Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

20.8.09

Der schändliche Wahlkampf der Frau von der Leyen

Dank YouTube und verschiedener Blogs werden die schmutzigen und widerwärtigen Seiten dieses Wahlkampfs, der auf diese Weise in den Mainstream-Medien gar nicht stattfindet, immer wieder ans Licht einer interessierten Öffentlichkeit gezerrt. Mitschnitte von kleinen Wahlkampfveranstaltungen in der Provinz sind dabei manchmal aufschlussreicher als das, was einem die Tagesschau serviert.

Ursula von der Leyen macht erneut Wahlkampf auf dem Rücken missbrauchter Kinder und instrumentalisiert das Thema Kinderpornografie im Internet einmal mehr. Sie setzt hierbei gezielt auf Emotionalisierung und schildert den Besuchern ihrer Wahlkampfveranstaltungen in drastischen Worten, welche schrecklichen Filme, die den Missbrauch von Kindern zeigen, im Internet kursieren. Hierbei verschweigt sie allerdings, dass solche Filme nicht über das WWW – und nur dort setzen ihre „Sperrmaßnahmen“ überhaupt an – verbreitet werden, sondern primär über Peer-To-Peer-Netzwerke.

Flankierend greift von der Leyen dabei auf Scheinargumente zurück, die, wie sie selbst weiß, längst widerlegt sind. Seit Monaten behauptet die Ministerin z.B. öffentlich, dass eine ganze Reihe von Staaten Kinderpornografie nicht ächten würde und man deshalb, vor Ort am Serverstandort nichts erreichen könne. Als Standardbeispiel hatte sie in der Vergangenheit mehrfach Indien genannt, bis man ihr nachgewiesen hat, dass diese Aussage schlicht falsch ist und Kinderpornografie in Indien sehr wohl strafbar ist. Frau von der Leyen musste sich sogar bei der indischen Botschaft für ihre Aussagen entschuldigen.

Das hält sie freilich nicht davon ab, dieselbe Unwahrheit in Wahlkampfveranstaltungen weiter zum Besten zu geben. Nur das Beispiel Indien benutzt sie jetzt nicht mehr. Die handvoll Staaten, die Kinderpornografie nicht unter Strafe stellen, haben in den meisten Fällen gar keine Internet-Infrastruktur. Dort stehen keine Server. 3/4 der Server, die man bisher auf ausländischen Sperrlisten wiederfindet, stehen ohnehin in Europa und Nordamerika. Und auch an den übrigen Serverstandorten ist Kinderpornografie strafbar.

Es ist erschreckend, wie Frau von der Leyen Emotionalisierung und falsche Tatsachenbehauptungen miteinander verknüpft. Das ist kein Populismus mehr, sondern Demagogie.

Diese Sorte von Wahlkampf hat zwei Opfer. Die Kinder und die Wahrheit.

Update
Weitere Artikel zum Thema:
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Demagogie und Journalismus von Stefan Niggemeier

posted by Stadler at 10:06  

8 Comments

  1. "Diese Sorte von Wahlkampf hat zwei Opfer. Die Kinder und die Wahrheit."

    Nur zwei Opfer? Demokratieprinzip und Rechtsstaat sind wahrscheinlich schon zu Grabe getragen – oder warum gelten die schon nicht mehr als Opfer ;)

    Comment by Fawkes — 20.08, 2009 @ 10:14

  2. "Diese Sorte von Wahlkampf hat zwei Opfer. Die Kinder und die Wahrheit."

    wie wahr, wie wahr.
    Und interessant ist wirklich, daß solche fiesen Äußerungen dieser "Dame" (nein, ich habe keinen Respekt mehr vor diesem elenden Pack) in den Mainstream-Medien so überhaupt nicht reflektiert werden. Was mich einerseits wundert, denn – wie ich aus eigener Erfahrung in Sachen #zensursula/#magda2 weiß – zumindest einige Journalisten lesen solche Blogs mit. Andererseits – sitzen die Parteien ja in vielen Aufsichtsgremien drin und haben sicher einen Blick auf das, was so gesendet wird …

