Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

11.5.11

Vorratsdatenspeicherung light

SPD-Chef Gabriel fordert bekanntlich die Vorratsdatenspeicherung. Dem widersprechen nun einige Netzpolitiker der SPD in einem offenen Brief – wobei auffällig ist, dass sich nicht ein einziger Bundestagsabgeordneter aus der Deckung gewagt hat – und schlagen stattdessen eine Art VDS light vor. Diese soll (nur) eine kurze Speicherung von IP-Adressen beinhalten und das eng begrenzt auf schwerste Straftaten. Auf eine Speicherung von Standortdaten soll gänzlich verzichtet werden.

Dass dieser Vorschlag nicht bei allen Anklang finden würde, war klar und es gibt sicher gute Gründe, sich gegen jede Form der Vorratsdatenspeicherung auszusprechen.

Andererseits sollte man auch gelegentlich eine Reality-Check durchführen und der beinhaltet die Erkenntnis, dass das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung zur Vorratsdatenspeicherung in der Speicherung von IP-Adressen und der in der Praxis am häufigsten anzutreffenden Konstellation der sog. mittelbaren Nutzung von Verkehrsdaten, in der den Ermittlern die IP-Adresse bereits aus anderen Quellen bekannt ist, kein großes Problem sieht.

Vielleicht wäre es deshalb auch erwägenswert, der Logik des BVerfG zu folgen und die Abfrage der zu einer IP-Adresse gehörenden Kundendaten davon abhängig zu machen, dass die Behörden bereits selbst IP-Adresse und Nutzungszeitpunkt ermittelt hat.

Den Vorschlag aus dem offenen Brief einiger Netzpolitiker und Aktivisten könnte man aus meiner Sicht als akzeptablen Kompromiss betrachten, wenn er denn konsensfähig wäre. Nur gerade das steht nicht zu erwarten.

In diesem Zusammenhang sollte man auch nochmals deutlich machen, dass die ewige Diskussion um die Notwendigkeit der Terrorbekämpfung vor allen Dingen ein politisches Täuschungsmanöver darstellt. Die Vorratsdatenspeicherung dient in der Praxis primär der Bekämpfung von Betrugs- und Urheberrechtsdelikten und nicht der Terrorbekämpfung.

posted by Stadler at 09:25  

6 Comments

  1. Man sollte also seine eigenen politischen Ziele danach bemessen, was im Licht der Gegenmeinung noch verfassungsrechtlich möglich ist? Das kann nicht ernsthaft ein Argument für die VDS light sein. Auch Ihnen müsste bekannt sein, dass es einen politischen Gestaltungsrahmen gibt, der durchaus nicht an die Grenzen dessen gehen muss was durch das BVerfG. abgesteckt wurde. Die Frage in diesem Fall ist nicht, was ist möglich, sondern was ist wünschenswert. Warum man schon so früh von der eigenen Überzeugung in Form dieses faulen Kompromisses abweicht, bleibt daher fraglich.

    Comment by Sven — 11.05, 2011 @ 10:56

  2. Das Gericht hat noch nicht absehen koennen, dass IPv6 vor der tuer steht. Und eine Empfehlung zur VDS hat es ja wohl auch nicht gegeben, sondern eine lange Liste an Vorgaben, wie diese sensiblen Daten zu schuetzen seien. Darueber redet keiner: wer soll das eigentlich bezahlen, denn das deutlich teurer als bei VDS 1.0

    Comment by Mathias — 11.05, 2011 @ 11:41

  3. „Kompromisse“ vorschlagen für Ideeen, die man komplett ablehnen muss sind keine Kompromisse, sondern taktische Spielchen. Die Maximalforderung VDS ist nicht durchsetzbar, wird aber vehement über Jahre hinweg gefordert. Dann kommt der „Kompromiss“ und zwängt die Gegner in eine Ecke, da sie nicht kompromissbereit oder realitätsfern aussehen. Schade ist, dass dieses Manöver sogar zu funktionnieren schein!

    Es gibt Ideeen die gehören nie in die Tat umgesetzt! Da ändert auch ein Abschwächen der sehr schlechten Idee nichts, sie ist und bleibt untragbar!

    Comment by Jay — 11.05, 2011 @ 12:09

  4. „Vielleicht wäre es deshalb auch erwägenswert, der Logik des BVerfG zu folgen und die Abfrage der zu einer IP-Adresse gehörenden Kundendaten davon abhängig zu machen, dass die Behörden bereits selbst IP-Adresse und Nutzungszeitpunkt ermittelt hat.“

    Pfiffig – aber doch daneben. So würde man mit Anonymisierungsdiensten die Nutzung der IP zur Indentifikation weiterhin unterlaufen können. Was bei den angeblichen Sicherheitspolitikern sofort zu weiteren Forderungen führen würde, also die Diskussion mitnichten beendet. Zudem ist überhaupt nicht einzusehen, warum es staatlichen Einrichtungen überhaupt gestattet sein soll den Souverän rund um die Uhr zu beschnüffeln und Datensammlungen anzulegen, egal über welchen Zeitraum sich diese erstrecken. Ich weiß daher bis heute nicht, wie die alten Herren in Rot auf die Idee kommen, den Politikern im Urteil zur VDS Hoffnung zu machen, es gäbe irgend eine verfassungskonforme umfassende Datensammlung über alle. Auch private Interessen, die weitaus größeren Einfluß auf die Politk haben als die überwältigende Mehrheit der Wähler werden keineswegs auf den Zugriff auf einmal erhobene Daten verzichten; Verwässerung jedes Kompromisses inklusive. Schließlich, und da liegt der Hase auch einer angeblichen Light-Version der VDS spätestens beim Hund, werden Daten misbraucht werden, wenn man bei der m. E. rund herum mißbräuchlichen Profilierung aller Bürger überhaupt noch von Mißbrauch sprechen kann.

    Comment by M. Boettcher — 11.05, 2011 @ 19:40

  5. Jetzt habe ich erst gesehen, dass es eh auch einen Beitrag dazu gibt. Die Vorratsdatenspeicherung ist ein Wahnsinn. Der EUV regelt doch ganz klar, dass die Grundrechtecharte Primärrecht ist und den Verträgen im Rang gleichsteht. Die VDS-Richtlinie ist nur Sekundärrecht und muss primärrechtskonform ausgelegt werden. Es ist Wahnsinn, dass das so durchgezogen wird. Im Namen des Terrors ist offenbar alles zulässig.

    Comment by Martina — 13.05, 2011 @ 07:28

  6. Phishing also das Abfangen von Konten-Daten und Nachstellungen machen nur einen Teil der Online-Kriminalitat aus. Wir hatten in der Vergangenheit eine Art Vorratsdatenspeicherung weil Provider fur die Abrechnung Informationen speichern mussten auch um eine Uberprufung der Rechnung zu ermoglichen.

    Comment by Monex — 19.05, 2011 @ 13:42

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