Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

10.2.10

Die Ablösung des Urheberrechtsexzesses durch das Recht zum Kopieren

Zu einem Thema wollte ich garantiert nichts schreiben, nämlich zu Helene Hegemann. Denn diese Sau wird gerade zu Genüge durch das feuilletonistische Dorf getrieben und die verlogene Doppelmoral des Flaggschiffs FAZ haben andere bereits so treffend analysiert, wie ich es nie gekonnt hätte.

Aber nachdem ich den gelungenen Beitrag von Willi Winkler zum Thema in der Süddeutschen gelesen habe, hat es mich doch noch in den Fingern gejuckt.

Denn Winkler zitiert Hegemann mit folgenden Worten:

Wenn da die komplette Zeit über reininterpretiert wird, dass das, was ich geschrieben habe, ein Stellvertreterroman für die Nullerjahre ist, muss auch anerkannt werden, dass der Entstehungsprozess mit diesem Jahrzehnt und den Vorgehensweisen dieses Jahrzehnts zu tun hat, also mit der Ablösung von diesem ganzen Urheberrechtsexzess durch das Recht zum Kopieren und zur Transformation.

Das ist dann doch vielleicht ein ziemlich kluger Satz und zugleich ein Schlag ins Gesicht der etablierten Verlagsszene. Oder eben doch nur eine uralte Weisheit, die bereits Oscar Wilde mit dem Satz „Talent borrows, genius steals“ formuliert hat?

Dass die FAZ Hegemann verteidigt und damit – vermutlich unbewusst – mit ihrer bisherigen Linie bricht, zeigt nur, dass niemand der Diskussion um ein anachronistisches Urheberrecht auf Dauer entkommen wird. Selbst die nicht, die ansonsten ein neues Leistungsschutzrecht für Verlage fordern.

posted by Stadler at 08:00  

Keine Kommentare

  1. Ob Oscar Wilde das allerdings so gemeint hat, ist eher fraglich.

    Comment by Hans — 10.02, 2010 @ 08:24

  2. Bei den meisten, die eine Totalreform des Urheberrechts fordern, sind vom „Recht zum Kopieren und zur Transformation“ Plagiate aber explizit ausgenommen. Ich finde, man sollte andere Werke in eigenen Werken weiterverarbeiten dürfen – auch ohne zu fragen oder zu bezahlen. Das ganze ohne Quellenangabe zu machen, oder gar explizit als eigene Arbeit auszugeben, hat aber eine ganz andere Qualität.

    Comment by Maik — 10.02, 2010 @ 09:36

  3. “One of the surest tests is the way in which a poet borrows. Immature poets imitate; mature poets steal; bad poets deface what they take, and good poets make it into something better, or at least something different." [T.S. Elliot]

    http://www.bartleby.com/200/sw11.html

    Comment by Shual — 10.02, 2010 @ 09:44

  4. Talent Borrows, Genius Steals (Anon.)

    Dieses Zitat wurde Oscar Wilde, Pablo Picasso, TS Eliot, Igor Stravinsky, William Burroughs, und sogar Morrissey, Sänger mit der britishen Indie-Band The Smiths zugeschrieben.
    Iain Robert Smith, University of Nottingham, UK

    Was nur beweist, das das Zitat wahr ist! :-)

    Comment by Dreizack — 10.02, 2010 @ 12:00

  5. Mal abgesehen davon dass es ein grauenhaftes Deutsch ist, zeigt das Zitat von Frl. Hegemann aber auch, dass sie sich von der Piratenpropaganda kritiklos hat einwickeln lassen. Man mag die politische Position vertreten, dass das Urheberrecht eingeschränkt werden soll – das darf man aber nicht mit dem Wunschdenken verwechseln, im vergangenen Jahrzehnt sei bereits ein "Recht zum Kopieren etc." universell anerkannt oder eingeführt worden. Nur weil sich weite Kreise der Netzöffentlichkeit gewohnheitsmäßig über das geltende Urheberrecht hinwegsetzen, wird noch kein Gewohnheitsrecht draus. Besonders bedenklich finde ich, dass dieser offensichtlichen Fehleinschätzung jetzt auch in diesem und anderen juristischen Blogs das Wort geredet wird – von Leuten die es besser wissen müssten.

    Comment by Anonymous — 10.02, 2010 @ 17:00

RSS feed for comments on this post.

Sorry, the comment form is closed at this time.