Die Haftung des Forenbetreibers
In den letzten Tagen hat die Schließung des „Nürburgring-Fanforums“ für Diskussionsstoff gesorgt. Gegen den Betreiber des Forums liegt eine einstweilige Verfügung des Landgerichts Köln (Az.: 28 O 72/11) vor, die von der Mediinvest GmbH beantragt wurde. Mediinvest ist wiederum an der „Nürburgring Automotive GmbH“ (NAG) beteiligt, die den Nürburgring betreibt.
Der Betreiber des Fan-Forums hat daraufhin sein komplettes Forum vom Netz genommen, weil er der Meinung ist, die Befolgung des gerichtlichen Verbots nur so sicherstellen zu können. Die Befürchtung des Forenbetreibers ist durchaus nachvollziehbar.
Hintergrund war offenbar der, dass in einem Forumsbeitrag, der von einem Nutzer stammte, ein kritischer Zeitungsartikel über ein Bauprojekt am Nürburgring wörtlich wiedergegeben war. Dieser Zeitungsartikel ist bereits zuvor untersagt worden.
Der Forumsbetreiber hat auf die Abmahnung der Mediinvest zwar den beanstandeten Nutzerbeitrag vom Netz genommen, sich aber geweigert, eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben, mit dem durchaus beachtlichen Argument, er könne als Forumsbetreiber nicht sicherstellen, dass ein anderer Nutzer dieselben Aussagen nicht erneut in das Forum postet.
Der Fall wirft die Frage des Umfangs der Haftung eines Forumsbetreibers auf. Es darf mittlerweile als anerkannt gelten, dass ein Betreiber eines Meinungsforums erst ab dem Zeitpunkt haftet, ab dem er positive Kenntnis von einem unschwer zu erkennenden Rechtsverstoß hat. In diesem Fall bleibt aber die Frage bestehen, ob ihn dann tatsächlich eine in die Zukunft gerichtete Unterlassungsverpflichtung trifft oder nur ein Beseitigungsanspruch besteht.
In der juristischen Literatur (Volkmann, Der Störer im Internet, § 11 IV 4; Stadler, Haftung für Informationen im Internet, Rn. 69b ff.) wird vertreten, dass die allgemeine Verpflichtung zur Unterlassung einem Host-Provider oder einem Forumsbetreiber prinzipiell unzumutbar ist, weil diese Anbieter der Unterlassungsverpflichtung nicht nachkommen können bzw. allenfalls dann, wenn sie lückenlos eine manuelle Prüfung aller (fremden) Einzelinhalte vornehmen. Dass eine solche manuelle Prüfung aber nicht zumutbar ist, hat der BGH kürzlich zugunsten von eBay entschieden.
Hieraus folgt, dass die Unterlassungspflicht von Forenbetreibern regelmäßig darauf beschränkt sein muss, die Fortsetzung des konkreten Verstoßes zu unterbinden und dies im Urteil auch entsprechend einschränkend auszusprechen ist. Die Unterlassungspflicht ist damit auf die Beseitigung der konkreten Störung beschränkt, ggf. verbunden mit der weiteren Verpflichtung, denselben Verstoß desselben Nutzers/Kunden im Wiederholungsfalle erneut zu unterbinden.
Diese Ansicht steht in Einklang mit dem Wortlaut von § 7 Abs. 2 TMG. Nach dieser Vorschrift bleibt nur die Pflicht zur Entfernung oder Sperrung der Nutzung unberührt. Weitergehende Unterlassungsansprüche stehen unter der Einschränkung des § 7 Abs. 2 S. 1 TMG, wonach die Auferlegung solcher Pflichten nicht dazu führen darf, dass der Anbieter gezwungen wird, ganz allgemein Informationen bzw. Handlungen seiner Nutzer/Kunden zu überwachen. Forumsbetreiber sind deshalb nach richtiger Ansicht nicht allgemein zur Unterlassung zu verpflichten, sondern regelmäßig nur zur Entfernung von konkreten Inhalten. Diese Konsequenz ziehen die meisten Gerichte bislang aber leider nicht, wie die einstweilige Verfügung des Landgerichts Köln belegt.
