Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

4.2.19

OLG München: Bestellübersichtsseite von Amazon nicht rechtskonform

Das OLG München hat mit Urteil vom 31.01.2019 (Az.: 29 U 1582/18) eine Entscheidung des Landgerichts München I vom 04.04.2018 (Az.: 33 O 9318/17) bestätigt, die Amazon verpflichtet auf seiner Bestellübersichtsseite vor dem Drücken des Bestellbuttons, die wesentlichen Merkmale der verkauften Ware anzugeben, wobei insoweit eine Verlinkung auf eine entsprechende Produktinformation ausdrücklich als nicht ausreichend angesehen wurde.

Die Entscheidung stützt sich auf § 312j BGB, der verlangt, dass der Unternehmer dem Verbraucher die Informationen gemäß Artikel 246a § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, 4, 5, 11 und 12 EGBGB, unmittelbar vor Abgabe der Bestellung, klar und verständlich in hervorgehobener Weise zur Verfügung stellt.

Wer die Vorschrift, auf die verwiesen wird, liest, wird bemerken, dass die Entscheidung noch deutlich weiter reicht, als es zunächst scheint. Denn der Unternehmer muss nicht lediglich die wesentlichen Eigenschaften der von ihm angebotenen Ware oder Dienstleistung darstellen, sondern u.a. auch Angaben zum Preis, zu den Versandkosten, zur Laufzeit und den Bedingungen der Kündigung des Vertrags. Da eine Verlinkung nicht zulässig sein soll, müssen diese Informationen (nochmals) in vollem Umfang unmittelbar auf der Seite aufgeführt werden, die die Bestellung abschließt. Eventuell wird man sich hier mit Drop-Down-Menüs behelfen können, um die Seite nicht komplett zu überfrachten, aber auch das erscheint ungewiss. Man sollte sich hier durchaus auch vor Augen führen, dass viele Kunden nicht nur eine einzelne Ware bestellen, sondern häufig eine Vielzahl. Wie die abschließende Bestellseite bei umfangreichen Bestellungen künftig aussehen würde, wenn man zu jedem einzelnen Produkt im Volltext nochmals eine Darstellung der wesentlichen Eigenschaften der Ware verlangen würde, kann man sich ausmalen.

Auch wenn die Schlussfolgerung des Gerichts angesichts des Gesetzeswortlauts nicht abwegig erscheint, hinterlässt die Entscheidung ein gewisses Störgefühl.

Die Vorschrift des § 312j BGB geht auf Art. 8 Abs. 2 der Verbraucherrechterichtlinie zurück, die die Voraussetzungen ähnlich normiert. Vor diesem Hintergrund und angesichts des Umstands, dass die Richtlinie eine Vollharmonisierung vorgibt, wäre eine Vorlage an den EuGH wünschenswert gewesen. Dass der EuGH die Richtlinie ähnlich eng auslegt wie das OLG München, ist zumindest nicht zwingend.

Die Entscheidung hat weitreichende Konsequenzen für den gesamten Bereich des E-Commerce, da es derzeit wohl kaum Webshops und Onlinebestellsysteme gibt, die diesen strengen Anforderungen genügen.

Das Urteil zeigt aber auch deutlich, dass im Bereich des E-Commerce mittlerweile eine deutliche Überregulierung herrscht, die auch den Interessen des Verbrauchers nicht mehr dient. Gerade wenn man eine Gesamtbetrachtung aller derzeit gesetzlich normierten Informationspflichten anstellt, gewinnt man den Eindruck, dass sich der Verbraucher dieser Überinformation schon förmlich erwehren muss und dies häufig dann auch tut. Der Sinn und Zweck des Verbraucherschutzes wird damit in sein Gegenteil verkehrt.

posted by Stadler at 21:45  

5.1.18

Portabilität: Ab 1.4.2018 müssen Streamingdienste auch bei vorübergehendem Aufenthalt im EU-Ausland verfügbar sein

Mit der Portabilitätsverordnung regelt die EU, dass die Abonnenten von portablen Online-Inhaltediensten während eines vorübergehenden Aufenthalts in einem anderen EU-Staat auch dort auf diese Dienste zugreifen dürfen und sie nutzen können. Die Verordnung gilt ab dem 1.4.2018 und nicht wie vielerorts berichtet wurde bereits ab dem 20.03.2018. In der ursprünglichen Fassung war als Geltungsbeginn der 20.3.18 genannt, dieses Datum wurde dann aber auf den 1.4.2018 berichtigt.

