Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

29.12.10

Host-Provider haftet für Veröffentlichung eines PKH-Beschlusses

Das Landgericht Düsseldorf (Beschluss vom 30.11.2010, Az.: 20 T 59/10) hat entschieden, dass die Veröffentlichung eines gerichtlichen Beschlussess, durch den ein Prozesskostenhilfeantrag zurückgewiesen wurde, unzulässig ist, wenn der Antragsteller ohne Weiteres identifizierbar ist.

Eine solche Veröffentlichung verletzt nach Ansicht des Landgerichts Düseldorfs nämlich das Allgemeine Persönlichkeitsrecht des Antragstellers. Die unkommentierte Verbreitung der Tatsache, dass ein Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe gestellt wurde, erlaubt, so das Gericht, Rückschlüsse auf die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Antragstellers. Gerade diese Verhältnisse sind nach Ansicht des Landgerichts aber der grundrechtlich besonders geschützten Privatsphäre zuzuordnen. Zudem können Schlussfolgerungen auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Antragstellers gezogen werden, die ohne Weiteres auch  geeignet sind, seine Berufsausübung als freiberuflich tätiger Computertrainer und Programmierer zu beeinträchtigen.

Die Besonderheit des Falles besteht allerdings darin, dass nicht derjenige auf Unterlassung in Anspruch genommen wurde, der den Beschluss veröffentlicht hatte, sondern sein Hosting-Provider.

Das Landgericht Düsseldorf vertritt insoweit die Ansicht, dass der Hoster ab Kenntnis von dem Rechtsverstoß nicht nur verpflichtet ist, unverzüglich zu handeln, sondern, dass gegen ihn auch ein in die Zukunft gerichteter Unterlassungsanspruch besteht, der den Provider dazu verpflichtet, Vorkehrungen zur Vermeidung künftiger Rechtsverletzungen vergleichbarer Art zu treffen.

posted by Stadler at 10:28  

8 Comments

  1. Ja nun fehlt noch, daß wir Papierfabriken verklagen, auf deren Produkte Informationen ungenehmigt veröffentlicht werden, wer gibt den Richtern des LG Düsseldorf einen kostenlosen Crashkurs Internet?

    gruß

    Comment by Frank Schenk — 29.12, 2010 @ 12:53

  2. Ist hier § 8 TMG oder § 10 TMG einschlägig?

    Comment by fernetpunker — 29.12, 2010 @ 17:54

  3. Ein interessantes Urteil.

    Es basiert auf dem Argument, dass PKH-Mandanten als unfähige Leute angesehen werden können, und deswegen zu schützen sind. Das Argument des Schutzes der Privatsphäre wird herangezogen. Unter den Justizkritikern scheint Konsens zu bestehen, dass die s.g. Privatsphäre zu schützen ist. Unverständlich, Kopfschütteln und Häme äußern Justizkritiker lediglich darüber, dass der Hostprovider zur Verantwortung gezogen wird.

    Tatsächlich schützen die Richter bewusst oder unbewusst mit diesem Urteil Betrüger, korrupte Politiker und Manager mit dem Argument des Schutzes derer Privatsphäre. Darauf kommt es der politischen Justiz an. PKH-Mandanten und andere finaziell Schwache sollen diesen Argumenten und dieser Logik eines juristisch konstruierten Schutzarguments der Privatsphäre folgen. Die PKH-Mandanten und andere finanziell Schwachen sollen dabei vergessen bzw. nicht auf die Idee kommen, dass deren finanzielle Schwäche im Wesentlichen durch den juristischen Schutz von Betrügern, korrupten Politikern und Managern im Rahmen der juristisch erlaubten Machenschaften unserer Entscheidungsträger und der sich entwickelnden mafiösen Strukturen in Deutschland Heute verursacht sind.

    Die PKH-Mandanten und andere finanziell Schwachen werden damit eingetaktet in das zweifelhafte Systen unserer heutigen propagierten ethischen und moralischen Werte.

    Comment by Rolf Schälike — 30.12, 2010 @ 08:01

  4. Nicht neu, aber man muss es doch immer wieder sagen: Da Straßen für kriminelle Aktivitäten [vom systemimmanenten erheblich zu schnell fahren bis zu Raub, Entführung, Mord, Musik“piraterie“ und Kinderpornographie] benutzt werden, müssten Bund, Länder und Gemeinden – je nach Zuständigkeit – für diese Taten haften.

    Comment by Dierk — 30.12, 2010 @ 12:20

  5. Welcher Vorkehrungen zur Vermeidung derartiger Verstöße trifft ein Provider nach so einem Beschluss?

    Comment by Maxbe — 30.12, 2010 @ 16:57

  6. Man muss zu diesem Beschluss gewisse Hintergrundkenntnisse haben. Der Antragsteller ist ein „Verbraucherschützer“. Er hatte über ein Unternehmen negativ berichtet, dass selbst Internetseiten erstellt und hostet. Es gibt zwischen beiden Parteien Streit über Unterlassungsansprüche. Dieses Internetunternehmen wird durch eine u.a. in Düdo ansässige Kanzlei vertreteten. Diese Kanzlei lässt wiederum ihre Internetseite durch ihren Mandanten also besaggte Internetfirma hosten.

    Die Kanzlei des Internetunternehmens veröffentlichte besagten Beschluss unter voller Namensnennung. Insofern lag es nahe, gleich den Hoster in Anspruch zu nehmen.

    Comment by E. Born — 30.12, 2010 @ 18:07

  7. Man hätte es auch kurz formulieren können: Der Hoster ist in dem Rechtstreit ohnehin Prozesspartei.

    Comment by E. Born — 30.12, 2010 @ 18:10

  8. Alleine aus der Beschreibung im Urteil ist wohl jedem Leser des deutschsprachigen Internets klar, um wen es geht (Düdo, Programmierer und Computertrainer, PKH) :).

    Comment by sdffd — 1.01, 2011 @ 16:12

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