Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

19.10.15

Ermittlungsverfahren gegen Facebook-Manager wegen Hasspostings

Wie die Tagesschau berichtet, hat die Staatsanwaltschaft Hamburg ein förmliches Ermittlungsverfahren gegen drei Manager von Facebook Deutschland wegen Hasspostings auf Facebook eingeleitet, die von den Verantwortlichen des sozialen Netzwerks nicht oder spät gelöscht worden sind. Zum Streitthema Hasspostings bei Facebook hatte ich vor ein paar Wochen bereits gebloggt.

Können sich Mitarbeiter von Facebook aber überhaupt nach deutschem Recht strafbar machen, wenn sie Hasspostings die aus Deutschland stammen, nicht entfernen? Auch wenn es viele überraschen wird, aber die Antwort lautet ja.

Die Anwendbarkeit des Strafgesetzbuches ist jedenfalls dann unproblematisch, wenn der maßgebliche Inhalt von Deutschland aus eingestellt wurde. Nachdem sich Hasspostings im Zusammenhang mit der deutschen Diskussion um die Flüchtlings- und Asylthematik aber auch gegen inländische Rechtsgüter richten, werden die Gerichte derartige Verfahren jedenfalls nicht an der Anwendbarkeit des deutschen Strafrechts scheitern lassen.

Wenn man davon ausgeht, dass es sich um ein Posting handelt, das inhaltlich den Tatbestand der Volksverhetzung (§ 130 StGB) erfüllt, dann wird dieser Inhalt via Facebook im strafrechtlichen Sinne verbreitet bzw. öffentlich zugänglich gemacht. Sobald ein Facebookmitarbeiter, der die Möglichkeit hat, das Posting zu entfernen oder die Entfernung zu veranlassen, Kenntnis davon erlangt, ist auch der notwendige Vorsatz gegeben.

Die Privilegierung des § 10 TMG schützt Facebook und seine Mitarbeiter nur bis zum Zeitpunkt der Kenntnis von einem konkreten rechtswidrigen Inhalt. Von diesem Zeitpunkt an, muss unverzüglich gehandelt werden, ansonsten geht die Privilegierung des TMG verloren. Wenn also nachweisbar ist, dass ein Verantwortlicher von Facebook konkrete Kenntnis von strafbaren, volksverhetzenden Inhalten erlangt hat, dann macht er sich selbst strafbar, wenn er nicht unverzüglich tätig wird und Maßnahmen zur Entfernung ergreift.

Bei den Managern von Facebook Deutschland wird sich allerdings die Frage stellen, ob sie von den konkreten Inhalten, die Gegenstand des Strafverfahrens sind, Kenntnis erlangt haben und ob sie in der Position sind, diese Inhalte zu entfernen bzw. entfernen zu lassen.

Eine Strafbarkeit von Facebookmitarbeitern kommt in diesen Fällen grundsätzlich aber in Betracht.

posted by Stadler at 15:56  

18 Comments

  1. Stellt sich die Frage, wie viele Beiträge gemeldet wurden und geprüft werden müssen. Denn: Wenn aufgrund aktueller politischer Vorgänge in Deutschland plötzlich extrem viele kritische Kommentare geprüft werden müssen, dann kann Facebook keine Mitarbeiter aus dem Hut zaubern. D.h. es kann zu einem erheblichen Rückstau kommen. Erst wenn sich abzeichnet, dass die Menge der Anträge wohl so bleiben wird, muss Facebook neue Mitarbeiter einstellen. D.h. Facebook wird sagen: „Ja die Beiträge wurden gemeldet, aber aufgrund einer kurzfristig sprunghaft angestiegen Anzahl von gemeldeten Beiträgen ist die Frist nicht einzuhalten.“.