Die unmittelbar in allen EU-Staaten geltende Verordnung betrifft sog. Online-Inhaltsdienste. Das sind Dienste, die ein Anbieter einem Abonnenten in dessen Wohnsitzmitgliedstaat zu vereinbarten Bedingungen, online und kostenpflichtig erbringt, die portabel sind und bei denen es sich entweder um einen audiovisuellen Mediendienst im Sinne der AVMD-RL oder um einen Dienst handelt, dessen Hauptmerkmal die Bereitstellung des Zugangs zu Werken, anderen Schutzgegenständen oder die Übertragungen von Rundfunkveranstaltungen ist.

Die Verordnung betrifft damit insbesondere internetbasierte, kostenpflichtige Streaming-Dienste wie Netflix, Amazon Prime oder Spotify und auch internetbasierte Pay-TV-Angebote wie Sky Go.

Nicht in den zwingenden Anwendungsbereich der Verordnung fallen kostenfreie Dienste. Das bedeutet, dass internetbasierte Free-TV- oder Streaming-Angebote wie die Mediatheken von ARD und ZDF zunächst nicht umfasst sind. Nach Art. 6 können die Anbieter solcher Dienste aber entscheiden, ihren Abonnenten/Kunden während eines vorübergehenden Aufenthalts in einem ausländischen EU-Mitgliedstaat den Zugriff auf den Dienst zu ermöglichen. In diesem Fall muss der Anbieter aber, wie der Anbieter kostenpflichtiger Dienste auch, den Wohnsitzmitgliedstaat des Abonnenten entsprechend der Verordnung überprüfen.

Besteht eine Verpflichtung zur Ermöglichung der Portabilität, muss der Online-Inhaltedienst in dem ausländischen Mitgliedstaat des vorübergehenden Aufenthalts grundsätzlich in der gleichen Art und Weise und im gleichen Umfang angeboten werden wie im Wohnsitzmitgliedstaat. Dies ist Ausfluss der Fiktion, mit der die Portabilitäts-VO arbeitet. Es wird nämlich fingiert, dass der Zugriff und die Nutzung des Dienstes weiterhin ausschließlich im Wohnsitzmitgliedstaat des Abonnenten erfolgt (Art. 4). Infolge dessen muss der Anbieter nach Art. 3 Abs. 1 der VO den Zugriff exakt in derselben Form wie in seinem Wohnsitzmitgliedstaat ermöglichen, indem der Zugriff auf dieselben Inhalte, für dieselben Arten und dieselbe Zahl von Geräten, für dieselbe Zahl von Nutzern und mit demselben Funktionsumfang gewährt wird. Der Dienst darf also grundsätzlich weder in seinem Umfang beschränkt werden, noch darf eine Beschränkung bei den Geräten vorgenommen werden. Erwägungsgrund 21 spricht davon, dass eine Beschränkung der Funktionen des Dienstes oder der Qualität seiner Bereitstellung als Verstoß gegen die Verordnung gilt. Lediglich für Beschränkungen vor Ort, die außerhalb der Einflussphäre des Anbieters liegen, wie beispielsweise schlechte Internetverbindungen, soll der Anbieter nicht verantwortlich sein.

Für die Anbieter wird es daher in jedem Fall erforderlich sein, den Zugriff über das Web und über Mobile-Apps uneingeschränkt und in demselben Umfang zu ermöglichen wie in Deutschland.

Der unionsweite ungehinderte Zugriff ist zu gewähren, wenn sich ein Verbraucher vorübergehend in einem anderen Mitgliedsstaat aufhält. Erwägungsgrund 1 der Verordnung nennt hier beispielhaft Urlaubs-, Reise- oder Geschäftsreisezwecke oder solche der Lernmobilität.

Eine konkrete Dauer legt die Verordnung nicht fest, weshalb hier erhebliche Rechtsunsicherheit besteht. Andererseits besagt Art. 7 Abs. 1 der VO, dass Vertragsbestimmungen, die die grenzüberschreitende Portabilität auf einen bestimmten Zeitraum beschränken, nicht durchsetzbar sind.

