Führt der neue Rundfunkbeitrag zu Mehreinnahmen und was passiert damit?
Unter dem Titel Das »Handelsblatt« gegen ARD und ZDF: Wenn Ahnungslose Kampagnen machen legt sich Stefan Niggemeier mächtig für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk ins Zeug. Da ich den Beitrag des Handelsblatts den Niggemeier kritisiert nicht gelesen habe, kann ich zu den meisten Details dieser Kritik nichts beitragen. Erstaunt hat mich allerdings folgende Passage in Niggemeiers Text:
Es (das Handelsblatt, Anm. d. Verf.) recycelt erneut eine angebliche »Studie« für den Autovermieter Sixt, wonach die Gebühreneinnahmen von ARD und ZDF durch die neue Haushaltsabgabe um 1,6 Milliarden Euro jährlich steigen. Sixt hatte im Oktober 2010 ein zufällig vorbeikommendes Milchmädchen gebeten, das zu errechnen. Seitdem wird die Zahl vom »Handelsblatt« und anderen Gegnern von ARD und ZDF benutzt, eine Gebetsmühle anzutreiben. Dass seriöse Schätzungen dieser Zahl widersprechen und nachvollziehbar erläutern, warum sie sich nicht so leicht errechnen lässt wie es Sixt behauptet, erwähnt das »Handelsblatt« ebenso wenig wie die Tatsache, dass ARD und ZDF diese Einnahmen, wenn sie wider Erwarten tatsächlich realisiert würden, nicht behalten dürften.
ARD und ZDF dürften also Mehreinnahmen aus dem neuen, seit 1.1.2013 geltenden Rundfunkbeitrag gar nicht behalten, sagt Niggemeier. Wer aber, wenn nicht die öffentlich-rechtlichen Sender, sollte das Geld stattdessen bekommen?
Grundsätzlich ist es so, dass die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten ihren Finanzbedarf bei der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF) anmelden müssen. Die KEF prüft dann die Angaben der Sender und stellt den Finanzbedarf fest.
Zu der aktuell von Niggemeier diskutierten Frage existiert eine Pressemitteilung der KEF vom 08.01.2013. Darin heißt es, dass die KEF erstmals im März 2014 die Ist-Zahlen zur Beitragsentwicklung für das Jahr 2013 darstellen wird. Die KEF weist allerdings darauf hin, dass sie auf Basis der bisherigen Annahmen für die Periode 2013 bis 2016 bereits einen ungedeckten Finanzbedarf von mehr als 300 Mio. EUR festgestellt hat. Wenn es zu Mehreinnahmen kommt, wird also zunächst dieses Finanzierungsloch gestopft.
Die Aussage von Niggemeier, wonach ARD und ZDF die Mehreinnahmen nicht behalten dürften, stimmt also nicht. Mehreinnahmen würden für die Jahre 2013 bis 2016 in jedem Fall zunächst den Sendern zufließen. Allenfalls dann, wenn es zu erheblichen Mehreinnahmen kommen würde, wäre über eine Beitragssenkung nachzudenken.
Ob und in welcher Höhe es zu Mehreinnahmen kommen wird, ist u.a. deshalb unklar, weil Streit darüber besteht, ob die Daten des statistischen Bundesamtes zur Anzahl der Haushalte/Wohnungen in Deutschland korrekt sind oder nicht. Die Sender erwarten offiziell keine Mehreinnahmen. Die KEF hat die Prognosen der Sender im Ergebnis nicht beanstandet, weil eine erhebliche Unsicherheit eine zuverlässige Prognose der Beitragsentwicklung schwierig mache. Dennoch weist die KEF in ihrem 18. Bericht zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (Tz. 418) darauf hin, dass sich ein rechnerisches Beitragspotenzial ergibt, das zusätzliche Beitragseinnahmen erwarten lässt.
Es sind also vermutlich Mehreinnahmen zu erwarten, aber voraussichtlich nicht unbedingt in der von Sixt prognostizierten Höhe. Diese Mehreinnahmen werden den Sendern auch zufließen, zumal bereits jetzt ein ungedeckter Finanzbedarf der Sender besteht, den man durch Mehreinnahmen kompensieren würde.