Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

8.9.09

Sind die Wahlumfragen der Meinungsforschungsinstitute falsch?

Der CCC hält die Wahlprognosen der Meinungsforschungsinstitute in der Gruppe der bis 40-Jährigen für falsch. CCC-Sprecherin Constanze Kurz sagte dem Hamburger Abendblatt, dass die Institute ihre Prognosen auf telefonische Umfragen über das Festnetz stützen, viele jüngere Menschen aber gar keinen keinen Festnetzanschluss mehr besitzen, sondern nur noch per Handy erreichbar sind. Dadurch würden die Umfragen immer weniger repräsentativ.

Das klingt für mich plausibel und erklärt möglicherweise auch, warum die Umfragen gerade in den letzten Jahren sehr häufig deutlich daneben lagen. Nachdem die Demoskopen mit ihren unzutreffenden Prognosen bereits die letzte Bundestagswahl entschieden haben, wäre es wohl längst an der Zeit gewesen, nicht nur auf Festnetztelefonate zu setzen.

posted by Stadler at 18:34  

Keine Kommentare

  1. Hä? Repräsentativ bleibt repräsentativ, ob über Handy oder Festnetz. Es wird halt nur auf Dauer schwerer, einzelne Bevölkerungsschichten bis 40 zu erreichen. Aber solange die Meinungsforscher nicht frustriert aufgeben und einfach nur noch Leute über 40 befragen, ändern sich die Daten doch nicht.

    Es sei denn natürlich, dass ausgerechnet alle Bis-40-Jährigen ohne Festnetzanschluss eine Partei wählen. Dann gehen die Statistiken natürlich in die Hose. Allerdings müssten dann aber auch alle 20-Jährigen ohne Fahrrad und alle 30-Jährigen mit Bart befragt werden, um sicher zu gehen. Denn die könnten ja auch ein ganz spezielles Wahlverhalten haben, das die Ergebnisse verfälscht.

    Comment by Anonymous — 8.09, 2009 @ 20:24

  2. "Repräsentativ bleibt repräsentativ, ob über Handy oder Festnetz."

    Nein, bleibt es nicht. Wenn ein erheblicher Teil der unter 40 Jährigen (Gruppe: "Unter 40 Jährig ohne Festnetzanschluss und Internet-Affin) gar nicht mehr erreicht wird, ist die Stichprobe kein repräsentatives Abbild mehr.

    Nachdenken, dann kann man sich das "hä" sparen.

    Comment by Fawkes — 8.09, 2009 @ 20:44

  3. Besser lesen, dann kann man sich die zynischen Kommentare sparen. Anon hat durchaus recht: die Meinungsforschungsinstitute ziehen ja nicht einfach zufällig 1000 Telefonnummern aus dem Telefonbuch (hoffe ich doch?). Ihre Datenbanken sind ja nach verschiedenen Kriterien sortiert, sodass sie jederzeit eine *repräsentative* Auswahl ausspucken können – also mit einer proportional gleichen Gesellschafts- und eben auch Altersstruktur wie Deutschland insgesamt. Und solange man nicht gerade Umfragen zur Handynutzung durchführt, dürfte eine sinkende Festnetzbevölkerung eigentlich keine Auswirkungen haben – außer natürlich, dass die jüngeren vielleicht öfter angerufen werden, weil es weniger davon in den Listen gibt.

    Comment by Attie — 8.09, 2009 @ 21:47

  4. Eine ohnehin schon mehr als kleine Umfrage (1000-3000 Probanden) kann nur dann repräsentativ sein, wenn tatsächlich auch alle Bevölkerungsgruppen berücksichtigt werden.
    Die Gruppen ohne Festnetzanschluss dürften aber zunehmend größer werden und sich zudem auf einige soziale Gruppen konzentrieren.

    Nebenbei ist das Problem hinreichen aus den USA bekannt, in denen die Abkehr vom Festnetz schon weit stärker ausgeprägt ist.