In der Literatur wird ein Zeitraum von drei Monaten für angemessen gehalten (Ranke/Glöckler, MMR 2017, 378), mit der Begründung, dass dies der Zeitraum sei, für den man sich ohne behördliche Meldung in einem anderen Mitgliedsstaat aufhalten darf. Andererseits stellt sich die Frage, ob der Anbieter wegen Art. 7 Abs. 1 nicht jedwede technische Beschränkung auf einen bestimmten Zeitraum zu unterlassen hat und das alleinige Differenzierungskriterium der vorübergehende Aufenthalt ist. Nachdem aber auch Lernmobilität explizit angesprochen worden ist,  soll offenbar auch Studenten, die ein oder mehrere Auslandssemester absolvieren, dieser Zugriff durchgehend ermöglicht werden. Die Verordnung geht also davon aus, dass auch ein längerfristiger Auslandsaufenthalt u.U. noch als vorübergehend anzusehen ist. Da die Verordnung insoweit keine griffigen Kriterien vorgibt, besteht an dieser Stelle eine erhebliche Rechtsunsicherheit, zumal die Rechteinhaber nicht begeistert sein werden, wenn die Anbieter ihren Dienst ohne jegliche zeitliche Beschränkung und damit faktisch dauerhaft auch für das EU-Ausland zur Verfügung stellen. Insoweit besteht natürlich auch ein erhebliches Missbrauchspotential, zumal für die Überprüfung des Wohnsitzmitgliedsstaats des eigenen Kunden, die der Anbieter vorzunehmen hat, auch softe Kriterien wie die IP-Adressen, über die der Kunde regelmäßig auf den Dienst zugreift oder Zahlungsinformationen (inländische Konto- oder Kreditkartennummer) ausreichend sind.

posted by Stadler at 22:09  

27.1.17

Ab 1.2.2017 wieder neue Informationspflichten für Unternehmen

Das Verbraucherstreitbeilegungsgesetz (VSBG) verlangt von Unternehmern ab dem 1.2.2017, dass sie Verbraucher darüber informieren, ob und gegebenenfalls bei welcher Verbraucherschlichtungsstelle sie an Verfahren zur außergerichtlichen Streitbeilegung teilnehmen.

Hierbei gibt es eine allgemeine Informationspflicht nach § 36 VSBG sowie eine besondere Informationspflicht nach § 37 VSBG nach Entstehen einer Streitigkeit. Beide Pflichten bestehen unabhängig voneinander.

Betroffen sind Unternehmen, die mehr als zehn Mitarbeiter beschäftigen (§ 36 Abs. 3 VSBG). Weitere Voraussetzung ist, dass das Unternehmen eine Webseite unterhält oder AGB verwendet. Sofern keine gesetzliche Pflicht zur Teilnahme an einem solchen Verbraucherschlichtungsverfahren besteht und der Unternehmer sich auch nicht (freiwillig) verpflichten will, an einer solchen Streitbeilegung mitzuwirken, muss er auf seiner Homepage bzw. zusammen mit seinen AGB dennoch zumindest „leicht zugänglich, klar und verständlich“ darauf hinweisen, dass er nicht bereit ist, an einem solchen Streitbeilegungsverfahren mitzuwirken.

Die Informationspflicht betrifft übrigens auch Anwaltskanzleien und es existiert hierzu auch eine Schlichtungsstelle der Rechtsanwaltschaft, die Verbraucherschlichtungsstelle im Sinne des VSBG ist.

posted by Stadler at 15:09  

6.7.16

BGH: Keine kostenpflichtige Rufnummer im Impressum einer Website

Die Vorschrift des § 5 Abs. 1 Nr. 2 TMG verlangt, dass im Rahmen der Anbieterkennzeichnung bei Telemedien (Impressumspflicht) Angaben zu machen sind, die eine schnelle elektronische Kontaktaufnahme und unmittelbare Kommunikation mit dem Anbieter ermöglichen, einschließlich der Adresse der elektronischen Post. Diese Vorschrift wird vom EuGH und BGH dahingehend ausgelegt, dass neben einer E-Mail-Adresse mindestens eine weitere effektive Möglichkeit einer unmittelbaren Kontaktaufnahme genannt werden muss, also insbesondere eine Telefon- oder Faxnummer. Der BGH bewertet diese Vorschrift als sog. Marktverhaltensregel und geht davon aus, dass ein Verstoß europarechtskonform zugleich als Verstoß gegen § 3a UWG zu bewerten ist.