Ihr juristischer Sachverstand bestätigt meine laienhafte Rechtsauffassung (vulgo: „gesunder Menschenverstand“). Leider ist aber für die Betroffenen nur das massgeblich, was das Gericht entscheidet. Und da hat der Betreiber des N-Forums Mike Frison völlig Recht, wenn er meint, dass Fans, die aus Spaß an der Freude und nicht aus Gewinnerzielungsabsicht ein solches Forum betreiben, das Risiko nicht eingehen können „mit einem Bein in der Privatinsolvenz zu stehen“. Siehe dazu auch mein Interview mit Frison:
http://medialdigital.de/2011/02/13/immer-mit-einem-fus-in-der-privatinsolvenz-interview-mit-n-forum-betreiber-mike-frison/
Comment by Ulrike Langer — 15.02, 2011 @ 13:01
Guten Tag!
Besten Dank für den informativen Beitrag.
Dürfen wir um eine Einschätzung bitten? Wir planen für unser Netzwerk ein geschlosseses Forum, in das nur Mitglieder Einsicht haben.
Als „Laie“ nehme ich an, dass obiger Sachverhalt unabhängig davon zutrifft, ob ein Forum offen oder geschlossen ist – Verstoß ist Verstoß und die Konsequenzen entsprechend.
Macht es Sinn, eine „AGB“ zu entwerfen, die auf die Eigenverantwortlichkeit hinweist oder leitet sich das sowieso aus der Rechtsprechung ab?
Besten Dank
Hardy Prothmann
für istlokal.de
Comment by Hardy Prothmann — 15.02, 2011 @ 14:03
Ich sage seit langer Zeit, dass der Betrieb von Foren in Deutschland und mit identifizierbaren Machern wirtschaftlicher Selbstmord werden kann. Wer sich einem Schmusekurs mit jedermann verweigern und dennoch das Zeitgeschehen kommentieren (lassen) will, geht angesichts solcher Vorfälle mit seinem Service besser ins Ausland und nutzt darüber hinaus einen Anonymisierungsdienst. Damit verhält man sich zwar so, wie diejenigen, deren unlautere Geschäfte sich nur von derart anonymen Plattformen aus betreiben lassen, braucht dafür aber die jurischen Keulen in DE nicht zu fürchten.
Comment by M. Boettcher — 15.02, 2011 @ 16:36
Was ich nicht verstehe ist: Wenn klar ist, dass es nicht zumutbar ist alle Einträge vorab zu prüfen und eine Haftung erst nach Kenntnisnahme erfolgt (wie ja in dem Fall hier wohl auch), wieso soll diese Kenntnisnahme nach Unterschrift einer Unterlassungserklärung nicht mehr notwendig sein? So verstehe ich die Angst von Herrn Frison, sie ist aber meiner Meinung nach (kein Jurist, nur gesunder Menschenverstand) daher unbegründet da er ja zumindest nach dieser Logik bei einem erneuten Verstoss erneut in Kenntnis gesetzt werden müsste, oder?
Comment by Frager — 15.02, 2011 @ 17:07
@Frager
Nein, das ist ja gerade das Perfide. Es ist dem Forenbetreiber per einstweiliger Verfügung gerichtlich untersagt worden, „xxx zu behaupten oder zu verbreiten“. Wenn irgendjemand in den Tiefen des Forums xxx reinschreibt (oder das schon getan längst hat!), dann wird der Forenbetreiber laut Gerichtsbeschluss mit 40.000 Euro dafür haftbar gemacht, weil es sich um eine erneute Verbreitung handele. Weil er nicht natürlich nicht dafür geradestehen kann, was andere posten, hat er lieber den Stecker gezogen.
