Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

20.10.09

Jack Wolfskin: Abmahnungen erhitzen die Gemüter

Der Hersteller von Outdoor-Bekleidung Jack Wolfskin ist Inhaber von Bildmarken, die den Abdruck einer Tierpfote zeigen und die für verschiedenste Waren Schutz genießen, u.a. für Bekleidungsstücke. Jack Wolfskin hat jetzt mehrere Verkäufer und Hersteller von Bekleidung – bei denen es sich sich z.T. offenbar um Kleingewerbetreibende handelt – abgemahnt, weil – man ahnt es schon – diese auf Bekleidungsstücken eine Tierpfote angebracht hatten, die eine zumindest entfernte Ähnlichkeit zur Gestaltung des Markeninhabers aufweist. Und das führt nach Ansicht von Jack Wolfskin zu einer Verwechslungsgefahr mit den eingetragenen Marken.

Auch wenn ich die Sachverhalte nicht im Detail kenne, hält sich bei mir, als Anwalt der sich seit Jahren mit Markenrecht beschäftigt, die Überraschung über diesen Fall in Grenzen. Dafür kocht aber die Blogger-Seele umso stärker über. Die einen berichten einseitig und polemisch oder wie das ehemalige Nachrichtenmagazin verzerrt, die anderen berufen sich gar auf Kant und Brecht, um die ganze skandalöse Tragweite dieser Abmahnungen herauszuarbeiten.

Was würde die Blogosphäre wohl sagen, wenn sie wüsste, dass das nur Business As Usual ist, dass derartige Abmahnungen jede Woche hundertfach ausgesprochen werden und es purer Zufall ist, dass gerade diese Sache jetzt hochgekocht wird? Dann wäre alles vermutlich noch viel schlimmer.

Frei nach Ludwig Thoma beginne ich, also Jurist der nur mit mäßigem Verstand ausgestattet ist, einfach mit der Gegenthese, zumal ich sie in den letzten Tagen nirgendwo lesen konnte. Der alte Kampf von David gegen Goliath wird seinen Charme zwar nie verlieren, aber taugt er hier tatsächlich als tragendes Argument? Nein. Denn die Gesetze müssen für alle gleichermaßen gelten, für Konzerne ebenso wie für Kleingewerbetreibende. Und wer sich in das Geschäftsleben begibt und Waren zum Verkauf anbietet, der muss sich über bestimmte Dinge informieren und gewisse Spielregeln beachten. Tut er das nicht, darf er sich über Ärger nicht beschweren. Man wird ihm allerdings zugute halten müssen, dass sich sein Risiko deutlich erhöht hat, seit es eBay gibt.

Kommen wir zurück zu Kant und zum kategorischen Imperativ. Denn eigentlich sollte das Gesetz in einem Rechtsstaat die Kantsche Vorstellung umsetzen. Das Gesetz ist generell abstrakt und sein Bestreben soll es sein, die überwiegende Mehrzahl der Einzelfälle fair und gerecht zu lösen.

Wenn man hier also unterstellt, dass das Verhalten von Jack Wolfskin vom geltenden Markenrecht gedeckt ist – wofür einiges spricht – man es gleichwohl aber für falsch, ja sogar unmoralisch hält, dann kann die Schlussfolgerung nur lauten, dass das Gesetz falsch ist, weil es die hier diskutierten Einzelfälle nicht vernünftig regelt. Der Aufschrei im Netz richtet sich aber nicht gegen das Markengesetz sondern gegen das Unternehmen Jack Wolfskin. Damit ziehen die Blogger aber möglicherweise die falsche Schlussfolgerung.

Die Frage muss, wenn man an diesem Punkt angelangt ist, nämlich lauten, ob das Internet nicht – ähnlich wie beim Urheberrecht – auch den gewerblichen Schutzrechten ihre Grenzen aufzeigt und wir uns von einem weitreichenden markenrechtlichen Schutz in seiner jetzigen Form verabschieden müssen. Zumindest ist das die Frage, die es zu diskutieren gilt.

posted by Stadler at 22:32  

Keine Kommentare

  1. Bin kein Jurist.

    Es gibt durchaus Gesetze und insbesondere deren mitunter zweifelhafte Anwendung von (Staats-) Anwälten, die am "wahren Leben" (TM) vorbeiführen.

    Wie ich schon twitterte resultiert das in meinem Augen in einer Schattengesellschaft, die sich einen "Dreck" um die Gesetze schert, weil es eben "jeder" tut, oder zu massenhaften Prozessen bzw. Abmahnungen, Verurteilungen und in letzter Konsequenz zu Internierungen.

    M.E. währe die Gesetzgebung gut beraten, sich an dem, was im "Real Life" passiert zu orientieren. Ich denke auch nicht, dass unsere ach so liebgewonnene "abendländische Kultur" gleich samt und sonders den Bach heruntergeht, wenn man mal Gesetze entsprechend der Realität macht und sich nicht an einem, in der heutigen Zeit irgendwie obsoleten, da nicht vorgelebten "C" festhält.

    Die Frage ist: wer soll den Paradigmenwechsel initiieren? Die "C" Parteien offensichtlich nicht. Der APO traut man nicht. Direkte Demokratie (aka Volksbefragung) gibt es bei uns nicht.

    Also wird das alles ad nauseum vor sich hinplätschern. Anwälte werden ihr Geld verdienen, "Unschuldige" werden zahlen.

    Die Politik wir evtl. reagieren, wenn sie den Eindruck gewinnt, dass genug kritische Masse (vulgo: Volk) vorhanden ist, die dagegen aufbegehren. Aber die Geschichte des ZK der DDR hat gelehrt: dann mag es vielleicht zu spät sein.

    Alles im Allen: Business as usual…

    .. bis mal wirklich die Bombe platzt.

    Yosh

    Comment by Anonymous — 20.10, 2009 @ 23:10

  2. Natürlich ist die Abmahnung legal und die Berichterstattung (insbesondere die stets selbst vom Instrument Abmahnung gefährdeter Blogs) darüber von Empathie für den Underdog geprägt.

    Aber als Jurist, der eine Diskrepanz zwischen gesellschaftlichem Gerechtigkeitsempfinden und aktuellem Recht offensichtlich wahrnimmt: Wie soll der Transfer vom empfundenen Unrecht zur Veränderung des Gesetzes gelingen, wenn nicht durch öffentliches Anprangern widriger Umstände.