In einer neuen Entscheidung (Urteil vom 25.02.2016, Az.: I ZR 238/14) ist der BGH der Ansicht, dass die Angabe einer kostenpflichtigen Mehrwertdiensterufnummer keine effektive Möglichkeit einer unmittelbaren Kontaktaufnahme darstellt und hat dazu u.a. ausgeführt:

Gegen eine Vereinbarkeit der Einrichtung einer Mehrwertdienstenummer mit § 5 Abs. 1 Nr. 2 TMG und Art. 5 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2000/31/EG spricht zunächst der Wortlaut dieser Bestimmungen, die mit der Angabe von Kontaktmöglichkeiten eine schnelle, unmittelbare und effiziente Kommunikation ermöglichen sollen. Wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, können über den üblichen Verbindungsentgelten liegende und von der vom Anrufer einer Mehrwertdienstenummer nicht immer beeinflussbaren Länge eines Telefonats abhängige Telefonkosten den Nutzer eines Telemediendienstes von einer Kontaktaufnahme abhalten (BGH, GRUR 2007, 723 Rn. 15 – Internet-Versicherung). Sie können deshalb nicht als effizient angesehen werden.

posted by Stadler at 15:10  

20.10.15

Amazon geht in den USA gegen Fake-Bewertungen vor

Auf Bewertungsportalen und auch Handelsportalen wie Amazon werden häufig falsche Produkt- und Leistungsbewertungen eingestellt, die von normalen Nutzern zu stammen scheinen, in Wirklichkeit aber vom Produkthersteller stammen, oder anderen Unternehmen, die ein wirtschaftliches Interesse an einer positiven Bewertung haben.

Wie der Guardian und Heise berichten, hat Amazon in den USA Klage gegen 1114 unbekannte Nutzer des Vermittlungsportals Fiverr erhoben. Auf Fiverr werden kleinere Dienstleistungen (Gigs) zum Preis von 5 US-Dollar angeboten. Amazon hatte offenbar festgestellt, dass über Fiverr immer wieder auch das Angebot unterbreitet wurde, bei Amazon bezahlte Produktbewertungen zu schreiben und dies dann auch geschehen ist.

Wie ist die Rechtslage zu dieser Frage in Deutschland? Bezahlte Produkt- und Leistungsbewertungen stellen den klassischen Fall der verdeckten Werbung (Schleichwerbung) dar. In diesem Kontext sind auch alle Erscheinungsformen des sog. viralen Marketings problemtisch, sofern der Eindruck entsteht, ein Nutzer oder auch Blogger würde ein bestimmtes Produkt oder eine Leistung von sich aus empfehlen, obwohl er in Wirklichkeit hierfür bezahlt wird oder vom werbenden Unternehmen einen geldwerten Vorteil in Form von Sachzuwendungen erhält.

Sogenannte Schleichwerbung verstößt zunächst gegen das UWG. Nach § 4 Abs. 1 Nr. 3 UWG ist es unzulässig, den Werbecharakter von geschäftlichen Handlungen zu verschleiern. Nach Ziff. 11 des Anhangs zu § 3 Abs. 3 UWG (sog. schwarze Liste) sind von einem Unternehmen finanzierte redaktionelle Inhalte (als Information getarnte Werbung) unzulässig, wenn sich der Umstand der Bezahlung nicht eindeutig aus der optischen oder akustischen Darstellung ergibt.

Nachdem es sich um getarnte Werbung handelt, liegen in solchen Fällen zudem Verstöße gegen das TMG und den Rundfunkstaatsvertrag (RStV) vor. In Telemedien, also im Internet, muss Werbung nach § 58 Abs. 1 RStV klar als solche erkennbar sein und vom übrigen Inhalt der Angebote eindeutig getrennt werden (sog. Trennungsgebot). Darüber hinaus muss sog. kommerzielle Kommunikation – der Begriff geht über den Begriff der Werbung hinaus, erfasst aber auch Werbemaßnahmen –  nach § 6 TMG klar als solche erkennbar sein (§ 6 TMG). Somit erfasst auch diese Vorschrift das Phänomen der Schleichwerbung.

posted by Stadler at 10:07  

15.1.15

EuGH: Fluggesellschaften müssen bei Onlinebuchungen immer sofort den Endpreis anzeigen

Elektronissche Buchungssysteme, insbesondere die von Fluggesellschaften, müssen den zu zahlenden Endpreis bei jeder Preisangabe ausweisen, auch bei der erstmaligen Angabe des Preises. Das heißt, dass Zuschläge unf Aufschläge auf den Grundpreis immer sofort eingepreist werden müssen und es nicht zulässig ist, zunächst einen niedrigeren Preis anzuzeigen und erst unmittelbar vor der Buchung den tatsächlichen Endpreis.

