Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

15.9.10

Depubliziert und republiziert

Der „Begriff „depublizieren“ zählt für mich zu den Anwärtern auf das Unwort des Jahres. Der sog. Drei-Stufen-Test (§ 11 f. Rundfunkstaatsvertrag) verpflichtet öffentlich-rechtliche Rundfunkanbieter dazu, ihre Onlineinhalte zu überprüfen und alles, was nicht den Kriterien entspricht, zu löschen. Daneben sieht die Vorschrift von § 11 d Abs. 2 RStV vor, dass die meisten Onlineinhalte nach sieben Tagen zu löschen sind. Das hat dazu geführt, dass ARD und ZDF ihre Onlinearchive leergeräumt und in großem Umfang Inhalte gelöscht haben.

Ein Vorgang, der in einer Wissensgesellschaft anchronistisch anmutet. Aus Sicht der Bürger, die diese Inhalte schließlich mit ihren Rundfunkbegühren bezahlt haben, ist das Ergebnis mehr als unbefriedigend.Denn es wird Information vernichtet, um den Interessen von privaten Rundfunkanbietern und Verlegern nachzukommen, die sich durch die gebührenfinanzierten Internetinhalte von ARD und ZDF benachteiligt sehen.

Aber, das Netz schlägt jetzt zurück. Denn auf depub.org haben einige Idealisten damit begonnen, die Onlinearchive von tagesschau.de wieder herzustellen. Man plant dies offenbar auch für weitere öffentlich-rechtliche Telemedien.

Es würde mich allerdings nicht erstaunen, wenn depub.org juristischen Ärger bekommen würde.

Update vom 16.09.10:
Der NDR hat ankekündigt mit allen juristischen Mitteln gegen depub.org vorgehen zu wollen, berichtet CARTA.

posted by Stadler at 12:42  

8 Comments

  1. Ich gehe davon aus, dass die Sache vor Gericht landen wird.

    Ich denke, das könnte aber auch eine positive Wirkung haben, da das Thema wieder ins Gespräch kommt.

    Comment by ralph — 15.09, 2010 @ 12:50

  2. Wenn man sich das mal so kurz anschaut, dass die wohl auf einem anonymen Server in Panama sitzen ist die Frage, wenn sie verklagen wollen.

    Comment by Denis — 15.09, 2010 @ 12:52

  3. Einer der Fälle, wo ich hoffe, dass sie juristische Probleme bekommen und das ganze so wieder ins Licht der Öffentlichkeit rückt.

    Und wenn dann vielleicht noch wie bspw. in Schweden (causa TPB & WikiLeaks) irgendeine Partei, die internetaffin, medienkompetent und mutig ist (ganz egal welche, wer auch immer diese Kriterien erfüllt…) den Betreibern dann zur Seite springt, wird das ganze noch politisch.

    Comment by crackpille — 15.09, 2010 @ 13:00

  4. Die erste Frage ist doch, wer die verklagen soll. Im Grunde kommen doch nur Urheberrecht und damit Verwandtes in Frage; dafür müssten die ÖRs klagen. Zwingen kann man m.W. aber niemanden, eine Klage einzureichen, für die ÖRs gibt es keinen stichhaltigen Grund, da zu klagen. Die Verlegerlobby hat keinen direkten Schaden, kann also auch nicht klagen.

    Wäre ich an führender Stelle in der ARD oder beim ZDF, hätte ich bereits im Vorwege einiges dafür getan, alle meine archivierten Inhalte über YouTube, Internet Archive, Bittorrent-Server u.ä. zu verteilen.

    (kopfschüttel) Gebühren mit Verfallsdatum …

    Comment by Dierk — 15.09, 2010 @ 14:04

  5. Wer depubliziert der frisst auch kleine Kinder :-/.

    Wir Menschen sind durch teilen und zusammenarbeiten so erfolgreich geworden.

    Das unterscheidet uns von unseren Verwandten, den Affen, wo jeder nur an sich denkt.

    Informationen, die jedem zugänglich sein sollten zu löschen, das ist buchstäblich affig und schadet uns allen :-(.

    Comment by Spinnzessin — 15.09, 2010 @ 19:09

  6. zum update:
    ging schneller als erwartet.

    Comment by ralph — 16.09, 2010 @ 12:37

  7. Das Update braucht ein Update: http://www.presseportal.de/pm/6561/1683767/ndr_norddeutscher_rundfunk klingt nicht danach, als wuerde der NDR Bereits die Saebel wetzen.

    Comment by Bine — 20.09, 2010 @ 02:13

  8. @7 Bine Das Updare zum Update ist, dass depub.org „Cute Girls Across Russia‎ RussiaGirlsDating.com‎“ anpreist.

    Comment by ThorstenV — 10.11, 2013 @ 11:06

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