    Analog zu den kleinen Verkäufern, die sich in das Rechtsgebiet des Warentransfers wagen, begibt sich auch Jack Wolfskin ganz freiwillig in die Welt von Markenrecht und Warenverkauf. Dort gibt es aber nicht nur Gesetze, sondern gesellschaftliche Korrektive. Es ist völlig legitim, wenn sich die Underdogs solidarisieren und rechtlich unhaltbare Positionen lautstark vertreten.

    Mit dem Risiko, dass das ach so gebräuchliche Rechtsmittel womöglich unvorhergesehene Imageschäden nach sich zieht, muss ein Unternehmen leben. Auch damit, dass die Wogen der Solidarität völlig willkürlich einzelne Fälle aufnehmen. So funktionieren Menschenmassen nun einmal. Aufmerksamkeit ist eine begrenzte Ressource. Ein Recht auf Unversehrtheit der eigenen Reputation ungeachtet der eigenen Handlungen gibt es nun einmal nicht. Jetzt wird Jack Wolfskin mit polemischen Äußerungen konfrontiert. Tough luck!

    Im Übrigen halte ich zwar auch die Frage nach einer Neubewertung des Markenrechts für grundsätzlich angebracht. Stein des Anstoßes ist er im vorliegenden Fall aber nur indirekt. Das Rechtsmittel der Abmahnung ist es, in dem Ungerechtigkeit verortet wird, weil der Stärkere hier bevorzugt wird.

    Comment by erz — 21.10, 2009 @ 00:17

  3. Sehr schöner Artikel!

    Ich teile die Meinung, dass im Zusammenhang mit dem Internet die Reichweite des Markenrechts überdacht werden müsste.
    Es entsteht jedoch ein Riesenproblem, wenn man die Reichweite einschränken möchte: Wo kann und soll denn die Grenze gezogen werden?
    Es ist sicherlich sehr schwer da eine klare Richtung vorzugeben und allgemein zu begründen.

    Comment by derschreckliche — 21.10, 2009 @ 00:20

  4. Zitat erz :
    "Das Rechtsmittel der Abmahnung ist es, in dem Ungerechtigkeit verortet wird, weil der Stärkere hier bevorzugt wird."

    Du sagst es! Die Abmahnung gehört wohl mit zu den am meisten Mißbrauchten Rechtsmitteln – das ja nicht ohne Grund.

    Comment by derschreckliche — 21.10, 2009 @ 00:25

  5. Ehrlichgesagt wundert mich die Einstellung etwas, "rein rechtlich" wäre das normal und damit gerechtfertigt.

    Weil es rein rechtlich in Ordnung ist, soll sich die Blogosphäre nicht über die Abmahnungen aufregen?
    Weil es juristisch nicht zu beanstanden und außerdem machbar ist, ist es nicht gerechtfertigt, ein völlig unverhältnismäßiges Auftreten eines Unternehmens zu kritisieren?

    Nur weil es rechtlich möglich ist, muss ein Gesetz nicht zwingend zur Anwendung kommen. Anders gesagt: wo kein Kläger, da kein Richter.
    Denn wenn man diesen Gedanken weiterdenkt, landen wir bald in den schon sprichwörtlichen amerikanischen Verhältnissen, wo jeder wegen jedem Müll verklagt werden kann, "weil es geht und rechtens ist".

    Kaum jemand stellt in den kritischen Blogeinträgen übrigens in Frage, dass JW grundsätzlich seine Marke bzw. sein Logo schützen darf. Aber es ist fehlende Verhältnismäßigkeit, die die Gemüter erhitzt. Hinzu die Arroganz seitens JW, diese Unverhältnismäßigkeit nicht einmal zu sehen.

    Des Weiteren ist es spannend, ob überhaupt in allen Fällen eine wirkliche Markenrechtsverletzung vorliegt, wie JW ja behauptet: Abdrücke von Katzen(!!)pfoten auf einem selbstbestickten Kissen in markenrechtliche Nähe zur Wolfspfote zu rücken, ist schon arg fragwürdig.

    Comment by Jan — 21.10, 2009 @ 00:51

  6. Ich halte es generell für seltsam das eine Firma das Recht haben soll sämtliche Tiertatzen auf anderen Produkten zu verbieten.

    Und im aktuellen Fall wird imho meist wieder der unglaublich arrogante Stil kritisiert mit dem gegen kleine Kunsthandwerker vorgegangen wird und nicht die Tatsache, das eine Firma ihr Markenrecht durchsetzt.

    Wie soll man denn bitteschön im Vorfeld ohne größere Rechtsabteilung herausfinden welcher Teil eines Tieres nun gerade von irgendeiner Firma als eigene Marke beansprucht wird? Wenn das geltendes Recht sein soll, dann können kleine DIY Bastler nur noch weiße Lappen anbieten. Würde mich aber nicht wundern wenn irgendwo auf diesem Planeten auch eine Firma das Markenrecht an Weiss beansprucht. (Hallo, Weisser Riese?)

    Comment by otomo — 21.10, 2009 @ 00:53

  7. Drei Fragen an den werten Juristen.

    – Einige der abgemahnten Gegenstände sind ja bekannt (vgl. SpOn). Ist es wirklich wahrscheinlich, dass Gerichte dies als Verletzung der Marken von JW anerkennen?

    – Umgekehrt gefragt: Ist es wirklich wahrscheinlich, dass Gerichte diese Stücke in späteren Verfahren als Beweis einer schleichenden und geduldeten Verwässerung der Marke anerkennen werden.

    – Und schließlich: Ist wirklich das Markenrecht das Problem? Oder sind es nicht vielleicht doch die Markenbehörden, die die Eintragung von Marken in so allgemeiner Form wie offenbar in diesem Fall zulassen?

