Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

29.4.13

Fall Mollath: Neue Untersuchung durch alten Gutachter

Die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Bayreuth hat laut einer heute veröffentlichten Pressemitteilung in der Sache Mollath beschlossen, eine ergänzende Stellungnahme des zuletzt mit der Begutachtung befassten psychiatrischen Sachverständigen einzuholen. In der Pressemitteilung heißt es:

Der Sachverständige soll die Fragen beantworten, wie groß die Wahrscheinlichkeit ist, dass der Untergebrachte erneut Straftaten begehen wird, welcher Art diese Straftaten sein werden, welche Häufigkeit und welchen Schweregrad sie haben werden.

Dieser externe Gutachter ist Prof. Pfäfflin, der Mollath 2011 bereits im Auftrag der Vollstreckungskammer begutachtet hatte. Auf dieses Gutachten hatte die Kammer 2011 die Fortdauer der Unterbringung gestützt. Das Hauptargument des Gutachters, das sich die Kammer zu eigen gemacht hatte, wonach ohne „therapeutische Bearbeitung der Anlasstaten“ die Wahrscheinlichkeit sehr hoch sei, dass es zu weiteren vergleichbaren Taten kommen, beinhaltete bereits seinerzeit freilich keine eigenständige und aktuelle Gefährlichkeitsprognose. Gegen diese Fortdauerentscheidung ist noch eine Verfassungsbeschwerde Mollaths anhängig.

Die Kammer führt in ihrer Pressemitteilung außerdem aus:

Die Strafvollstreckungskammer und der Sachverständige haben dabei weiterhin davon auszugehen, dass der Untergebrachte die Taten, wegen derer das Landgericht Nürnberg-Fürth am 08.08.2006 rechtskräftig die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet hat, begangen hat.

Diese Entscheidung der Vollstreckungskammer wird wohl dazu führen, dass Mollath auch die nächsten Monate noch in der Anstalt verbringen wird. Sollte das Landgericht Regensburg zwischenzeitlich die Wiederaufnahme des Strafverfahrens anordnen, würden die Karten freilich neu gemischt. Denn die Anordnung der Wiederaufnahme beseitigt die Rechtskraft des alten Urteils und beendet auch dessen Vollstreckbarkeit.

Es sieht also ganz danach aus, als würde man in Bayreuth auf Zeit spielen und auf die Entscheidung aus Regensburg warten.

posted by Stadler at 17:07  

29.4.13

Generalstaatsanwalt soll Unterlassungserklärung abgeben

Nach einem Bericht der Süddeutschen Zeitung hat der Filmproduzent David Groenewold den Generalstaatsanwalt von Celle, Frank Lüttig, aufgefordert, eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben.

Der Generalstaatsanwalt soll vor dem Hintergrund der Wulff-Affaire unter anderem behauptet haben, Presseberichte hätten „belegt“, dass Groenewold versucht habe, „Beweise aus der Welt zu schaffen“. Diese Tatsachenbehauptung hält Groenewald für unwahr und fordert vom Generalstaatsanwalt über seinen anwaltlichen Vertreter die Unterlassung dieser Behauptung und die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung.

Nachdem der Generalstaatsanwalt Beamter ist und die Äußerungen in Ausübung eines öffentlichen Amtes erfolgten, kommen ihm grundsätzlich die Privilegierungen der Staatshaftung nach Art. 34 GG / § 839 BGB zugute. Voraussetzung sowohl der Haftungsbegründung als auch der anschließenden Haftungsverlagerung auf den Staat, ist allerdings ein Verschulden des Beamten. Verschuldensunabhängige Ansprüche wie Unterlassungsansprüche bleiben daher grundsätzlich auch unmittelbar gegenüber dem Beamten möglich.

Für den Generalstaatsanwalt bedeutet das, dass er persönlich auf Unterlassung haftet, während für eventuelle Schadensersatzansprüche (nur) der Staat haften würde.

Wenn die öffentlich getätigte Aussage, Groenewold hätte versucht, Beweise aus der Welt zu schaffen, falsch ist, besteht grundsätzlich eine Unterlassungsverpflichtung des Generalstaatsanwalts. Denn die Aussage, jemand hätte Beweismittel vernichtet bzw. unterdrückt, ist ehrenrührig. Die Frage ist dann allenfalls noch die, ob sich aus dem Kontext ergibt, dass der Staatsanwalt nur über einen Tatverdacht gesprochen hat, den er im Rahmen einer Information der Presse möglicherweise äußern darf. Die Aussage, etwas sei belegt, ist aber problematisch, weil damit eine Tatsache bereits als feststehend und nicht lediglich als Verdacht dargestellt wird.