    Comment by maSu — 19.10, 2015 @ 16:19

  2. Der Bundesjustizminister sagt dazu schlicht „Nein“

    Comment by derblauweisse — 19.10, 2015 @ 16:24

  3. „Sobald ein Facebookmitarbeiter, der die Möglichkeit hat, das Posting zu entfernen oder die Entfernung zu veranlassen, Kenntnis davon erlangt, ist auch der notwendige Vorsatz gegeben.“
    Wovon soll er denn Kenntnis erlangen? Das ein Richter die Strafbarkeit festgestellt hat? Das ist doch wohl kein Problem. Problematisch ist es doch, wenn ein Facebook-Mitarbeiter Recht sprechen soll.
    Wir haben bei Edathy gesehen, dass der Richter die Strafbarkeit des Besitzes der Bilder anders beurteilte als der Staatsanwalt. Bei netzpolitik.org haben wir gesehen, dass niemand die wirren Ansichten des Generalbundesanwaltes geteilt hat. Auch nicht hinsichtlich der behaupteten Unabhängigkeit des Generalbundesanwaltes.
    Was bleibt dann für Facebook? Sollen die im Faustrecht ohne rechtliches Gehör des Beschuldigten einfach Zensur ausüben? Oder brauchen wir Richter, die vorläufige Eilentscheidungen treffen, die dann problemlos von Facebook umgesetzt werden können? In anderen Rechtsbereichen lassen wir doch auch nur das Richterwort gelten.

    Comment by Wolfgang Ksoll — 19.10, 2015 @ 17:26

  4. Anstatt ein paar Fratzenbuch Mitarbeiter zu Bewährungsstrafen zu verurteilen, sollten wir ALLE (Sie inklusive) anfangen, diesen Quark zu irgnorieren bis dieses Elend von alleine eingeht! Täglich „Nachrichten“ wegen irgendeinem hashtag oder einer hinausgefurzten Meinungsäusserung? Als wenn das wirkliche Leben sich nur noch in diesen virtuellen Plattformen bewegen würde? Das kann doch nicht wahr sein!

    Comment by Dr.Klusenbreuker — 19.10, 2015 @ 18:01

  5. Wer postet da eigentlich?

    Möglich wäre immerhin, dass es sich um eine einzige Phrasendreschmaschine handelt, die tausende von Facebook – Gruppen, Foren und anderen Plattformen systematisch voll knallt.

    In Russland etwa, laut Schröder das Mutterland der Demokratie, kam heraus, dass der Inlandsgeheimdienst nicht nur Internetforen managed, sondern auch gleich alle Beiträge beisteuert, wobei am Ende natürlich gewisse Politiker positiv herausgestellt werden.

    Eine Phrasendreschmaschine könnte etwa mit ein paar 100 gefälschten Identitäten gefüttert werden, einigen 1000 negativ belasteter Begriffe , Daten über Nutzer, deren Profile man bereits hat, dann jahrelang arbeiten, ohne dass jemand merkt, wer wirklich dahinter steckt. Dann wird die Reset-Taste gedrückt, und alles ist verschwunden.

    Möglich ist auch, dass statt einer Phasendreschmaschine ein paar durchgeknallte Crack- Junkies auf Crystal bezahlt werden, um einige 1000 Kommentare zu produzieren. Dass Beiträge regelmäßig bezahlt werden, ist sicher nichts Neues.

    Comment by Arne Rathjen RA — 19.10, 2015 @ 19:20

  6. >Wenn man davon ausgeht, dass es sich um ein Posting handelt, das inhaltlich den Tatbestand der Volksverhetzung (§ 130 StGB) erfüllt, dann wird dieser Inhalt via Facebook im strafrechtlichen Sinne verbreitet bzw. öffentlich zugänglich gemacht.<
    Toll: "Wenn man davon ausgeht…" Wer ist man? Wer beurteilt ob ein Post nach § 130 StGB strafbar ist?
    Also sollen Facebook.Mitarbeiter oder Manager das beurteilen? Leute die dazu keinerlei irgendwo festgelegte Berechtigung haben?

    Judge Dread? Ankläger, Richter und Vollstrecker in einem?

    Die Mitarbeiter oder Manager von Facebook wären frühestens dann zu belangen, wenn ein ordentliches Gericht die Strafbarkeit festgestellt hat und diese sich dann noch weigern (sofern die Gerichtsbarkeit sich überhaupt auf sie erstreckt) dieses Post zu entfernen!
    Alles andere ist Zensur!

    Sind wir schon wieder so weit?