    Comment by Malte S. — 8.09, 2009 @ 22:26

  5. Wenn die Personen falsch ausgewählt werden, dann bilden sie kein repräsentatives Spektrum mehr ab. Angenommen, 25 % der unter 40-jährigen haben keinen Festnetzansschluss mehr, dann muss diese Gruppe von dem Institut dennoch angesprochen werden. Andernfalls hat man am Ende kein repräsentatives Ergebnis mehr.

    Comment by Pavement — 8.09, 2009 @ 22:51

  6. Die Zielgruppe der Piratenpartei hat sich auch nicht unbedingt in den letzten Jahr(zehnt?)en durch besondere politische Leistungen hervorgehoben. Unpolitisch sicherlich nicht, aber interessant wäre sicherlich der Nichtwähleranteil dieses "Marktsegments" schon.

    Man muss sich ja auch klarmachen, dass bei der Größe der Stichprobe (500?1000?) die 1-2 internetaffinen potentiellen Piraten ohne Festnetz-Telefon zwischen 18 und 40 auch nicht sonderlich ins Gewicht fallen. Wenn sie überhaupt auch so Berücksichtigung fänden; bei 500 Probanden ist das nämlich eher unwahrscheinlich ob der Verbreitung in der Bevölkerung.

    Comment by Anonymous — 8.09, 2009 @ 23:51

  7. Bei Jungwählern tritt ja auch das interessante Phänomen des "noch bei Mutti wohnens" auf.
    Meinungsforschungsinstitute können solche Leute garnicht erreichen, da sie nicht extra geführt werden.

    Comment by Johannes — 8.09, 2009 @ 23:59

  8. Repräsentativ bedeutet nicht, dass die Menschen nach Kriterien ausgesucht werden, auch wenn dieser Schluss nahe liegt. In der Praxis wird die Repräsentativität im Regelfall durch den Zufall erzeugt, d.h. es werden zufällige Nummern erzeugt und bei mehreren Personen im Haushalt wird (mit dem stets gleichen Verfahren) zufällig eine ausgewählt (siehe auch Wikipedia Repräsentativität und die verlinkten Artikel).
    Vereinfacht gesagt ist die Umfrage dann repräsentativ, wenn (theoretisch) jede Person angerufen werden kann (d.h. man kann auch nicht Nummern aus dem Telefonbuch ziehen, sonst wäre die Umfrage nur für Personen, die im Telefonbuch stehen, repräsentativ).

    Da im Regelfall aber nur Festnetzrufnummern angewählt werden, hat man natürlich ein Problem, wenn ein großer Teil der Bevölkerung nur noch über das Handy zu erreichen ist. Zu mir sagte jemand, der in der Branche arbeitet, dass eine Zeit lang erwogen worden war, auch Mobilrufnummern anzurufen. Mit dem zunehmenden Durchsatz von Festnetz-Nummern, die zu Handys führen (Homezone u.ä.), sei das aber nicht notwendig geworden.

    Comment by Stefan — 9.09, 2009 @ 07:36

  9. Der Economist hat das Phänomen erst vor ein paar Tagen unter die Lupe genommen; ich verweise auf den lesenswerten Artikel unter http://www.economist.com/businessfinance/displaystory.cfm?story_id=14214847.

    Ich denke auch, dass gerade mobile und dynamische jüngere Wähler nicht erreicht werden. Repräsentativ ist der Querschnitt der Befragten nach den aktuellen Kriterien sicherlich, aber es ist wohl zu fragen, ob man diese Kriterien nicht erweitern sollte, und zwar so, dass die mobile Generation stärker erfasst wird.

    Comment by Marc Pütz-Poulalion — 9.09, 2009 @ 12:52

  10. Die Eigenschaft "hat kein Festnetz-Telefon" ist aber nicht neutral gegenüber der Wahlentscheidung. Wie übrigens auch die Eigenschaft "verweigert die Auskunft".

    Comment by TheK — 9.09, 2009 @ 15:44

RSS feed for comments on this post.

Sorry, the comment form is closed at this time.