Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

8.3.11

BGH: Kein Anspruch auf Unterlassung von Inkassoschreiben

Der BGH hat mit Urteil vom 08.02.2011 (Az.: VI ZR 330/09) entschieden, dass es keinen Anspruch auf Unterlassung von Forderungs- und Mahnschreiben gibt.

Die Beklagte ist ein Internet-Service-Provider und hat versucht beim Kläger mithilfe eines Inkassobüros angeblich noch ausstehende Forderungen einzutreiben. Auch nachdem sich für den Kläger ein Rechtsanwalt angezeigt hatte, schickten die Beklagte und ein von ihr beauftragtes Inkassobüro weiterhin Zahlungsaufforderungen an den Kläger.

Das Amtsgericht hatte die Beklagte verurteilt, eine direkte Kontaktaufnahme zum Kläger zu unterlassen. Das Landgericht hat die Entscheidung aufgehoben und die Klage abgewiesen. Der BGH hat das Berufungsurteil bestätigt.

Zur Begründung führt der BGH aus, dass ein Anspruch des Klägers, die unmittelbare Kontaktaufnahme zu unterlassen, nicht besteht, inbesbonder auch nicht gemäß §§ 1004 analog, 823 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG wegen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Klägers.

Der BGH ist insoweit der Ansicht, dass das berechtigte Interesse der Beklagten, ihre Ansprüche weiter zu verfolgen und den Kläger direkt anzuschreiben das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers überwiegt und es auch keinen gesetzlichen Anspruch des Klägers darauf gebe, dass nur sein Anwalt angeschrieben wird.

posted by Stadler at 17:05  

7 Comments

  1. „Der BGH hat mit Urteil vom 08.02.2011 (Az.: VI ZR 330/09) entschieden, dass es keinen Anspruch auf Unterlassung von Forderungs- und Mahnschreiben gibt.“

    Das ist meiner Meinung nach aber eine etwas irreführende Zusammenfassung der Entscheidung. Im GRunde ging es doch nur um die Frage, ob das Inkassobüro den Anwalt des (vermeintlichen) Schuldners umgehen und diesen direkt anschreiben darf. Das hat der BGH (meines Erachtens zutreffend) verneint.

    Ob einem (vermeintlichen oder tatsächlichen) Schuldner in anderen Fällen ein Unterlassungsanspruch gegen Zahlungsaufforderungen zustehen kann, ist damit noch nicht entschieden. Ein solcher Anspruch kann bei „dubiosen“ Zahlungsaufforderungen wie denjenigen der Abofallenbetreiber meiner Auffassung nach durchaus bestehen.

    Comment by Keinplagiat — 8.03, 2011 @ 17:58

  2. Aber komische Sache. Ich hatte mit 1&1 damals auch massive Probleme, denen das Angezeigt und nach ca 6 Monaten dann selber die Lösung gefunden und mitgeteilt. Mir wurden, soweit ich mich erinnere, 3 Monate komplett erlassen, in denen ich halbtags keinen Zugang zum Netz hatte. Ich hatte vorher auch der Einzugserlaubnis für die monatliche Vertragsgebühr telefonisch widersprochen. Neben ein paar murrenden Worten kamen aber keine Mahn/Inkasso/Anwaltsschreiben.

    Aus dem Urteil ins Auge sticht jedenfalls, dass die Info des Anwalts, seinen Mandanten nicht mehr anzuschreiben, 2 Jahre vor dem eigentlichen Schreiben an den Mandanten zugestellt wurde. Da vergisst auch ein ISP mal dies und das.

    Comment by Seb — 8.03, 2011 @ 20:43

  3. Es ist einfach lästig und mit Kosten für Fax oder Brief oder Benzin (wenn man das Schreiben zum Anwalt bringt) für den Verbraucher verbunden, wenn man’s nicht richtig macht.

    Ich hatte auch mal das Problem und die Gegenseite weigerte sich beharrlich – trotz Vollmachtübersendung meines Anwalts – die Tatsache anzuerkennen, dass ich mit denen nicht rede oder schriftlich verkehre.

    Eine Rufeingangssperre gegen anonyme Anrufe und dann sukzessive Sperre von Nummernblöcken hat mich dann vor perönlichen Kontaktaufnahmen bewahrt.

    Es gibt wohl ein Psychologenhandbuch bei manchen Firmen, wo der persönliche Kontakt oder schon alleine der personalisierte Kontakt via Post den Gegner mürbe macht.

    Ich empfehle da: Beine hochlegen, Eingangsrufnummern sperren, Briefe einscannen und zum Anwalt schicken und das Leben genießen und sich freuen, dass man eine RVS hat ;-)

    Comment by Yosh — 8.03, 2011 @ 22:14

  4. Mal eine Laien-Frage:

    Könnte man – WENN man denn schon meint unbedingt klagen zu müssen – nicht auch eine negative Feststellungsklage einreichen?

    Comment by Johannes — 9.03, 2011 @ 01:02

  5. @4 Klingt für mich (ebenfalls Laie) eher so, als wenn der Anschlussnehmer die Zahlung nur teilweise übersendet hat und dazu keinen Kommentar abgegeben, ala „Ich kürze die Zahlung wegen Störungen/Ausfällen“. Da kannst du als Anwalt wahrscheinlich nicht besonders viel machen.

    Comment by Seb — 9.03, 2011 @ 08:37

  6. Das Urteil des BGH halte ich für völlig berechtigt. Wer den von der Gegenseite eingeschalteten Rechtsanwalt umgeht, tut sich damit in der Regel keinen Gefallen. Irgendwelche Verbote braucht es da nicht.

    @Johannes: Negative Feststellungsklage ist in solchen Fällen natürlich grundsätzlich möglich. Allerdings muss man dann auch den Gerichtskostenvorschuss leisten und hat eine höhere Darlegungs- und Beweislast. Deswegen bietet sich ein solches Vorgehen nur im Ausnahmefall an.

    Comment by RA Neldner — 9.03, 2011 @ 11:47

  7. Hmm. Wenn der Schuldner nun beispielsweise dauerhaft im Ausland wäre und deshalb einen Anwalt mit der Vertretung seiner Interessen beauftragte und der Gläubiger darauf bestünde den Schuldner direkt anzuschreiben, wären dann ggf. auftretende negative rechtliche Konsequenzen (Fristversäumungen, nicht eingelegte Rechtsmittel) dem Schuldner oder dem Gläubiger anzulasten?

    Comment by Ein Mensch — 9.03, 2011 @ 17:46

RSS feed for comments on this post.

Sorry, the comment form is closed at this time.