    Comment by dentix07 — 19.10, 2015 @ 21:56

  7. Eine interesante und die Gerichte stark entlastende Variante wäre die Einführung der sogenannten „Redefreiheit“ … in Deutschland unbekannt und speziell von Politikern gefürchtet, bei anderen Ländern ganz ganz oben in der Verfassung und unantastbar. Das ist ein Gesetz was es einem freien Menschen gestattet öffentlich laut zu sagen was er sagen will.

    Comment by stinkenuenke — 20.10, 2015 @ 00:56

  8. Die Amis sind einfach zu faul und geizig, Leute einzustellen, die die deutsche Rechtslage kennen. Profitgier befreit aber zu Recht nicht von der Haftung, zumal Inkenntnissetzungen vorliegen dürften. Bei Nacktheit kann auch innerhalb von kurzer Zeit eingegriffen werden. Die Amis müssen lernen, dass es noch andere Rechtsordnungen gibt außer ihre.

    Comment by fernetpunker — 20.10, 2015 @ 01:56

  9. Ziel der Sache ist doch ganz klar: Privatisierung von Zensur anhand von Grundsätzen die von Partei und Staat ausgegeben werden.

    Facebook hat auf jedenfall das Recht dazu beliebig zu zensieren. Der Staat ist dagegen an Recht und Gesetz gebunden (wobei letzteren immer weniger Grenzen setzt). Also wird Facebook einfach solange belästigt, bis das gewuenschte Repressionslevel erreicht ist. Und wenn erstmal ein FB Mitarbeiter verurteilt wurde, dann werden die alles tun, was linke Intressengruppen anordnen. Und mehr – aus Angst. Und die Politiker rühmen sich dann wegen ihrer Toleranz, weil nur 5 Verurteilungen pro Jahr.

    Dass da nun ein Manager strafbar sein soll ist aber abwegig, denn ein nicht-löschen ist nunmal keine Verbreitung (und eine Garantenpflicht besteht da afaik (noch) nicht).

    Aktuell gibt es wohl eh niemanden der an einem text selbst erkennen kann ob es strafbare Hetze ist. Die Strafbarkeit eines Textes bestimmt sich fast ausschliesslich durch die politische Gesinnung des Zensors.

    Comment by Danny — 20.10, 2015 @ 05:24

  10. @Wolfgang Ksoll
    Das ist ein ganz normales Problem, finde ich. Es gibt sicherlich haufenweise Äußerungen am Rande der Legalität, bei denen es den FB-Administratoren nicht eindeutig möglich ist, zu erkennen, ob Strafbarkeit vorliegt oder nicht.
    In vielen Fällen (auch in mehreren Dutzend, die ich gemeldet und wegen derer ich dann Ermittlungen wegen Volksverhetzung gegen diejenigen, die gepostet haben, in die Wege geleitet habe) ist die Frage aber nicht anders zu beantworten als: Das ist strafbar.
    Aufforderungen zu Straftaten (Anzünden von Flüchtlingsheimen, Gewalt gegen MigrantInnen etc) werden von Facebook nur gelöscht, wenn Nippel oder ein Penis dabei zu sehen sind.
    Facebook funktioniert zwar im Großen und Ganzen wie eine neutrale, rein technologische Plattform, zieht sich aber durch die Gemeinschaftsstandards den Schuh an, (mit)verantwortlich für die Inhalte zu sein.
    Genau genommen ist auch STRATO als reiner Technologiebetreiber begrenzt mitverantwortlich: Wenn durch Kundenwebsites Straftatbetände erfüllt werden und STRATO das erfährt, muss das Unternehmen handeln.
    Lustigerweise handeln selbst Banken, wenn sie Hinweise auf Steuerhinterziehung oder Geldwäsche haben, mitunter so: http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/steuersparfonds-deutsche-bank-zeigt-kunden-an-a-1049502.html

    Comment by VolkerK — 20.10, 2015 @ 08:23

  11. Weil sie gesetzlich explizit dazu verpflichtet sind und bei leichtfertiger Nichtanzeige Freiheitsstrafe droht (Stgb unter Geldwaesche). Das ist aber eher Ausnahme, normal gibt es keine Anzeige oder Verbesserungspflicht fuer dritte.