    Comment by 50hz — 21.10, 2009 @ 01:03

  8. Erst einmal ein ganz dickes und ernst gemeintes Danke für diese Beitrag. Ich finde, dass kontroverse Diskussionen, in denen unterschiedlichen Perspektiven auf Phänomene ihren Beitrag leisten, so sie auf einer solch sachlichen Ebene stattfinden wie hier, grundsätzlich toll, weil sie das Denken anregen. Deshalb ein paar Anmerkungen:

    „das führt nach Ansicht von Jack Wolfskin zu einer Verwechslungsgefahr mit den eingetragenen Marken.“

    Diese Formulierung beschreibt schon das Phänomen: Abmahnungen, wie sie stattgefunden haben, gehen von der Ansicht des Inhabers einer bestimmten Bildmarke aus, die als solche Geltungsansprüche erhebt. Ob das zurecht der Fall ist, müsste eigentlich erst überprüft werden. Deshalb sollten Abmahnungen, wie in anderen Ländern auch, ohne die in Dtl. oft horrenden Kosten erfolgen (müssen). Kurz: Es müsste zuerst der Dialog gesucht werden, bevor die Eskalation betrieben wird. An dieser Stelle wäre die gegenwärtige Rechtslage tatsächlich überdenkenswert – zumindest aus meiner Laiensicht, der ich mich beruflich nur mit bestimmten Rechtsbereichen intensiv befasse (n muss).

    „Auch wenn ich die Sachverhalte nicht im Detail kenne, hält sich bei mir, als Anwalt der sich seit Jahren mit Markenrecht beschäftigt, die Überraschung über diesen Fall in Grenzen.“

    Die Tatsache, dass hier jemand schreibt, der sich seit Jahren mit Markenrecht befasst, macht diesen Beitrag für mich attraktiv! Und zugegeben: Dass Abmahnungen zum Alltagsgeschäft gehören wundert mich auch nicht – ist ja ein finanziell durchaus attraktives Verfahren ;-)

    Comment by Herr Larbig — 21.10, 2009 @ 03:00

  9. „Dafür kocht aber die Blogger-Seele umso stärker über. Die einen berichten einseitig und polemisch oder wie das ehemalige Nachrichtenmagazin verzerrt, die anderen berufen sich gar auf Kant und Brecht, um die ganze skandalöse Tragweite dieser Abmahnungen herauszuarbeiten.“

    Wenn ich es richtig beobachte, stellt kaum einer der Blogger das Markenrecht und die davon abgedeckten Gegenstände in Frage – zumindest ich tue das nicht! Dass ich derjenige bin, der Kant und Brecht zu Rate zieht, hat mit meiner Qualifikation und der damit verbundenen Perspektive zu tun. Und ich fühle mich, ohne irgendeinen Rechtfertigungsdruck zu verspüren, nicht richtig verstanden. Der Bezug zu Kant und dem Kategorischen Imperativ, bei dem ich natürlich weiß, dass ihm als Konzept widersprochen werden kann, sollte vielmehr den Versuch einer Erklärung für das auftretende Phänomen der Proteste der Blogger dienen. Ich versuche in dem Beitrag (http://herrlarbig.de/2009/10/20/immanuel-kant-bertolt-brecht-das-web-2-0-und-der-fall-jack-wolfskin) darzustellen, welche impliziten Gründe die Protestwelle begründen könnten. Und da dies mit Hilfe von nachvollziehbaren Kriterien einfacher ist, habe ich versucht, diese in Bezug zu Kant zu entwickeln. Und ganz nebenbei: Der Fall JW wird nur als aktuelles Beispiel für die veränderten Partizipationsmöglichkeiten im Kontext des Web 2.0 angeführt. Ich versuche nicht, „die skandalöse Tragweite dieser Abmahungen herauszuarbeiten“ (zumindest ist das nicht mein Anspruch, ohne dass ich Einfluss auf die Rezeption des Textes hätte), sondern das Phänomen zu verstehen, auch wenn ich durchaus eine Meinung dazu habe.

    „es purer Zufall ist, dass gerade diese Sache jetzt hochgekocht wird?“

    Völlige Zustimmung. Doch gerade das Exemplarische dient ja gerade dem induktiven Ansatz des Denkens zum Erkenntnisgewinn. Hier wird an einem Beispiel ein Problem, nicht das des Markenrechtes als solches, sondern m. E. das der Verhältnismäßigkeit der Mittel im Rahmen der Erhebung eines Rechtsanspruchs, deutlich, dem es, gerade weil es hochkocht, möglicherweise ein gewisser Erkenntniswert innewohnt.

    „Denn die Gesetze müssen für alle gleichermaßen gelten, für Konzerne ebenso wie für Kleingewerbetreibende. Und wer sich in das Geschäftsleben begibt und Waren zum Verkauf anbietet, der muss sich über bestimmte Dinge informieren und gewisse Spielregeln beachten. Tut er das nicht, darf er sich über Ärger nicht beschweren. Man wird ihm allerdings zugute halten müssen, dass sich sein Risiko deutlich erhöht hat, seit es eBay gibt.“

    Dem zu widersprechen wäre töricht. Und meiner Wahrnehmung nach wird dieser Anspruch des Rechts von denn meisten, die das Thema im Netz hochkochen, auch gar nicht negiert. Für mich lautet die Frage, metaphorisch beschrieben: Hole ich Kanonen und die Armee raus, um Spatzen in ihre Grenzen zu weisen oder kann ich dies auch auf andere Art und Weise tun. Und wenn ich mein geringes Wissen in juristischen Fragen befrage, gibt es im Recht immer einen Ermessensspielraum, die Frage nach der Angemessenheit eines Vorgehens. Und um diese Fragen geht es meiner Wahrnehmung nach bei dem Aufstand im Netz. Damit verbunden könnte auch das Gefühl vieler sein, dass Abmahnungen oft missbraucht werden, weil sie für Anwälte eine durchaus attraktive Einkommensquelle sind. Ob das faktisch so ist, ist eine andere Frage, die ich zu bewerten nicht in der Lage bin.

