Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

18.6.11

Stadt München lässt KFZ-Kennzeichen notieren

Die Abendzeitung berichtet darüber , dass die Stadt München KFZ-Kennzeichen von ordnungsgemäß geparkten Fahrzeugen notieren lässt und zwar durch eine Fremdfirma. Das soll die Stadt auf Nachfrage hin auch bestätigt haben. Die AZ zitiert den Sprecher des städtischen Planungsreferats mit den Worten:

„Die Kennzeichen der parkenden Autos werden von einer Firma, mit der wir einen Vertrag haben, registriert. So lässt sich im Nachhinein feststellen, welche Kfz-Bewegungen stattgefunden haben.“

KFZ-Kennzeichen sind personenbezogene Daten, zumindest für Behörden, die in der Lage sind, den Fahrzeughalter zu ermitteln. Als rechtliche Grundlage der Maßnahme betrachtet die Stadt München Art. 56 Abs. 2 BayGO i.V.m. Art. 16 BayDSG.

Art. 56 Abs. 2 der Gemeindeordnung besagt aber nur, dass die Gemeinden für einen ordnungsgemäßen Geschäftsgang zu sorgen haben und enthält keinerlei Gestattungen für eine Datenerhebung. Nach § 16 BayDSG dürfen Daten überhaupt nur dann erhoben werden, wenn ihre Kenntnis zur Erfüllung der in der Zuständigkeit der erhebenden Stelle liegenden Aufgaben erforderlich ist. Darüber hinaus müssen Daten aber beim Betroffenen offen mit seiner Kenntnis erhoben werden, sofern sie nicht aus allgemein zugänglichen Quellen stammen.

Da die Stadt die Daten nicht beim Betroffenen mit seiner Kenntnis erhebt, scheint die Stadt davon auszugehen, dass man aus einer allgemein zugänglichen Quelle erhebt, wenn ein Auto auf der Straße parkt.

Diese Rechtsansicht würde zu Ende gedacht dazu führen, dass Behörden im öffentlichen Raum beliebig Daten erheben könnten, auch wenn es keine Anhaltspunkte für einen Rechtsverstoß oder eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung gibt. Genau das, sollen die Datenschutzgesetze aber verhindern.

Die Datenerhebung durch die Stadt München ist ein Fall für den Bayerischen Datenschutzbeauftragten, der hier einschreiten sollte.

posted by Stadler at 21:12  

18 Comments

  1. Das wird lustig. Mal sehen was nun passiert.

    Comment by Jens Best — 18.06, 2011 @ 21:33

  2. Ist es erlaubt, dass Nummernschild des parkenden Autos abzumontieren bzw. zu verdecken?

    Comment by asdf — 18.06, 2011 @ 22:03

  3. Nein ist nicht erlaubt, zumindest nicht wenn das Parkraum im öffentlichen Raum ist. Da müssen die Autos auch zugelassen sein.

    Nun ja, besser die Stadt analysiert die Bewegungsprofile als Ehefrauen oder Konkurrenten :)

    Bye

    Comment by B. — 18.06, 2011 @ 22:15

  4. Unabhängig von der juristischen Bewertung: Warum zum Deibel wollen die wissen, wie und wann welche KFZ bewegt werden? Was machen die mit den Daten? Reicht für die „Zwecke“ einer Stadtverwaltung nicht die rein mengenmäßige Erfassung von Verkehrsströmen („Verkehrszählung“)?
    Die Frage bzw. die Antwort würden mich quasi noch mehr interessieren. Schon allein, um mal einen Blick in die (verqueren?) Gedankengänge einer Verkehrsbehörde zu erhalten… (Ist also so eine Art „medizinisches“ Interesse.)

    Comment by Kommentator — 18.06, 2011 @ 23:19

  5. Wie war das mit „wir müssen sparen“? Gilt nicht für die Bayern oder was?

    Comment by iZicke — 18.06, 2011 @ 23:36

  6. In meinen Augen verspielt sich die Stadt München damit die Möglichkeit, über Geldmangel zu klagen …

    Comment by Werner — 18.06, 2011 @ 23:38

  7. Die Datenerhebung durch die Stadt München ist ein Fall für den Bayerischen Datenschutzbeauftragten, der hier einschreiten sollte.

