Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

15.4.15

Schleichwerbung im Netz

Verdeckte Werbung bzw. Schleichwerbung ist auch in Blogs, sozialen Medien, auf Onlineportalen und Websites rechtlich unzulässig. In den letzten Wochen wurde über ein Urteil des Landgerichts München I berichtet, das es dem Ärztebewertungsportal Jameda verbietet, eine „Top-Platzierung“ eines Arztes oberhalb der eigentlichen Suchergebnisse anzuzeigen, wenn der Werbecharakter dieser Anzeige nicht klar erkennbar wird.

Es gibt eine ganze Reihe gesetzlicher Vorschriften, die sog. verdeckte Werbung auch und gerade im Internet verbieten. Nach § 4 Abs. 1 Nr. 3 UWG ist es unzulässig, den Werbecharakter von geschäftlichen Handlungen zu verschleiern. Nach der Ziff. 11 des Anhangs zu § 3 Abs. 3 UWG (sog. schwarze Liste) sind von einem Unternehmen finanzierte redaktionelle Inhalte (als Information getarnte Werbung) unzulässig, wenn sich der Umstand der Bezahlung nicht eindeutig aus der optischen oder akustischen Darstellung ergibt.

§ 6 TMG verlangt, dass sog. kommerzielle Kommunikation – der Begriff geht über den Begriff der Werbung hinaus, erfasst aber auch Werbemaßnahmen – klar als solche erkennbar sein muss. Unter den Begriff der kommerziellen Kommunikation fallen beispielsweise auch Maßnahmen der Verkaufsförderung, Preisausschreiben, Gewinnspiele und Verkaufsabsprachen. Vor diesem Hintergrund dürften beispielsweise auch sog. Affiliate-Links als kommerzielle Kommunikation zu betrachten sein, mit der Folge einer Pflicht zur deutlichen Kennzeichnung.

Schließlich normiert § 58 Abs. 1 RStV auch für Internetangebote das sog. Trennungsgebot:

Werbung muss als solche klar erkennbar und vom übrigen Inhalt der Angebote eindeutig getrennt sein. In der Werbung dürfen keine unterschwelligen Techniken eingesetzt werden.

Insgesamt muss Werbung also für den Nutzer deutlich erkennbar sein und von den übrigen Inhalten getrennt werden. Unzulässig sind damit nicht nur Werbeanzeigen, die nicht ausreichend deutlich gekennzeichnet sind. Unzulässig sind vor allen Dingen auch von Werbepartnern bezahlte Texte oder Links, die nicht deutlich als Werbung erkennbar sind. Auch positive Produkt- oder Leistungsbewertungen durch Nutzer, die von Unternehmen beauftragt worden sind, stellen unzulässige Werbepraktiken dar. Insoweit sind insbesondere alle Erscheinungsformen des sog. viralen Marketings problemtisch, sofern der Eindruck entsteht, ein Nutzer würde ein bestimmtes Produkt oder eine Leistung von sich aus empfehlen, obwohl er in Wirklichkeit hierfür bezahlt wird oder vom werbenden Unternehmen einen geldwerten Vorteil in Form von Sachzuwendungen erhält.

posted by Stadler at 10:16  

19.6.13

Verordnungsentwurf zur Netzneutralität

Jan Mönikes hat in seinem Blog den ersten Entwurf für die geplante Verordnung zur Regelung der Netzneutralität (NNVO) veröffentlicht. Dass gegen das Verordnungskonzept als solches erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken bestehen, habe ich bereits an anderer Stelle erläutert. Ein Gesetz ist daher unumgänglich, wenn man verhindern will, dass jedes beliebige Gericht darüber entscheidet, ob die Verordnung wegen Verstoß gegen höherrangiges Recht angewendet wird oder nicht.

Der konkrete Entwurf erscheint mir inhaltlich noch nicht durchgehend überzeugend, andererseits aber auch nicht wirklich verfehlt. Klar ist, dass die Bundesregierung sog. Diensteklassen – die im Entwurf Qualitätsdiensteklassen heißen – erlauben will. Eine exakte Definition dessen, was eine solche Diensteklasse ist, fehlt allerdings. In dem Entwurf heißt es:

Eine inhaltsneutrale an technischen Erfordernissen orientierte Transportklassifizierung (Qualitätsdienstklassen) ist keine willkürliche Verschlechterung von Diensten, solange dem Endnutzer Wahlmöglichkeiten erhalten bleiben. Eine Differenzierung von Entgelten nach Qualitätsdienstklassen ist keine ungerechtfertigte Behinderung oder Verlangsamung des Datenverkehrs.