    Comment by Herr Larbig — 21.10, 2009 @ 03:01

  10. „Wenn man hier also unterstellt, dass das Verhalten von Jack Wolfskin vom geltenden Markenrecht gedeckt ist – wofür einiges spricht – man es gleichwohl aber für falsch, ja sogar unmoralisch hält, dann kann die Schlussfolgerung nur lauten, dass das Gesetz falsch ist, weil es die hier diskutierten Einzelfälle nicht vernünftig regelt.“

    Einspruch. Recht und Moral sind unterschiedlichen Kategorien, die ich nicht vermischt sehen möchte. Die Frage, ob das Recht auf Seiten Jack Wolfskins ist, kann nicht über Abmahungen geklärt werden, auch wenn Jack Wolfskin zurecht darauf hinweist, dass Gerichtsverfahren höhere Kosten als Abmahnungen verursachen (gegebenenfalls auch für Jack Wolfskin selbst). Kritisiert wird nicht das Gesetz, sondern das aus dem Gesetz abgeleitete Handeln, das vielen als unverhältnismäßig erscheint. Das schließt natürlich nicht aus, dass JW so handeln darf. Doch es ist doch durchaus eine Überlegung wert, ob ein solches Handeln – sei es noch sehr vom Recht gestützt – nicht für einen selbst mehr Schaden anrichtet als es verhindert. Und es steht jedem gesetzestreuen Bürger zu, ein Handeln für unmoralisch zu halten, auch wenn es durch das Gesetz gedeckt ist. Ich glaube, dieses Phänomen fällt unter die Kategorie „Meinungsfreiheit“. Es steht auch jedem Bürger zu, ein Handeln, das zwar möglicherweise gesetzeskonform ist, dennoch als Grundlage von Kaufentscheidungen zu nehmen, denn es gibt ja kein Gesetz, dass mich zwingt, JW-Produkte zu kaufen. Hier werden also Kategorien vermischt: Das Gesetz und die Auswirkungen der Art einer Umsetzung des möglicherweise vorhandenen Rechtsanspruchs auf die Konsumenten und somit auf das eigene Unternehmen.

    Comment by Herr Larbig — 21.10, 2009 @ 03:02

  11. Und so sehr mich der letzte Absatz des Beitrages versöhnlich stimmt, nein, verstimmt war ich nie, ich finde ja den diskursiven Erkenntnisgewinn produktiv, habe ich dennoch meine Bedenken:

    „Die Frage muss, wenn man an diesem Punkt angelangt ist, nämlich lauten, ob das Internet nicht – ähnlich wie beim Urheberrecht – auch den gewerblichen Schutzrechten ihre Grenzen aufzeigt und wir uns von einem weitreichenden markenrechtlichen Schutz in seiner jetzigen Form verabschieden müssen. Zumindest ist das die Frage, die es zu diskutieren gilt.“

    Möglicherweise müssen wir tatsächlich dahin kommen dass nicht Marken, die oft an die Stelle von Innovationen gerückt sind, geschützt werden, sondern Innovationen. Aber das ist nunmal bislang nicht der Fall. Richtig: Die Reaktionen auf Jack Wolfskins Vorgehen weisen dem Unternehmen Grenzen auf. Doch diese sind weniger im Recht als in der Form der Umsetzung des Rechts begründet. Hätte JW, nachdem Dalwanda die Produkte aus dem Angebot genommen, nicht noch Abmahnungen verschicket, wäre das ganze vielleicht nie hochgekocht. Es geht hier also um Grenzen der Angemessenheit des Handelns. Und mein Verweis auf Kant sollte gerade hier eine Hilfestellung bieten, wenn in Unternehmen solche Entscheidungen getroffen werden.

    Dass die Emotionen gerade hochkochen und das Markenimage Jack Wolfskins möglicherweise nachhaltig geschädigt wird, auch weil das Krisenmanagement bislang nicht sichtbar zu greifen scheint, hat möglicherweise gar nichts mit der Rechtslage zu tun, sondern mit der Frage der Umsetzung des Rechts. Und hier gäbe es sicherlich Wege, die imagefreundlicher wären, wenn man nur eine Ahnung davon hat, was heute im Rahmen des Netzes möglich ist. Offensive Kommunikation gehört meines Erachtens dazu, ein Kultur des Dialogs, gerade wenn es scheinbar „David gegen Goliath“ ist, erscheint mir im Rahmen einer gelingenden PR, die eben etwas anderes als die pure Umsetzung des erhobenen und möglicherweise zutreffenden Rechtsanspruchs, heute unvermeidlich. Damit sind wir freilich außerhalb der Rechtsfrage. Die Frage muss dann eher lauten: Wir haben viel Energie in den Aufbau unseres Markenimages investiert. Entspricht unser eigenes Handeln diesem Markenimage oder lassen wir es durch unser Handeln als eine Fake-Oberläche erscheinen, zu der wir selbst gar nicht stehen? Im Kern der Diskussion geht es also nicht um rechtliche Fragen, sondern um die Frage, ob ein Handeln dem eigenen Markenimage entspricht – und damit um die Glaubwürdigkeit einer Marke. Und an diesem Punkt scheint mir Jack Wolfskin, zumindest bei den Netzbürgern, einiges an Boden verloren zu haben.

    Comment by Herr Larbig — 21.10, 2009 @ 03:02

  12. Schön ist es, wenn man die verwendeten Begriffe bei der Wortwahl betrachtet: "Man muß die eigene Marke verteidigen".

    Wer so argumentiert der denkt und handelt auch so. Wenn der Eine meint, daß er "verteidigt", dann unterstellt er dem Anderen, daß er ihn "angreift" oder besser "Krieg führt". Das ist aber in diesem Fall nicht so.

    Beim "Krieg führen" ist es aber so, daß immer diejenigen Waffen benutzt werden, die einem zur Verfügung stehen und die dem Gegner am meisten schaden. JW hat mit diesen "Waffen" angefangen und jetzt schlagen die Anderen mit ihren Mannen auf eine Art zurück, die JW voraussichtlich am meisten schaden wird.

    Es hätte seitens JW sicherlich genügt ein freundliches aber bestimmtes Schreiben an die vermeintlichen Markenverletzer zu schicken. Noch mit der "Keule der Abmahnung drauf zu schlagen" kommt mit vor wie die unnötige Verfolgung von Flüchtenden.

    Im übrigen bin ich der gleichen Meinung wie die Vorredner, daß der Unsinn der Abmahnung aufhören muß und daß eine Pfote ohne Logo nicht schützbar sein sollte.

