Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

1.5.10

Bundesratsausschüsse kritisieren Censilia

Eine Ausschussempfehlung vom 26.04.2010 zum Richtlinienvorschlag der EU zur Bekämpfung des sexuellen Missbrauchs von Kindern und der Kinderpornografie, der auch das Instrumentarium der Access-Blockaden vorsieht, schlägt dem Bundesrat vor, kritisch bis ablehnend zum Richtlinienentwurf Stellung zu nehmen.

Kritisiert wird u.a., dass die Richtlinie alle Personen unter 18 Jahren als Kinder betrachtet. Zu Recht weist der Bundesrat darauf hin, dass die Schutzwürdigkeit von Jugendlichen (zwischen 14 und 18 Jahren) anders zu beurteilen ist, als die von Kindern.

Deutliche Kritik wird auch an den beabsichtigten Access-Sperren geübt, die im verfassungsrechtlichen Sinne sogar als unverhältnismäßig bewertet werden. Der Wortlaut der Ausschussempfehlung macht deutlich, dass einige politische Akteure nunmehr endlich verstanden haben, worin das eigentlich Problem der Zugangsblockaden besteht. Das ist der aufklärenden Arbeit von Sperrgegnern wie dem AK Zensur geschuldet. Einige Auszüge aus der Ausschussempfehlung:

Da Sperren leicht zu umgehen sind, spiegeln sie einen Schutz vor, der in Wahrheit nicht gegeben ist. Sperren laufen zudem Gefahr, als Zensurversuch des Internets empfunden zu werden. Der Grundsatz „Löschen statt Sperren“ ist deshalb intensiv zu verfolgen. (…)

Internetsperren widersprechen auch den rechtsstaatlichen Anforderungen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes:

– Internetsperren sind sachlich nicht geeignet, die Verbreitung kinderpornografischer Inhalte wirksam zu bekämpfen. Ihre Umgehung ist technisch mit einfachsten Methoden möglich. Die Sperren bieten darüber hinaus keinen Schutz gegen alternative Verbreitungswege.

– Internetsperren sind auch nicht erforderlich im Sinne des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes, da mit dem Löschen ein milderes, mindestens gleich wirksames Mittel zur Verfügung steht. Schon jetzt werden kinderpornografische Inhalte auf der ganzen Welt gelöscht.

– Internetsperren sind kein angemessenes Mittel. Zum Ersten setzen sie nicht unmittelbar beim Verantwortlichen an. Wenn die Richtlinie die bedingungslose Sperrung von kinderpornografischen Inhalten vorsieht, widerspricht sie dem Prinzip der gestuften Verantwortlichkeit, wonach ein Nicht-Verantwortlicher allenfalls nachrangig haftet. Zum Zweiten erfassen Sperrungen in der Regel auch eine ganze Bandbreite legaler Inhalte, deren Urheber in ihrem Recht auf Meinungsfreiheit empfindlich verletzt würden. Und zum Dritten ist der Aufbau einer „Sperrinfrastruktur“ aus rechtsstaatlichen Gründen auch deshalb bedenklich, weil diese die Gefahr ganz anderer Verwendungen in sich birgt.

posted by Stadler at 20:13  

2 Comments

  1. ich kieke, staune, wundre mir. bin gespannt, was daraus wird.

    Comment by vera — 1.05, 2010 @ 21:29

  2. Die Ausschüsse sind sich wohl nicht so einig – zur Alternative steht nämlich unter 22. zu Abstimmung:

    „Doch stellt, in Ergänzung dazu, auch die Sperrung des Zugangs zu Webseiten mit kinderpornografischen Inhalten noch eine wesentliche Maßnahme im Maß-nahmenkatalog zur nachhaltigen Bekämpfung der Kinderpornografie in Daten-netzen dar. Es ist der Grundsatz „Löschen und Sperren“ intensiv zu verfolgen.“

    Comment by 0mad — 2.05, 2010 @ 12:05

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