Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

16.9.09

Ghostwriter-Vereinbarung bei wissenschaftlichen Veröffentlichungen

Das OLG Frankfurt ist der Ansicht, dass eine sog. Ghostwriter-Vereinbarung auch bei wissenschaftlichen Veröffentlichungen in Betracht kommt, zumindest außerhalb des Hochschulbereichs.

Bei einer Ghostwriter-Vereinbarung verpflichtet sich der wirkliche Urheber dazu, seine eigene Urheberschaft zu verschweigen und gestattet seinem Auftraggeber das Werk als eigenes zu veröffentlichen.

Das halte ich im wissenschaftlichen Bereich für verwerflich, weil man sich dadurch wissenschaftliches Renommee einfach erkaufen kann. Deshalb liegt die Annahme einer Sittenwidrigkeit meines Erachtens nahe.

Das hat das OLG Frankfurt mit Urteil vom vom 01.09.2009 (Az.: 11 U 51/08) allerdings, zumindest für Fälle außerhalb des klassichen universitären Wissenschaftsbetriebs anders beurteilt.

Quelle: kanzlei.biz

posted by Stadler at 18:00  

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  1. Die juristische Bewertung überlasse ich den Juristen (die sind, wie man hier sieht, ja schon munter am Werk). Aber in der Wissenschaft wird das beim richtigen Namen genannt: Manipulation.

    Comment by doppelfish — 16.09, 2009 @ 23:18

  2. Ich halte dieses Urteil für grob rechtswidrig, denn nach § 7 UrhG ist
    nur der Urheber, der Schöpfer des Werkes ist. Man kann nicht durch
    Rechtsgeschäft Autor eines Werkes werden. Sachlich nicht
    nachvollziehbar, was diese Richter sich dabei gedacht haben.

    Es dürfte aber wohl etwas mit Staatsräson zu tun haben, denn würde man
    Ghostwritern erlauben, ihre Kunden unter den Professoren zu verklagen,
    würde das Hochschulwesen zusammenbrechen. Solche Ghostwriter-Werke sind
    auch bei "regulären" Professoren nicht selten, die Staatsanwaltschaft
    Darmstadt und die TU Darmstadt sind beispielsweise der Auffassung, daß
    es üblich und nicht zu beanstanden sei, wenn sich Professoren ihre Werke
    von Mitarbeitern schreiben lassen.

    War der Wissenschaftsbetrug bisher schon gang und gäbe, dürfte er nun
    wohl noch weiter wuchern, nachdem man das ja nun quasi legalisiert hat.

    Im Ergebnis kann man aber nun keiner wissenschaftlichen Publikation mehr
    trauen.

    Comment by Hadmut Danisch — 17.09, 2009 @ 00:28

  3. Zwar ist die "Fremdveröffentlichgung" für das Wissenschaftswesen belanglos, dort zählt im Prinzip die Qualität — ungeachtet vieler wissenschaftsinterner Vorurteile.

    Aber die Entscheidung des Gerichts steht in Konflikt mit der Praxis, dass wissenschatliche Reputation mit folgendenen Forschungsgeldern über Veröffentlichungen erzielt wird.

    Wenn der Ghostwriting-Vertrag beiderseits ordentlich erfüllt ist, sehe ich aber keine juristischen Probleme: denn die Urheberschaft wird nicht abgegeben, sondern es wird Stillschweigen gewahrt.

    Um einen juristischen Einwand zu begründen, müsste ein besonderer Schutzbedarf der Wissenschaftswelt hergeleitet werden.

    Comment by Wolf-Dieter — 17.09, 2009 @ 16:46

  4. Problematisch ist auch das laxe Vorgehen der Uni Frankfurt. Die Mehrzahl der Honorarprofessoren am dortigen Lehrstuhl für Wirtschaftsprüfung sind Vorstände großer Wirtschaftsprüfungs-gesellschaften. Die haben überhaupt keine Zeit, wissenschaftlich fundierte Aufsätze selbst zu schreiben. Jetzt dürfen die das sogar mit richterlichem Segen. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt.

    Comment by Anonymous — 25.12, 2009 @ 17:39

  5. Zur weiteren Entwicklung siehe:

    http://www.zeit.de/studium/hochschule/2010-01/urheberrecht-unis?page=all

    Comment by Bittersweet — 1.02, 2010 @ 13:37

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