Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

3.5.11

Studie zu Kinderpornografie im Internet

Eine neue Studie des Kriminalwissenschaftlichen Instituts der Uni Hannover zur Verbreitung von Kinderpornografie im Internet belegt, dass das WWW nicht den Hauptverbreitungsweg für kinderporngrafische Inhalte darstellt, sondern vielmehr Tauschbörsen und geschlossene Benutzergruppen die wesentlichen Kanäle bilden. Die Studie liefert zudem keinen Beleg für die von der Politik immer wieder aufgestellte Behauptung eines kommerziellen Massenmarktes.

Dies entspricht dem, was ich in meiner schriftlichen Stellungnahme zum Sachverständigengespräch im Unterausschuss Neue Medien des Deutschen Bundestages vom 25.10.2010 bereits dargestellt hatte. Die jetzige Studie belegt im Nachhinein, dass der Gesetzgeber bei Erlass des Zugangserschwerungsgesetzes von falschen Annahmen ausgegangen ist und, dass Netzsperren in diesem Bereich bereits deshalb kein probates Mittel darstellen, weil sie nicht bei den Hauptverbreitungswegen ansetzen.

posted by Stadler at 12:27  

3 Comments

  1. Grundsätzlich ist Ihren Ausführungen zuzustimmen. Nicht besonders einleuchtend ist jedoch der letzte Satz „…weil sie nicht bei den Hauptverbreitungswegen ansetzen“. Darauf kann es ja nun nicht ankommen. Ein Gesetz ist nicht schon deshalb als ungeeignet zu klassifizieren, weil es nicht die Masse, sondern nur einen Teil der betreffenden kriminellen Szene zu regeln versucht. Solange es auch nur einige wenige Menschen gibt, die das Internet als Verbreitungsmedium für Kinderpornographie nutzen, ist der Schutzzweck des Zugangserschwerungsgesetzes durchaus legitim und auch fördernswert.

    Auch lässt sich die Geeignetheit einer Internetsperre nicht so einfach mit dem Argument abschmettern, eine bestimmte Anzahl technisch begabter Nutzer könnte diese umgehen. Gänzlich ungeeignet kann diese nur bezeichnet werden, wenn ein jeder die Internetsperre umgehen kann, und niemand davon abgehalten wird, das verbotene Material einzusehen. (hierzu auch argumentativ gut die betreffende Stellungnahme von Prof. Dirk Heckmann)

    Nettes Randwissen: Eine Studie belegt, dass nur rund 3% aller Nutzer, die von einer Internetsperre betroffen werden, überhaupt versuchen, diese zu umgehen.

    Quelle: Roberts, Hal / Zuckerman, Ethan / York, Jillian / Faris, Rober / Pal-frey, John: Circumvention Tool Usage Report, The Berkman Center for Internet & Society at Harvard University, 2010, abrufbar auch hier: http://www.google.de/url?sa=t&source=web&cd=1&ved=0CBkQFjAA&url=http%3A%2F%2Fcyber.law.harvard.edu%2Fsites%2Fcyber.law.harvard.edu%2Ffiles%2F2010_Circumvention_Tool_Usage_Report.pdf&ei=Ety_TavTEY_HsgaQwZ3DBQ&usg=AFQjCNEinotIQ4r9c-NFFjZ4K-GiNV1HJg

    Dies ändert freilich nichts an der Tatsache, dass das ZugErschwG eine rechtswidrige Konstruktion ist.

    Beste Grüße

    Comment by zeedl — 3.05, 2011 @ 12:43

  2. Es ist zu differenzieren zwischen legitimem Gesetzeszweck, der Geeignetheit der Maßnahme und der Verhältnismäßigkeit von Zweck und Mittel.

    Ein legitimer Gesetzeszweck liegt vor, denn die Verbreitung illegaler Inhalte zu behindern, ist ein zulässiges politisches Ziel.

    Auch die Geeignetheit wird gegeben sein. Denn die vollkommene Ungeeignetheit der Maßnahme ist jdf. nicht erwiesen. Einen – bei allem Respekt – Dinosaurier wie die Initiatoren des Gesetzes, die aktueller Technik, aktuellen Moralvorstellungen und aktuellen Werten hinterherhinken, mag die beabsichtigte Zugangssperre aufhalten.
    Zwar unterfällt der etwaige Nutzen einem starken Verfallsprozess, denn mit fortschreitender Zeit werden die Fähigkeiten im Umgang mit dem Internet im Durchschnitt ansteigen. Die Sperren sind technisch derart einfach zu umgehen, dass jemand, der das Internet selbst benutzt, statt es sich ausdrucken zu lassen, innerhalb von Sekunden die Sperre umgehen kann, indem er bspw. einfach die Frage in eine Suchmaschine seiner Wahl eingibt. Mit dem Tod der Internetausdrucker wird daher auch der Sinn der Internetsperren sterben.
    Bis dahin wird eine Geeignetheit zu bejahen sein. Auch danach werden Randgruppen wie Zuwanderer aus Regionen ohne Internetzugang, Analphabeten, geistig Behinderte usw. an der Hürde vielleicht scheitern, so dass eine – wenn auch geringe – Wirkung noch vorliegt.

    Allerdings scheitert es an der Verhältnismäßigkeit. Denn dieser bereits jetzt bestenfalls geringe, in absehbarer Zeit auf quasi Null fallende Nutzen ist zu berücksichtigen in der Abwägung, ob dafür die Rechte aller eingeschränkt werden dürfen, indem sie einem gerichtlicher Kontrolle vorzugsweise entzogenen Geheimverfahren unterworfen werden.

    Polemisch ausgedrückt: Das Finanzministerium mit mehr Treppen auszustatten, würde eine Verbesserung der politischen Leistung des Kabinetts bewirken. Jedoch ist diese Maßnahme selbst diskriminierend, der erzielte Nutzen ein zeitlich befristeter und bereits jetzt eher geringer. Diese Maßnahme wäre daher zwar geeignet, würde einem legitimen Zweck folgen, wäre aber unverhältnismäßig.

    Comment by Leser — 3.05, 2011 @ 14:07

  3. @zheedl:
    Ihre Ausführungen mögen inhaltlich korrekt sein. Das Problem am Zugangserschwernisgesetz sind folgende Punkte:
    – es war nicht zu erkennen, dass neben diesen wenig geeigneten Maßnahmen auch geeignete Maßnahmen ergriffen werden sollten. Es ist also fraglich, ob das postulierte Ziel eigentlich erreicht werden sollte.
    – mit der Umsetzung des Gesetzes hätte bei den Providern eine Infrastruktur eingerichtet werden sollen, die auch für die Zugangserschwernis anderer Inhalte geeignet gewesen wäre. Es ist also fraglich, ob das nicht das eigentliche Ziel gewesen ist.

    Jetzt wird das ganze mit der Glücksspiel-Variante weiterprobiert.

    Die Diskussion über Studien zur Kinderpornographie im Rahmen des nun hoffentlich bald abgeschafften Zugangserschwernisgesetz geht am eigentlichen Thema vorbei. Die Initiatoren des Gesetzes wußten auch, dass das Gesetz das offizielle Ziel nicht erreichen kann. Sollte es auch nicht …

    Comment by Oliver — 3.05, 2011 @ 14:30

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