Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

24.9.09

Der überwachte Bürger

Heribert Prantl schreibt heute in der Süddeutschen in seinem gewohnten Stil mit drastischen Worten gegen die deutliche Zunahme der Zahl der (angeordneten) TK-Überwachungen an.

Eine Passage des Kommentars halte ich für besonders bedenkenswert:
„Die rechtsstaatliche Kontrolle der Kommunikationsüberwachung funktioniert nicht. Sie funktioniert auch deswegen nicht, weil der Richter, der die Aktionen genehmigt, keinen Einfluss mehr darauf hat, was aus diesen Aktionen wird. Damit ist er nicht mehr befasst. Der Ermittlungsrichter ist in Deutschland eine Art Unterschriftenautomat. Er verteilt Eintrittskarten für Vorstellungen, die er nicht kennt. Das ist ein Systemfehler.“

Prantl spricht das an, was jeder Strafverteidiger aus seiner täglichen Praxis kennt. Eine einzige richterliche Anordnung, der zumeist nur eine rudimentäre Prüfung vorausgeht, bewirkt, dass monatelang überwacht werden kann. Tausende von Telefonaten werden mitgeschnitten und darunter sind zwangsläufig auch die Gespräche einer großen Vielzahl völlig unbeteiligter Menschen. Die Strafrechtspflege nimmt dies mit großem Gleichmut hin, obwohl man im Grunde weiß, dass die Telefonüberwachung in sehr vielen Fällen ineffektiv ist und häufig nicht die entscheidenden Erkenntnisse liefert. Aber viele Strafverfolger wollen immer alle Mittel ausschöpfen, koste es was es wolle.

Prantl hat daher Recht, wenn er fordert, dass eine richterliche Kontrolle in der Form erforderlich wäre, dass der Richter den Fortgang der angeordneten Überwachung kontinuierlich überprüft und ggf. die Aktion auch wieder beendet, wenn sich keine greifbaren Erkenntnisse ergeben.

Die Zunahme der Telefonüberwachungen ist Teil eines allgemeinen Trends. Der Bürger wird vom Staat zunehmend stärker kontrolliert und überwacht, sein Grundrechtsschutz wird sukzessive reduziert. Es gibt in Deutschland keine relevante politische Kraft die sich dagegen stemmt. Das Bundesverfassungsgericht hat viel verhindert, aber das Gericht allein wird die Demontage unserer Freiheitsrechte auf Dauer auch nicht aufhalten können.

posted by Stadler at 08:58  

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