Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

19.2.11

Das Wissenschaftsplagiat

Musst Du jetzt auch noch über Guttenberg schreiben, werden jetzt bestimmt einige fragen. Ja, muss ich. Würde es nur um die Genugtuung gehen, den Blender Karl-Theodor zu Guttenberg endlich als Lügenbaron entlarvt zu sehen,wäre mir das keinen Blogeintrag Wert gewesen. Aber es stehen wichtigere Fragen im Raum.

Was bedeutet der Fall zu Guttenberg für den Studien- und Wissenschaftsbetrieb an den Hochschulen und für die Haltung der Bundesregierung in Urheberrechtsfragen?

In den letzten Tagen ist mehr als deutlich geworden, dass der Verteidigungsminister im Rahmen seiner Dissertation in ganz erheblichem Umfang wörtlich oder nur leicht abgewandelt von einer Vielzahl anderer Autoren systematisch abgeschrieben hat. Das Dementi bzw. die relativierende Verharmlosung des Ministers stellt lediglich die Fortsetzung der Heuchelei dar. Denn nach § 8 Nr. 6 der Promotionsordnung der Uni Bayreuth musste zu Guttenberg bei Abgabe der Arbeit dort eine ehrenwörtliche Erklärung darüber abgeben, dass er die Dissertation selbständig verfasst und keine anderen als die von ihm angegebenen Quellen und Hilfsmittel benutzt hat.

Dass diese Lüge des Ministers mit einer nicht ganz unerheblichen Urheberrechtsverletzung einher geht, ist für die Bundesregierung durchaus pikant. Denn sie wird ansonsten nicht müde zu betonen, dass man den Kampf gegen die Verletzung des geistigen Eigentums, insbesondere im Internet, verschärfen und die Position der Urheber und Rechteinhaber stärken müsse. Diese Bundesregierung muss nun aber mit ansehen, auf welch wackeligen Beinen solche Grundhaltungen stehen, wenn ein Mitglied ihres eigenen Kabinetts das Urheberrecht anderer gezielt verletzt. Guttenberg verschärft damit die Legitimationskrise des Urheberrechts. Denn Karl-Theodor zu Guttenberg ist ein Raubkopierer. Damit ist es allerdings nicht getan, denn er hat im Rahmen einer wissenschaftlichen Arbeit raubkopiert und damit zugleich fundamentale wissenschaftliche Grundregeln verletzt. Die wörtliche Übernahme von Textpassagen muss als Zitat gekennzeichnet werden, die Übernahme eines fremden Gedankengangs ist mit einer Quellenangabe zu versehen.

Der Verstoß gegen diese wissenschaftlichen Grundprinzipien, sollte er tatsächlich ungeahndet bleiben, würde das gesamte Prüfungswesen der deutschen Hochschulen in eine Legitimationskrise stürzen. Wie soll man Studenten, Doktoranden und Prüflingen noch erklären, dass man eine Arbeit nicht per Copy & Paste aus den Texten anderer zusammenklauen darf, wenn ein Minister genau dafür mit summa cum laude belohnt wird? Was bei Helene Hegemann, trotz der damit verbundenen Urheberrechtsverletzungen, noch als kreativer Prozess durchgehen kann, muss auf wissenschaftlicher Ebene stets geächtet werden und im konkreten Fall mit der Aberkennung der Doktorwürde verbunden sein.

Wenn die Universität Bayreuth diese Konsequenz nicht zieht, dann bestätigt sie den bereits im Raum stehenden Verdacht, dass Dissertationen dort auch nach politischen Kriterien bewertet werden. Dass zwei renommierte Hochschullehrer eine Arbeit, die in ganz erheblichen Teilen aus verschiedensten Texten Dritter zusammengesetzt wurde, mit der Bestnote bewerten, ist ohnehin mehr als erstaunlich. Denn eine solche Dissertation sollte bereits in sprachlicher Hinsicht einen inkonsistenten Eindruck hinterlassen.

posted by Stadler at 22:21  

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