Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

8.12.09

Die Talsohle der IT

Auf den sog. IT-Gipfel ist Verlass, zumindest soweit es um seltsame und fragwürdige Ankündigungen geht.

Die Bundesregierung plant offenbar eine Art verpflichtenden Virenschutz für alle Bürger. In der Berichterstattung liest man dazu dann Aussagen wie, Internetzugangsanbieter hätten ohnehin längst die technische Möglichkeit, vireninfizierte Rechner bei ihren Kunden durch Analyse des Netzwerkverkehrs auszumachen.

Analyse des Netzwerkverkehrs? Darunter kann man sich allerlei vorstellen, bis hin zur Überprüfung sämtlicher durchgeleiteter Inhalte. Die Frage, ob die Provider den Netzwerkverkehr nach geltendem Recht überhaupt analysieren und überprüfen dürfen und wenn ja in welchem Umfang, stellt man einmal mehr nicht.

Diese Entwicklung entfernt sich jedenfalls, selbst man dem Staat in diesem Fall keine Überwachungsbestrebungen unterstellen möchte, immer stärker von dem ursprünglichen Konzept, das auf der Vorstellung von Netzneutralität basierte. Danach waren Provider TK-Dienstleister, die Daten übermittelten und für Netzzugang sorgten. Nicht mehr und nicht weniger.

Der allgemeine Trend ist nunmehr aber der, Provider immer stärker in die Kontrolle von Inhalten und die Bekämpfung „unerwünschter Inhalte“ einzubinden. Und dieser Grundansatz stellt das verbindene Element dar, zwischen dem Zugangserschwerungsgesetz, dem Three-Strikes-Out Modell und dem neu vorgestellten Schutzkonzept. Es geht weg von der Vorstellung eines Providers, der eine bloße TK-Dienstleistung erbringt, hin zur Rolle eines Blockwarts und verlängerten Arms des Staates. Die Verbände spielen bereitwillig mit.

Der sog. IT-Gipfel nimmt hierbei die Funktion einer Lobbyistenveranstaltung ein, auf der sich die Vertreter der Politik und der großen Unternehmen gegenseitig die Bälle zuspielen, während man gemeinsam der Öffentlichkeit vorgaukelt, dieses Land nach vorne zu bringen. Kleinere und mittlere IT-Unternehmen bleiben hierbei leider auf der Strecke, vom Bürger ganz zu schweigen.

Das einzig Tröstliche ist, dass bislang fast keine der Ankündigungen, die auf dieser mit Steuergeldern finanzierten Lobbyisten-Show in den letzten Jahren gemacht worden ist, in die Tat umgesetzt wurde. Man muss daher auch eher von Talsohle sprechen als von Gipfel.

posted by Stadler at 17:10  

Keine Kommentare

  1. Ich meine Grundsätzlich ist es schon positiv wenn es weniger Bot´s in Deutschland gibt.. Warum man aber hierfür den Netzwerkverkerhr aller Rechner abhören will (anders geht es nicht), das verstehe ich nicht wirklich.. Sowas sollte zuminderst als OptOut Lösung passieren.. nach schriftlichen Hinweisen (E-Mail und Post) worum es geht, sollte jeder die Möglichkeit haben diese Funktion zu deaktivieren.Ich brauche nicht meinen Provider um die Rechner sicher zu machen, das ist mein Bereich.. für Unerfahrene mag das ja positiv sein, aber bitte nicht jeden Bundesbürger als Unwissend erklären.
    Vom Virenschutz zwang halte ich weniger, weil aufgrund div. Systeme nicht durchsetzbar.. Handys gehen mitlerweile auch ins Netz, nicht für jeden ist ein Virenschutz möglich.
    Sinnvoll wäre da eine kleine Lecktüre die Automatisch bei der Anmeldung des Internetzugangs mitgeschickt würde.. Aufklärung ..

    Comment by Anonymous — 8.12, 2009 @ 20:23

  2. Das Erkennen von Bots funktioniert auch ohne Mitschnüffeln des Netzwerkverkehrs relativ einfach:

    Man stellt einen Server ins Internet und wartet ab, bis sich infiltrierte Rechner melden und ihren Unrat abkippen wollen.

    Man erhält die IP und den jeweils gerade verbreiteten Schädling.

    Der Eingriff in Persönlichkeitsrechte ist in meinen Augen so "minimalinvasiv".

    Comment by gromlix — 9.12, 2009 @ 00:37

  3. Es ist schon atemberaubend, in welchem Tempo es mit der Freiheit bergab geht in diesem Staat :(…

    Comment by Aurisa — 9.12, 2009 @ 13:58

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