Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

8.9.10

Filesharing: Der Trend zur Doppelabmahnung

Der Trend geht hin zur Mehrfachabmahnung. Die Fa. tonpool Medien GmbH mahnt derzeit als Rechtsinhaber die Verletzung von Musikwerken der Künstler Nena und Xavier Naidoo in P2P-Netzwerken ab. Es geht um die Datei „German Top 100 Singles“, die u.a. Titel dieser beiden Künstler enthält.

Hierbei schreckt die beauftragte Anwaltskanzlei Zimmermann & Decker auch nicht davor zurück, ein und denselben Vorgang, also identische Tatzeit und Datei, in zwei Abmahnungen aufzuspalten. Man kann das auch Rechtsmissbrauch nennen.

posted by Stadler at 22:44  

7 Comments

  1. Wie funktioniert das denn? Sind das zwei völlig identische Briefe in zwei Umschlägen? Oder ein Schreiben mit zwei Punkten? Ich kann mir darunter gar nichts vorstellen. Die blutigen Details, bitte.

    Comment by Jo — 8.09, 2010 @ 22:52

  2. Einmal verletztes Urheberrecht, einmal verletztes Leistungsschutzrecht?

    (Hoffentlich gebe ich da jetzt niemanden Ideen.)

    Comment by zf.8 — 8.09, 2010 @ 23:00

  3. @andere(r|s) jo: Nun, vermutlich wird zunächst der erste Titel abgemahnt, dann eine Reaktion abgewartet oder auch nicht, und anschließend der zweite.

    Erst einmal zu schauen, wie der Abgemahnte reagiert, ist für die Umsatzmaximierung ja durchaus förderlich.

    Zahlt das Opfer oder versucht es einen Vergleich auszuhandeln, hat man ihn faktisch für alle Dateien aus dem Container am Haken.

    Wer einmal zahlt, zahlt bekanntlich immer wieder (Alte Erpresserregel).

    Comment by jo — 8.09, 2010 @ 23:02

  4. Ich hätte da mal ne theoretische Frage:

    Im eDonkey-p2p-Netzwerk werden die Dateien (afaik) mittels MD5-Hash identifiziert.

    Warum sagt der Abgemahnte nicht einfach, dass er eine andere Datei mit dem gleichen MD5-Hash getauscht hat.

    Es gibt Anleitungen im Internet, wonach man für eine bestimmte Datei (die MP3s) andere Dateien erstellen kann, die den gleichen MD5-Hash haben.

    Diese Dateien sind natürlich nicht lauffähig, aber der Abgemahnte könnte argumentieren, dass er eine andere Datei geladen hat, die nur zufällig den gleichen Hash hat.

    Comment by Andreas — 9.09, 2010 @ 01:06

  5. @Andreas:
    Aus technischer Sicht ist ein MD5Hash praktisch nicht eindeutig und es ist „leicht“ möglich, Dateien identischen Hashes zu erstellen. Mittlerweile (seit einigen Jahren) wird jedoch beim Filesharing (idR) auch die Dateigrösse herangezogen. Sprich, de Kombination MD5Hash|Dateigrösse; der Dateiname spielt dabei absolut keine Rolle.
    Zwar ist es auch hier möglich, eine Datei mit X Bits zu füllen, und diese solange zu manipulieren, bis sie dem gewünschten Hash entsprechen, jedoch dauert dieses einige Zeit.

    MD5 Hashes bestehen aus einem 32 stelligem Hexadezimalwert. Man kann also (ohne die Dateigrösse zu berücksichtigen) 16^32 (340282366920938463463374607431768211456) Dateien damit eindeutig indexieren.
    Zieht man nun noch zu jedem Hash die Dateigrösse hinzu, so können in P2P Netzen 16^32 Dateien der exakt selben Grösse indexiert werden.
    Vergleichen wir dies einmal mit einem Lottogewinn, so ist die Chance 6 richtige mit Superzahl zu bekommen um den Faktor 2433401347106815932527820785340 höher, als dass sich zwei Dateien gleichen Hashes (unterschiedlicher Grösse) finden lassen.

    Mittlerweile gibt es keinen mir bekannten Weg, sich mit 100% Erfolgsgarantie gegen Abmahner zu wehren. Vor einigen Jahren noch, war deren Logging ziemlich Lückenhaft. So wurde bspw. nur deren ausgehender Datenverkehr geloggt, sprich, es wurde geloggt, wenn jemand von den Logging Rechnern geladen hat. Inzwischen ist ja wird ja (zumindest rechtlich, wenn auch nicht so lukrativ) auch der Download geahndet; und ich kann mir nicht vorstellen, dass die Abmahner ihr Logging inzwischen nicht verfeinert haben.

    Als abschließendes Wort meinerseits (aus technischer Sicht):
    Eine Verteilung einer Datei X durch einen Beschuldigten Y kann erst dann zweifelsfrei nachgewiesen werden, wenn mittels ausreichender Logs belegt werden kann, dass eine Bitmenge B, die vom Beschuldigten Y zur Verfügung gestellt eindeutig der Datei X zuzuordnen ist.

    Um aus dem technischen wieder auf die Doppelabmahnungen zurückzukommen: Ist das rechtlich überhaupt möglich? Im Verkehr bspw ist es ja so, dass bspw beim überfahren einer Ampel Innerorts mit Tempo 100 die schwerer zu gewichtende Tat zählt. Auch beim Ladendiebstahl wäre mir nicht bekannt, dass es etwas ausmacht, ob man nun eine oder 10 CDs klaut. Freilich kann ein Jurist so viele Abmahnungen verschicken, wie er lustig ist.

    Sind eigentlich inzwischen Fälle bekannt, wo Abmahnungsignorierer gerichtlich zur Verantwortung gezogen wurden? Bei den mir bekannten Fällen haben sich die Abgemahnten ja selbst „reingeritten“.

    Comment by Christoph — 9.09, 2010 @ 07:57

  6. Eine Verteilung einer Datei X durch einen Beschuldigten Y kann erst dann zweifelsfrei nachgewiesen werden, wenn mittels ausreichender Logs belegt werden kann, dass eine Bitmenge B, die vom Beschuldigten Y zur Verfügung gestellt eindeutig der Datei X zuzuordnen ist.
    Da ist nur richtig für den Fall, dass die Bitmenge B sämtliche Bits der Datei X in exakt der vorgegebenen Reihenfolge enthält. In allen anderen Fällen kann man lediglich feststellen, dass die fragliche Bitfolge Teil der Datei ist, was jedoch nicht bedeutet, dass die fraglichen Dateien identisch sind. Andernfalls würde auch die Bitmenge B = {0}, sofern sie in einer Datei gefunden wird bereits die Identität mit einer Referenzdatei belegen. Das ist ersichtlich nicht der Fall, gilt dann aber auch für alle anderen Bitmengen, die nicht 100% aller Bits in exakt der Reihenfolge der Referenzdatei enthalten.

    Comment by M. Boettcher — 9.09, 2010 @ 10:53

  7. nur so falls es noch interessiert:
    ich wurde letzten monat abgemahnt, weil in irgendeinem top 100 charts container angeblich david guetta drinnen war, den ich verbreitet haben soll. als antwort gab es von mir erst einmal unverständnis, mit dem hinweis, daß ich kein experte bin. und zack, 2 wochen später direkt die nächsten anwälte dazu, dieses mal von culcha candela. man könnte schon vermuten, daß da untereinander kommuniziert wird. dieses mal viel meine antwort etwas präziser aus. jedoch frage ich mich: gibt es aktionen gegen diese wegelagerer?

    Comment by mic — 16.12, 2011 @ 11:24

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