Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

20.5.11

Fax-Spam: Ein Erfahrungs- und Prozessbericht

Jeder Unternehmer kennt das Problem. Aus seinem Telefaxgerät quillt praktisch täglich ein Werbefax heraus, dessen Absender oftmals verschleiert ist. Im konkreten Fall wurde im Jahr 2010 ein Designerchefsessel beworben, den man über eine Telefonnumer mit britischer Landesvorwahl (0044-700-5800289) oder über eine Website, deren Domain (buero77.com) nur für wenige Wochen konnektiert war, bestellen sollte.

Das betroffene Unternehmen hat sich die Mühe gemacht, den Absender des Spam-Faxes zu ermitteln. Dazu wurde zunächst beim eigenen Telefondienstleister die zu dem Werbefax gehörende, eingehende Rufnummer ermittelt. Es handelte sich um die Nummer: 021154063000. Bei der Bundesnetzagentur wurde anschließend erfragt, wem diese Rufnummer zugeordnet ist. Das war der TK-Dienstleister Colt Telecom in Frankfurt. Colt Telecom teilte auf Nachfrage hin mit, dass es sich um eine Rufnummer der Firma Faxbox Infoservice GmbH in 47906 Kempen handelt.

Die Faxbox GmbH behauptete sodann, sie sei nur ein technischer Dienstleister, das fragliche Fax sei angeblich von der niederländischen Briefkastenfirma TK Services Inc. mit Sitz in Amsterdam versandt worden.

Bei der Faxbox GmbH handelt es sich freilich nicht um einen neutralen TK-Dienstleister. Auf der Website des Unternehmens heißt es:

„Faxbox bietet eine komplette Faxlösung an, die Sie in die Lage versetzt, Informationen an hunderte, tausende oder sogar hundertausende Faxnummern zu jeder gewünschten Zeit in jedes gewünschte Land der Welt zu versenden.“

Der Service dieses Unternehmens besteht also gerade in der massenhaften Versendung von Telefaxen (Werbefaxen) und dies geschieht, wie man anhand der konkreten Faxwerbung sehen konnte, noch dazu ohne Absenderkennung.

Vor diesem Hintergrund hat das mit dem Werbefax belästigte Unternehmen die Faxbox GmbH vor dem Amtsgericht München auf Unterlassung verklagt, nachdem diese sich zuvor geweigert hatte, eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben. Die Faxbox GmbH hat sich zunächst gegen die Klage verteidigt und sich darauf berufen, dass man als TK-Dienstleister nicht als Störer hafte.

Das Amtsgericht hat im Rahmen eines schriftlichen richterlichen Hinweises hierzu die Ansicht vertreten, dass Unterlassungsansprüche nach §§ 823, 1004 BGB gegeben sein dürften, weil die Beklagte als Anbieter eines Versandservices als mittelbarer Störer zu betrachten sei. Das Gericht hat der Fa. Faxbox deshalb zu einem Anerkenntnis geraten.

Im Termin zur mündlichen Verhandlung ist für die Fa. Faxbox dann niemand erschienen, weshalb Versämnisurteil erging (Urteil vom 26.04.2011, Az.: 191 C 1221/11). Die Faxbox Infoservice GmbH wurde verurteilt, es zu unterlassen, Werbenachrichten an den Telefaxanschluss der Klägerin zu senden oder senden zu lassen. Der Streitwert ist vom Gericht auf EUR 2.500,- festgesetzt worden.

posted by Stadler at 11:12  

16 Comments

  1. Sehr gut!
    Den diese nervigen Fax-Sendungen auch die mit dem Chefsessel kenne ich noch von der eigenen Firma.

    Comment by Björn Deutschmann — 20.05, 2011 @ 11:17

  2. Richtig so!
    Was am Telefon und per Mail verboten ist, sollte auch per Fax streng geahndet werden.

    Comment by Peter — 20.05, 2011 @ 11:34

  3. Na, das wird die Firma ja nun abhalten weiterhin Faxe zu versenden.

    Firma dicht machen Kapital einziehen. Fertig. Offenbar ein Unternehmen, welches von vorneherein darauf abzielte „Störer“ zu sein

    Comment by Christian — 20.05, 2011 @ 11:45

  4. „… weil die Beklagte als Anbieter eines Versandservices als mittelbarer Störer zu betrachten sei.“

    Ein schönes Beispiel, wie durch die schon lange nicht mehr durchdachte „Störerdogmatik“ Amtsrichter den juristischen Blick verlieren:

    Gerade die Firma, die den Versand durchführt, ist unmittelbarer Störer. Unmittelbarer geht es nicht. Sonst könnte ja auch der Schläger, der von jemandem zum Opfer geschickt wird und zum Schlag ansetzt, von sich sagen: „Ich bin nur mittelbarer Störer!“.