    Comment by sigi — 20.08, 2009 @ 10:21

  3. Über die besagte Wahlkampfveranstaltung gibt es zwei quasi gleichlautende Artikel (als hätte man einfach kopiert) in der Saarbrücker Zeitung (http://www.saarbruecker-zeitung.de/nachrichten/titelseite/lokalnews/Sulzbach-Aula-Ursula-von-der-Leyen;art27857,3002179) und auf der Homepage des CDU Ortsverbandes Sulzbach (http://www.cdu-sulzbach.de/index.php?ka=1&ska;=1&idn;=107). Beide Webpräsenzen bieten die Möglichkeit, Kommentare abzugeben, natürlich und sinnvollerweise moderiert. Bei der SZ wird davon sogar Gebrauch gemacht und sie werden sogar veröffentlicht, aber bei der Homepage der CDU Sulzbach warte ich schon 24 Stunden auf Freischaltung. Natürlich habe ich mich an die Netikette gehalten und auch sachlich kommentiert, wenn auch nicht so, wie offensichtlich erwartet wird. Ist das nun Zensur ? Falls jemand auch von der dortigen Kommentar- Funktion Gebrauch machen möchte, der fühle sich frei, dies zu tun…

    Übrigens habe ich einen Screenshot angefertigt, bevor ich den Kommentar abgeschickt hatte und habe auch den Original- Text abgespeichert, falls jemand den Vorwurf äußert, ich hätte gegen AGB's, Netiquette oder der Klopapierbenutzungsverordnung verstoßen…

    Comment by Oberthal online — 20.08, 2009 @ 10:53

  4. Frau von der Leyen kennt doch die Tatsachen. Und trotzdem wirbt sie für ihre Politik mit falschen Behauptungen wie von Ländern, die nicht gegen Kinderpornografie vorgehen würden, oder einem angeblich existierenden kommerziellen Massenmarkt im Netz.

    Dass da keiner von den Anwesenden die wirklichen Fakten kennt, ok, das ist wohl klar, aber dass die Mainstream-Medien dies nicht thematisieren, ist wirklich ein Armutszeugnis.

    Comment by Markus — 20.08, 2009 @ 12:51

  5. Sehr traurig, aber wahr!

    Ein weiteres Problem ist das Publikum – hab das Video mal angeschaut – fast nur Rentner ( schätze Wahlkampf-Zielgruppe Nr. 1 ). Nichts gegen Rentner, aber den meisten kannst du nicht einmal den Unterschied zw. WWW und P2P erklären.
    Und haben die Leute keine Ahnung, glauben sie eben das, was man ihnen erzählt: "Es geht um die Kinder!" und "Die Sperren schützen die Kinder."

    Da muss man mit den Leuten schon persönlich diskutieren und ihnen die ganzen Zusammenhänge erklären, damit man eine Chance auf Einsicht hat.

    Da fällt mir ein, ich hab erst heute das hier gelesen (SEHR EMPFEHLENSWERT): http://blogs.hr-online.de/nightline/2009/08/19/familientreffenerprobte-argumentation/

    Comment by derschreckliche — 21.08, 2009 @ 01:24

  6. Bezeichnend auch Zensursulas Verständnis von Pressefreiheit:

    http://netzpolitik.org/2009/ursula-von-der-leyen-und-die-pressefreiheit/

    Comment by RA JM — 24.08, 2009 @ 18:04

  7. Dass sie sich bei der Indischen Botschaft entschuldigt hat, wäre mir neu. Wo kommt bitte die Information her? Herr Tauss MdB hat sich für sie entschuldigt.

    Comment by Jochen Hosemann — 25.08, 2009 @ 08:00

  8. Achtung Internetsurfer: Internetprovider sofort wechseln!

    Die Sperrverträge zwischen BKA und den 5 großen Deutschen Zensurprovidern sind illegal!

    Nicht nur Staatsrechtler, auch das Justizministerium ist der Ansicht, dass die Sperren auf Vertragsbasis zwischen BKA und den zensurwilligen Deutschen Internetprovidern illegal sind!

    Liste der Provider, die zensieren hier:

    http://www.zensurprovider.de

    Comment by Anonymous — 18.09, 2009 @ 14:13

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