Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

5.6.15

LG München I: Adblocker sind nicht wettbewerbswidrig

Das Landgericht München I hat in einer ausführlich begründeten Entscheidung dargelegt, warum der Internetwerbeblocker AdBlock Plus nicht gegen das Wettbewerbsrecht verstößt (Urteil vom 27.05.2015, Az.: 37 O 11843/14). Die Entscheidung liegt mittlerweile auch im Volltext vor.

Das Landgericht verneint bereits das Vorliegen eines Wettbewerbsverhältnisses.  Die Entscheidung des Landgerichts München I mag man als sinnvolle Begrenzung des Anwendungsbereichs des UWG betrachten, mit der ständigen Rechtsprechung des BGH, die das Vorliegen eines Wettbewerbsverhältnisses mit immer neuen Begründungsansätzen recht großzügig bejaht, steht sie allerdings schwerlich in Einklang.

Der BGH hat bereits vor längerer Zeit ein Wettbewerbsverhältnis zwischen dem Anbieter eines Werbeblockers für Fernsehwerbung und den Fernsehsendern bejaht. In dieser Entscheidung wird zur Begründung des Wettbewerbsverhältnisses u.a. ausgeführt:

Die Beklagte wendet sich mit ihrem Angebot aber ebenso wie die Klägerin – wenn auch mit umgekehrter Zielrichtung – an Fernsehkonsumenten. Während die Klägerin möglichst viele Zuschauer zu erreichen versucht, die sich ihr Programm und insbesondere die darin enthaltene Werbung anschauen, wendet sich die Beklagte an Fernsehzuschauer, die während der Unterbrechung laufender Sendebeiträge durch Werbeinseln statt der Werbung lieber Sendebeiträge eines zu dieser Zeit werbefreien Senders sehen möchten. Eine geringere Anzahl von Werbezuschauern mindert aus der Sicht der Werbekunden die Attraktivität der von der Klägerin angebotenen Werbesendeplätze und kann daher deren Absatz behindern.

Warum dieser Ansatz nicht auch vorliegend maßgeblich sein sollte, entkräftet das LG München I nicht überzeugend. Sowohl der Betreiber einer Website die Werbung enthält als auch der Anbieter eines Werbeblockers wenden sich an (dieselben) Internetnutzer. Die umgekehrte Zielrichtung ist nach Ansicht des BGH gerade unerheblich.

Das Landgericht verneint zudem aber auch den Verstoß gegen § 4 Nr. 10 UWG, was ich ebenfalls für diskutabel halte. Meine abweichende Ansicht habe ich in einem früheren Beitrag bereits erläutert.

Es bleibt also abzuwarten, ob die Entscheidung beim OLG München Bestand haben wird.

Interessant an der Entscheidung ist auch der Hinweis des Landgerichts, dass es das Konzept von Adblock Plus unter kartellrechtlichen Gesichtspunkten für bedeutsam hält, nicht aber unter wettbewerbsrechtlichen.

 

posted by Stadler at 22:13  

12.5.15

OLG München bestätigt Urteil zu GEMA-Sperrtafeln

Nach einer Pressemitteilung der GEMA hat das OLG München ein Urteil des Landgerichts München I bestätigt, das es YouTube verbietet, Sperrhinweise einzublenden, die besagen, ein Video sei nicht verfügbar, weil es Musik enthält, zu deren Nutzung die GEMA keine Rechte eingeräumt hat.

Warum ich das erstinstanzliche Urteil des Landgerichts München I nicht für überzeugend halte, habe ich in einem älteren Blogbeitrag ausführlich erläutert.

posted by Stadler at 18:17  

1.5.15

Streit um Tagesschau-App: Verlage siegen beim BGH

Der BGH hat die Entscheidung des OLG Köln zur Frage der Wettbewerbswidrigkeit der Tagesschau-App aufgehoben und an das Oberlandesgericht zurückverwiesen (Urteil vom 30. April 2015 – I ZR 13/14 – Tagesschau-App).

Anders als das OLG geht der BGH davon aus, dass die Gerichte trotz der öffentlich-rechtlichen Genehmigung des Medienangebots „tagesschau.de“ befugt sind, die Frage der Presseähnlichkeit zu prüfen. Bei dem Verbot nichtsendungsbezogener presseähnlicher Angebote handelt es sich nach Ansicht des BGH um eine Marktverhaltensregelung im Sinne des § 4 Nr. 11 UWG.

