Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

1.5.10

Überwachung durch Webcams?

Unter dem Titel „Rechtliche Einordnung von Webcams“ geht Ann-Karina Wrede in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift Datenschutz und Datensicherheit (DuD 2010, 225) in einem lesenswerten Aufsatz der Frage nach, ob der Einsatz von Webcams im öffentlichen Raum, also zum Beispiel auf öffentlichen Plätzen oder an touristisch interessanten Orten, gegen Rechtsvorschriften verstoßen kann. Die Autorin befasst sich dabei mit den Vorschriften des Bundesdatenschutzgesetzes zur Videoüberwachung (§ 6b BDSG) und mit den Normen zum Schutz des Rechts am eigenen Bild (§§ 22, 23 KUG).

Sofern die Webcam nicht der Beobachtung dient, sondern dazu, Übersichtsaufnahmen von einem Ort anzufertigen, ist nach Ansicht von Wrede ein Personenbezug nicht gewollt und beabsichtigt, weshalb die Vorschrift des § 6b BDSG nicht zur Anwendung gelangt. Denn eine Videoüberwachung im Sinne des Bundesdatenschutzgesetzes liegt nur dann vor, wenn die Tätigkeit des Betreibers der Webcam auch darauf gerichtet ist, Geschehnisse und Personen zu überwachen.

Demgegenüber greift der Schutz des KUG schon dann ein, wenn Personen erkennbar und identifizierbar sind. Die Autorin geht insoweit allerdings davon aus, dass die Personen in aller Regel nur „Beiwerk“ einer Örtlichkeit sind und beiläufig erfasst werden, weshalb die Gestattung nach § 23 Abs. 1 Nr. 2 KUG eingreifen kann. Allerdings rät Wrede dazu, die Webcam, die öffentliche Plätze erfasst, so einzustellen bzw. aufzustellen, dass Personen nicht identifiziert werden können. Sobald eine (deutliche) Erkennbarkeit von Personen möglich ist, wird nämlich in deren Rechte eingegriffen.

Update: Der Aufsatz ist auch im Volltext online

posted by Stadler at 18:11  

5 Comments

  1. Ich finde zwei Knackpunkte:

    Bzgl. „Denn eine Videoüberwachung im Sinne des Bundesdatenschutzgesetzes liegt nur dann vor, wenn die Tätigkeit des Betreibers der Webcam auch darauf gerichtet ist, Geschehnisse und Personen zu überwachen.“

    Der §6b BDSG spricht eindeutig von der Beobachtung öffentlich zugänglicher Räume, nicht von subjektiven Absichten. Sobald also eine Örtlichkeit Beobachtet wird, kann man den §6b BDSG bejahen – gleichwohl ist klar, dass die hier geäußerte Rechtsauffassung sehr verbreitet ist.

    Weiterhin von mir vorsichtshalber die Erinnerung, dass in den Landesdatenschutzgesetzen spezialgesetzliche Regelungen bei Handlungen der *Behörden* zu finden sind. Die hier dargestellten Ausführungen von Wrede wird man im Regelfall also auf Privatpersonen/Unternehmen anwenden können, nicht aber auf Behörden, etwa Ordnungsämter. In NRW z.B. ist das sehr restriktiv gehandhabt, so dass öffentliche Plätze grundsätzlich nur durch die Polizei überwacht werden dürfen.

    Comment by Jens Ferner — 1.05, 2010 @ 18:24

  2. Dürfte eine Frage der Auslegung des § 6b BDSG sein, mit der ich mich nicht vertiefter befasst habe. Es werden hier sicherlich beide Ansichten vertretbar sein.

    Es geht in dem Aufsatz nicht um den (hoheitlichen) Einsatz von Webcams durch Behörden.

    Comment by admin — 1.05, 2010 @ 18:37

  3. Hallo Herr Stadler!

    Mir scheint § 6b BDSG schlecht formuliert. So findet sich in Abs. 1 als Legaldefinition für Videoüberwachung „Die Beobachtung öffentlich zugänglicher Räume mit optisch-elektronischen Einrichtungen „.

    Das ist so nicht korrekt. Diese Legaldefinition wäre tauglich für KAMERAüberwachung. Im Gegensatz dazu erfolgt bei einer VIDEOüberwachung immer zwingend eine Aufzeichnung.
    § 6b BDSG soll wohl aber auch Fälle der KAMERAüberwachung erfassen!?

    Comment by Vorhanden — 1.05, 2010 @ 20:45

  4. @2.: Ist auch ein nicht-hoheitlicher Einsatz durch Behörden denkbar bzw. kommt es für die Anwendbarkeit der unterschiedlichen Datenschutzgesetze darauf an, ob eine Behörde hoheitlich handelt? M.E. nein (ein kurzer Seitenblick in den Kommentar bestätigt dies).

    Comment by ElGraf — 1.05, 2010 @ 21:48

  5. Hallo Herr Stadler,
    wie sieht es denn bei Webcams aus, die eine Landschaft überblicken, die zu mehr als 50% privates Eigentum ist? Wenn der Blick auf die Landschaft dem gemeindlichen Marketing dient, aber betroffene Landwirte Angst haben, dass sie überwacht werden, weil im Netz zu sehen wäre, wann ein Traktor dort herumfährt (und z.B. Gülle ausbringt, vielleicht illegalerweise an Tagen mit gefrorenem Boden). Haben die Landwirte eine Rechtsgrundlage, um gegen solche Gemeindepläne vorzugehen?

    Comment by Peter Schmidt — 18.03, 2013 @ 11:48

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