    Zum einen der, aber wie sieht es darüber hinaus eigentlich mit strafrechtlichen Konsequenzen aus?
    Ganz ehrlich: Ich für meinen Teil habe so ‚was von die Schnauze voll, wie unser hart verdientes (Steuer-)Geld von irgendwelchen Beamten aus grundrechtfeindlichen Motiven heraus (Bewegungsprofilerstellung) schamlos verplempert wird! Die Verantwortlichen müssen m.M.n. genauso zur Verantwortung gezogen, wie ich zum Beispiel von meinem Arbeitgeber in der sog. „freien Wirtschaft“!

    Es wird ,-E- sowieso allerhöchste Zeit für ein schmerzliches Exempel, auch wenn ich natürlich realistisch genug bin zu wissen, daß das ein naiver Gedanke bleibt…!

    Ich denke da laienhaft an beispielsweise § 266 StGB. 5 Jahre in den Bau und der nächste Abteilungsleiter oder dergleichen überlegt es sich vielleicht zweimal, bevor er Verträge mit Fremdfirmen abschließt die Bewegungsprofile von steuerzahlenden Bürgern (wenigstens KFZ-Steuer… ;-) ) im Auftrag anfertigen.

    Das mindeste was geschehen sollte ist, daß der Datenschutzbeauftragte entsprechende Paragraphen abklappert und deren Einhaltung kontrolliert (z.B. § 11 BDSG oder spätestens § 14 BDSG). Bei Nichteinhaltung würde ich für meinen Teil ebenfalls die Statuierung eines Exempels begrüßen. Und zwar allein schon im Hinblick der andauernden Serie von Datenskandalen (Sony & Co.)

    Würde mich über Meinungen und/oder ggf. Aufklärung/Richtigstellung meiner laienhaften Ansichten übrigens sehr freuen.

    Gute Nacht, Baxter

    Comment by Baxter — 19.06, 2011 @ 00:35

  8. Wo sind eigentlich die ganzen Google-Streetview-Empörungsspinner? Hier könnten die ja Mal von Nutzen sein?

    Comment by datenkind — 19.06, 2011 @ 02:50

  9. Und das ist nur das, was man halt erfahren hat. Was weiss man, wo Big Brother noch überall „Daten“ erhebt. Scheiss Überwachungsstaat.

    Comment by hkspiss — 19.06, 2011 @ 08:06

  10. Wofür sollen die Bewegungsprofile jetzt noch einmal zur Öffentlichen Sicherheit/ Ordnung beitragen? Dadurch, dass sie den Stau verringern und mehr Parkplätze schaffen? Für mich auch völlig unverständlich, zumal erst letztlich „Zensus“ damit Werbung machte, den Straßenverkehr durch neue Zahlen verbessern zu können. Was wohl weniger der Fall sein wird.

    Comment by Maren — 19.06, 2011 @ 12:03

  11. @4, @10: So völlig brack ist die Idee des Planungsreferats nicht: „Nötig ist das, wenn Anwohnerparkplätze geschaffen oder Parkplätze verlegt werden.“ Dafür ist die Information, wie viele Nutzer der Parkplätze dort regelmäßig stehen (und damit höchstwahrscheinlich Anwohner sind) und wie viele nur einmalig (Missbrauch des Wohngebiets als Parkplatz für die nächste Einkaufsstraße u.ä.) durchaus interessant. Letztere könnte man ja auch auf ÖPNV und kostenpflichtigen Parkraum anderswo verweisen, erstere schwerer. Eine rein mengenmäßige Erfassung der parkenden Autos kriegt das so nicht raus.

    Die Frage ist, ob es auch mit datenschutztechnisch weniger fragwürdigen Methoden ginge.

    Würde eine (anonymisierte) Umfrage unter den Anwohnern verlässliche Ergebnisse bringen? Oder würden Effekte wie „Warum will Big Brother das wissen?“ und „Wenn ich nicht antworte, verhindere ich damit vielleicht die Anwohner-Parkzone/die Parkplatz-Reduzierung.“ das Ergebnis unbrauchbar machen?