Das OLG Köln wird jetzt inhaltlich zu prüfen haben, ob Tagesschau.de bzw. die Tagesschau-App presseähnlich sind bzw. im streitigen Zeitpunkt waren. Nach Ansicht des BGH kommt es insoweit entscheidend auf den Textanteil des Onlineangebots an.

Die Frage könnte außerdem durchaus noch ein verfassungsgerichtliches Nachspiel haben, nachdem es vorliegend auch um die Frage der Reichweite der Rundfunkfreiheit geht. Dieser Aspekt wird jedenfalls in der Pressemitteilung des BGH nicht weiter thematisiert. Ich habe die zentralen Rechtsfragen anders beurteilt als der BGH und bin gespannt, wie die Sache letztendlich ausgehen wird. Der Ausgang des Rechtsstreits dürfte erhebliche Auswirkung darauf haben, was öffentlich-rechtliche Sender im Netz künftig tatsächlich an Inhalten anbieten dürfen.

Ob dem BGH die verfassungsrechtliche Dimension der Frage der Presseähnlichkeit von öffentlich-rechtlichen Angeboten bewusst ist, wird die schriftliche Urteilsbegründung zeigen. Der ehemalige Präsident des BVerfG hat sich mit dieser Frage schon mal ausführlich befasst (Danke an Holger Nohr für den Link).

Quelle: PM des BGH vom 30.04.2015

posted by Stadler at 20:57  

15.4.15

Schleichwerbung im Netz

Verdeckte Werbung bzw. Schleichwerbung ist auch in Blogs, sozialen Medien, auf Onlineportalen und Websites rechtlich unzulässig. In den letzten Wochen wurde über ein Urteil des Landgerichts München I berichtet, das es dem Ärztebewertungsportal Jameda verbietet, eine „Top-Platzierung“ eines Arztes oberhalb der eigentlichen Suchergebnisse anzuzeigen, wenn der Werbecharakter dieser Anzeige nicht klar erkennbar wird.

Es gibt eine ganze Reihe gesetzlicher Vorschriften, die sog. verdeckte Werbung auch und gerade im Internet verbieten. Nach § 4 Abs. 1 Nr. 3 UWG ist es unzulässig, den Werbecharakter von geschäftlichen Handlungen zu verschleiern. Nach der Ziff. 11 des Anhangs zu § 3 Abs. 3 UWG (sog. schwarze Liste) sind von einem Unternehmen finanzierte redaktionelle Inhalte (als Information getarnte Werbung) unzulässig, wenn sich der Umstand der Bezahlung nicht eindeutig aus der optischen oder akustischen Darstellung ergibt.

§ 6 TMG verlangt, dass sog. kommerzielle Kommunikation – der Begriff geht über den Begriff der Werbung hinaus, erfasst aber auch Werbemaßnahmen – klar als solche erkennbar sein muss. Unter den Begriff der kommerziellen Kommunikation fallen beispielsweise auch Maßnahmen der Verkaufsförderung, Preisausschreiben, Gewinnspiele und Verkaufsabsprachen. Vor diesem Hintergrund dürften beispielsweise auch sog. Affiliate-Links als kommerzielle Kommunikation zu betrachten sein, mit der Folge einer Pflicht zur deutlichen Kennzeichnung.

Schließlich normiert § 58 Abs. 1 RStV auch für Internetangebote das sog. Trennungsgebot:

Werbung muss als solche klar erkennbar und vom übrigen Inhalt der Angebote eindeutig getrennt sein. In der Werbung dürfen keine unterschwelligen Techniken eingesetzt werden.