    Mal eine Frage: Würde der Satz ‚Ich finde Frauen doof‘ auch als Hetze strafbar sein? nach § 130 2) 1. c)

    Comment by Danny — 20.10, 2015 @ 09:18

  12. Ich empfehle die Lektüre von Byung Chul Han´s Buch „Psychopolitik“. Es ist klein und kurz.
    Vielleicht begreift dann manch einer mehr, was hier gespielt wird. Die sogenannten Nachrichten, oder was die Medien uns daraus filtern, behandeln mittlerweile fast täglich ein Ereignis auf Fratzenbuch oder Twitter, Instagram oder sonst einer Webseite. In den Redaktionen sitzen Twens mit Internetsucht im 3. Stadium und akuter Wischfingeritis. Gleichzeitig spielt sich aber in der realen Umwelt (die man dank vorm Gesicht gehaltenen Wischphone mit eingestöpseltem Ohrknopf ausschaltet) etwas völlig anderes ab!
    Und mit diesem Phänomen soll sich jetzt die Justiz beschäftigen?

    Comment by Dr.Klusenbreuker — 20.10, 2015 @ 09:49

  13. Man kann Dummheit, Hass etc. nicht gesetzlich verbieten. Zumal die Menschen oft nur das nachahmen was sie ihrer Elite und um sich herum abschauen. Wenn eine Gesinnungspolizei, gesteuert aus dem Wahrheitsministerium im Reichstag, das einzige ist um diese Gesellschaft „besser“ zu machen, na dann gute Nacht.

    Comment by EuroTanic — 20.10, 2015 @ 09:55

  14. Nur wenn ich den Paragraph richtig lese, hat man nun tatsächlich das beschimpfen von geschuetzen Gruppen (Frauen, etc) verboten.

    Nur schriftlich und sofern es unter 18jährigen potentiell zugänglich ist, aber das ist im Internet ja gegeben.

    Comment by Danny — 20.10, 2015 @ 11:32

  15. Mich wundert, warum es andere Leute verwundert, dass für FB andere Konditionen gelten sollten. Dann mal husch die Firma in die USA gebracht. Da herrscht noch eitel Sonnenschein für jede Meinung. Schade um die Arbeitsplätze.

    Comment by Efren — 21.10, 2015 @ 18:58

  16. Am Rande: die Seite, für Leute, die sich deutsche Freunde kaufen wollen….

    http://www.freund-kaufen.de/

    Es werden sogar ganze Freundespakete
    angeboten. Es bieten sich ungeahnte Möglichkeiten politischer Einflussnahme.

    Comment by Arne Rathjen RA — 21.10, 2015 @ 19:09

  17. Dazu noch eine Bemerkung: Ich verstehe gar nicht, warum US-Firmen Ableger in der EU generieren, obwohl doch jeder Mensch in der Lage sein sollte, statt .de .com eingeben zu können. Warum haben diese Unternehmen eigentlich Firmensitze in Ländern, aus denen nur Ärger kommt??? Das ist doch gar nicht nötig! Auch eine Lachnummer, wenn man bei google.de Einträge sperrt, die auf google.com weiter gefunden werden können. Genauso ist es mit der Gesetzgebung. Ist der Firmensitz in den USA, darf der deutsche Staatsanwalt gerne Verrenkungen machen, bis er selber an seinen Hintern rankommt, um in diesen vor Wut zu beißen.

    Was ist das denn für ein lächerliches Schauspiel?

    Comment by Efren — 21.10, 2015 @ 19:12

  18. Ich weiß auch gar nicht, warum man seit gefühlten hundert Jahren alles immer wiederholen muss, also ein Merksatz, für Privatleute und Firmen:

    Wer etwas unterhält/betreibt, das in DEUTSCHLAND strafbar ist oder werden kann, aber nicht in dem eigenen Land strafbar ist, der sollte bitte auch seinen Firmensitz, seinen Rechner, seine Server und seine Mitarbeiter in seiner Heimat platzieren und NICHT in Deutschland.

    Hat es jetzt jeder verstanden? Ich hoffe es.

    Wozu halten sich milliardenschwere Großunternehmen eigentlich ihre Hausjuristen, zum Golfspielen??

    Comment by Efren — 21.10, 2015 @ 19:27

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