    Es geht in dem Fall ja nicht darum, daß an sich neutrale Mittlerdienste (Post, Telekommunikation, Verkehr) von jemandem zu Rechtsverletzungen mißbraucht wird, so daß sich die Frage stellt, ob der neutrale Mittler Sicherungen dagegen ergreifen muß, andernfalls er als mittelbarer Störer gilt. Das Geschäftsmodell der Beklagten ist hier selbst auf Rechtsverletzungen geradezu gerichtet.

    Aus der Rechtsprechung etwa: OLG Koblenz, 12 U 1671/01.

    Comment by Oliver García — 20.05, 2011 @ 12:06

  5. österreichisches TKG schließt die „Fernkopie“ schon lange explizit ein!

    § 107. (1) Anrufe – einschließlich das Senden von Fernkopien – zu Werbezwecken ohne vorherige Einwilligung des Teilnehmers sind unzulässig.

    Seit 29.4.2011 ist auch die Rufnummernunterdrückung, jedoch nur bei Telefonanrufen unzulässig. § 107 (1a) TKG

    Comment by Thomas Schweiger — 20.05, 2011 @ 14:03

  6. Da stellt sich die Frage, wie überdurchschnittlich gut die Faxbox GmbH bezahlt wird, damit sie den Geldgeber nicht bekannt gibt.
    http://www.fr-online.de/rhein-main/spezials/keine-klage-gegen–palmen-niko-/-/1472874/4449478/-/index.html

    Comment by Dr. Johannes Berger — 20.05, 2011 @ 19:39

  7. Wie stellt man sich einem Unternehmen vor, mit dem man geschäftlichen Kontakt sucht?

    Ein Fax schicken? Verboten.
    Eine Mail schicken? Verboten.
    Einen Anruf starten? Verboten.
    Den Briefkasten zumüllen? Verboten.

    Was ist eigentlich noch erlaubt?

    Comment by MNB — 20.05, 2011 @ 22:06

  8. Werbung und geschäftlicher Kontakt sind ja nicht unbedingt dasselbe

    Comment by Stadler — 20.05, 2011 @ 22:11

  9. „Nicht unbedingt“ klingt nach Auslegungssache. Das macht die Angelegenheit ja so zweischneidig. Ab wann ist eine Produktinformation um Interesse zu wecken unerlaubte Werbung im Sinne von Spam?

    Comment by MNB — 21.05, 2011 @ 10:36

  10. Habe mich schon lange aus deren Verteiler löschen lassen. Ich hatte mal was bestellt und der Werbung zugestimmt. Ich finde es wird ein wenig zu viel Tammtamm gemacht um ein Werbeblättchen per Fax, zumal bei denen immer eine kostenlose Mail-Abmeldeadresse angegeben ist.

    Comment by Roman — 22.05, 2011 @ 01:35

  11. @Roman:
    Schön, du willst also denen auch noch mailen, damit du Werbung per Email bekommst?

    Ich bekomme auch ständig solche Faxe von Unbekannt.
    Immoment:
    Swiss Money Report
    European Stock Report

    Comment by Troll — 23.05, 2011 @ 13:55

  12. @Troll: Das ist der Punkt! Es gibt Unternehmen wie meins, welches 1x im Jahr (maximal) ein Fax oder eine E-Mail verschickt, um auf seine Dienstleistung aufmerksam zu machen, welche von einigen DAX-Unternehmen in Anspruch genommen wird. Jetzt gibts die SPAM-Geschädigten, die die Faxen dicke haben und sich mit Kanonen wehren. Und jene wie Roman, welche den wahren Spammern zu viel Raum einräumen. Wo ist die Grenze? Und warum muss die vor dem Kadi ermittelt werden?

    Comment by MNB — 23.05, 2011 @ 19:50

  13. Ich sehe das so, wenn ich nicht explizit einer Werbung zugestimmt habe ist diese ungewollt.
    Und wenn ich mir ansehe, wie dreist Werbeverteiler die Briefkästen vollstopfen, trotz Aufkleber „Keine Werbung“, dann ist das Maß schon übervoll.

    Vor dem Kadi muss doch nicht ermittelt werden, wenn die Unternehmen ein Werbung unerwünscht akzeptieren.

    Comment by ulrics — 31.10, 2011 @ 18:41

  14. Mein Abmeldewunsch wurde schon vor Jahren respektiert. Und Emails kamen auch keine. Es wird alles nicht so heiß gegessen wie es gekocht wird.

    Comment by Lothar — 28.04, 2013 @ 12:41

  15. Landgericht Frankfurt am Main
    http://openjur.de/u/269479.html
    Oberlandesgericht Frankfurt am Main
    http://openjur.de/u/269480.html

    Comment by Stefan — 23.06, 2014 @ 00:07

  16. Die Scheinfirmen Rotax48 GVV Direktimporter-NL scheinen dazu zu gehören. Trotz niederländischer Faxnummer erfolgt die Lieferung als Bargeld-Nachnahme (DPD) aus Frankfurt am Main. Werden da überhaupt Steuern abgeführt?

    Comment by Wolfi — 24.06, 2014 @ 14:47

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