Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

27.4.10

Kann Facebook seine Nutzungsbedingungen einfach ändern?

Facebook hat in letzter Zeit seine Nutzungsbedingungen einseitig geändert, ohne die Zustimmung der Nutzer einzuholen. Aber geht das tatsächlich so einfach, oder hätte Facebook vielmehr jeden einzelnen Nutzer fragen müssen? Zuletzt hatte Facebook eine Nutzerabstimmung durchgeführt, um der Kritik entgegenzutreten.

Die Nutzungsbedingungen von Facebook stellen nach deutschem Recht Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) dar. Nach der Rechtsprechung sind Klauseln, die AGB ändern, bei sog. Dauerschuldverhältnissen in gewissem Umfang zulässig.  Die Änderung ist aber nach Ansicht des Bundesgerichtshofs nur dann zulässig, wenn eine nachträgliche Äqivalenzstörung (Störung des Verhältnisses von Leistung und Gegenleistung) vorliegt oder eine Anpassung an eine geänderte Rechtslage vorzunehmen ist. In jedem Fall muss ein gewichtiger sachlicher Grund vorliegen.  Aber auch dann müssen die Änderungsklauseln transparent gefasst sein. Das bedeutet, dass die Regelung so klar und verständlich formuliert sein muss, dass der Nutzer erkennen kann, unter welchen Umständen eine solche Änderung erfolgt.

Wenn man sich jetzt die Nutzungsbedingungen von Facebook ansieht, dann heißt es in Ziff. 13 dazu lapidar:

Wir können diese Erklärung ändern und werden dich über die Facebook Site Governance-Seite darüber informieren und dir eine Möglichkeit zur Reaktion auf die entsprechende(n) Änderung(en) geben.

Diese Klausel lässt jegliche Transparenz vermissen und erläutert noch nicht einmal ansatzweise, unter welchen Umständen und nach welchen Kriterien eine Änderung der Nutzungsbedingungen in Betracht kommt.

Die Klausel verstößt damit gegen das Transparenzgebot (§ 307 Abs. 1 S. 2 BGB) und ist unwirksam. Das bedeutet dann allerdings auch, dass eine einseitige Änderung der Nutzungsbedingungen durch Facebook den deutschen Nutzern gegenüber auf Basis dieser Klausel nicht möglich ist.

Das dürfte Facebook freilich wenig kümmern, solange man rein faktisch nach den neuen, selbst gesetzten Bedingungen agieren kann.

Es ist mehr als erstaunlich, dass sich dieDatenschützer derzeit primär über Google aufregen und dabei Vorgänge beanstanden, die noch nicht einmal eindeutig rechtswidrig sind, während der wesentlich bedenklichere Akteur Facebook kaum behelligt wird.

Es stellt sich auch die Frage, weshalb Verbraucherschutzverbände und Datenschutzbehörden nicht gegen die in mehreren Punkten rechtswidrigen Nutzungs- und Datenschutzbedingungen von Facebook vorgehen.

posted by Stadler at 08:00  

8 Comments

  1. Hallo Herr Stadler, ich stimme Ihnen in der Kritik an Facebook zu. Die zitierte Auffassung des BGH jedoch betrifft m.E. Fälle des entgeltlichen Leistungsaustauschs, nicht jedoch „Gratis-Dienste“ wie Facebook vorgibt zu sein.
    Der Maßstab für AGB-Änderungen wäre dann wesentlich lockerer.
    Begreift man jedoch die Leistung von Facebook („Social Network“) als Gegenleistung für die offenbarten Informationen und abgetretenen Nutzungs- und Urheberrechte, so muss sich das Facebook-Gebahren an dem von Ihnen zitierten schärferen Beurteilungsmaßstab messen lassen.

    Comment by Peter Hense — 27.04, 2010 @ 08:26

  2. Erstaunlich, andauernd ändern irgendwelche „Vertragspartner“ mit denen man einen Vertrag hat einseitig die Bedingungen
    – Banken
    – Händler
    – Krankenkasse
    u.a.

    Leider habe ich nichts davon, wenn die Bedingungn unwirksam sind oder mir ein Sonderkündigungsrecht zusteht. Ich brauche eine Bank, Krankenkasse etc. Insofern theoretisch super, praktisch 0-Auswirkung

    Und dann wird das aktuell bei Facebook. Als ob es nichts wichtigeres gäbe

    Comment by Christian — 27.04, 2010 @ 09:18

  3. Ja, die Rechtsprechung des BGH betrifft entgeltliche Leistungen wie z.B. Versicherungsbedingungen. Auch wenn Facebook nicht entgeltlich ist, werden dem Nutzer allerdings verschiedenste Pflichten auferlegt.

    Wenn man den Maßstab lockerer fasst, dann muss es aber zumindest so sein, dass ein sachlicher Grund für eine Änderung der Nutzungsbedingungen gegeben sein muss und, dass die Kriterien nach denen eine Änderung möglich ist, bereits in der Klausel benannt sind. Das trifft aber auf Facebook nicht zu.

    Comment by admin — 27.04, 2010 @ 10:46

  4. Herzlichen Gruß nach Freising!

    Die Facebook-AGBs enthalten unter Ziffer 16.3.4 eine zusätzliche Klausel für AGB-Änderungen gegenüber Nutzern in Deutschland:

    „Abweichend von Ziffer 13 treten Änderungen 30 Tage nach dem Datum in Kraft, an dem wir über die geplanten Änderungen informiert haben. Wenn du die Änderungen nicht akzeptieren möchtest, musst du dein Konto löschen, und wenn du dies nicht tust, gilt das als Annahme der Änderungen. Wir werden dich in unserer die Änderungen ankündigenden E-Mail auf diese 30-Tages-Frist und ihre Bedeutung besonders hinweisen.“

    Comment by empirikus — 27.04, 2010 @ 11:04

  5. Diese Ziff. 16.3.4 benennt aber auch keine konkreten Änderungskriterien, so dass damit die Vorgaben des deutschen Rechts auch nicht erfüllt werden können

    Comment by admin — 27.04, 2010 @ 12:13

  6. Ich stimme Ihnen zu, dass diese Klauseln erhebliche Bedenken hervorrufen. Es ist sicherlich auch sinnvoll, hier Kritik anzubringen und diese auch unter den Nutzern zu verbreiten und diese auf die deutsche Rechtslage hinzuweisen.

    Ich für meinen Teil kann allerdings nur sagen, dass ich mich von Facebook fernhalte. Dann habe ich da nicht auch noch eine Front eröffnet, an der ich wachsam sein muss. Wenn sich so viele Facebook-Nutzer über ihren Anbieter aufregen, verstehe ich nicht, warum sie ihren Account nicht löschen und zu einem anderen Anbieter wechseln. Möglichkeiten gibt es doch genug, und einfach ist der Umstieg auch.

    Comment by Duke — 27.04, 2010 @ 12:34

  7. @Duke: Problem dürften die lock-in-Effekte sein, die bei Facebook in erheblichem Ausmaß auftreten.

    Comment by ElGraf — 30.04, 2010 @ 15:58

  8. kleiner Hinweis für die nie die Nutzungsbedingungen immernoch nicht gelesen haben:
    Wir haben eine vollständige Lesung der AGBs von Facebook Inc. auf Video gebannt, um somit tausenden von Facebook-Usern einen leichteren Einstieg in die schwergängige Schwarte von Marc Zuckerberg zu ermöglichen.
    https://www.youtube.com/watch?v=rtwF1GZHxVM

    Comment by Johannes Franke — 16.12, 2011 @ 21:18

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