Insgesamt muss Werbung also für den Nutzer deutlich erkennbar sein und von den übrigen Inhalten getrennt werden. Unzulässig sind damit nicht nur Werbeanzeigen, die nicht ausreichend deutlich gekennzeichnet sind. Unzulässig sind vor allen Dingen auch von Werbepartnern bezahlte Texte oder Links, die nicht deutlich als Werbung erkennbar sind. Auch positive Produkt- oder Leistungsbewertungen durch Nutzer, die von Unternehmen beauftragt worden sind, stellen unzulässige Werbepraktiken dar. Insoweit sind insbesondere alle Erscheinungsformen des sog. viralen Marketings problemtisch, sofern der Eindruck entsteht, ein Nutzer würde ein bestimmtes Produkt oder eine Leistung von sich aus empfehlen, obwohl er in Wirklichkeit hierfür bezahlt wird oder vom werbenden Unternehmen einen geldwerten Vorteil in Form von Sachzuwendungen erhält.

posted by Stadler at 10:16  

20.3.15

Betreiber eines Hotelbewertungsportals haftet für Bewertungen durch Nutzer nur eingeschränkt

Der BGH hat mit Urteil vom 19.03.2015 (Az.: I ZR 94/13) entschieden, dass der Betreiber eines Hotelbewertungsportals nicht für die Bewertung eines Nutzers haftet, in der u.a. die Aussage getroffen wurde „Für 37,50 € pro Nacht und Kopf im DZ gabs Bettwanzen„. In der Pressemitteilung des BGH heißt es zur Begründung:

Die beanstandete Nutzerbewertung ist keine eigene „Behauptung“ der Beklagten, weil sie sich diese weder durch die Prüfung der Bewertungen noch durch deren statistische Auswertung inhaltlich zu Eigen gemacht hat. Die Beklagte hat die Behauptung auch nicht „verbreitet“. Die Haftung eines Diensteanbieters im Sinne des § 2 Nr. 1 TMG***, der – wie die Beklagte – eine neutrale Rolle einnimmt, ist nach § 7 Abs. 2, § 10 Satz 1 Nr. 1 TMG**** eingeschränkt. Er haftet nur dann für die unwahren Tatsachenbehauptungen des Dritten, wenn er spezifische Prüfungspflichten verletzt hat, deren Intensität sich nach den Umständen des Einzelfalls richtet. Dazu zählen die Zumutbarkeit der Prüfungspflichten und die Erkennbarkeit der Rechtsverletzung. Hierbei darf einem Diensteanbieter keine Prüfungspflicht auferlegt werden, die sein Geschäftsmodell wirtschaftlich gefährdet oder seine Tätigkeit unverhältnismäßig erschwert. Die Beklagte hat danach keine spezifische Prüfungspflicht verletzt. Eine inhaltliche Vorabprüfung der Nutzerbewertungen ist ihr nicht zumutbar. Eine Haftung auf Unterlassung besteht in einem solchen Fall erst, wenn der Betreiber eines Internetportals Kenntnis von einer klaren Rechtsverletzung erlangt und sie gleichwohl nicht beseitigt. Dieser Pflicht hat die Beklagte genügt und deshalb auch keine wettbewerblichen Verkehrspflichten im Sinne des § 3 Abs. 1 UWG verletzt. Im Streitfall bestehen auch keine Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte ein hochgradig gefährliches Geschäftsmodell betreibt, das besondere Prüfungspflichten auslöst.

Sofern die Pressemitteilung nicht missverständlich formuliert ist, hätte der BGH damit auch erstmals die Vorschrift des § 10 TMG auf Unterlassungsansprüche angewendet, was die bisherige Rechtsprechung des I. Zivilsenats immer abgelehnt hatte. Dieser Aspekt wäre dann u.a. auch für die aktuelle Diskussion um die Störerhaftung von WLAN-Betreibern von Bedeutung. In der von der Bundesregierung geplanten gesetzlichen Neuregelung wird der Regelungsbedarf u.a. damit begründet, dass die Rechtsprechung des BGH davon ausgeht, die Haftungsprivilegierungen des TMG würden nicht für Unterlassungsansprüche gelten. Das könnte durch diese neue Entscheidung hinfällig geworden sein. Der Volltext liegt bislang allerdings noch nicht vor, weshalb abzuwarten bleibt, was genau in den Urteilsgründen dazu steht.

