Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

8.11.13

Gesteigerte Störerhaftung von eBay, wenn eigene Produktwerbung betrieben wird

Der BGH hat zum wiederholten Male über die Frage entschieden, in welchem Umfang eBay für rechtsverletzende – im konkreten Fall ging es um einen urheberrechtlichen Verstoß – Verkaufsangebote auf seiner Plattform haftet.

An der aktuellen Entscheidung (Urteil vom 16.05.2013, Az.: I ZR 216/11) „Kinderhochstühle im Internet II“ sind zwei Dinge bemerkenswert.

Der BGH deutet an, dass ein Plattformbetreiber wie eBay grundsätzlich auch im Hinblick auf Unterlassungsansprüche in den Genuss der Haftungsprivilegierung des TMG kommen kann. Bislang hatte der I. Senat des BGH in ständiger Rechtsprechung die Ansicht vertreten, dass die aus der E-Commerce-Richtlinie abgeleiteten Haftungsprivilegierungen auf Unterlassungsansprüche nicht anwendbar seien. Diese Rechtsprechung ist auf Kritik gestoßen, da sie mit der Rechtsprechung des EuGH nur schwer in Einklang zu bringen ist. Der I. Senat des BGH scheint in dieser Frage nunmehr eine schrittweise Kehrtwende zu vollziehen, wenngleich er in dem vorliegenden Fall die Lösung am Ende wiederum über das Konstrukt der Störerhaftung sucht. Hierzu führt der BGH folgendes aus:

Verlässt der Anbieter dagegen seine neutrale Vermittlerposition und spielt eine aktive Rolle, die ihm Kenntnis von bestimmten Daten oder Kontrolle über sie verschaffen konnte, wird er hinsichtlich dieser Daten nicht vom Anwendungsbereich des Art. 14 der Richtlinie 2000/31 über den elektronischen Geschäftsverkehr erfasst (vgl. EuGH, GRUR 2011, 1025 Rn. 113 und 116 – L’Oréal/eBay). Insoweit kann er sich auch nicht auf das Haftungsprivileg der Art. 14 Abs. 1 und Art. 15 Abs. 1 der Richtlinie 2000/31 und des § 7 Abs. 2 TMG berufen (BGHZ 191, 19 Rn. 23 – Stiftparfüm).

Das ist in sprachlicher Hinsicht insoweit bemerkenswert, als der BGH ausdrücklich Art. 14 und 15 der ECRL nennt, aber hinsichtlich der deutschen Umsetzung nur § 7 Abs. 2 TMG und nicht § 10 TMG, durch den Art. 14 der ECRL umgesetzt ist. Der BGH windet sich also noch, scheint aber anzuerkennen, dass die Haftungsprivilegierung für das Hosting (Art. 14 ECRL bzw. § 10 TMG) auch dann anwendbar sein kann, wenn es um Unterlassungsansprüche geht.

Zum Schwur kommt es in dieser Frage beim I. Senat aber erneut nicht, weil die aktuelle Rechtsprechung des EuGH speziell zu eBay einen Ausweg anbietet. Der EuGH hat nämlich entschieden, dass sich eBay nicht auf das Privileg des Art. 14 ECRL berufen kann, wenn das Unternehmen Hilfestellungen geleistet hat, die u. a. darin bestehen können, die Präsentation von Verkaufsangeboten zu optimieren oder diese Angebote zu bewerben.

Diesen Ansatz greift der BGH dankbar auf und weist darauf hin, dass eBay mit eigenen Werbeanzeigen (AdWords-Kampagne) in Suchmaschinen für die Verkaufsangebote auf seiner Handelsplattform wirbt. eBay hat nach Ansicht des BGH damit seine neutrale Stellung als Betreiber einer Internetplattform verlassen und eine aktive Rolle durch Schaltung von Anzeigen, die unmittelbar zu schutzrechtsverletzenden Angeboten führen, übernommen. Wer sich so verhält, kann sich nach Ansicht des BGH anschließend nicht mehr auf die Haftungsprivilegien der ECRL berufen, ihn treffen als Plattformbetreiber vielmehr gesteigerte Prüfpflichten. Dies soll nach Ansicht des BGH gleichwohl nicht zu einer Haftung als Teilnehmer einer Urheberrechtsverletzung führen, sondern nur zu einer verschärften Störerhaftung.

