Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

14.6.11

Vertragsschluss bei Telefonwerbung soll erschwert werden

Der Bundesrat hat die Einführung eines neuen § 312b BGB „Vertragsschluss bei Telefonwerbung“ verabschiedet. Der Gesetzesentwurf wird jetzt dem Bundestag zugeleitet. Die geplante Vorschrift lautet:

§ 312b Vertragsschluss bei Telefonwerbung

(1) Die auf einen Vertragsschluss gerichtete Willenserklärung, die ein Verbraucher fernmündlich gegenüber einem Unternehmer abgibt, wird nur wirksam, wenn der Verbraucher sie binnen zwei Wochen nach dem Telefongespräch gegenüber dem Unternehmer in Textform bestätigt. Das gilt nicht, wenn das Telefongespräch nicht von dem Unternehmer zu Werbezwecken veranlasst worden ist oder der Verbraucher in einen Telefonanruf des Unternehmers in Textform eingewilligt hat.

(2) Wird die Willenserklärung des Verbrauchers nach Absatz 1 Satz 1 nicht wirksam, so findet § 241a auf Leistungen des Unternehmers, die aufgrund des Telefongesprächs erbracht wurden, entsprechende Anwendung.

Faktisch läuft das darauf hinaus, dass ein telefonischer Vertragsschluss zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher nur noch dann möglich ist, wenn der Verbraucher den Vertragsschluss anschließend in Textform (also per E-Mail, Fax oder schriftlich) bestätigt. Zwar gibt es eine Ausnahme für den Fall, dass das Telefonat nicht von dem Unternehmer zu Werbezwecken veranlasst wurde. Aufgrund der Gesetzesformulierung liegt die Beweislast dafür allerdings beim Unternehmer. Er müsste dann beispielsweise nachweisen, dass der Verbraucher ihn angerufen hat.

Klingt für mich einmal mehr nach bevormundendem Verbraucherschutz, der den normalen Geschäftsverkehr hemmt. Man will unerlaubte Telefonwerbung bekämpfen, indem man den telefonischen Vertragsschluss erschwert, was wiederum aber alle Fälle des telefonischen Vertragsschlusses im B2C-Bereich betrifft. Selbst dann, wenn eine Werbesituation überhaupt nicht gegeben ist, muss der Unternehmer den Nachweis führen, damit er sich auf den telefonisch geschlossenen Vertrag berufen kann.

posted by Stadler at 21:37  

11 Comments

  1. Diese ganzen Verbraucherschutzregelungen stehen ja auch in keinem kohärenten System mehr, es wird vielmehr in blindem Aktionismus das BGB verschandelt; Schade eigentlich…

    Comment by Stefan — 14.06, 2011 @ 22:41

  2. Ich finde diese Regelung ist mehr als überfällig!

    Es ist mir beispielsweise schon einmal passiert, dass ein Telefonunternehmen mich angerufen hat und ich ausdrücklich einem Wechsel zu diesem abgelehnt habe. Dann wurde dennoch der Versuch unternommen meinen Telefonanschluss zu wechseln.

    Unter diesen neu geschaffenen Voraussetzungen wird hoffentlich nicht nur die Telefonwerbung eingedämmt, sondern vor allem der Betrug und das Erschleichen von Verträgen Einhalt geboten.

    Das hat auch nichts mit Bevormunden zu tun, sondern einfach damit, dass Betrügern das Handwerk gelegt wird.

    Comment by Steffi — 15.06, 2011 @ 00:06

  3. @Steffi

    Super, genau das wollte ich hören bzw. auch sagen. Danke!

    Comment by Hrothgaar — 15.06, 2011 @ 09:52

  4. Ich halte diese Regelung für gut. Die Möglichkeit, Verträge telefonisch zu schließen, lädt zu Betrugsversuchen geradezu ein. Wenn es sich also nicht nur um die Bestellung einer Pizza, sondern um den Abschluss eines Vertrages mit mehrjähriger Laufzeit handelt, kann man den Firmen wohl eine Schriftform zumuten. Ich persönlich hätte auch Email (die ebenfalls sehr fälschungsanfällig ist) ausgeschlossen und nur Dokumente mit der Unterschrift des Kunden zugelassen.