posted by Stadler at 09:00  

6.3.15

Wenn Abmahnanwälte nicht mehr als solche bezeichnet werden wollen

Die Rechtsanwaltskanzlei Schulenberg & Schenk gehörte über mehrere Jahre hinweg zu den relevanten Playern im Bereich der Filesharing-Abmahnungen. Die Kanzlei hat ihre diesbezüglichen Aktivitäten aber offenbar eingestellt und deshalb die Kollegen Weiß & Partner aufgefordert, die Kanzlei Schulenberg & Schenk nicht mehr im Zusammenhang mit Filesharing-Abmahnungen zu erwähnen, weil eine solche Erwähnung aufgrund der Einstellung der Abmahntätigkeit der Kanzlei mittlerweile unwahr im Sinne von § 4 Nr. 8 UWG sei. Es geht hierbei offenbar auch um Google-Ad-Words-Kampagnen in denen die Kollegen Weiß auch Schulenberg & Schenk als Keyword benutzen. (Die Rechtsanwälte Weiß & Partner haben mich darauf hingewiesen, dass es sich nicht um Ad-Words-Kampagnen handelt, sondern um ganz normale Suchergebnisse bei Google). Offenbar ist man bei Schulenberg & Schenk nicht mehr so glücklich über das Image der Abmahnkanzlei.

Dass die Kanzlei Schulenberg & Schenk derzeit keine Filesharing-Abmahnungen mehr verschickt, dürfte zutreffend sein. Mein letztes Mandant mit dieser Kanzlei auf der Gegenseite stammt aus 2013. Allerdings führen die Kollegen immer noch Prozesse in Filesharing-Angelegenheiten. Nachdem die Kanzlei Weiß & Partner die geforderte Unterlassungserklärung nicht abgegeben hat, bin ich gespannt, ob die Gerichte jetzt damit befasst werden und mit welchem Ergebnis.

Udo Vettter zum selben Thema.

posted by Stadler at 11:06  

29.1.15

BGH entscheidet demnächst wieder Filesharing-Sachverhalte und den Streit um die Tagesschau-App

Am 30.04.2015 verhandelt der BGH den Streit um die Tagesschau-App (Az.:I ZR 13/14), mit dem ich mich in diesem Blog u.a. hier und hier ausführlich beschäftigt habe.

Außerdem sind zwei weitere Filesharing-Fälle beim BGH gelandet, über die der I. Zivilsenat am 11.06.2015 (Az.: I ZR 7/14 und I ZR 19/14) verhandeln wird. Eine grundlegende Klärung ist wohl auch in diesen Verfahren nicht zu erwarten.

Im ersten Fall steht fest, dass die 16-Jährige Tochter der Anschlussinhaberin die Rechtsverletzung begangen hat. Der Streit dreht sich offenbar primär noch um die Frage, ob die Mutter die 16-jährige dahingehend belehren musste, dass sie den Anschluss nicht für Urheberrechtsverletzung benutzen darf. Eine entsprechende Belehrungspflicht hatte der BGH bei einem 13-jährigen Kind angenommen und eine Haftung unter dem Aspekt der Aufsichtspflichtverletzung angenommen.

Die Belehrungspflichten die der BGH annimmt, haben mit der Lebenswirklichkeit ohnehin wenig zu tun. In vielen Fällen ist es nämlich so, dass die als Anschlussinhaber in Anspruch genommenen Eltern von dem Phänomen „Filesharing“ zum ersten Mal mit dem Erhalt der Abmahnung überhaupt erfahren haben. Wer hier eine Belehrungspflicht annimmt, erwartet von einem Durchschnittsbürger erhebliche (technische) Kenntnisse, über die viele Menschen schlicht nicht verfügen.

In dem anderen Fall leben neben dem Beklagten (Anschlussinhaber) noch dessen Ehefrau und sein 17-jähriger Sohn im Haushalt, wobei beide nach den Feststellungen der Instanzgerichte nicht als Verletzter in Betracht kommen. In diesem Fall stellt sich die Frage, ob man von einer Täterschaft des Anschlussinhabers ausgehen kann, oder ob die Vermutung der Täterschaft des Anschlussinhabers, die der BGH in einer früheren, meines Erachtens ebenfalls kritikwürdigen Entscheidung, postuliert hat, allein dadurch erschüttert ist, dass mehrere Personen den Anschluss nutzen.

Quelle: PM des BGH vom 28.01.2015

posted by Stadler at 09:27  

27.1.15

Wann darf sich ein Rechtsanwalt als Spezialist bezeichnen?

