Im Namen des Thunfischs – Richter unter Pseudonym und Anwälte aus dem Haifischbecken
Während die ganze Welt zur Inauguration nach Washington blickt, zanken sich die bloggenden Juristenkollegen hierzulande über anonmyn agierende, angebliche Richter, die sich nach Romanfiguren benennen, über öffentliches Kollegen-Bashing und schließlich darüber, dass auch bei Blogs von Rechtsanwälten die beste Quote mit expliziten Überschriften und Inhalten zu machen ist, die Fachzeitschriften der anderen Art entnommen sind. Wer dafür kein Verständnis zeigt und stattdessen von inhaltlichen Tiefpunkten spricht, dem mangelt es schlicht an ausreichendem Gespür für das raue Klima der Strafverteidigung.
Dass in diesem Kontext gar von einem Haifischbecken gesprochen worden ist, halten wieder andere Kollegen für maßlos übertrieben und wollen stattdessen lieber eine Parallele zu den Thunfischen ziehen, die wiederum Lemmingen ähneln sollen. Hm. Lemminge sind die, die gemeinsam in den Selbstmord gehen. Der Thunfisch ist zwar vom Aussterben bedroht, aber nicht wegen seiner Suizidneigung, sondern wegen unseres hemmungslosen und übermäßigen Hungers auf kleine Dosen mit öligem Inhalt. Ansonsten ist der Thunfisch ein Räuber und bereits deshalb kaum als Widerpart zum Hai geeignet.
Ach ja, der pseudonyme Richter meinte, seine anonyme Bloggerei sei von Art. 97 Abs. 1 Grundgesetz gedeckt und da muss ich dann doch widersprechen. Selbst wenn man die Bloggerei als originäre dienstliche Aufgabe des Richters ansieht, dann steht im Grundgesetz inmmer noch, dass der Richter (nur) dem Gesetz unterworfen ist, was manchen Richtern freilich nicht hinreichend bewusst ist, wie ich aus zwölf Jahren Anwaltstätigkeit weiß. Und entgegen anderslautender Gerüchte ist auch § 55 RStV ein Gesetz.
Tja, nur kann man § 55 RStV durchaus dahingehend auslegen, dass privat das Gegenteil von gewerblich darstellt. Damit bestände keine Impressumspflicht – denn wie soll ein Richter, der alltägliches aus seinem Beruf bloggt, dabei gewerblich betätigen?
Warum hier Art. 97 GG herhalten muss, ist mir allerdings ziemlich schleierhaft. Dieser bezieht sich doch auf die berufliche Tätigkeit als Richter. Soweit es um außerdienstliche Belange geht – dazu würde ich den Blog ohne weiteres zählen – bewirkt Art. 97 GG rein gar nichts.
Comment by Anonymous — 20.01, 2009 @ 16:13
Von privat oder gewerblich steht in § 55 RStV ja nichts. Dient dieses Blog ausschließlich persönlichen oder familiären Zwecken? Wohl eher nicht
Comment by Pavement — 20.01, 2009 @ 16:48
Ich glaube, die Bezugnahme auf Art. 97 haben Sie falsch verstanden (oder ich habe mich schlecht ausgedrückt).
Der Rechthaber hatte gemutmaßt, dass Impressum fehle vielleicht auch aus dienstrechtlichen Gründen.
Darauf habe ich erwidert, dass mich Art. 97 auch beim bloggen schützt, mir also dienstrechtlich wegen des bloggens kein Haar gekrümmt werden kann
Comment by ballmann — 20.01, 2009 @ 16:50
Das rauhe Klima der Strafverteidigung, lieber Herr Kollege Stadler, kann ich in der Tat offenbar nur ganz grob erahnen …
Comment by AH — 20.01, 2009 @ 20:15
Etwas mehr Fantasie mein lieber Herr Kollege Hartmann;-) BTW: Lange nichts gehört.
Comment by Pavement — 20.01, 2009 @ 20:40
Ja, schade eigentlich. Melden Sie sich ruhig mal, wenn Sie das nächste Mal hier in der Hauptstadt sind!
Comment by Alexander Hartmann — 20.01, 2009 @ 20:50