Man darf also gespannt sein, ob der Generalstaatsanwalt die geforderte Unterlassungserklärung abgeben oder ob die Sache einer gerichtlichen Klärung zugeführt wird.

posted by Stadler at 13:43  

26.4.13

Die EU-Kommission wünscht keine ergebnisoffene Überprüfung der Vorratsdatenspeicherung

Mit Beschluss vom 18.04.2013 hat die EU-Kommission eine Beschluss

zur Einsetzung einer Expertengruppe für vorbildliche Verfahrensweisen bei der Vorratsspeicherung elektronischer Kommunikationsdaten zum Zwecke der Untersuchung, Aufdeckung und Verfolgung schwerer Straftaten (Expertengruppe „Vorratsdatenspeicherung“)

gefasst. Der Beschluss zeigt deutlich, dass die Kommission an einer ausgewogenen und ergebnisoffenen Evaluierung der Richtlinie über die Vorratsdatenspeicherung kein Interesse hat.

Die Kommission macht mit dem Ausschreibungskriterium

ernsthafter Wille, sich für die effektive, effiziente Umsetzung der Richtlinie über die Vorratsdatenspeicherung einzusetzen

vielmehr deutlich, dass kritische Sachverständige ohnehin keine Chance haben, in die Expertengruppe berufen zu werden. Ein deutliches Übergewicht werden Vertreter von Polizei- und Sicherheitsbehörden erhalten, eine wohl nur alibimäßige Position wird Vertretern von Datenschutzbehörden zukommen. Wissenschaftler sind ebenso wenig vorgesehen, wie Vertreter der Zivilgesellschaft. Bürgerrechtliche Positionen möchte man wohl von vornherein vermeiden, bzw. in der Minderheit halten.

Mein Eindruck, dass die Kommission mehrheitlich aus Technokraten und Antidemokraten besteht, verstärkt sich weiter. Der Bürger spielt in den Überlegungen der Kommission kaum eine Rolle, solange man ihn nicht eindimensional als Verbraucher betrachten kann. Nur in seiner Verbraucherrolle muss der Bürger auf Biegen und Brechen geschützt werden, während ansonsten versucht wird, ihm seine Grundrechte möglichst zu entziehen.

Auf netzpolitik.org berichtet Andre Meister über den Beschluss der Kommission.

 

posted by Stadler at 21:58  

26.4.13

BGH: Grundstückseigentümer kann kommerzielle Fotos seiner Gebäude verbieten

Der BGH hat seine Rechtsprechung bestätigt, wonach der Grundstückseigentümer auch dann allein über die kommerzielle
Verwertung der von seinem Grundstück aus angefertigten Fotografien seiner Bauwerke und Gartenanlagen entscheiden kann, wenn er den Zugang zum Grundstück zu privaten Zwecken gestattet hat (Urteil vom 1. März 2013, Az.: V ZR 14/1).

In der Entscheidung geht der BGH auch auf die Kritik ein, die in der Rechtswissenschaft an seiner vorangegangenen Entscheidung geübt worden ist. Der BGH versucht deutlich zu machen, dass das ungenehmigte Fotografieren eines Gebäudes eine Eigentumsverletzung darstellt und auch das Urheberrecht diese Eigentumsverletzung nicht rechtfertigt. Zum Zuweisungsgehalt des Grundstückseigentums gehört nach Auffassung des BGH auch das Recht des Grundstückseigentümers, darüber zu entscheiden, wer die wirtschaftlichen Vorteile ziehen darf, die das Betreten oder Benutzen des Grundstücks eröffnet.

In einer älteren Entscheidung hatte der BGH – allerdings der I.Senat – noch ausgeführt:

In rechtlicher Hinsicht ist davon auszugehen, daß der Fotografiervorgang als Realakt die Verfügungsbefugnis des Eigentümers unberührt läßt. Eines Rückgriffs auf § 59 UrhG, wie ihn das Berufungsgericht vorgenommen hat, bedarf es insoweit nicht. Es fehlt aber auch an einer tatsächlichen Einwirkung auf das Eigentum. Diese kann nach der Rechtsprechung zwar nicht nur durch eine Substanzverletzung, sondern auch durch eine sonstige die tatsächliche Herrschaftsmacht des Eigentümers treffende Einwirkung auf die Sache erfolgen (vgl. BGHZ 55, 153, 159; BGH, Urt. v. 21.6.1977 – VI ZR 58/76, NJW 1977, 2264, 2265). Es handelt sich dabei um Fälle, in denen der Eigentümer in der tatsächlichen Nutzung seiner Sache beeinträchtigt wird, indem deren Benutzung be- oder verhindert wird (vgl. auch BGHZ 63, 203, 206). Darum geht es beim Fotografieren eines Hauses von einer allgemein zugänglichen Stelle aus nicht. Der Fotografiervorgang hat keinerlei Auswirkungen auf die Nutzung der Sache selbst. Er hindert den Eigentümer nicht daran, mit der Sache nach Belieben zu verfahren und stört ihn auch nicht in seinem Besitz.

Auch wenn sich beide Entscheidungen dadurch unterscheiden, dass in dem einen Fall vom betroffenen Grundstück aus fotografiert wurde und in dem anderen Fall nicht, stellt sich doch die Frage, ob das wirklich das maßgebliche Differenzierungskriterium sein kann. Wenn der I. Senat ausführt, dass der Fotografiervorgang als Realakt die Verfügungsbefugnis des Eigentümers nicht beeinträchtigt, dann müsste das auch für den aktuellen Fall gelten. Die Verbreitung und öffentliche Wiedergabe einer einmal zulässig angefertigten Fotografie ist dann allerdings ein Vorgang, der unter den Voraussetzungen von § 59 UrhG zulässig ist. Die Frage der Eigentumsbeeinträchtigung stellt sich m.E. daher nicht wie vom V. Senat angenommen bei der Verwertung des Fotos, sondern (nur) bei der Anfertigung.

Der BGH setzt sich schließlich noch mit der Frage auseinander, ob sein Urteil der Fraport-Entscheidung des BVerfG, der MRK und EU-Recht widerspricht und verneint dies. Er stellt hierbei u.a. darauf ab, dass die kommerzielle Verwertung ja nicht untersagt, sondern nur von einem Entgelt abhängig gemacht wird und es darüber hinaus auch nicht darum ginge, die Öffentlichkeit zu informieren, sondern lediglich darum, Nutzungsrechte an den Fotografien zu veräußern.

posted by Stadler at 18:03  

26.4.13

BVerfG zum Anspruch auf Videoübertragung im NSU-Prozess

Das Bundesverfassungsgericht hat eine Verfassungsbeschwerde vom Nebenklägern des NSU-Prozesses nicht zur Entscheidung angenommen (Beschluss vom 24. April 2013, Az.: 2 BvR 872/13).

Mit ihrer Verfassungsbeschwerde wenden sich die Nebenkläger gegen zwei Verfügungen des Vorsitzenden Richters am OLG München, wonach die Hauptverhandlung in einem Sitzungssaal stattfinden soll, der über lediglich 100 Sitzplätze für Zuhörer verfügt. Gleichzeitig haben die Beschwerdeführer beim Bundesverfassungsgericht den Antrag gestellt, dem Vorsitzenden im Wege der einstweiligen Anordnung aufzugeben, die Hauptverhandlung mittels Videotechnologie in mindestens einen weiteren Sitzungssaal übertragen zu lassen.

Das BVerfG hat die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen, weil die Beschwerdeführer nicht dargelegt haben, durch die Verfügung des OLG München in einem Grundrecht selbst, unmittelbar und gegenwärtig verletzt worden zu sein.

Die Verfassungsbeschwerde wäre nur dann erfolgversprechend gewesen, wenn die Nebenkläger hätten geltend machen können, dass sie selbst aufgrund der Raumknappheit von einer Teilnahme ausgeschlossen sind. Nachdem sie selbst aber teilnehmen können, entsteht ihnen unmittelbar kein Rechtsnachteil. Die allgemeine Berufung auf das Rechtsstaatsprinzip ist – ohne eine spezifische Grundrechtsverletzung – vor dem BVerfG nicht möglich. Ein Nebenkläger hat damit nicht das Recht, die Ausweitung der Saalöffentlichkeit durch eine Videoübertragung zu verlangen.

Das Bundesverfassungsgericht musste deshalb auch nicht darüber entscheiden, ob eine Videoübertragung rechtlich überhaupt zulässig wäre.

posted by Stadler at 11:43  

25.4.13

EGMR: Verbot politischer Fernsehwerbung

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat am 22.04.2013 (Az.: 48876/08) entschieden, dass das britische Verbot politischer Rundfunkwerbung keine Verletzung von Art. 10 der MRK (Meinungsfreiheit) darstellt. Die Entscheidung erging denkbar knapp mit 9:8 Richterstimmen, woran man deutlich sieht, wie umstritten die Frage war.

