Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

9.5.11

Wie die Evaluierung der Anti-Terror-Gesetze funktioniert

Die Regierungskoalition streitet derzeit darüber, ob die sog. Anti-Terror-Gesetze, die im nächsten Jahr auslaufen würden, verlängert oder gar „entfristet“ werden sollen, wie Innenminister Friedrich fordert. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel hat sich bereits für eine Verlängerung ausgesprochen.

Kern des bekanntlich von der rot-grünen Bundesregierung als Folge von 9/11 eingeführten Gesetzespakets ist das Terrorismusbekämpfungsgesetz, das insbesondere den Geheimdiensten erweiterte Überwachungsbefugnisse verliehen hat. Durch das Terrorismusbekämpfungsergänzungsgesetz aus dem Jahre 2007 wurden diese Befugnisse verlängert und z.T. nochmals ausgedehnt.

In diesem Gesetz ist in Art. 11 eine Evaluierung vor dem 10. Januar 2012 unter Einbeziehung eines wissenschaftlichen Sachverständigen, der im Einvernehmen mit dem Deutschen Bundestag bestellt wird, vorgesehen.

Wie dieses Überprüfung abläuft, erläutert die SZ unter Berufung auf ein internes Dokument der Bundesregierung. Mit der Durchführung der Evaluierung wurde ein externes Consulting-Unternehmen für „wissenschaftliche Methodenberatung“ beauftragt.  Diese Firma hat für ihren Bericht u.a. Fragebögen ausgewertet, die sie den Geheimdiensten vorher zur Beantwortung zugeschickt hatte.

Geheimdienste beantworten also Fragebögen und die Auswertung belegt dann den Sinn des Gesetzes und die Notwendigkeit einer Verlängerung. Wie werden die Dienste, die, wie auch das BKA, die Anti-Terror-Gesetze äußerst positiv beurteilen, derartige Fragen wohl beantworten? Genau. Ich frage mich deshalb eher, ob man das als Evaluierung durchgehen lassen kann oder nicht vielmehr als das bezeichnen sollte, was in Wahrheit ist, nämlich eine politische Augenwischerei.

Nachdem der Bericht des Consulting-Unternehmens aber ganz ausdrücklich keine verfassungsrechtliche Wertung vorninmt, hat die Bundesregierung zusätzlich noch den nicht unbedingt als liberal und sicherheitskritisch geltenden Juristen Heinrich Amadeus Wolff um eine verfassungsrechtliche Bewertung gebeten. Und selbst dieser Rechtsgelehrte konnte nicht umhin, Bedenken zu äußern, vor allen Dingen wegen des unzureichenden bzw. fehlenden Rechtsschutzes.

Wenn wir in Deutschland von rechtsfreien Räumen – die der Gesetzgeber mit Regelungen wie dem Terrorismusbekämpfungsgesetz geschaffen hat – sprechen, dann sind zuallererst die Dienste und Verfassungsschutzbehörden zu nennen.

posted by Stadler at 08:57  

3 Comments

  1. Man muss sich das nochmal auf der Zunge zergehen lassen:

    „Eindrucksvoll ist die Zahl von Sicherheitsüberprüfungen: In Behörden und in Betrieben, die für „lebenswichtig“ gehalten werden, wurden von 2007 bis 2009 insgesamt 64.426 Personen überprüft, und 628 zum Sicherheitsrisiko erklärt. Das heißt: Die Person darf nicht mehr mit der sicherheitsempfindlichen Tätigkeit betraut werden.

    Rechtsschutz gegen derlei Maßnahmen gibt es kaum.“

    Comment by JK — 9.05, 2011 @ 09:48

  2. Ich schlage vor, dass das Verfahren auch für andere Bereiche eingesetzt wird. So könnte man an alle Mitglieder der Flensburger Verkehrssünderkartei Fragebögen verschicken bzgl. Bussgeld und Strafenkatalog für Verkehrsdelikte.
    Bestimmt bekommt man so ein klares Bild, welche Regelungen und Strafen verzichtbar sind.

    Comment by Oliver — 9.05, 2011 @ 10:47

  3. @Oliver: Hatte sich die Politik nicht gerade darauf geeinigt, dass das Flensburger Punktekonto in Zukunft leichter getilgt werden sollte?

    Comment by Markus — 29.05, 2011 @ 22:34

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