Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

6.5.11

Der Koalitionsvertrag in RLP und die Netzpolitik

Den Koalitionsvertrag zwischen SPD und Grünen in Rheinland-Pfalz kann man mittlerweile im Volltext online nachlesen. Eine kommentierte Zusammenfassung findet sich außerdem bei Pia Schellhammer.

Vor dem Hintergrund, dass Kurt Beck einer Neufassung des Glücksspielstaatsvertrags auf Ebene der Ministerpräsidenten bereits zugestimmt hat, ist folgende Passage (S. 91) interessant:

Wir lehnen Netzsperren jedweder Art entschieden ab und treten für den Grundsatz „Löschen statt Sperren“ ein.

Die letzte Entwurfsfassung (vom 04.04.2011) für einen neuen Glücksspielstaatsvertrag beinhaltet demgegenüber allerdings eine sehr klare gesetzliche Regelung von Netzsperren in § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 5:

Sie (die zuständige Behörde, Anm. d. Verf.) kann insbesondere (…) Diensteanbietern im Sinne des Telemediengesetzes, insbesondere Zugangsprovidern und Registraren, nach vorheriger Bekanntgabe unerlaubter Glücksspielangebote die Mitwirkung am Zugang zu den unerlaubten Glücksspielangeboten untersagen.

Die neue Landesregierung kann sich also hier gleich ans Werk machen und eine Streichung dieser Entwurfspassage bewirken.

Weniger griffig ist leider die Aussage zu Themen wie Online-Durchsuchung, Rasterfahndung und Quellen-TKÜ:

Online-Durchsuchungen begegnen erheblichen rechtspolitischen Bedenken. Daher vereinbaren wir, die im Polizei- und Ordnungsbehördengesetz (POG) getroffenen Regelungen der Online-Durchsuchung zu überprüfen . Die im Paragraphen 100 POG vorgesehene qualitative Evaluierung soll bereits mit Ablauf des Jahres 2013 durch eine externe wissenschaftliche Begutachtung erfolgen. Ebenfalls evaluiert werden die Rasterfahndung und die bisher fehlende Benachrichtigungspflicht sowie die Quellen-Telekommunikationsüberwachung (TKÜ).

Hier konnten sich die Grünen offenbar nicht durchsetzen, denn eine Vereinbarung einer Überprüfung, bei der Online-Durchsuchung noch dazu erst bis Ende 2013, ist keine wirkliche Errungenschaft. Man sollte an dieser Stelle vielleicht auch erwähnen, dass die Online-Durchsuchung nicht nur rechtspolitisch sondern auch verfassungsrechtlich bedenklich erscheint.

Äußerst vage sind auch die Aussagen zu den Themen Jugendmedienschutz und Urheberrecht (S. 91) gehalten, wobei der Einfluss der Länder beim Thema Urheberrecht ohnehin gering ist, nachdem die Gesetzgebungskompetenz beim Bund liegt.

Letztlich darf man aber auch in netzpolitischer Hinsicht gespannt sein, was die neuen Landesregierungen in Mainz und Stuttgart bieten werden.

posted by Stadler at 11:49  

3 Comments

  1. “Auch im Netz müssen Grundrechte und allgemeine rechtsstaatliche Prinzipien gewahrt werden” Wie ich Kurt Beck & Co kenne werden mit diesem Neusprech vom rechtsfreien Raum den Grünen alsbald die Zähnchen gezogen. Auch mit der unglaublichen Gleichsetzung von Sicherheit und Freiheit. Die VDS wird nur für das RP-Polizeigesetz abgelehnt. Das ist ein weiterer Freibrief. Und mit der Stärkung von jugendschutz.net sollen die aggressivsten Sperrer weiter gestärkt werden. Dass wie in BaWü die Unsitte um sich greift, der SPD Innen UND Justiz zu überlassen, bleibt grünes Geheimnis. Es spricht eher für das Desinteresse der Grünen an bürgerrechtlichen Themen.

    Comment by tauss — 6.05, 2011 @ 12:00

  2. Wundert dann die Politikverdrossenheit?
    Wozu noch wählen, wenn es keinen Unterschied mehr macht wen man wählt?
    Oder gibt es noch Parteien und Politiker, die sich an Dinge halten für die sie vor der Wahl eingestanden sind?

    Comment by Frank — 6.05, 2011 @ 13:47

  3. Das Verhältnis Grüne ./. SPD ist bei Stimmen und Mandanten etwa 3 : 7.

    Wie kann man da erwarten, dass sich die Grünen mit allem oder auch nur überwiegend durchsetzen?

    Comment by Jens — 6.05, 2011 @ 13:51

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