Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

25.9.09

Schäuble will Verfassungsschutz zur Polizeibehörde ausbauen

Die Süddeutsche zitiert heute aus einem Dokument „Vorbereitung Koalitionspapier“ wonach Innenminister Wolfgang Schäuble den Innengeheimdienst zu einer Polizeibehörde ausbauen und ihn mit weitreichenden neuen Kompetenzen ausstatten will. Der Verfassungsschutz soll insbesondere Onlinedurchsuchungen durchführen dürfen und Zugriff auf die Daten aus der Vorratsdatenspeicherung erhalten. Auch die Überwachung von Wohnungen soll dem Verfassungsschutz möglich sein.

Zudem ist die Einführung des genetischen Fingerabdrucks als erkennungsdienstliche Standardmaßnahme und der erleichterte Einsatz verdeckter Ermittler offenbar vorgesehen.

Der von Wolfgang Schäuble schon seit Jahren betriebene Abbau des Grundrechtsschutzes der Bürger ist ganz offensichtlich noch längst nicht beendet.
Quelle: Süddeutsche vom 25.09.09 (S. 1)

Update:
Die Verbindung von Geheimdienst und Polizei erinnert an die totalitären Regime, die es in diesem Land gegeben hat.

Der Grundsatz, dass Geheimdienste und Polizei zu trennen sind, stellt eine Lehre aus der NS-Zeit dar. Ob man dies als rechtsstaatlichen Grundsatz der mit Verfassungsrang ausgestattet ist, betrachten kann, ist umstritten. Man wird das allerdings mit guten Gründen annehmen können.

Denn die Arbeitsweise von Diensten und Polizei unterscheidet sich deutlich. Während Geheimdienste Informationen und Daten bereits auf Basis von Vermutungen oder vagen Anhaltspunkten sammeln, agiert die Polizei nur bei einem konkreten Tatverdacht oder präventiv bei Bestehen einer konkreten Gefahr. Diese rechtsstaatlichen Grenzen dürfen nicht verwischt werden.

Die größte Gefahr für unseren Rechtsstaat geht derzeit nicht von Terroristen aus, sondern von unserem Innenministerium. Es ist hier höchste Zeit für einen Paradigmenwechsel zurück zu einer strikten Achtung der Grundrechte und der Grundsätze eines freiheitlich-demokratischen Staats.

posted by Stadler at 08:00  

Keine Kommentare

  1. Was bleibt einem bei dieser Meldung noch zu sagen … erstmal ist da nur blankes Entsetzen dass unser Innenminister, der eigentlich unsere Verfassung schützen sollte, und sein Ministerium das Grundgesetz und die Lehren aus der ferneren und jüngeren Geschichte missachtet.

    Bei der Forderung nach Straffreiheit für verdeckte Ermittler verlassen die Herren aus dem Innenministerium auch noch das letzte Fleckchen rechtsstaatlichen Boden … denn die verdeckten Ermittler werden ja nicht bei Ladendiebstahl-Banden eingescheust … sondern bei den "harten Jungs" … ich möchte mir gar nicht ausmalen, was dass für unsere Zukunft als rechtschaffende Bürger in Deutschland heißt.

    … bleibt nur zu hoffen, dass wir Wähler diesen Stasi2.0-Phantasien der CDU/CSU einen Riegel vorschieben … am Sonntag haben wir glücklicherweise die Chance Herrn Schäuble und Konsorten eine klare Antwort mit dem entsprechenden Kreuz auf den Wahlzettel zu geben.

    Comment by Christian — 25.09, 2009 @ 10:17

  2. Es ist schon erstaunlich, wie in einer Demokratie der Bürger letztendlich zu einer Art Feind erklärt wird, den es permanent zu überwachen und durch Polizei und Bundeswehr einzuschüchtern gilt. Der Bürger und Wähler als eigentlicher Souverän von dem alle Staatsgewalt in einer Demokratie ausgehen sollte, wird selbst durch den Staat zum Staatsfeind Nr.1 erklärt. Das ist schon ein Paradox. Die Redewendung von der wehrhaften Demokratie bekommt hier einen sehr falen Beigeschmack. Schäubles Pläne sind hier nur ein Vorgeschmack auf das was wahrscheinlich noch kommt. Bundeswehr im Inneren und ein Geheimdienst der nicht kontrolliert wird (weil er eben geheim ist) aber alle möglichen polizeilichen Mittel anwenden darf. Jeder Bürger mit Vernunft muss am Sonntag ein Zeichen gegen diese für unsere Demokratie bedrohliche Entwicklung setzen. Tun wir es am Sonntag nicht, dann ist vielleicht bald keine Demokratie mehr da, die es zu verteidigen gilt.

    Comment by Anonymous — 25.09, 2009 @ 10:40

  3. und die Erklärung des Ministeriums, die auch auf ARD.de veröffentlicht wurde: "es sei nur im Auftrag von Referatsleitern aufgeschrieben worden, was man in der laufenden Legislaturperiode nicht geschafft habe" lässt uns vollends erblassen. Frau muss genau lesen: ".. in dieser Legislaturperiode nicht geschafft ..". Das bedeutet doch im Klartext, dass dies keine neuen Dinge sind!

    Comment by Lore Reß — 25.09, 2009 @ 12:46

  4. "Das bedeutet doch im Klartext, dass dies keine neuen Dinge sind!"

    Sie sind ja auch nicht wirklich neu. Man kennt diese Interessen doch schon länger. Dennoch wird mir langsam angst und bange.

    Comment by The Internetausdrucker — 25.09, 2009 @ 14:48

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