In der Diskussion waren bisher u.a. Diensteklassen für Audio- und Videoangebote. Für bestimmte trafficintensive Inhalte könnte danach also ein Aufpreis verlangt werden oder eine Drosselung stattfinden. Verboten ist insoweit nur, einzelne Angebote zu bevorzugen bzw. zu benachteiligen. Es wäre also nur unzulässig einzelne Streamingportale unterschiedlich zu behandeln, nicht hingegen das Streaming ganz allgemein zu verteuern.

Wer solche Diensteklassen verhindern will und sich eine einheitliche Flatrate für alle ohne Diensteklassen wünscht, muss zusätzlich eine Diskussion über eine staatliche Garantie für eine Internetgrundversorgung führen und nicht nur eine über Netzneutralität.

posted by Stadler at 21:04  

23.9.11

EuGH entscheidet vorerst letztmals zum Keyword-Adertising

Mit der Frage, ob eine fremde Marke im Rahmen von Google AdWords als Keyword benutzt werden darf, hat sich der EuGH in einer Reihe von Entscheidungen beschäftigt.

Das vorerst letzte dieser Urteile vom 22.09.2011 (Az.: C?323/09) das sich mit der Benutzung einer bekannten Marke im Rahmen des Keyword-Adverstising befasst, klopft die bereits skizzierte Linie nochmals fest.

Der EuGH führt u.a. aus:

Falls etwa die Benutzung eines einer bekannten Marke entsprechenden Zeichens als Schlüsselwort zur Anzeige einer Werbung führt, aus der für einen normal informierten und angemessen aufmerksamen Internetnutzer erkennbar ist, dass die angebotenen Waren oder Dienstleistungen nicht von dem Inhaber der bekannten Marke stammen, sondern von einem seiner Mitbewerber, ist anzunehmen, dass die Kennzeichnungskraft dieser Marke durch die betreffende Benutzung nicht verringert wurde, da mit dieser der Internetnutzer lediglich auf das Vorhandensein einer Alternative zu der Ware oder Dienstleistung des Inhabers der genannten Marke aufmerksam gemacht wurde.

Ferner heißt es in der Entscheidung:

Dagegen darf der Inhaber einer bekannten Marke es u. a. nicht verbieten, dass Mitbewerber anhand von dieser Marke entsprechenden Schlüsselwörtern eine Werbung erscheinen lassen, mit der, ohne eine bloße Nachahmung von Waren oder Dienstleistungen des Inhabers dieser Marke anzubieten, ohne eine Verwässerung oder Verunglimpfung herbeizuführen und ohne im Übrigen die Funktionen der bekannten Marke zu beeinträchtigen, eine Alternative zu den Waren oder Dienstleistungen ihres Inhabers vorgeschlagen wird.

Also  nur dann, wenn die sog. Herkunftsfunktion der Marke beeinträchtigt ist oder andere unlautere Umstände (Nachahmung von Waren oder Dienstleistungen, Verwässerung oder Verunglimpfung) hinzutreten, ist die Benutzung einer fremden Marke als Keyword unzulässig. Nachdem es andererseits nicht ausreichend ist, wenn nur die Werbewirksamkeit einer Marke ausgenutzt wird – denn das ist diesen Fällen immanent – genügt der Umstand der Benutzung als Keyword alleine jedenfalls nicht für die Annahme einer Markenrechtsverletzung.

posted by Stadler at 10:41  

7.9.11

Das unseriöse Geschäftsgebaren der 1&1 Internet AG

Dieses Blog wird bei 1&1 gehostet, was möglicherweise ein Fehler ist, aber ich wollte die Kosten niedrig halten, weil ich mit Internet-Law keine Einnahmen erziele. Wie ich jetzt erkennen musste, hat dafür der Provider 1&1 ohne mein Wissen und gegen meinen Willen mit diesem Blog Einnahmen erzielt. Und damit meine ich nicht die monatlichen Hosting-Entgelte, die 1&1 von mir bekommt. Aber der Reihe nach.