    Comment by Anonymous — 21.10, 2009 @ 03:04

  13. Leider wurden die Anführungszeichen, die ich zur Kennzeichnung von Zitaten benutzt wurde, von blogger.com nicht übernommen. Deshalb diese schreckliche Typographie. Und die Aufteilung in mehrere Teile, weil blogger.com Kommentare in dieser Länge nicht akzeptieren will. Ich hoffe, das tut der Sachdiskussion keinen Abruch ;-)

    Comment by Herr Larbig — 21.10, 2009 @ 03:05

  14. Es gibt da auch den schönen Begriff des Rechtsmißbrauchs. Und wenn JW da ein 'wir können Dich auch in Grund und Boden klagen' durchblitzen läßt und so die Justiz durch das Recht des finanziell Stärkeren ersetzen will, haben sie sich den Reputationssturm vollauf verdient, jenseits aller formalrechtlichen Gesichtspunkte.

    Comment by Andreas Krey — 21.10, 2009 @ 08:11

  15. Meiner Meinung nach gibt es hier zwei Probleme.
    Zum einen das Markenreacht welches doch noch zur großen Teilen auf die Nazis zurückgeht, oder? und zum anderen ein gesellschaftliches Problem, dass Unternehmen nicht erst schriftlich nachfragen und einen Kompromiss finden, sonder gleich die große Keule rausholen.

    Comment by Oli — 21.10, 2009 @ 08:52

  16. Hallo,

    ich melde mich hier mal als Hobbyhandwerkerin (ohne Gewerbe) dazu…

    Natürlich bin ich auch gegen Produktpiraterie, die nachweislich Unternehmen einen großen finanziellen Schaden anrichten.

    Ich hätte die Abmahnung verstanden, wenn es die Pfote mit Schriftzug auf den beanstandeten Waren gewesen wäre…

    Wer aber mal schauen möchte, hier ist bei Spiegel-online eine Fotostrecke der abgemahnten Dinge

    http://www.spiegel.de/netzwelt/netzpolitik/0,1518,655890,00.html

    U. a. ein lizensierter Stoff von Michael Miller…

    Was rechtlich für JW möglich ist, mag ich nicht zu beurteilen, aber mein persönliches Rechtsempfinden wäre wirklich gestört, wenn JW mit diesen Abmahnungen vor Gericht bestätigt werden würde.

    Ich kann den Sinn nicht sehen, kleine Hobbyhandwerker abzumahnen, die in keinster Weise JW imitieren oder ihre Ware damit vergleichen…

    und es wirklich viele Beispiele von großen Firmen gibt, die ebenfalls eine Tierpfote in ihrem Produkt verwenden und es anscheinend keine Konsequenz hat…

    Ja, ich empfinde emotional… und ja… ich finde es sogar unmoralisch… zumal sich JW anscheinend der Tatze von TAZ bedient hat und einfach nur cleverer und schneller war, sich die Rechte an der Tatze zu sichern.

    Falls JW juristisch einwandfrei gehandelt haben sollte, so ist es (für mein persönliches Empfinden gesehen) firmenpolitisch trotzdem der Supergau und ich werde mit Sicherheit diese Marke boykottieren, selbst dann wenn sie für 5 € auf dem Krabbeltisch liegen sollte.

    Und da ein Großteil der meisten Menschen eben keine Juristen sind…

    und "nur" Menschen mit normalen Verstand, sollte sich die Regierung doch mal überlegen, ob es nicht sinnvoller ist, Gesetze zu entwickeln, die einem gesunden Menschenverstand entsprechen und nicht darauf abzielen, dass man sich als Normalbürger mißbraucht und benachteiligt fühlt, weil man oft nicht die geldlichen Mittel hat, gegen Ungerechtigkeiten vor Gericht aufzubegehren.

    Ich persönlich fühle mich immer mehr wie in einem modernen Raubrittertum eingesperrt…

    Just my 2 cents…

    LG

    Andrea

    Comment by Anonymous — 21.10, 2009 @ 09:26

  17. Wir wollen bedenken, dass eine der abgemahnten einen echten Pfotenabdruck der eigenen Katze verwendet hat.

    Ich möchte daher die Frage in den Raum stellen: sind Pfotenabdrücke als Logo überhaupt so weitreichend schutzfähig, dass sogar die Abdrücke lebender Haustüre unter das Markenrecht fallen?

    Ich denke nicht. Meiner Ansicht nach genügt die Darstellung einer Pfote nicht als Begründung, sofern nicht weitere Aspekte hinzukommen.
    Dies war jedoch nicht der Fall.

    Drehen wir den Spieß mal um: als Wolfskin dieses Logo gewählt haben, muss ihnen bewusst gewesen sein (wenn nicht so war dieses Versäumnis zumindest fahrlässig), dass es Millionen lebende (Haus-)Tiere mit Pfoten gibt und es nicht verhältnismäßig sein kann, die Pfoten sämtlicher Haustiere von millionen von Bundesbürgern markenrechtlich zu schützen.

    Wer eine gelb-schwarze, um 45 Grad gedrehte Wolfspfote als Logo verwendet, dem sollte von vorn herein klar sein, dass er die Darstellung einer weiß-schwarzen, um 0 Grad gedrehte Katzenpfote hinnehmen muss.

    Wäre die Katzenpfote ebenfalls 45 Grad gedreht und gelb-schwarz gewesen, würde ich das anders sehen – dies war jedoch nicht gegeben.
    Es ist somit keine Verwechslungsgefahr absichtlich herbeigeführt worden, sondern sie ist wenn überhaupt aus natürlichen Gründe gegeben, welche der Abgemahnte nicht zu verantworten hat. Warum sollte es seine Schuld sein, dass die Herren bei Wolfskin so schlechte Fährtenleser sind, dass sie einen Katzeabdruck nicht von einer Wolfspfote unterscheiden können, obwohl das jeder Pfadfinder bereits im Kindergartenalter lernt?

    Ich möchte mal eine etwas provokante Meinung zur Diskussion stellen: Wolfskin hat die Verwechslungsgefahr mit lebenden Tieren selbst geschaffen. Meiner (nicht-juristischen) Ansicht nach müssen Sie es also hinnehmen, dass Pfotenabdrücke echter Tiere dem eigenen Logo ähnlich sehen, sofern die Ähnlichkeit nicht auch durch andere Umstände als die, dass es eine Pfote ist, gegeben sind.