Im konkreten Fall wird es eBay künftig verboten, Verkaufsangebote für Kinderhochstühle einzustellen oder selbst zu bewerben, in denen bestimmte Nachbauten des Tripp-Trapp-Stuhls angeboten werden. eBay ist also, solange es selbst aktiv Produktwerbung für die Produkte betreibt, die auf seinem Online-Marktplatz angeboten werden, kein privilegierter Anbieter im Sinne der E-Commerce-Richtlinie und des TMG mehr.

posted by Stadler at 11:09  

23.9.11

EuGH entscheidet vorerst letztmals zum Keyword-Adertising

Mit der Frage, ob eine fremde Marke im Rahmen von Google AdWords als Keyword benutzt werden darf, hat sich der EuGH in einer Reihe von Entscheidungen beschäftigt.

Das vorerst letzte dieser Urteile vom 22.09.2011 (Az.: C?323/09) das sich mit der Benutzung einer bekannten Marke im Rahmen des Keyword-Adverstising befasst, klopft die bereits skizzierte Linie nochmals fest.

Der EuGH führt u.a. aus:

Falls etwa die Benutzung eines einer bekannten Marke entsprechenden Zeichens als Schlüsselwort zur Anzeige einer Werbung führt, aus der für einen normal informierten und angemessen aufmerksamen Internetnutzer erkennbar ist, dass die angebotenen Waren oder Dienstleistungen nicht von dem Inhaber der bekannten Marke stammen, sondern von einem seiner Mitbewerber, ist anzunehmen, dass die Kennzeichnungskraft dieser Marke durch die betreffende Benutzung nicht verringert wurde, da mit dieser der Internetnutzer lediglich auf das Vorhandensein einer Alternative zu der Ware oder Dienstleistung des Inhabers der genannten Marke aufmerksam gemacht wurde.

Ferner heißt es in der Entscheidung:

Dagegen darf der Inhaber einer bekannten Marke es u. a. nicht verbieten, dass Mitbewerber anhand von dieser Marke entsprechenden Schlüsselwörtern eine Werbung erscheinen lassen, mit der, ohne eine bloße Nachahmung von Waren oder Dienstleistungen des Inhabers dieser Marke anzubieten, ohne eine Verwässerung oder Verunglimpfung herbeizuführen und ohne im Übrigen die Funktionen der bekannten Marke zu beeinträchtigen, eine Alternative zu den Waren oder Dienstleistungen ihres Inhabers vorgeschlagen wird.

Also  nur dann, wenn die sog. Herkunftsfunktion der Marke beeinträchtigt ist oder andere unlautere Umstände (Nachahmung von Waren oder Dienstleistungen, Verwässerung oder Verunglimpfung) hinzutreten, ist die Benutzung einer fremden Marke als Keyword unzulässig. Nachdem es andererseits nicht ausreichend ist, wenn nur die Werbewirksamkeit einer Marke ausgenutzt wird – denn das ist diesen Fällen immanent – genügt der Umstand der Benutzung als Keyword alleine jedenfalls nicht für die Annahme einer Markenrechtsverletzung.

posted by Stadler at 10:41  

19.7.11

BGH: Bananabay II

Die Frage der Markenrechtsverletzung durch Verwendung von fremden Marken als Keywords bei der Schaltung von Anzeigen im Rahmen von Google-AdWords ist nach der Entscheidung des EuGH wieder beim BGH gelandet, dessen Entscheidung allerdings keine große Überraschung mehr beinhaltet.