Das hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) heute (Urteil vom 15.01.2015, Az.: C – 573/13) auf Vorlage des BGH entschieden. Hintergrund ist ein Rechtsstreit zwischen dem Verbraucherzentrale Bundesverband und der Fluggesellschaft AirBerlin.

posted by Stadler at 12:13  

10.9.14

Gehören E-Mail-Adresse, Telefon- und Faxnummer tatsächlich in die Widerrufsbelehrung?

Das Landgericht Bochum hat zu dem erst seit dem 13.06.2014 geltenden neuen Widerrufsrecht im Fernabsatz entschieden, dass in die Widerrufsbelehrung auch die Angabe der E-Mail-Adresse, Telefon- und Faxnummer gehört und das Fehlen dieser Angaben einen Wettbewerbsverstoß begründet (Urteil vom 06.08.2014, I-13 O 102/14).

Diese Entscheidung kann man aus zwei Gründen für unrichtig halten. Zum einen ist eine Pflicht, in die Widerrufsbelehrung auch die Angabe einer E-Mail-Adresse, Telefon- und Faxnummer aufzunehmen, gesetzlich nicht normiert. Sie ergibt sich allenfalls aus den Gestaltungshinweisen zur Musterwiderrufsbelehrung. Nachdem aber noch nicht einmal eine gesetzliche Pflicht besteht, das Muster zu verwenden, kann man den Gestaltungshinweisen folglich auch keine Rechtspflichten entnehmen. Darüber hinaus stellt sich hier natürlich auch die Frage, ob die wettbewerbsrechtliche Bagatellschwelle tatsächlich überschritten ist, wenn der Unternehmer seinen gesetzlichen Informationspflichten ansonsten nachkommt. Denn die Identität des Verkäufers, einschließlich verschiedener Kommunikationsmittel, ist dem Verbraucher in diesen Fällen ausreichend bekannt.

Zur Vermeidung von Abmahnungen sollte man die Angaben als Betreiber von Onlineshops im Zweifel aber dennoch direkt in die Widerrufsbelehrung aufnehmen.

 

posted by Stadler at 14:42  

31.7.14

Gesetzgeber will schlechte Zahlungsmoral bekämpfen

Vor zwei Tagen ist das Gesetz zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr und zur Änderung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes in Kraft getreten. Der Gesetzgeber will damit der immer schlechter werdenden Zahlungsmoral entgegenwirken.

Durch das Gesetz wird die neue Vorschrift des § 271a BGB eingefügt, die vorsieht, dass eine Zahlungsfrist bzw. ein Zahlungsaufschub grundsätzlich nur noch maximal 60 Tage, bei öffentlichen Auftraggebern nur 30 Tage betragen darf. Eine Vereinbarung über eine längere Zahlungsfrist muss ausdrücklich getroffen werden und sie darf im Hinblick auf die Belange des Gläubigers nicht grob unbillig sein. Damit sollen u.a. ausdrückliche Stundungsabreden möglich bleiben.

Wenn eine Entgeltforderung erst nach Überprüfung oder Abnahme der Gegenleistung zu erfüllen ist, dann muss die Überprüfung oder Abnahme der Gegenleistung ab jetzt regelmäßig spätestens nach 30 Tagen erfolgen.

Zugunsten von Verbrauchern werden diese Regelung in § 308 Nr. 1a und 1b) BGB sogar noch verschärft. Danach können in AGB grundsätzlich keine längeren Zahlungsziele als 30 Tage und Überprüfungs- und Abnahmefristen von mehr als 15 Tagen vereinbart werden.

Außerdem wird der gesetzliche Verzugszins im kaufmännischen Bereich von acht auf neun Prozent über dem Basiszinssatz erhöht (§ 288 Abs. 2 BGB).