    Comment by Anonymous — 21.10, 2009 @ 09:54

  18. Wie sind im Licht dieser Abmahn-Geschichte (nicht-kommerzielle) Websites zu bewerten, die serverseitig Trac verwenden?

    Trac ist eine Software für den Einsatz auf Webservern und kombiniert Wiki, Bug-Tracker, Subversion-Browser und ähnliches. Das Trac-Logo beinhaltet ebenfalls eine Tiertatze, und dieses Logo wird per default u.a. in einer Art "powered by"-Verweis eingeblendet (Beispiel).

    Viele Open-Source-Projekte nutzen Trac, um die Entwicklung von Software zu koordinieren. Müssen diese (berechtigt) fürchten, Post von Jack Wolfskin zu bekommen?

    Comment by Anonymous — 21.10, 2009 @ 10:50

  19. Ich bin einer dieser aufgeregten Blogger, die sich ganz eindeutig auf die Seite der Hobbybastler stellen. Warum? Weil das eigentlich sinnvolle Instrument der Abmahnung zunehmend inflationär benutzt wird. JW generiert Kosten, wo keine generiert werden müssten (gut für die Anwälte). Nennen wir es ausgleichende Gerechtigkeit, dass JW dafür gerade einen millionenwerten Imageschaden einfährt. Wer mit Kanonen auf Spatzen schießt, darf sich nicht wundern, wenn die Nachbarn wegen der Ruhestörung sauer sind.

    Es ist ein Grundproblem einiger Juristen, alles mit dem §-Tunnelblick zu betrachten. Es gibt aber nebenbei auch noch gesellschaftliche Normen, die man beachten muss. Der gesunde Menschenverstand hilft da manchmal eher weiter als der Schönfelder. Oder: Man hätte in Rechtsphilosophie aufpassen können, anstatt sich den Schein einfach nur zu "ersitzen".

    Kurz: Die Rechtsabeteilung hat JW hier ein nettes Ei ins Nest gelegt. Anstatt freundlich mit den vermeintlichen Rechteverletzern zu sprechen, hat man sofort Kosten generiert. Das war unnötig und unverhältnismäßig. Und hätte man das Vorgehen vorher firmenintern diskutiert, hätte die Werbeabteilung den Blödsinn sofort gestoppt. Denn hier sitzen erfahrungsgemäß eher die Leute, die wissen, wie andere Menschen behandelt werden wollen, um ein Produkt zu kaufen.

    Was auch schon oft geschrieben wurde: Nicht alles, was machbar ist, sollte man auch machen. Mit etwas sozialer Intelligenz kann man simpel abwägen, was sinnvoll ist und was nicht. Hobbybastler wegen Tierpfoten (die noch nicht mal Wolfstatzen sind) abzumahnen, war jedenfalls gröbster Unfug.

    Die Welt ist eher Gartenzaun als Gerichtssaal. Das müssen einige Juristen einfach mal verstehen. Ohne soziale Kompetenz werden sie mehr Schaden anrichten als Nutzen bringen.

    PS: Würden die Kanzleien das Instrument Abmahnung auch dann noch so gern einsetzen, wenn es für den Abgemahnten erstmal kostenlos wäre? Oder würde man dann lieber gleich klagen?

    Comment by togo — 21.10, 2009 @ 12:32

  20. Irgendwo hab ich diesen Kommentar gelesen:
    "What's "legal" is rarely right. Otherwise lawyers would starve."

    Comment by Anonymous — 21.10, 2009 @ 13:11

  21. Ich empfehle die Lektüre des Beitrages von Nancy Langdon auf ihrem Blog:

    http://fledgeflyingiseasy.blogspot.com/2009/10/reason-to-paws.html

    Ihrer Analyse kann ich nur voll zustimmen! JW bzw. Barclay Private Equity geht es bei dieser Sache um mehr, nämlich das ganz große Geschäft.

    Comment by Anonymous — 21.10, 2009 @ 14:45

  22. Es sollte vielleicht noch erwähnt werden, dass es sich bei den beanstandeten Pfötchen meistens NICHT um einzelne Pfoten handelt um ein Produkt als etwas hervorzuheben das es nicht ist! Denn das wäre Böse und da hätte Wolfskin Recht!

    Es geht hier in den meisten Fällen um Patchworkstoffe aus Baumwolle die komplett, schräg, grade, mit Kreisen drum in diversen Farben mit kleinen Katzenpfötchen bedruckt sind. Von der Firma Michael Miller Fabrics wo noch auf der Webkante des Stoffe vermerkt ist, dass das Copyright des Musters bei Michael Miller Fabrics liegt er aber auch zu kommerziellen Zwecken genutzt werden darf!

    Wenn die Firma JW das nun anders sieht, finde ich, soll sie sich doch ganz einfach an die Produzenten dieses scheinbar bösen,bösen,bösen Stoffes wenden. An Michael Miller, zu finden irgendwo in den USA!

    Auch ging es um ein T Shirt, da hat eine Dame ein Kätzchen aus Strasssteinen drauf appliziert und passend zu der Katze ein paar Katzenpfötchen drauf gemacht. Das JW glitzer Shirts mit Pfötchen hat, wäre mir neu. Auch Handspiegel die mit dem bösen Michael Miller Stoff bezogen wurden, führt JW nicht.

    Also was wollen die??????
    Planen die vielleicht eine Glitter-Glamour-Outdoor-Girlie Collection?

    Beim dpma hat JW sich jetzt auch den Bereich der Kosmetik sichern lassen. Ich rechne jetzt mit Mascara das die Wimpern so hart macht, dass man sich damit an Felsen festkrallen kann. Lippenstifft der so grell leuchtet, das jeder Wolf samt sämtlicher Pfotenabdrücke das Weite sucht.

    Es ist einfach ein riesengroßer Blödsinn!
    Amen!

    Comment by Anonymous — 21.10, 2009 @ 15:04

  23. Und überhaupt: wie steht es denn dann hiermit?
    Zizat aus einem SpOn-Kommentar:

    Markengesetz Paragraph 8 Absatz 2 Punkt 6:

    § 8
    Absolute Schutzhindernisse
    Abschnitt 2
    Von der Eintragung ausgeschlossen sind Marken,
    Punkt 6: die Staatswappen, Staatsflaggen oder andere staatliche Hoheitszeichen oder Wappen eines inländischen Ortes oder eines inländischen Gemeinde- oder weiteren Kommunalverbandes enthalten,
    Hier der Link zum Stadtsiegel von Nienborg:
    http://www.heimatverein-nienborg.de/stadtsiegel.html

    Comment by Ruthy — 21.10, 2009 @ 15:11

  24. Kaum ist man mal einen Tag lang unterwegs. ;-)

    Vielen Dank für die vielen guten und konstruktiven Kommentare.