    Comment by Ben — 19.06, 2011 @ 12:33

  12. Überwachung ist eine ungefährliche Tätigkeit, die Spass macht. Guter Job bei frischer Luft.

    Überwachung schafft Arbeitsplätze und beleunigt das Wirtschaftswachstum.

    Sozial ist, was Arbeit schafft!

    Comment by Jens Mander — 19.06, 2011 @ 13:22

  13. Das macht die Stadt Nürnberg schon seit 20 Jahren. Dort notiert die Polizei im Streifenwagen mit laufendem Motor gleich zweimal: Abends um 23 Uhr und morgens um 5 Uhr alle parkenden Autos, um mit dieser verbotenen Rasterfahndung festzustellen, wer in einer verkehrsberuhigten Zone (Albrecht-Dürer-Platz) eventuell sein Auto bewegt hat. Für die paar Strafmandate brauchen die Beamten ca. 1,5 Stunden, für die Auswertung der handgeschriebenen Listen sicher nochmal doppelt so lange. Ich weiss nicht, ob der Erlös durch eventuelle Strafmandate über dem Energie- und Zeitverbrauch liegt. Ich bin wegen des Lärms, den morgens um 5 Uhr die laufenden Motoren verursachten aus der sogenannten „Ruhezone“ weggezogen.

    Comment by Wolf — 19.06, 2011 @ 13:28

  14. Habe dann auch mal einen Beitrag zu dem Thema verfasst, auch wenn man (natürlich) die Daten anonymisiert verwendet kann man dennoch Bewegungsprofile erstellen, Bewegungsprofile an denen sicherlich eine Menschen interesse hätten um ggf. auch zu überblicken welche Kaufkraft wo gerne hin fährt.

    Comment by Jens — 20.06, 2011 @ 10:29

  15. Wollte noch was ergänzen: Ich fände es auch in der Tat erschreckend, wenn solche Aufzeichnungen in die falschen Hände kommen würden, das wäre z.B. bei Fahrzeugen von Versicherungsvertretern interessant für die Mitbewerber. Das könnte man ja nun endlos weiter führen…

    Comment by Jens — 20.06, 2011 @ 11:28

  16. „Da die Stadt die Daten nicht beim Betroffenen mit seiner Kenntnis erhebt, scheint die Stadt davon auszugehen, dass man aus einer allgemein zugänglichen Quelle erhebt, wenn ein Auto auf der Straße parkt.“

    Moment mal. Die Kennzeichen sind zwar allgemein zugänglich und können meinetwegen von jedem notiert werden. So bald diese Kennzeichen jedoch mit den nicht allgemein zugänglichen zugehörigen Personendaten verheiratet werden – ohne Information der betroffenen Halter, ist das nach meinem Verständnis nicht zulässig…
    Ich hoffe, der Datenschutzbeauftragte macht seinen Job.

    Comment by Peterle — 20.06, 2011 @ 15:01

  17. Dann könnte man an den Zugangspunkten richtung Parkzonen und dergleichen ja gleich Kennzeichenscanner einsetzen.

    Wie soll sowas rechtmäßig sein wenn selbst für die Strafverfolgung schon öfter verboten wurde solche Daten anzufertigen.

    Soll ich jetzt tatsächlich darauf vertrauen dass sich die Stadt mit den nicht zugeordneten Kennzeichen begnügt?

    Viel interessanter für die Planungsverantwortlichen wäre doch wenn man auch die dazugehörigen Personen ermitteln. Dann wäre gleich klar wer wirklich Anwohner ist und wer nicht.

    Unsere Behörden haben ja schon oft genug bewiesen dass man ihnen eben nicht vertrauen kann…

    Und der größte Witz ist die Aussage dass die Daten bei den Privatfirmen sicher sind da ein Missbrauch vertraglich ausgeschlossen ist.

    Comment by stachel — 21.06, 2011 @ 09:08

  18. Ich komme aus Augsburg und bin Student der wiwi augsburg.
    Der Blog ist cool! Weiter so!

    Comment by qwerty — 22.06, 2011 @ 17:20

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