Einige meiner Leser haben bemerkt, dass die Inhalte meines Blogs in den letzten beiden Tagen nicht vollständig verfügbar waren. Bei sämtlichen Beiträgen aus den Jahren 2008 – 2010 endete der Versuch eines Aufrufs auf einer Fehlerseite mit der Statusmeldung 404, allerdings einer ganz besonderen. Gleiches gilt für die „Categories“ im Blog, die ebenfalls auf besagter 404-Seite endeten.

Hintergrund war eine von 1&1 angekündigte Serverumstellung am 05.09.2011 um 8 Uhr („Umstellung Ihres 1&1 Hosting Paketes auf eine aktualisierte Betriebsumgebung“).

Gegen Mittag des 05.09.2011 habe ich zunächst bemerkt, dass die Feeds nicht mehr funktionierten und kurze Zeit später dann auch, dass sämtliche älteren Beiträge nicht mehr aufrufbar waren, obwohl der Content in WordPress unverändert angezeigt worden ist.

Vom 1&1 Support gab es nach zwei Tagen heute immerhin die Rückmeldung, dass man meine Anfrage an die zuständige Fachabteilung weitergeleitet hat. Soviel Service ist wirklich beeindruckend. Ich musste daher das Problem heute mit externer Hilfe lösen. Das Blog sollte also jetzt wieder wie gewünscht funktionieren.

Durch diese Geschichte habe ich zufällig Kenntnis davon erlangt, wie die 404-Seiten, die 1&1 seinen ahnungslosen Hosting-Kunden per Default aufzwingt, ausgestaltet sind. Wenn man beispielsweise „www.internet-law.de/2010/07“ eingegeben hat, erschien bis heute Mittag eine Domainparking-Seite von Sedo, auf der u.a. Werbung für Anwaltskanzleien (!) eingeblendet worden ist. 1&1 missbraucht also meine Domain und meinen Webspace für eigene Werbezwecke. In meinem Fall handelte es sich zudem um sog. Sponsored Links, die überwiegend von Rechtsanwälten stammten, was angesichts des Werbekonzepts von Sedo natürlich naheliegend ist. Ich habe also auf meinem Blog, unfreiwillig und unbewusst, kostenlose Werbung für Anwaltskollegen und damit potentielle Konkurrenten gemacht und damit gleichzeitig die Kassen von 1&1 und Sedo aufgefüllt. Sedo und 1&1 sind übrigens konzernmäßig miteinander verbunden und beides Tochterunternehmen der United Internet AG.

Offenbar praktiziert 1&1 dieses „Geschäftskonzept“ seit dem Jahr 2010, wie man in anderen Blogs nachlesen kann. Wenn man sich im „Control-Center“ von 1&1 umsieht, findet man äußerst versteckt den Punkt „Domainparking“ unter dem sich der Hinweis befindet:

Wenn Sie noch keine eigenen Inhalte hinterlegt haben, blenden wir Ihren Besuchernstatt einer „Baustellenseite“ Suchergebnisse ein, die in inhaltlichem Zusammenhang mit Ihrem Domain-Namen stehen.

Dort steht natürlich kein Wort davon, dass es sich um ein kommerzielles Domainparking handelt, mit dem 1&1 Werbeinnahmen erzielt und auch nichts davon, dass dies gewöhnliche Fehlerseiten ebenfalls betrifft. Wenn man diese – schwer auffindbare – Funktion deaktiviert, dann erscheint anschließend wieder eine normale 404-Seite. Dies habe ich vor einigen Stunden dann auch gemacht, da mein Blog keine Werbeplattform von 1&1 und Sedo ist.

Mit diesem Verhalten greift 1&1 nach meiner Einschätzung in grob vertragswidriger Art und Weise in geschützte Rechtspositionen seiner Kunden ein und nutzt die Domains und den Webspace der Hosting-Kunden dazu, um eigene Einnahmen zu erzielen. Diese Einnahmen stehen in Wirklichkeit natürlich dem Kunden zu und nicht 1&1, denn sie entstehen nur dadurch, dass Besucher der Website des Kunden auf diese Domainparking-Seite umgeleitet werden.

