt ist würde mich mal interessieren ob dies auch auf die Vorfälle in Leipzig anwenbar ist.

    Dort wurden Fans wegen einem T-Shirt mit dem Aufdruck „Gegen RB“ nicht ins STadion gelassen. Nur nach ablegen des Shirts wurde der Zugang gewährt.

    Comment by crashpilot — 27.08, 2014 @ 10:26

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