Schließlich kann der Gläubiger bei einem Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, ab jetzt eine Pauschale in Höhe von 40 Euro fordern. Die Pauschale ist aber auf einen Schadensersatz anzurechnen, wenn der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung besteht (§ 288 Abs. 5 BGB).

posted by Stadler at 09:18  

19.5.14

Neue Pflichten für Online-Shops: Die Umsetzung der Verbraucherrechte-Richtlinie (Teil 1)

Die Verbraucherrechte-Richtlinie (VRRL) wird am 13.06.2014 in deutsches Recht umgesetzt. Ab diesem Tag gelten zahlreiche Neuregelungen des Verbraucherrechts, die u.a. für die Betreiber von Web-Shops zu Anpassungsbedarf führen. Die für Shopbetreiber wesentlichen Änderungen möchte in einer kleinen Beitragsreihe zusammengefasst darstellen. Im ersten Teil werde ich neue Anforderungen an die Informationspflichten des Shopbetreibers darstellen. Im zweiten Teil werde ich mich dann mit dem Widerrufsrecht, dem Widerrufsformular und der Ausübung des Widerrufs befassen.

Der deutsche Gesetzgeber hat sich wie bisher dazu entschlossen, die Neuregelungen in das System des BGB und des EGBGB zu integrieren. Eine Übersicht über alle aufgrund der Richtlinie geänderten Vorschriften des BGB und des EGBGB findet man hier.

1. Allgemeine Pflichten und Hinweise

Die allgemeinen Informationspflichten des Unternehmers bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen und Fernabsatzverträgen sind in Art. 246a § 1 Abs. 1 EGBGB geregelt. Diese Informationen sind dem Verbraucher vor Abgabe der Vertragserklärung zur Verfügung zu stellen (Art. 246a § 4 Abs. 1 EGBGB). Die Informationen müssen dem Verbraucher spätestens bei der Lieferung dann (nochmals) auf einem dauerhaften Datenträger bestätigt werden (§ 312 f Abs. 2 BGB). Es empfiehlt sich also – wie bisher – diese Informationen nach der Bestellung auch per E-Mail an den Besteller zu senden.

Neu ist insbesondere, dass eine Lieferfrist bzw. der Termin, bis zu dem der Unternehmer die Ware liefert oder die Dienstleistung erbringt, genannt werden muss (Nr. 7). Bislang ist völlig unklar, ob tatsächlich die Angabe eines konkreten Datum erforderlich ist oder ob es genügt, eine Lieferfrist anzugeben. In der Literatur wird bislang davon ausgegangen, dass die Angabe einer Lieferfrist ausreichend ist, zumal die Angabe eines konkreten Lieferdatums noch vor Vertragsschluss an sich unmöglich ist.

Wenn der Unternehmer einem außergerichtlichen Beschwerde- und Rechtsbehelfsverfahren unterworfen ist, muss darüber informiert werden, dass und unter welchen Zugangsvoraussetzungen der Verbraucher dieses Verfahren nutzen kann (Nr. 16).

Wichtig und neu ist auch die Angabe von Zahlungsmitteln und Lieferbeschränkungen nach § 312j Abs. 1 BGB. Spätestens bei Beginn des Bestellvorgangs – Legen der Ware in den Warenkorb – muss jetzt angegeben werden, ob Lieferbeschränkungen bestehen und welche Zahlungsmittel akzeptiert werden.

2. Spezielle Informationspflichten für digitale Inhalte

Gänzlich neu geregelt wurden die Pflichten im Hinblick auf digitale Inhalte. Digitale Inhalte sind nach der RL Daten, die in digitaler Form hergestellt und bereitgestellt werden. Dazu zählen Computerprogramme (Software), Apps, Spiele, Filme, Musik, aber auch Text- oder Bilddateien. Betroffen ist dabei nicht nur der Download, sondern ausdrücklich auch das Streaming, wie Erwägungsgrund 19 klargestellt.

Die Regelungen über die Informationspflichten bei der Veräußerung digitaler Inhalte sind in Art. 246a § 1 Abs. 1 Nr. 14 und 15 EGBGB umgesetzt.

