Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

13.2.09

Bundestagsanhörung zu Netzsperren

Bei netzpolitik.org findet sich ein ausführlicher Bericht zur gestrigen Anhörung im Bundestag zu dem Vorhaben, kinderpornografische Webseiten zu „sperren“. Offenbar sind die großen Provider bereit, sich auf „freiwilliger“ vertraglicher Basis zur Sperrung zu verpflichten.

Da dies auf Druck der Bundesregierung geschieht und dadurch die ansonsten notwendigen hoheitlichen Sperrungsverfügungen umgangen werden, gleichzeitig außerdem eine Zusammenarbeit mit dem BKA, das die Sperrlisten verwaltet – aber hierfür nach geltendem Recht keinerlei Kompetenzen besitzt – erfolgen soll, ist dieser Vorgang als Maßnahme der Eingriffsverwaltung zu qualifizieren. Als solche bedarf die Maßnahme einer ausreichenden Rechtsgrundlage.

Nachdem der Bund derzeit für Sperrmaßnahmen keinerlei Zuständigkeit besitzt, sind diese Netzsperren allein aus diesem Grund nach geltendem Recht als rechtswidrig einzustufen.

Wenn es so kommt, wie offenbar gestern in der Anhörung besprochen, dann werden sich die großen deutschen Provider auf Druck der Bundesregierung zu rechtswidrigem Verhalten verpflichten.

Damit wurde gestern in der Ausschussanhörung des Bundestages nichts weniger als ein Rechtsbruch verabredet. Es scheint ferner offenbar auch unerheblich zu sein, dass selbst der wissenschaftliche Dienst des Bundestages die Netzsperren als ineffektiv und gefährlich ansieht.

Die Bundesregierung und offensichtlich auch weite Teile des deutschen Bundestages möchten den Eindurck erwecken, gezielt gegen Kinderpornografie im Netz vorzugehen. Hierzu muss man den Bürgern Sand in die Augen streuen, weil Access-Sperren nach Ansicht fast aller Fachleute wirkungslos und womöglich sogar kontraproduktiv sind. Zudem ist aber auch noch der Bruch geltenden Rechts erforderlich, um die Netzsperren umzusetzen.

Das Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 3 GG verlangt, dass sich die vollziehende Gewalt an Recht und Gesetz hält. Darüber setzt man sich hier bewusst hinweg. Ein Staat, der selbst gezielt das Recht bricht, wird es insgesamt zunehmend schwerer haben, von seinen Bürgern andererseits Rechtstreue einzufordern. Maßnahmen dieser Art verschärfen damit vor allem die Legitimationskrise unseres Staates.

posted by Stadler at 09:09  

2 Comments

  1. was kann man dagegen tun? Mal eben beim AG vorbeigehen und klagen?
    Wirkt in Deutschland nicht zunehmend die normative Kraft des Faktischen?

    Comment by Anonymous — 13.02, 2009 @ 11:35

  2. wer Gesetze macht, darf Gesteze auch brechen, weil das schneller geht als sie zu ändern :-)

    Comment by Anonymous — 13.02, 2009 @ 11:36

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