Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

1.7.09

Hyperlinks verbieten?

Dass amerikanische Juristen noch dümmere Vorschläge zu unterbreiten haben, als die hiesigen, hätte ich fast nicht für möglich gehalten, aber es geht.

Ein konservativer amerikanischer Richter namens Richard Posner hat vorgeschlagen, Hyperlinks nur noch dann zu erlauben, wenn der Verlinkte zustimmt.

Mein Vorschlag: Sperrt diesen Mann 48 Stunden weg, legt ihm „Weaving The Web“ von Tim Berners-Lee in die Zelle und zwingt ihn dazu, das Buch drei Mal zu lesen.

Update:
Noch ein Nachtrag hierzu, nachdem man mir vorgeworfen hat, ich hätte den Blogeintrag von Richard Posner nicht gelesen.

Posner beschreibt in seinem Blog den Niedergang der traditionellen Presse, was seiner Meinung nach u.a. auf den Umstand zurückzuführen ist, dass jedermann auf frei zugängliche Zeitungsartikel verlinken kann. Und genau das soll deshalb durch urheberrechtliche Verbote eingeschränkt und die Verlinkung von einer Zustimmung der Zeitung bzw. des Verlags abhängig gemacht werden.

Abgesehen davon, dass Posner nicht verstanden hat, wie das Web funktioniert, ist seine Aussage auch in sich widersprüchlich. Warum kann man überhaupt auf kostenlosen Content von Zeitungen verlinken? Allein deshalb, weil die Zeitungen ihre Inhalte selbst und freiwilig ohne Zugangsbeschränkung ins Netz stellen. Dazu zwingt sie niemand.

Der Denkansatz, man könne Inhalte offen ins Netz stellen und gleichzeitig die Verlinkung darauf verbieten, ist paradox. Die deutsche Rechtsprechung hat das übrigens schon vor Jahren erkannt. Wegweisend war hier die Paperboy-Entscheidung des BGH.
Es steht den Zeitungen und Verlagen frei, ihre Inhalte von einer Zugangsbeschränkung abhängig zu machen. Linkverbote stellen auch nichts anderes als eine Zugangserschwerung dar. Dafür können die Verlage aber selbst sorgen, indem sie schlicht von vornherein keinen freien Zugang zu ihren Inhalten gewähren. Dazu bedarf es keines gesetzlichen Eingriffs in die Architektur des Netzes.

posted by Stadler at 21:14  

5 Comments

  1. Nein, er wird eingesperrt mit nur einem Buch (à la Schachnovelle), darf es aber erst lesen, wenn er die schriftliche Erlaubnis des Autors hat.

    Comment by Andreas — 1.07, 2009 @ 21:38

  2. Hatten Sie keine Lust, Posners Blogbeitrag zu lesen, oder haben Sie es einfach nicht verstanden?

    Dass die Mentalität des "anything goes, und zwar umsonst" à la Perlentaucher dazu führen wird, dass es den betreffenden Content irgendwann nicht mehr geben wird (und zwar womöglich weder on- noch offline)?

    Dümmer geht's echt nimmer, und damit meine ich nicht Posner.

    Comment by Carlo — 2.07, 2009 @ 00:07

  3. Ich habe mir den ganzen Artikel angetan. Trotzdem ist das ganz großer Bullshit. Die Onlineangebote der Zeitungen sind nicht umsonst – sie finanzieren sich durch Werbung. Eine Nachrichtenseite macht also umso mehr Geld umso mehr sich die Nachrichten ansehen. Eine Zeitung muss also sogar ein großes Interesse daran habe, dass sie verlinkt und zitiert wird.
    Und außerdem: Wenn wir solche Regeln aufs Netz anwenden wollen, dann doch bitte auch im echten Leben: Keine Zitate mehr in wissenschaftlichen Schriften, keine Presseschau im Radio oder anderen Zeitungen ohne direkte Zustimmung! Das wäre das AUS
    für Forschung und Lehre und das AUS für kritischen Journalismus, da man zu nichts mehr kritisch Stelung nehmen kann, weil der "Urheber" es verbietet.

    Comment by Lioman — 2.07, 2009 @ 06:42

  4. @Carlo:
    Ich muss Sie enttäuschen, ich habe den ganzen Artikel und auch den Blogbeitrag von Posner gelesen. Er beschreibt den Niedergang der traditionellen Presse, wofür seiner Meinung nach u.a. der Umstand verantwortlich sein soll, dass jedermann auf frei zugängliche Zeitungsartikel verlinken kann. Und das soll deshalb durch urheberrechtliche Verbote unterbunden werden.

    Abgesehen davon, dass Posner nicht verstanden hat, wie das Web funktioniert, ist seine Aussage auch in sich widersprüchlich. Warum kann man überhaupt auf kostenlosen Content von Zeitungen verlinken? Weil die Zeitungen ihre Inhalte selbst und freiwilig für jedermann ins Netz stellen. Dazu zwingt sie niemand.

    Der Denkansatz, man könne etwas offen ins Netz stellen und gleichzeitig die Verlinkung darauf verbieten, ist paradox. Die deutsche Rechtsprechung hat das übrigens schon vor Jahren erkannt (Paperboy).
    Es steht den Zeitungen und Verlagen doch frei, Ihre Inhalte von einer Zugangsbeschränkung abhängig zu machen. Linkverbote bewirken nichts anderes, behindern aber das Web insgesamt.

    Comment by Pavement — 2.07, 2009 @ 10:24

  5. Der Blogbeitrag Posners passt prima zum geforderten Leistungsschutzgesetz der Verlage und der Kampagne gegen OpenAccess als freies Angebot für Publikationen. Herr Burda, siehe u.a. faz, sieht sich ja persönlich ausgeraubt durch das Internet.

    Vielleicht sollten wir ihm und seinen Kumpels, einschließlich der in der Politik sitzenden Personen, raten, einfach alle Verlagsseiten im Internet zu sperren und nur noch Zahlkundschaft drauf zu lassen. Verschärfend könnte der Verlag Artikel für den Leser nur noch als Bild ausgeben. Premiumzahler würden dann die Textvariante kriegen. Eine echte Marktlücke;-)

    Comment by Anonymous — 2.07, 2009 @ 16:57

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