    Comment by Rangar — 15.06, 2011 @ 10:55

  5. Die Frage ist: Wer bitte schließt willentlich und wohlüberlegt B2C-Verträge ab wenn man angerufen wird? Also mal ehrlich: Ich nicht. In meinem bisherigen Leben jedenfalls noch nicht.

    Anders siehts aus wenn ich anrufe oder ich mit einem Unternehmen telefonieren mit dem ich sowieso schon einen Vertrag habe – beispielsweise mit meiner Bank oder meinem Telekommunikationsunternehmen.

    Dementsprechend: Schon seit Langem überfällige Regelung! Vor allem wenn ich an meine Großmutter denke die sich in solche Fallen locken lässt.

    Comment by Rudi — 15.06, 2011 @ 11:24

  6. Ich sehe die Regelung mit einem lachenden und einem weinenden Auge. In einer idealen Welt sind Verträge per Handschlag oder Telefon auch ohne Schriftform rechtsgültig. Anscheinend sind die Sitten aber in bestimmten Bereichen völlig verfallen, so dass die zitierte Regelung dort möglicherweise notwendig ist. Die Regelung wird das Problem nicht an der Ursache beheben, aber möglicherweise einige Symptome. Die Kosten sind erhöhte Bürokratie in den Bereichen, wo es bisher immer auch ohne Schriftform funktioniert hat. Aus meiner Sicht wäre die gesetzliche Festlegung auch anderer Formen konkludenten Handels gewesen, z.B. dass der Verbraucher den Vertragsschluss auch per Telefon oder Web (notfalls bei einem unabhängigen Dritten) bestätigen kann.

    Comment by Ein Mensch — 15.06, 2011 @ 11:49

  7. Der Telefonanschluss meiner Mutter läuft auf meinen Namen. In den letzten Jahren musste ich bestimmt 10 wie auch immer per Telefon abgeschlossene Verträge widerrufen lassen und dazu den Anwalt einschalten. Ich finde dieses Gesetz gut.

    Comment by Marko — 15.06, 2011 @ 19:56

  8. Ich verstehe die Neuerung nicht? „Das gilt nicht, wenn […] der Verbraucher in einen Telefonanruf des Unternehmers in Textform eingewilligt hat.“

    Dann wird sich halt künftig in den üblichen Gewinnspiel-Datenfreigaben die Einwilligung geben lassen, dass die Daten eben nicht nur ‚an verbundene Unternehmen‘ weitergegeben werden dürfen, sondern dass der Verbraucher ebenfalls damit einverstanden ist, mit eben jenen auch telefonisch Verträge abzuschließen?

    Habe ich einen Denkfehler?

    Comment by Bine — 16.06, 2011 @ 01:10

  9. Wo genau hemmt den jetzt diese Regelung den normalen Geschäftsverkehr? Das wüsste ich mal gerne.

    Comment by VonFernSeher — 16.06, 2011 @ 01:11

  10. @VonFernSeher: Dito!

    Weder im B2C noch im B2B bereich sollte es ein Problem sein einen telefonisch angebahnten Vertrag nochmal schriftlich bestaetigen zu lassen. Wenn der Kunde sichs dann doch noch anders ueberlegt ist das IMO sein gutes Recht. Wer darauf setzt seine „Kunden“ zu ueberrumpeln um Vertragsabschluesse zu bekommen gehoert aus dem Verkehr gezogen, Punkt.

    Alles in allem ein lange ueberfaelliges Gesetz.

    Comment by hathol — 16.06, 2011 @ 01:57

  11. Ich bin mir relativ sicher, dass diese Regelung nicht erst seid „jetzt“ existiert. Auch damals, als ich für einen Internet- und Telefonanbieter arbeiten drufte, galt diese Regelung als pflichtig. Vielleicht war es eher der ansporn dieses Anbieters diese Regel zu befolgen, wenn auch derzeit keine rechtliche Grundlage vorherrschte. Nichts desto trotz gibt es viele Kalauer auf dem Markt, die Verträge schließen und auch brav Geld einfordern. Gut, dass unsere Gesetzgebung oft so kleinlich ist!

    Comment by Telefonanbieter — 4.07, 2011 @ 11:31

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