Die weltfremde Rechtsprechung liegt m.E. in der unpassenden Anwendung des Begriffs „Verbreitung“ begründet. Ein Forum ist nun mal kein Medium, wo jemand die presserechtliche Verantwortung trägt, sondern eine gemeinschaftlich genutzte technische Plattform. Aber um diesen Unterschied juristisch durchzusetzen, müsste man halt einen Richter finden, der sich mit Kommunikation im Internet auskennt…
Comment by Ulrike Langer — 15.02, 2011 @ 18:05
Ich verstehe es nicht. Ein Forum ist wie eine Mauer, an die jeder was dranschreiben kann. Das muss doch auch einem technisch nicht versierter Richter sofort einleuchten.
Comment by Ein Mensch — 15.02, 2011 @ 20:59
Deutsches Recht?
1. Wie kann es sein, das für einen Artikel 2 x eine Abmahnung geschrieben wird? Dieser Artikel hätte doch nicht mehr im Netz stehen dürfen. Warum wird der 2.te bestraft, obwohl der Erstbestrafte seiner Pflicht nicht nachgekommen ist, den Artikel zu löschen! Dann wäre das nicht passiert!
2. Ich habe mittlerweile vieles über Medienrecht nachgelesen und bin zur Einsicht gekommem. Alles was Du machst, machste erkehrt als Privatperson. Haste einen Pressepass sieht das anders aus.
Beispiel Film- und Fotoaufnahme aus dem Auto sind bei Touristenfahrten verboten lt. Automotive GmbH.
Machste Aufnahmen vom Nürburgring als Privatperson, muß Du die Zustimmung der Gefilmten- bzw. Fotografierten Person haben, um diese zu veröffentlichen.
Ansonsten ein Rechtsstreit !!!! den die Privatperson in aller Regel verliert.
Noch besser Olympische Winterspiele in USA.
Hier konnte man nachlesen wie Groß, wie Schwer usw. ein Sportler ist. Datenschutzgesetz?
Solange die Richter Weltweit (in Deutschland und Ausland) sich nicht über eine einheitlichte
Rechtsprechnung einig sind, wir sich das Internationale Wep gegenüber dem Deutschen durchsetzen, da die Kosten für eine Abmahnung international weitaus Kostenintensiver (Rechtsanwalt) und Langwieriger ist, als National (Deutschland).
Comment by Winni — 16.02, 2011 @ 00:13
Was ich gerne noch zu Punkt 5 anmerken möchte:
>>> Wenn irgendjemand in den Tiefen des Forums xxx reinschreibt (oder das schon getan längst hat!), dann wird der Forenbetreiber laut Gerichtsbeschluss mit 40.000 Euro dafür haftbar gemacht, weil es sich um eine erneute Verbreitung handele. <<<
Wer sagt denn bitte, dass der Abmahner nicht selbst jemanden beauftragt um xxx in Forum zu schreiben und dieses dann abmahnt! Leichter kann man kein Geld verdienen!
Unterschreibt man als Forenbetreiber solch eine Unterlassungserklärung ist man so gut wie erledigt.
Ich habe bei einem ähnlichen Fall ein Forum unter neuer Domain und neuem Betreiber (meine Tante) weitergegeben, damit später keiner mehr was anhaben kann, mit gehört ja nun weder Domain, noch der Hosting-Zugang noch betreibe ich offiziell das Forum.
Das schützt zwar nicht vor einer evtl. neuen Abmahnung, aber meiner Meinung nach vor den Folgen der der Unterlassungserklärung.
Comment by Dash — 1.06, 2011 @ 09:38
Das schlimme ist das man als privater nichts richtig machen kann da es keine öffentlichen und einheitlichen linien meiner meinung nach gibt. wenn doch verbessert mich bitte.
Comment by Daniel — 7.08, 2011 @ 13:33