Danach muss über die Funktionsweise digitaler Inhalte, einschließlich anwendbarer technischer Schutzmaßnahmen, informiert werden. Außerdem ist über Beschränkungen der Interoperabilität und der Kompatibilität digitaler Inhalte mit Hard- und Software, soweit diese Beschränkungen dem Unternehmer bekannt sind oder bekannt sein müssen, zu informieren. Es muss also grunsätzlich angegeben werden, mit welcher Hard- und Software die veräußerten digitalen Inhalte funktionieren bzw. dargestellt werden können. Das erfordert auch Angaben zu dem erforderlichen Betriebssystem. Es muss außerdem erläutert werden, welche Maßnahmen des Kopierschutzes bzw. allgemein des Digital Rights Management zum Einsatz kommen.

3. Erleichterungen bei begrenzter Darstellungsmöglichkeit (M-Commerce)

Wenn ein Kommunikationsmittel verwendet wird, bei dem die Darstellungsmöglichkeiten begrenzt sind, müssen vor Vertragsschluss über dieses Kommunikationsmittel nur die in Art. 246a § 3 EGBGB aufgeführten Informationen genannt werden. Die Informationspflicht ist in diesen Fällen also eingeschränkt. Das betrifft vor allem die Darstellung auf mobilen Endgeräten, aber auch in der Rundfunkwerbung. Die weiteren Informationen nach Art. 246a § 1 Abs. 1 EGBGB müssen aber trotzdem erteilt werden, aber nicht über das mobile Endgerät, sondern in anderer Form. Insofern bietet sich ein ergänzender Versand der vollständigen Verbraucherinformationen per E-Mail an.

posted by Stadler at 14:29  

4.3.14

Himbeer-Vanille Abenteuer ganz ohne Himbeeren und Vanille?

Teetrinker und Joghurtesser, die auch einen Blick auf die Inhaltsliste werfen, kennen das Problem, das den BGH jetzt zu einer Vorlage an den EuGH bewogen hat (Beschluss vom 26.02.2014, Az.: I ZR 45/13 – Himbeer-Vanille Abenteuer).

Ein Tee wurde unter der Bezeichnung „Himbeer-Vanille Abenteuer“ vertrieben, mit dem Vermerk „nur natürliche Zutaten“. Auf der Packung waren zudem Himbeeren und Vanilleschoten abgebildet. Tatsächlich enthielt der Tee aber keinerlei Bestandteile oder Aromen von Vanille oder Himbeere.

Der BGH geht davon aus, dass der Verbraucher aufgrund der sprechenden Bilder (Himbeeren und Vanilleschoten) auf der Verpackung davon ausgeht, dass diese Bestandteile auch enthalten sind und deshalb gar keine Veranlassung mehr sieht, dies anhand des Zutatenverzeichnisses zu überprüfen. Aus diesem Grund möchte der BGH eine Irreführung im Sinne der Richtlinie über die Etikettierung von Lebensmitteln annehmen.

In der Pressemitteilung des BGH heißt es:

Der Bundesgerichtshof hat das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof der Europäischen Union die Frage vorgelegt, ob die Etikettierung und Aufmachung von Lebensmitteln sowie die Werbung hierfür nach Art. 2 Abs. 1 Buchst. a, Abs. 3 der Richtlinie über die Etikettierung von Lebensmitteln durch das Aussehen, die Bezeichnung oder bildliche Darstellung den Eindruck des Vorhandenseins einer bestimmten Zutat erwecken dürfen, obwohl die Zutat tatsächlich nicht vorhanden ist und sich dies allein aus dem Verzeichnis der Zutaten gemäß Art. 3 Abs. 1 Nr. 2 dieser Richtlinie ergibt. Der EuGH hat in der Vergangenheit in Fällen, in denen sich die zutreffende Zusammensetzung eines Lebensmittels aus dem Zutatenverzeichnis ergab, die Gefahr einer Irreführung als gering eingestuft, weil er davon ausgeht, dass der mündige Verbraucher die ihm gebotenen Informationsmöglichkeiten wahrnimmt. Nach Ansicht des BGH können diese Grundsätze aber dann nicht gelten, wenn – wie im Streitfall – der Verbraucher aufgrund der Angaben auf der Verpackung bereits die eindeutige Antwort auf die Frage erhält, ob der Geschmack des Produkts durch aus Himbeerfrüchten und Vanillepflanzen gewonnene Aromen mitbestimmt wird. In einem solchen Fall hat auch der mündige Verbraucher keine Veranlassung mehr, sich anhand des Zutatenverzeichnisses zusätzlich zu informieren.

posted by Stadler at 09:24  
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