    Vielleicht noch ein paar wenige Anmerkungen zu den aufgeworfenen Fragen.

    In welcher Form die Pfoten von Jack Wolfskin als deutsche Bildmarken geschützt sind, kann sich jeder selbst im Markenregister anschauen, das ja über das DPMA frei recherchierbar ist.

    Ob juristisch eine Verwechslungsgefahr gegeben ist, ist immer sehr stark vom Einzelfall abhängig. Wenn die Darstellung von z.B. Katzenpfoten auf einem Bekleidungsstück allerdings eine gewisse Ähnlichkeit zu der bildlichen Darstellung von JW aufweist, ist angesichts der Warenidentität ein Markenrechtsverstoß naheliegend.

    Nur um Missverständnissen vorzubeugen: Natürlich ist es legitim JW zu kritisieren und dem Unternehmen mangelndes Fingerspitzengefühl zu unterstellen. Mich wundert einfach nur, dass es keine Kritik am Markenrecht allgemein gibt, sondern primär an JW.

    Andererseits gibt es das juristische Problem der Markenverwässerung durchaus. Wer gegen Fälle von Verletzung seiner Marke nicht vorgeht, muss sich u.U. später vorhalten lassen, dass die Kennzeichnungskraft seiner Marke schwächer geworden ist und er dieser Verwässerung zugesehen hat. Das Argument, man müsse die Marke verteidigen, ist also nicht völlig absurd.

    Comment by Pavement — 21.10, 2009 @ 18:53

  25. @Roadrunner: Das Markenrecht als solches geht sicherlich nicht auf die Nazis zurück. In Deutschland gab es einen solchen Schutz bereits Ende des 19. Jahrhunderts. International gibt es ebenfalls die Vorstellung vom Schutz des "geistigen Eigentums" (Intellectual Property) seit dem 19. Jahrhundert. Unser aktuelles Markengesetz ist in weiten Teilen harmonisiertes europäisches Recht und geht auf die Markenrechtsrichtlinie der EU zurück.

    Comment by Pavement — 21.10, 2009 @ 19:18

  26. Auch ich habe keine Ahnung von Juristerei. Aber allein die Anzahl der Pfötchen und Tatzen, die ich in meinen wenigen 30 Lebensjahren schon zu Gesicht bekommen habe (außerhalb von Jack Wolfskin Produkten) sagt mir, dass das Markenzeichen Tatze dieser Firma schon längst verwässert – sprich Allgemeingut – ist. Allein in den Haushalten meiner Familie befinden sich Pfotenspuren in diversen Ausführungen: als Stempel, Aufnäher für abgewetzte Jeans, Aufdrucke auf den Katzenkörbchen, auf dem Bezug des Kinder-Autositzes, auf der Hunde-Sicherheitsweste, auf dem Bezugstoff der Truhe im Kinderzimmer und bestimmt noch anderen Orten. Au eine Google Bildersuche nach Tatze oder Pfote ergibt zig Tausend Treffer, viele davon in Verbindung mit Textilien, die meisten nicht im Bezug zu Jack Wolfskin. Ab wann ist eine Marke verwässert? Wer entscheidet das? Und wie lange wird die Kanzlei damit beschäftigt sein, diese Produkte abzumahnen? Die haben doch erstmal ausgesorgt für die nächsten 5 Jahre.

    Comment by WeBe — 21.10, 2009 @ 19:19

  27. Tja so kann wohl nur ein Anwalt argumentieren der eine wichtige Einnahmequelle für Anwälte (10 Abmahnungen alle mit dem gleichen Wortlaut verschickt die Sekretärin mal innerhalb von 5min eine Abmahnung a 1000Euro kein schlechter Stundenlohn)verteidigen will.
    Keinen einzigen Blog habe ich gelesen wo JW das Recht auf sein Marke abgesprochen wurde.
    Sie sagen es ist üblich so und das glaube ich Ihnen gerne wird Zeit dass dieser Wahnsinn aufhört und das jetzige Recht als Unrecht deklariert wird.
    Stop dem Abmahnwahnsinn!

    Comment by Anonymous — 21.10, 2009 @ 21:54

  28. Ich finde den Ansatz von Ihnen, Herrn Stadler, das Recht als solches in Frage zu stellen, da es die vorliegende Situation nicht angemessen regelt für beachtenswert.
    Was ich allerdings nicht erkenne ist, wieso hier wie dort das Internet die Rolle spielt, dass sich die Wahrnehmung der 'Rechtmäßigkeit' des Rechts ändert.
    Außer dass die Blogospähre schneller ist und so Meinungen schneller verbreitet werden sehe ich hier keine Besonderheit durch die Existenz des Internet.
    Das mag im Bereich v.a. des Urheberrechts anders sein, da im Internet leichter kopiert und veröffentlich ist als in der Realwelt.

    Comment by Coda — 22.10, 2009 @ 12:00

  29. Der wahre Protest ist zweischneidig.

    Zum einen gegen das deutsche Abmahnrecht, das einem Rechteinhaber erst einmal gestattet, sich selbst Recht zu geben. Ohne Gericht.

    Hier werden sehr wohl Konzerne und Kleingewerbe unterschiedlich behandelt. Ein Kleingewerbe kann sich den nötigen Rechtsstreit naemlich gar nicht leisten. Es gibt keine Rechtsschutzversicherung, die so etwas abdeckt, denn es wird kategorisch von Selbstverschulden ausgegangen.

    Das ist der zweite Stein des Anstoßes. Die vermeintliche Selbstverschuldung.

    Einige der Abgemahnten haben Michael Miller-Stoff verwendet, Haben sich schriftlich versichern lassen, dass sie diesen in Deutschland kommerziell einsetzen dürfen. Und jetzt… werden sie verklagt. Ebenso wurden Schmuckhersteller abgemahnt, wobei die Registrierung von JW in der Klasse noch gar nicht rund ist.

