Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

9.4.10

CSU und CCC

Bei Maybrit Illner haben gestern Experten und solche, die das öffentlich-rechtliche Fernsehen dafür hält, darüber diskutiert, wie gefährlich das Internet ist. Die Diskussion verlief, wie nicht anders zu erwarten war, inhaltlich eher oberflächlich.

Beim Thema Google-Bashing hat sich zunächst so etwas ähnliches wie eine große Koalition aus CSU und CCC gebildet, personifiziert durch Ilse Aigner und Constanze Kurz. An dieser Diskussion stören mich zumeist zwei Dinge. Einerseits wird nicht differenziert zwischen Nutzern, die ein Google-Konto besitzen und dort eingeloggt sind und solchen, die nur die Suchmaschinenfunktion benutzen. Stattdessen wird Google gerne als Krake dargestellt, die jeden Nutzer genau kennt und auch exakt weiß, was er tut.  Andererseits wird nicht hinreichend berücksichtigt, dass die Stellung von Google nicht durch den Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung erreicht wurde, sondern durch echte Innovation.  Das bedeutet nicht, dass Google nicht kritisch zu betrachten ist. Aber die bisherige Diskussion verläuft zu einseitig, zu einfach und zu populistisch.

Als dann zum Ende hin noch kurz das Thema Netzsperren und Zugangserschwerung aufkam, hat Constanze Kurz aber ein für dieses Format sehr gutes und verständliches Statement abgegeben, dem Ilse Aigner nichts entgegen setzen konnte. Ich war froh, dass die Koalition von CCC und CSU dann doch schnell wieder zerbrochen ist.

posted by Stadler at 00:15  

9 Comments

  1. neben aller datenschutz-frage bei google: wenn ein paar firmen in deutschland solche mitarbeiter-pflege betreiben würden, gäbe es auch hier innovation und arbeitslust!

    Comment by fritz — 9.04, 2010 @ 00:59

  2. Aigner hat sich dem ’normalen‘ Publikum energisch und kompetent präsentiert und damit einen Bonus für den nächsten – wahrscheinlich exotischen – Vorstoß gesammelt. Constanze war souverän, und der Trick, leise zu sprechen, ist immer gut. Nur wird Frau Aigner aufgrund ihres Postens eben mehr wahrgenommen.

    Der gemeine Illner-Zuschauer hat die gewünschte Bestätigung bekommen, daß Google irgendwie böse ist. Und ihn interessieren solche Feinheiten wie die oben genannten nicht im geringsten. Meinungsmache at it’s best.

    Comment by vera — 9.04, 2010 @ 01:04

  3. Es war m.M.n. kein seichtes sondern ein wohltuendes Gespräch. Der Grund: Außer Frau Aigner mit ihrer Lernbegierigkeit und Bescheidenheit über das Internet war kein Politiker anwesend. Außerdem gab es eine Frauenmehrheit von vier zu zwei (drei mit dem weiteren Experten im Publikum). Niemand war besserwisserisch oder gockelhaft (dieses Wortspiel in Zusammenhang mit dem Internet ist Copyright im „public domain“ und gehört nicht irgendeinem amerikanischen Konzern oder deutschen Abmahner, obwohl das sich ändern kann).

    Das Problem der Spannung zwischen Spaßhaben, seine Daten preisgeben und sich der Kontrolle freiwillig zu übergeben wurde sehr verständlich dargestellt, sicherlich nicht mit sofortiger wirkung. Ob wir Rabatte einheimsen mit Payback-Karte, unsere sozialen Beziehungen in einer zunehmend anonymen Welt mit Facebook pflegen, oder Sport, Musik, Film und Literatur in einer vernetzten Umgebung genießen wollen, die Gefahr durchsichtig – oder mit Schirrmacher voraussehbar und manipulierbar – zu werden ist riesengroß. Aber ohne diese Vorteile des Internets wäre die Welt viel grauer. Google-Street-Map ist eine lustige Spielerei: Ich kann sehen, welche der Nachbarn meines Bruders in England gerade den Rasen mäht, während das Auto vorbeifährt. Vielleicht können wir und wahrscheinlich sollten wir darauf verzichten, aber bei Google Maps, Handy mit GPS, Wunschlisten bei Amazon, etc. wird es schwieriger.