In den AGB von 1&1 findet man dazu übrigens nichts, vermutlich weil 1&1 ohnehin weiß, dass solche Klauseln der Inhaltskontrolle nicht standhalten würden.

Für die ahnungslosen Providerkunden ist dies, abgesehen davon, dass sich 1&1 ungerechtfertigt bereichert, noch aus weiteren Gründen problematisch. Denn für einen Außenstehenden ist nicht ohne weiteres erkennbar, dass sich 1&1 des Webservers des Kunden bemächtigt, um eigene Werbung zu schalten. Vielmehr sieht es auf den ersten Blick so aus, als würde es sich um eine Werbemaßnahme des Seitenbetreibers handeln. Das ist äußerst heikel, nachdem die Rechtsprechung dazu neigt, werbefinanzierte Websites als gewerblich bzw. geschäftsmäßig zu qualifizieren. Dadurch findet sich eine private Website oder ein privates Blog nämlich unfreiwillig sehr schnell im Anwendungsbereich des Wettbewerbs- und Markenrechts wieder und läuft damit auch noch Gefahr, für die grob vertragswidrige Werbung von 1&1 von Dritten in Haftung genommen zu werden.

Ich habe mich entschlossen, die Angelegenheit nicht auf sich beruhen zu lassen, sondern werde 1&1 zur Unterlassung auffordern und zur Auskunftserteilung darüber, welche Werbeeinnahmen man über derartige Einblendungen mit meinem Blog verdient hat. Außerdem bin ich der Ansicht, dass sich auch Verbraucherschutzorganisitationen für das dreiste und rechtswidrige Geschäftsmodell von 1&1 interessieren sollten.

Update vom 08.09.2011:
Der Kollege Hecksteden hat einen kurzen und treffenden Beitrag zum Thema geschrieben.

 

posted by Stadler at 16:13  

28.10.09

BGH: Haftung des Merchants beim Affiliate-Marketing

Der Volltext der Entscheidung des BGH zur Haftung des Merchants für Markenrechtsverletzungen auf der Website des Affiliates ist nunmehr im Volltext online. Der BGH geht davon aus, dass der Werbepartner(Affiliate) zumindest unter bestimmten Umständen als Beauftragter des werbenden Unternehmens (Merchant) im Sinne von § 14 Abs. 7 MarkenG anzusehen ist, womit ihm dann die Markenrerchtsverletzung auf der Site des Affiliates zuzurechnen wäre.

Dies gilt nach Ansicht des BGH zumindest dann, wenn nach dem Inhalt des Werbepartnerprogramms für jeden Besucher, der über den Werbelink zu dem Unternehmen gelangt und mit diesem einen Geschäftsabschluss tätigt, eine Provision gezahlt wird und der betreffende Werbepartner (Affiliate) erst nach einer Überprüfung durch den Unternehmer (Merchant) selbst in das Partnerprogramm aufgenommen wird.
Urteil des Bundesgerichtshofs vom 07.10.2009, Az.: I ZR 109/06

posted by Stadler at 15:12  

7.10.09

BGH hebt offenbar Urteil zum Affiliate-Marketing auf

Wie Telemedicus berichtet, hat der Bundesgerichtshof heute ein Urteil des OLG Köln zum Affiliate-Marketing aufgehoben und zurückverwiesen. Eine Pressemitteilung des BGH soll es nicht geben, weshalb wohl der Volltext abzuwarten bleibt.

Diese Fälle sind dadurch gekennzeichnet, dass der Webseitenbetreiber (Affiliate) die Werbung eines Dritten (Merchant) einblendet. Der Merchant soll nun, nach Ansicht des OLG Köln, dafür haften, dass der Affiliate fremde Markenrechte verletzt. Im konkreten Fall wurde der Markenname vom Affiliate als Meta-Tag verwendet.

Darüber, wie der BGH seine abweichende Ansicht begründet, kann nur spekuliert werden. Ein Ansatz besteht darin, den Merchant weder als Störer, Teilnehmer noch Beauftragten des Affiliate zu betrachten, wofür meines Erachtens einiges spricht. Möglicherweise hat der BGH im konkreten Fall auch eine markenmäßige Benutzung verneint.

posted by Stadler at 15:24