Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

13.2.09

Zum Sperrvertrag zwischen dem Staat und den Providern

Jens Ferner macht sich erste Gedanken zur Frage der Rechtmäßigkeit eines Vertrages zwischen der Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch das BKA und einzelnen Internet Service Providern.

Zu Recht weist Ferner darauf hin, dass es sich um einen öffentlich-rechtlichen Vertrag handelt, bei dem auf Seiten des Staates die zuständige Behörde handeln muss. Eine gesetzliche Zuständigkeit des BKA für Sperrungsmaßnahmen sieht das Gesetz aber nicht vor.

Es handelt sich zudem, trotz der vertraglichen Hülle um eine Maßnahme der Eingriffsverwaltung. Und Grundrechtseingriffe bedürfen einer ausdrücklichen gesetzlichen Grundlage. Eine solche gibt es zumindest in einem Bundesgesetz aber nicht.

Das staatliche Vorgehen ist deshalb formell und materiell rechtswidrig.

Unabhängig von der juristischen Bewertung ist aber auch das Argument des CCC, dass diese Netzsperren nur den Tätern nützen, bedenkenswert. Die pädophilen Straftäter können wieder etwas ungestörter ihren Neigungen nachgehen, weil der Staat sich dazu entschlossen hat, einer schlecht informierten Öffentlichkeit eine heile Welt vorzugaukeln anstatt mit tauglichen Mitteln Straftaten zu verfolgen.

Nachtrag: Und rechtswidrige öffentlich-rechtliche Verträge sind nichtig. Juristisch betrachtet, wird dieser Vertrag, auch wenn er von beiden Seiten unterzeichnet wird, deshalb keine Rechtswirksamkeit entfalten.

posted by Stadler at 20:40  

6 Comments

  1. Es spricht schon für sich, dass zu dem Blogbeitrag von Jens Ferner keine Kommentare zugelassen werden. Er ist ein Beispiel dafür, dass juristische Schnellschüsse immer gefährlich sind (und dass sie es in besonderem Maße sind, wenn man erst ein paar Semester Jura studiert hat, sollte sich eigentlich von selbst verstehen).

    Nur mals so als Beispiel: Vertragspartner ist ausweislich des eindeutigen Vertragswortlauts nicht das BKA, sondern der Bund – der Präsident des BKA (und auch nicht „das BKA“) handelt nur in Vertretung. Wer auch nur einen Schimmer davon hat, was „Vertretung“ bedeutet, weiß, das man deshalb nicht danach fragen darf, ob „das BKA als Behörde sachlich, örtlich, funktionell und instantiell zuständig ist“, sondern nach der Kompetenz des Bundes (dass der Präsident des BKA ermächtigt worden ist, den BMI zu vertreten, hat mit „Zuständigkeit“ nichts zu tun und ist auch nicht ernstlich die Frage).

    Comment by Johannes — 13.02, 2009 @ 22:07

  2. Ist das jetzt eine Kritik an meinem Beitrag oder an dem von Jens Ferner?

    Weder der Bund als juristische Person, noch das BKA als Behörde verfügt nach geltendem Recht über eine Zuständigkeit für Sperrmaßnahmen.

    Comment by Pavement — 16.02, 2009 @ 13:12

  3. Um das noch ergänzen: Damit sind weder die handelnde Behörde (BKA), noch ihr Rechtsträger sachlich zuständig. Der Bund handelt immer durch eine Behörde, weshalb die Frage nach der Zuständigkeit des BKA natürlich gestellt werden kann.

    Hier stellt sich zudem in besonderem Maße die Frage der Zuständigkeit des Verwaltungsträgers Bundesrepublik Deutschland, weil nach dem geltenden Recht eine Landesbehörde zuständig ist für Sperrungsverfügungen.

    Comment by Pavement — 16.02, 2009 @ 13:30

  4. „keine Kommentare zugelassen werden“

    Man kann auch in allem, was man nicht versteht, irgendwelche dunklen Verschwörungen erkennen. Ich hatte auf Twitter mitgeteilt, dass beim letzten Update was schiefgelaufen ist.

    „sondern der Bund“
    Ah ja.

    „wenn man erst ein paar Semester Jura studiert hat“
    Du scheinst dich ja nicht nur in der Sache besonders gut auszukennen, sondern glänzt auch in Hinblick auf meine Person mit einer Menge Fehlinformation.

    Ansonsten kann ich den fundierten Kommentaren nach Dir nur zustimmen.

    Comment by Jens — 16.02, 2009 @ 13:44

  5. @ Jens: Wieviele Semester sind es denn?

    Und dass bei einem Vertragsschluss durch Vertreter für die Zuständigkeitsfrage (die sich bezogen auf den Bund in der Tat stellt) auf die Person des Vertreters abzustellen sein soll, ist und bleibt Unsinn. Der Präsident des BKA ist im Übrigen keine Behörde.

    Comment by Johannes — 17.02, 2009 @ 09:49

  6. Zunächst mal müsste man fragen, ob der Vertrag wirksam geworden ist.
    Hier ist die Zustimmungsbedürftigkeit nach § 58 VwVfG zu prüfen.
    Es könnte ein Eingriff in die Informationsfreiheit vorliegen. Man müsste überlegen, ob es ein Eingriff ist, wenn ich freiwillig die AGB des Providers akzeptiere.
    Da aber der ÖRV darauf abzielt alle Provider zu verpflichten, ist es vorbei mit der Freiwilligkeit und ich würde den Eingriff bejahen.
    Der Vertrag ist gem 58 also schon mangels Zustimmung aller Deutschen nichtig.
    (Letztendlich denke ich, dass man den Eingriff nicht verneinen kann, wenn man das Ganze konsequent zu Ende denkt: Was wenn das BKA als nächstes mit allen Grundstückseigentümern einen Vertrag schließt, damit diese keine Wohnungen mehr an Nazis vermieten oder verkaufen. Wollen wir den Eingriff mit der Begründung ablehnen, dass die Grundstückseigentümer zivilrechtlich machen können was sie wollen?)

    Wenn man darüber hinwegsieht, könnte der Vertrag nach 59 II Nr1 nichtig sein. Dazu müssen wir in 44 VwVfG schauen.
    Und hier wird diese seltsame Vertretungsgeschichte interessant. Die BRD ist keine Behörde. Das BKA wills nicht gewesen sein, sondern für das Innenministerium handeln. Das will aber auch nicht wirklich und wir sind wieder bei der BRD.
    Meines Erachtens wird keine Behörde eindeutig erkennbar. Und damit ist der Vertrag nach 59 II Nr1, 44 II Nr1 nichtig.

    Die mangelnde Zuständigkeit könnte höchstens nach 44 I zur Nichtigkeit führen.
    Aber auch hier würde ich zur Nichtigkeit kommen, da Gefahrenabwehr Aufgabe der Länder ist. Handelt nun der Bund verstößt das gegen das Bundesstaatsprinzip (immerhin durch 79 III GG geschützt), und damit haben wir einen besonders schwerwiegenden offensichtlichen Fehler.

    Schließlich könnte man auch an eine Nichtigkeit gem 59 I VwVfG iVm 134BGB iVm 5 I 1 HS 2 GG (Infofreiheit) denken. Da 5 GG einen Eingriff ohne gesetzliche Grundlage verbietet. Hier drehen wir uns dann aber im Kreis, da der Vertrag nach 58 VwVfG schon nichtig wäre, wenn wir den Eingriff bejahen.

    Comment by jobo — 18.02, 2009 @ 20:02

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