    Comment by Dreizack — 9.04, 2010 @ 04:13

  4. Wohltuend mag es gewesen sein, weil weniger aggressiv als manche andere Runde dieser Art. Ansonsten teile ich Ihre Einschätzung nicht. Man hat sich wieder einmal auf Google eingeschossen, aber der normale ZDF-Zuschauer wusste hinterher auch nicht genauer, warum Google eigentlich als bedrohlich oder bedenklich angesehen wird. Wenn man vom Nutzer mehr Bewusstsein für den Schutz seiner Daten fordert, dann muss man ihm vorher konkret erklären, wo die spezifischern Risiken liegen. Und insoweit sind die getroffenen pauschalen Aussagen keine große Hilfe.

    An diesem Punkt war mir die Diskussion auch deutlich zu oberflächlich. Denn die Thematik Google hat sehr viele Facetten und es ist ein riesiger Unterschied, ob jemand ein bei Google registriertes Mitglied ist, weil er einen der vielen Services (Mail, Blogger, AdWords, Analytics etc.) von Google nutzt und dann auch noch eingeloggt ist, während er surft, oder ob man nur die blanke Suchmaschine benutzt. Die Diskussion um Google Street View, die die Gemüter so erhitzt, ist dann nochmal ein ganz anderes Thema.

    Dass sich Frau Aigner auf Facebook und Google eingeschossen hat, ist einerseits populär, verfolgt aber andererseits auch den Zweck, vom Staat abzulenken. Solange wir Themen wie Zugangserschwerung, Vorratsdatenspeicherung oder ACTA auf dem Tisch haben, ist Google für mich nicht das vordringliche Problem.

    Comment by admin — 9.04, 2010 @ 09:36

  5. Leute, die meinen, es gäbe einen Unterschied zwischen registrierter und unregistrierter Verwendung von google, haben wohl deren Cookie-Verfahren nicht verstanden. Ja, man kann nach jeder Suche den Cookie löschen oder ganz blockieren, aber wer macht denn das?

    Darüberhinaus gibt es Leute mit fest zugeordneter IP-Adresse. Die können sich höchstens mit Proxy-Diensten oder scroogle gegen eine Totalprofilierung der Suchbegriffe wehren.

    Comment by Ein Mensch — 9.04, 2010 @ 10:21

  6. Bei einer Registrierung für einen Dienst von Google werden Daten erhoben, die sich Google von einem nicht registrierten Nutzer nicht beschaffen kann. Ich lasse mir aber gerne das Cookie-Verfahren von Google erläutern. Vielleicht bringt das der Welt ja ganz neue Erkenntnisse.

    Comment by admin — 9.04, 2010 @ 10:41

  7. gegen eine Totalprofilierung der Suchbegriffe wehren

    Bing benutzen, oder Yahoo oder MetaGer oder …

    Ach was soll’s, die Menschen brauchen halt‘ einen Bösen, warum nicht Microsoft und Google, die stört’s nicht weiter. Vielleicht könnte sich der eine oder andere einmal klarmachen, dass das Leben innerhalb wie außerhalb des Internets immer schon aus Kompromissen bestand – wollte ich einen Kredit, muss ich Dinge von mir Preis geben, will ich Mitglied in einem Fitnessstudio werden, genauso. Fahre ich regelgerecht Auto, habe ich ein behördliches Dokument vorne und hinten kleben, mit dem der Halter des Fahrzeugs [und in letzter Konsequenz meist auch der Fahrer zu einem gegebenen Zeitpunkt] festgestellt werden kann – übrigens von jedem ganz einfach.

    Manchmal kaufen wir uns mit unseren Daten Bequemlichkeit, manchmal Sicherheit. Alles in allem traue ich – im Moment – Google und mit Abstrichen Microsoft mehr als dem Einwohnermeldeamt, das bsplw. dafür bekannt ist, Daten an das Inkasso der ÖR zu geben.

    Und ‚könnte‘ ist eine ganz schlechte Grundlage für Gesetze, Verordnungen und Regeln.

    Comment by Dierk — 9.04, 2010 @ 11:44

  8. Die halbe Stunde Zeit kann eingentlich jeder irgendwo einmalig abknapsen: http://opalkatze.wordpress.com/2010/03/27/ Wer dazu schon zu bequem ist –

    Comment by vera — 9.04, 2010 @ 12:49

  9. **Korrektur**
    Hatte noch einen alten Link im Cache, tut mir leid. Hier ist der richtige Link: http://opalkatze.wordpress.com/2010/03/27/ostereiersuche-mit-google/

    Comment by vera — 9.04, 2010 @ 12:52

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