Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

12.3.09

OVG Münster: Auskunft über dynamische IP-Adressen

Mit Beschluss vom 17.02.2009 (Az.: 13 B 33/09) hatte das Oberverwaltungsgericht Münster als Beschwerdeinstanz über einen Eilantrag der Telekom zu entscheiden. Die Bundesnetzagentur hatte die DTAG verpflichtet, den Strafverfolgungs- und Sicherheitsbehörden auf Anfrage mitzuteilen, welchem Anschlussinhaber zu einem bestimmten Zeitpunkt eine bestimmte dynamische Internet-Protokoll-Adresse(IP-Adresse) zugeteilt ist.

Das OVG Münster ist der Ansicht, dass nach der Regelung in § 113b S. 1 Hs. 2 TKG Auskünfte über Namen und Anschrift eines mittels dynamischer IP-Adresse und Uhrzeit individualisierten Anschlussinhabers im manuellen Auskunftsverfahren nach § 113 TKG zu erteilen sind,
auch wenn der Auskunftspflichtige vor der Weitergabe der Informationen Verkehrsdaten berücksichtigen muss.

Das Gericht prüft hierbei auch einen Eingriff in Art. 10 des Grundgesetzes (Fernmeldegeheimnis) und verneint diesen. Nach Auffassung des OVG Münster besteht kein wesentlicher Unterschied zu der Frage, wem zu einem bestimmten Zeitpunkt eine bestimmte Telefonnummer zugeteilt war, was aber, weil ohne Bezug zu einem konkreten Telekommunikationsvorgang, nach allgemeiner Meinung lediglich die Mitteilung eines Bestandsdatums darstelle und deshalb nicht dem Schutzbereich von Art. 10 Abs. 1 GG unterfalle.

Der renommierte TK-Rechtler Andreas Neumann hat den Beschluss auf seiner Mailingliste TKRecht ablehnend kommentiert und die Schwachstellen der Argumentation des Oberverwaltungsgerichts aufgezeigt:

„Das erscheint im Ausgangspunkt überzeugend, in der Schlussfolgerung aber widersprüchlich. Denn die Auskunft steht in den hier relevanten Fällen ja gerade in einem unmittelbaren Zusammenhang zu einem konkreten Telekommunikationsvorgang. Es geht den Sicherheitsbehörden schließlich in aller Regel nicht um die Ermittlung der abstrakten Information, wer Inhaber eines bestimmten IP-Anschlusses ist. Vielmehr steht hinter einem entsprechenden Auskunftsverlangen regelmäßig ein konkreter Telekommunikationsvorgang, über dessen Umstände die Behoörden bislang allerdings nur unvollständige Kenntnis besitzen. Durch das Auskunftsverlangen wird unmittelbar diese Information vervollständigt, indem die Identität desjenigen bestimmt wird, von dessen Anschluss aus dieser
Kommunikationsvorgang durchgeführt wurde. Die Information, von welchem Anschluss aus kommuniziert
wurde, unterliegt jedoch auch dem Fernmeldegeheimnis. Es spricht daher gerade auf Grundlage der
Ausgangsprämissen des Gerichtes viel dafür, dass die Auskunftserteilung in das grundrechtliche
Fernmeldegeheimnis eingreift (siehe dazu bereits ausführlich Neumann/Wolff, TKMR 2003, 110).

Zwar wird man dem OVG Münster beipflichten müssen, wenn es ausführt, dass es hier keinen Grund für eine Differenzierung zwischen Telefonrufnummern, statischen und dynamischen IP-Adressen gibt. Das
kann aber sicherlich nicht bedeuten, dass der Verwendungszusammenhang mit einem konkreten Kommunikationsvorgang in allen Fällen unbeachtlich ist. Vielmehr stellt auch die Anordnung, über den Inhaber einer Rufnummer (oder einer statischen IP-Adresse) nach § 113 TKG Auskunft
zu erteilen, einen Eingriff in das Fernmeldegeheimnis dar, wenn hierdurch ein fehlender Umstand eines konkreten Kommunikationsvorganges aufgedeckt werden soll. Hier geht es wie bei der Auskunft über den Inhaber einer dynamischen IP-Adresse gerade darum, dass staatliche Stellen Kenntnis von ihnen bislang nicht bekannten Umständen im Zusammenhang mit einer Kommunikation unter Abwesenden gewinnen wollen. Dies ist ihnen aber nur unter den in Art. 10 GG festgelegten Voraussetzungen erlaubt. Es bleibt daher abzuwarten, inwieweit die – ihrerseits unanfechtbare – Eilentscheidung des OVG Münster letzten Endes Bestand haben kann.“

Dem ist nichts hinzuzufügen. Danke Andreas, für die Erlaubnis, das so umfangreich zitieren zu dürfen.

posted by Stadler at 08:15  

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