Bislang waren die Instanzgerichte davon ausgegangen, dass man sich als Anwalt auf Rechtsgebieten, auf denen eine Fachanwaltsbezeichnung existiert, nicht als Spezialist bezeichnen darf. Dieser Rechtsansicht hat der BGH (Urteil vom 24.07.2014, Az.: I ZR 53/13) nunmehr eine Absage erteilt, die er wie folgt begründet:

Bezeichnet sich ein Rechtsanwalt als Spezialist auf einem Rechtsgebiet, ist dies eine dem Informationsinteresse und der Orientierung des rechtsuchenden Verkehrs dienende nützliche Information. Wie sich aus der Begründung der Änderungen des § 7 Abs. 1 BORA ergibt, hat der Satzungsgeber ausdrücklich die Angabe von qualifizierenden Zusätzen wie „Spezialist“, „Spezialgebiet“ oder „Experte“ für zulässig angesehen. Die Verwendung solcher Zusätze wird jedoch davon abhängig gemacht, dass der entsprechend werbende Rechtsanwalt seine Angaben rechtfertigende theoretische Kenntnisse besitzt und auf dem betreffenden Gebiet in erheblichem Umfang tätig gewesen ist. Je intensiver der Rechtsanwalt Teilbereiche seiner Berufstätigkeit werbend herausstellt, desto fundierter müssen seine Kenntnisse und praktischen Erfahrungen sein (BRAK 2006, 212).

Die Selbstbezeichnung als Spezialist ist auch für den Rechtsanwalt sachdienlich. Er kann damit die Inanspruchnahme in sonstigen Materien weit-gehend abwehren, weil Rechtsuchende bei ihm nur unter besonderen Umständen Rechtsrat auf anderen Feldern nachfragen werden.

Eine entsprechende Interessenlage besteht bei der Führung von Fachanwaltsbezeichnungen. Die gesetzlichen Regelungen zur Fachanwaltschaft in der Bundesrechtsanwaltsordnung wurden damit begründet, dass die Beschäftigung des Rechtsanwalts mit Rechtsfragen außerhalb eines Kernbereichs, vor allem des Straf- und Zivilrechts, einer nachdrücklichen Einarbeitung in das betreffende Rechtsgebiet bedürfe, die sich unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten häufig nur dann lohne, wenn die einmal erlangten Kenntnisse in ständiger Beschäftigung mit dem Gebiet weiter angewandt und ausgebaut werden könnten. Viele Rechtsanwälte hätten sich daher Spezialgebieten zugewandt. Ihre beruflichen Interessen träfen sich mit dem Verlangen der Rechtsuchenden nach einer möglichst hohen Befähigung der Rechtsanwälte, die sie beraten und vertreten sollen (Beschlussempfehlung und Bericht des Rechts-ausschusses, BT-Drucks. 11/8307, S. 19). Der Rechtsanwalt, der eine Fachanwaltsbezeichnung führt, weist damit das rechtsuchende Publikum auf Spezialkenntnisse hin, über die er im Unterschied zu anderen Rechtsanwälten verfügt, die keine Fachanwaltsbezeichnung führen dürfen (vgl. BGH, Beschluss vom 14. Mai 1990 AnwZ (B) 4/90, BGHZ 111, 229, 231; Urteil vom 25. November 2013 AnwZ (B) 44/12, NJW-RR 2014, 751 Rn. 11).

Angesichts der vom Berufungsgericht festgestellten Verwechslungsgefahr zwischen den Bezeichnungen „Spezialist“ und „Fachanwalt“ ist es im Hinblick auf die Interessenlage des rechtsuchenden Publikums und der Anwaltschaft gerechtfertigt, von einem sich selbst als Spezialisten bezeichnenden Rechtsanwalt zumindest die Expertise eines Fachanwalts zu erwarten.

Wer sich selbst als „Spezialist“ bezeichnet, muss also zumindest über dieselben theoretischen Kenntnisse und dieselbe praktische Erfahrung wie ein Fachanwalt verfügen und hat dies im Streitfall auch nachzuweisen. Wie man das genau macht, dürfte allerdings spannend sein. Was die praktische Erfahrung angeht, müsste vermutlich eine Fallliste vorgelegt werden können, die den Vorgaben der Fachanwaltsordnung entspricht. Die theoretischen Kenntnisse dürften allerdings noch schwieriger nachzuweisen sein, nachdem das theoretische Wissen des Fachanwalts in Klausuren nachgeprüft wird. Vergleichbaren Prüfungen hat sich der „Spezialist“ ja nicht unterzogen.