    Das Problem in der deutschen Gesetzgebung ist, dass eben doch der mit der größeren Keule erst einmal Recht hat. Hier muss angesetzt werden – aber das dauert.

    Bis dahin muss Ziel sein, dass Firmen lernen, dass Fingerspitzengefühl gefragt ist. Web 2.0 haben die meisten naemlich noch immer nicht verstanden.

    Der Sinn und Unsinn des Markenrechts… der Firmen kategorisch ein Schutzrecht in der Klasse "Textil" zugesteht, ohne den Kontext in Betracht zu ziehen… ist ein anderes Thema. Welches vor allem auch Hundeschulen und Vereine interessieren dürfte – die "wagen" es naemlich auch, eine Pfote im Logo zu haben… und die tatsächlich auf Tshirts zu drucken.

    Gruß, Gila
    http://freiepfote.de

    Comment by Gila von Meissner — 22.10, 2009 @ 17:48

  30. Zitat: "Wenn man hier also unterstellt, dass das Verhalten von Jack Wolfskin vom geltenden Markenrecht gedeckt ist – wofür einiges spricht – man es gleichwohl aber für falsch, ja sogar unmoralisch hält, dann kann die Schlussfolgerung nur lauten, dass das Gesetz falsch ist, weil es die hier diskutierten Einzelfälle nicht vernünftig regelt. Der Aufschrei im Netz richtet sich aber nicht gegen das Markengesetz sondern gegen das Unternehmen Jack Wolfskin. Damit ziehen die Blogger aber möglicherweise die falsche Schlussfolgerung."

    Ich denke nicht, dass Blogger die falsche Schlussfolgerung ziehen. Ich denke vielmehr, dass JW's Vorgehen nicht so rechtlich abgesichert ist wie man denken möchte. JW hat sich *eine* Pfote schützen lassen. Wie ich auf einer US-Internetseite (die Sache zieht Kreise) gelesen habe gibt es derzeit allein in den USA 3028 als Markenzeichen eingetragene Tierpfoten.
    JW's Vorgehen deutet darauf hin, dass man dort glaubt, das Recht an allen Tierfüssen zu haben – ein Gotteskomplex vielleicht ? Zunächst müsste JW einmal nachweisen, dass tatsächlich Verwechslungsgefahr besteht, und das dürfte bei einem so allgemeinen Logo wie einer Tierpfote nun doch nicht so einfach sein.
    Das Problem ist tatsächlich, dass viele der Abgemahnten es sich nicht leisten können, das finanzielle Risiko eines Rechtsstreites einzugehen und dem Bully mit in der Tasche geballter Faust nachgeben müssen. Ich denke das hat die Bloggergemeinde recht zweifelsfrei erkannt. Schliesslich ist das Vorgehen von JW weder erstmalig, noch ein Einzelfall.
    Was der böse Wolf vielleicht nicht begriffen hat ist, dass die Marke, die er zu schützen behauptet, nur zum Teil ihm gehört. Der rechtlich einklagbare Teil liegt ganz sicher bei JW. Aber eine Marke besteht ausser aus einem Logo oder Schriftzug auch aus dem Image beim Kunden, einem positiven Gefühl der Verbraucher. Dieser Teil einer Marke lässt sich weder einklagen, noch einfordern, und er entzieht sich der direkten Einflussnahme der Firma und ihrer Anwälte. Dieser Teil der Marke wird nur von der Öffentlichkeit geprägt – und JW ist gerade dabei, diesen Teil beträchtlich zu beschädigen.

    Comment by Anonymous — 22.10, 2009 @ 19:49

  31. Stimmt, Herr Larbig. Der Artikel ist gut (und damit auf dem hier üblichen Niveau, wenn ich mir die Bemerkung mal erlauben darf). Mit dem Gesetz stimmt was nicht. Auch wenn man immer wieder erstaunt ist, wie Menschen das geltende Gesetz auf so abwegigen Pfaden für sich ausnutzen – daß man das Übel bei der Wurzel packen muß, das muss mal gesagt werden. Und das ist kein Einzelfall – siehe die Diskussion um … genau: so genannte Steuerschlupflöcher.

    Einen weiteren erhellenden Einblick in die Branche liefert übrigens Ihr Kollege Brandau gerade.

    Comment by doppelfish — 22.10, 2009 @ 23:13

  32. Hat sich erledigt:

    http://www.computerwoche.de/management/compliance-recht/1908870/index.html

    Comment by Anonymous — 23.10, 2009 @ 16:58

  33. Doch was größeres im Gange?

    Nizzaklasse 45 macht mir als Kleingewerbe das auch Sachen mit Pfotenmotive im Shop hatte ein ungutes Gefühl:

    Also die TAZ hat sich ja ihre (Pfote) Bildmarke für die Nizzaklassen 16, 14, 20, 21, 28, 34
    schützen lassen und dies ist gültig bis 2014 gültig.

    Jack Wolfskin hat 1,3,6,10,12,14,16,18,20,21,22,24,25,26,27,28,35,39,41,42 und 45 (Vermittlung von Lizenzen für gewerbliche Zwecke, insbesondere von Marken) am 02.09.2009 beantragt.

    Da frage ich mich ob es zulässig ist das er für die selben Nizzaklassen die schon von der TAZ regestriert sind dieses machen darf und wenn ob nur die TAZ Einspruch erheben darf um dagegen vorzugehen.

    Bei der Nizza Klasse 45 stört mich das Wort Lizenzen.

    Ich frage mich als nicht juristisch bewanderte Person:
    Wenn er so weiter machen darf und alle ähnlichen Pfoten verbietet und auch Recht bekommt, muß ich mir dann bei Ihm eine Lizenz kaufen um meine Artikel mit Pfoten zu verzieren und was wird das kosten?

    Ein Schelm der dabei böses denkt und mal überlegt wo es überall Pfotenabdrücke ob Hund, Katze, Bär und Co zu finden sind.

    Mir geht es nicht darum JW Schaden zu zufügen, sondern es geht doch darum das man seiner Kreativität freien Lauf lassen darf und das es endlich ein vernüftiges Gesetz gibt einfache Motive nicht zu schützen.

    Comment by Birgit — 24.10, 2009 @ 18:57

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