Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

1.10.09

Handlungsempfehlung Internet: Netzsperren und AVS ausdehnen

Unlängst wurde der Bericht des Expertenkreises AMOK, der nach Winnenden gebildet worden ist, veröffentlicht.

Das Gremium hat insgesamt 83 Empfehlungen ausgesprochen, von denen eine ganze Reihe sicherlich sinnvoll sind. Zum Thema Internet findet man u.a. folgende Empfehlungen:

59. Altersverifikationssysteme einführen
60. Absolut unzulässige Angebote sperren, Provider in die Pflicht nehmen
63. Anbieter müssen vorsorglich Schutzmaßnahmen ergreifen
64. Sicherheit in Foren und Communities nachhaltig gewährleisten

Im Detail betrachtet, zeugen diese Empfehlungen/Forderungen m.E. von fehlendem Realitätssinn und fehlender eigener Technik- und Medienkompetenz des Expertenkreises. Auch das rechtsstaatliche Bewusstsein, welche Auswirkungen solche Beschränkungen und Pflichten haben können, erscheint mir wenig ausgeprägt zu sein. Und am Ende des Tages bleibt auch immer die Frage, weshalb solche Maßnahmen geeignet sein sollten, das Risiko von Amokläufen zu reduzieren. Es handelt sich um einen weiteren, in Teilen äußerst bedenklichen Forderungskatalog, der von einer Geisteshaltung der wohlmeinenden Bevormundung geprägt ist.

Hier sind die Empfehlungen 59, 60, 63 und 64 im Wortlaut:

59. EMPFEHLUNG: ALTERSVERIFIKATIONSSYSTEME AUSDEHNEN
Die Verpflichtung zur Einführung eines Altersverifikationssystems ist zwar eine hohe
Anforderung an die Anbieter, dies ist aber für Inhalte, die für Kinder und Jugendliche generell ungeeignet sind (z. B. Download von Spielen, die erst ab 18 Jahren freigegeben sind), mit Blick darauf, dass im Internet bspw. kein Verkaufspersonal den Zugang kontrollieren kann, vertretbar.

60. EMPFEHLUNG: ABSOLUT UNZULÄSSIGE ANGEBOTE SPERREN UND PROVIDER IN DIE PFLICHT NEHMEN
Die bestehenden Regelungen wie Sperrverfügungen gegen Zugangsprovider sollen bei absolut unzulässigen Inhalten (z. B. Exekutionsvideos) angewandt werden. Es wäre zu prüfen, ob Provider verpflichtet werden, sämtliche absolut unzulässigen ausländischen Angebote zu sperren, die durch ein rechtsstaatliches Verfahren von staatlichen Stellen auf einer entsprechenden Liste sind und gegen die direkte Maßnahmen im Ausland ohne Erfolg blieben.

63. EMPFEHLUNG: ANBIETER MÜSSEN VORSORGLICH SCHUTZMAßNAHMEN ERGREIFEN
Betreiber von Foren, Chats, Online-Communities und Videoplattformen üben derzeit keine umfassende proaktive Kontrolle aus. Erforderlich sind vorsorgliche Maßnahmen und Kontrollen der Anbieter, um einen effektiven Jugendschutz in Web 2.0-Plattformen zu erreichen. Allerdings besteht im Telemediengesetz ein ausdifferenziertes Haftungssystem, demzufolge Anbieter für fremde Inhalte ihrer Seiten auch aus straf- und zivilrechtlichen Gründen haften, sofern sie davon Kenntnis erlangen. Folge ist, dass eine systematische Kontrolle zu erheblichen Haftungsrisiken führt. Ob dieses Haftungssystem so angepasst werden kann, dass Anbietern weitere proaktive Maßnahmen zumutbar sind, bedarf einer vertieften Prüfung.

64. EMPFEHLUNG: SICHERHEIT IN FOREN UND COMMUNITIES NACHHALTIG GEWÄHRLEISTEN
Anbieter sind in der Lage, auffällige Nutzer aus Foren, Chats und Online-Communities zu entfernen. Durch die Angabe anderer Zugangsnamen können sich diese Nutzer aber problemlos wieder anmelden. Ein sog. Unique-Identifier, der die Identität anhand persönlicher Merkmale (z. B. Handynummer) ermittelt, könnte dies verhindern. Wegen der weitgehend ausgeschalteten Kontrolle in Diskussionszirkeln im Internet ist der verstärkte Einsatz von Moderatoren notwendig.

posted by Stadler at 16:10  

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