Da der BGH zurückverwiesen hat, wird das OLG im konkreten Fall jetzt zu prüfen haben, ob der klagende Anwalt tatsächlich über entsprechend ausreichende Spezialkenntnisse verfügt. Wir dürfen gespannt sein, anhand welcher Kriterien das Berufungsgericht diese Feststellungen treffen wird.

posted by Stadler at 16:47  

15.1.15

EuGH: Fluggesellschaften müssen bei Onlinebuchungen immer sofort den Endpreis anzeigen

Elektronissche Buchungssysteme, insbesondere die von Fluggesellschaften, müssen den zu zahlenden Endpreis bei jeder Preisangabe ausweisen, auch bei der erstmaligen Angabe des Preises. Das heißt, dass Zuschläge unf Aufschläge auf den Grundpreis immer sofort eingepreist werden müssen und es nicht zulässig ist, zunächst einen niedrigeren Preis anzuzeigen und erst unmittelbar vor der Buchung den tatsächlichen Endpreis.

Das hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) heute (Urteil vom 15.01.2015, Az.: C – 573/13) auf Vorlage des BGH entschieden. Hintergrund ist ein Rechtsstreit zwischen dem Verbraucherzentrale Bundesverband und der Fluggesellschaft AirBerlin.

posted by Stadler at 12:13  

1.12.14

Sind Adblocker wettbewerbswidrig?

Derzeit läuft beim Landgericht München I ein wettbewerbsrechtliches Verfahren, das sich gegen den Hersteller des bekannten Adblockers „AdBlock Plus“ richtet. Kläger sind Pro Sieben Sat 1, RTL Interactive und Axel Springer. Nach einem Bericht von Horizont wurde Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt auf den 17.12.2014.

Der BGH hat zwar in einer älteren Entscheidung den Fernsehwerbeblocker „Fernsehfee“ wettbewerbsrechtlich nicht beanstandet. Im Falle von AdBlock Plus bestehen allerdings einige Besonderheiten, die eine abweichende Entscheidung naheliegend erscheinen lassen.

Der BGH hatte die fehlende Wettbewerbswidrigkeit seinerzeit auch darauf gestützt, dass die Fernsehsender damals nicht darlegen konnten, dass ihnen durch den Werbeblocker tatsächlich Einnahmen entgehen. Diese Darlegung könnte im Hinblick auf Adblocker durchaus gelingen. Denn anders als Fernsehwerbeblocker, die ja erst eine nachträgliche Ausblendung der Werbung aus einer Aufzeichnung ermöglichen, sorgen Adblocker dafür, dass die Werbung im Browser des Nutzers erst gar nicht angezeigt wird. Adblocker sind außerdem durchaus verbreitet, während Werbeblocker im Fernsehbereich eher selten benutzt werden.

Außerdem könnte ein weiteres Feature dem Hersteller von AdBlock Plus zum Verhängnis werden. Denn AdBlock Plus blendet nicht jegliche Werbung aus, sondern lässt sog. akzeptable Werbung durch. Laut einem Bericht von Heise zahlen große Unternehmen wie Google und United Internet erhebliche Summen an den Hersteller des Adblockers, um auf die White-List der akzeptablen Werbung zu gelangen.

Nachdem der BGH für die Frage, ob eine Markt- oder Mitbewerberbehinderung im Sinne von § 4 Nr. 10 UWG vorliegt, eine Gesamtabwägung aller maßgeblichen Umstände verlangt, dürfte die Wettbewerbsverzerrung die durch diese White-List hervorgerufen wird, dazu führen, das Browser-Plugin Adblock Plus als wettbewerbswidrig zu qualifizieren. Denn anders als beim Fernsehblocker bleibt es in diesen Fällen nicht allein dem Nutzer überlassen, ob er Werbung ausblenden will oder nicht. Vielmehr entscheidet der Hersteller über seine White-List in dieser Frage mit und verdient hiermit offenbar auch noch gutes Geld. Damit dürfte AdBlock Plus zumindest in dieser Ausgestaltung nicht mehr wettbewerbskonform sein.

posted by Stadler at 17:29  
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