Der Leitsatz des heute im Volltext veröffentlichten Urteils des BGH vom 13.01.2011 (Az.: I ZR 125/07) lautet:

Gibt ein Dritter ein mit einer Marke identisches Zeichen ohne Zustimmung des Markeninhabers einem Suchmaschinenbetreiber gegenüber als Schlüsselwort an, damit bei Eingabe des mit der Marke identischen Zeichens als Suchwort in die  Suchmaschine ein absatzfördernder elektronischer Verweis (Link) zur Website des Dritten als Werbung für der Gattung nach identische Waren oder Dienstleistungen in einem von der Trefferliste räumlich getrennten, entsprechend gekennzeichneten Werbeblock erscheint (Adwords-Werbung), liegt darin keine Benutzung der fremden Marke im Sinne von Art. 5 Abs. 1 Satz 2 Buchst. a MarkenRL, § 14 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG, wenn die Anzeige selbst weder das Zeichen noch sonst einen Hinweis auf den Markeninhaber oder auf die von diesem angebotenen Produkte enthält, der angegebene Domain-Name vielmehr auf eine andere betriebliche Herkunft hinweist.

posted by Stadler at 13:39  

2.7.10

Google setzt BR-Moderator Richard Gutjahr eine Frist

Der Moderator des Bayerischen Fernsehens Richard Gutjahr (Rundschau Spätausgabe) hat Ärger mit Google wegen seines Blogs „gutjahr.biz“.

Google droht ihm mit einem Rauswurf aus dem AdSense-Programm, wenn er die Inhalte des Blogs nicht innerhalb von 72 Stunden an die Vorgaben von Google anpasst.

Gutjahr hatte über eine Künstlergruppe berichtet, die sich über das Porno-Verbot von Apple lustig macht. Vielleicht weil der Begriff „Blow-Job“ auftaucht, spricht Google von nicht jugendfreiem Content.

Man könnte darüber lachen, wenn der Vorgang nicht gleichzeitig darauf hindeuten würde, dass sich eine bedenkliche Tendenz manifestiert. Falscher und überzogener Jugendschutz gefährdet die Meinungsfreiheit.

posted by Stadler at 10:32  

23.3.10

EuGH: Google verletzt mit AdWords keine Markenrechte

Der EuGH hat mit Urteil vom 23.03.2010 (Az.: C?236/08, C-237/08,  C-238/08) entschieden, dass Google mit seinem AdWords-Programm, indem es Marken als Keyword speichert und bei Eingabe dieses Schlüsselworts als Suchbegriff eine Werbeanzeige einblendet, nicht gegen die Rechte des Inhabers der Marke verstößt. Nach Ansicht des Europäischen Gerichtshofs liegt in dem Service von Google bereits keine markenmäßige Benutzung des geschützten Kennzeichens.

Der Werbende selbst kann nach Ansicht des EuGH allerdings gegen die Kennzeichenrechte des Markeninhabers verstoßen, sofern für einen Durchschnittsinternetnutzer nicht oder nur schwer zu erkennen ist, ob die in der Anzeige beworbenen Waren oder Dienstleistungen vom Markeninhaber stammen.

Interessant an der Entscheidung ist vor allen Dingen, dass der EuGH prüft, ob der Dienst Google AdWords nach Art. 14 der E-Commerce-Richtlinie (entspricht § 10 TMG) wie ein Host-Provider haftungspriviligiert ist. Der EuGH hält dies ausdrücklich für möglich, entscheidet die Frage aber nicht abschließend, sondern überlässt dies dem nationalen Gericht. Die Vorgabe des EuGH lautet allerdings, dass Google im Hinblick auf die Eingabe und Verwendung der Keywords keine aktive Rolle gespielt haben darf, die dem Unternehmen eine Kenntnis der gespeicherten Daten oder eine Kontrolle über sie verschaffen konnte.

posted by Stadler at 15:00