Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

13.7.10

LG Köln: Gemeinfreie Anwaltsschriftsätze

Das Landgericht Köln hat mit Urteil v. 07.07.2010 (Az. 28 O 721/09) entschieden, dass anwaltliche Schriftsätze wie amtliche Werke zu behandeln sind und damit gemeinfrei im Sinne von § 5 UrhG werden, wenn das Gericht auf die eigene Ausformulierung einer Begründung für eine einstweilige Verfügung verzichtet und statt dessen auf den Inhalt der Antragsschrift Bezug genommen wird.

Konseuquenz dieser Ansicht es dann, dass die Antragsschrift in diesem Fall auch vollständig veröffentlicht werden darf, ohne, dass die Urheberrechte des Anwalts verletzt werden. Ob diese Ansicht allerdings von anderen Gerichten geteilt wird, darf man durchaus bezweifeln.

posted by Stadler at 17:08  

7 Comments

  1. Nun ja, Anwälte sind ja auch „Organe der Rechtspflege“ und daher ein wenig wie privat bezahlte Arbeiter für das Gemeinwohl. Da ist es nur konsequent, daß dieser durchaus angenehme Zustand auch mit einigen Nachteilen daher kommt.

    Comment by karbau — 13.07, 2010 @ 19:13

  2. Kann es sein, dass dem Gericht §45 UrhG unbekannt war und es nicht verstanden hat, dass es auch ohne diesen Klimmzug nach Belieben zitieren und verweisen darf?

    Comment by Marc B. — 14.07, 2010 @ 01:47

  3. Vielleicht hätte man erwähnen können, dass es in diesem Fall – mal wieder – um Schertz gg. Schälike ging?

    Comment by Hardy — 14.07, 2010 @ 08:42

  4. @1.: Inwiefern genau ist denn der Zustand „Organ der Rechtspflege“ zu sein, angenehm?

    @2.: § 45 UrhG dürfte hier nicht einschlägig sein. Abs. 1 betrifft nur die Verwendung „in Verfahren vor einem Gericht“, Abs. 3 (i.V.m. Abs. 2) betrifft nur Bildnisse.

    Was die Gemeinfreiheit angeht: Das Urteil betraf einen relativ speziellen Fall, in dem ein legitimes Interesse an der Veröffentlichung des Schriftsatzes bestand, weil das Gericht als Begründung einer EV gewissermaßen pauschal auf den Antragsschriftsatz verwies. Ob dies zur Aushebelung des Urheberrechtes des Schriftsatzverfassers ausreichend ist, halte ich im Ergebnis für fragwürdig. Auf keinen Fall wird man jedoch sagen können, dass das Urteil allgemeine Aussagen über die Gemeinfreiheit von anwaltlichen Schriftsätzen trifft. Insofern halte ich den ersten Satz dieses Blogpostings für irreführend, wenn nicht sogar falsch.

    Comment by ElGraf — 14.07, 2010 @ 11:11

  5. @ElGraf: Der erste Satz fasst m.E. zutreffend das zusammen, was in den Urteilsgründen steht. Warum Sie ihn für falsch halten, kann ich nicht nachvollziehen. Es ist in Verfügungsverfahren auch nicht ungewöhnlich, dass sich das Gericht eine Begründung spart und auf die Antragsschrift Bezug nimmt. Dieser Umstand begründet also keinen speziellen Fall.

    Comment by Stadler — 14.07, 2010 @ 11:57

  6. Sorry, hatte ich nicht zu Ende gelesen – mein Fehler. Und Sie haben natürlich auch recht, dass der geschilderte Sachverhalt in Verfügungsverfahren häufiger vorkommt (wenn es auch nicht in allen Rechtsbereichen häufiger EV-Verfahren gibt). An der Diskussion, wo die Grenze zwischen Spezial- Regelfall im Einzelnen verläuft, will ich mich dann auch nicht weiter beteiligen. Trotzdem: In der übergroßen Mehrzahl der Fälle sind Anwaltsschriftsätze keine amtlichen Werke.

    Comment by ElGraf — 14.07, 2010 @ 15:49

  7. @3 Hardy:
    Vielleicht hätte man erwähnen können, dass es in diesem Fall – mal wieder – um Schertz gg. Schälike ging?

    Stimmt so nicht ganz. Geklagt hatte der Rechtsanwalt Dominik Höch wegen dem Zitieren der verbundenen Antragsschrift im folgenden Verhandlungsbericht.

    Dominik Höch ist aus der Kanzlei Schertz schon Anfang 2008 ausgeschieden und betreibt in Berlin eine eigene Kanzlei. Vertreten wurde Dominik Höch allerdings von der Berliner Kanzlei Schertz, Anwalt Helge Reich. Klagen die Kanzlei Schertz, RA Scvhertzt oder deren andere Anwälte gegen Rolf Schälike, so werden diese meist von RA Dominik Höch vertreten.

    LG Köln wurde von den Berliner Anwälten deswegen gewählt, weil das LG Berlin – Az. 15 O 345/09 – den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung nicht so ohne weiteres erlassen wollte. Der Antrag wurde umgehend zurückgenommen und am gleichen Tage 1:1 dem LG Köln zugestellt. Das LG Köln erließ die EV – Az. 28 O 598/09, welcher heute noch Gültigkei hat, weil das Urteiel nicht rechtskräftig ist.

    Comment by Rolf Schälike — 15.07, 2010 @ 05:40

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