Der EGMR berücksichtigt in seiner Entscheidung maßgeblich den Umstand, dass das Verbot dem Zweck dient, die freie und pluralistische Debatte über Fragen von öffentlichem Interesse zu schützen, weil politische Werbung immer auch die Gefahr beinhaltet, dass bestimmte finanzstarke Interessengruppen die öffentliche Meinung durch bezahlte Werbespots in ihrem Sinne beeinflussen. Es geht also letztlich darum, eine Verfälschung der öffentlichen Debatte zu verhindern. Dieser Aspekt überwiegt nach Ansicht des Gerichtshofs auch das legitime Interesse von NGOs – im konkreten Fall einer Tierschutzorganisation – ihre Anliegen in Form von Rundfunkwerbung publik zu machen.

Für wesentlich hielt der EGMR zudem auch, dass das Verbot nur die Rundfunkwerbung umfasst und deshalb beispielsweise im Internet auch bezahlte Werbekampagnen möglich bleiben.

Wie immer ausführlich und kompetent berichtet der Kollege Lehofer über die Entscheidung.

posted by Stadler at 21:46  

25.4.13

Bücher darf man weiterverkaufen, eBooks nicht

Der Streit um die Frage des Weiterverkaufs digitaler Werkexemplare ist noch lange nicht beendet. Während der EuGH für Software grundsätzlich eine Weiterveräußerbarkeit „gebrauchter“ Software bejaht, hat das LG Bielefeld das für eBooks nunmehr ausdrücklich verneint (Urteil vom 05.03.2013, Az.: 4 O 191/11). Das LG Bielfefeld lehnt eine Übertragung der Used-Soft-Entscheidung des EuGH auf eBooks ausdrücklich ab und hält AGB-Klauseln, die eine Weiterveräußerung eines eBooks verbieten, für wirksam. In der juristischen Literatur ist diese Frage umstritten. Ich hatte mich mit diesem Thema hier im Blog kürzlich bereits im Rahmen der Frage der Weiterveräußerbarkeit „gebrauchter“ Musikdateien beschäftigt und neige, anders als das LG Bielefeld, der Ansicht zu, dass man die Rechtsprechung des EuGH auch auf eBooks und Musik übertragen kann.

Im vorliegenden Fall ist zu erwarten, dass der in Bielfeld klagende Verbraucherzentrale Bundesverband e.V. Berufung einlegen wird.

Wer derzeit Bücher oder Musik online erwirbt, muss sich darüber im Klaren sein, dass er damit eventuell weniger erwirbt, als der Käufer eines Buchs oder einer CD. Zumindest wenn sich die Rechtsprechung des LG Bielefeld durchsetzt.

Ebenfalls zum Thema:
Udo Vetter im lawblog und Sebastian Dosch bei klawtext.

posted by Stadler at 11:50  

24.4.13

Ausgestaltung der Antiterrordatei teilweise verfassungswidrig

Das vielleicht Interessanteste an der heutigen Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (Urteil vom 24.04.2013, Az.: 1 BvR 1215/07) zur Antiterrordatei, ist die Grußadresse in Richtung des EuGH. Eine Vorlage an den EuGH ist nach Ansicht der Verfassungsrichter nicht geboten, denn die europäischen Grundrechte sind im Falle der Antiterrordatei von vornherein nicht anwendbar und der Europäische Gerichtshof ist insoweit auch nicht gesetzlicher Richter im Sinne des Grundgesetzes. Sollte eine aktuelle Entscheidung des EuGH (Urteil vom 26.02.2013, Az.: C-617/10) eine andere Lesart nahelegen, so geht das BVerfG im Sinne eines kooperativen Miteinanders davon aus, dass der EuGH nur einen Sonderfall entschieden hat, aber damit keine grundsätzliche Aussage verbunden ist.

Klingt nach einer Kampfansage in Richtung Luxemburg dahingehend, dass man sich in Karlsruhe die Butter nicht vom Brot nehmen lassen und es nicht akzeptieren wird, sollte der EuGH versuchen, auch die Grundrechtsauslegung weitgehend an sich zu ziehen.

Was die Antiterrordatei angeht, hat das BVerfG deutlich gemacht, dass diese zwar in ihrer Grundstruktur verfassungskonform ist, aber nicht in der konkreten Ausgestaltung.

Der Informationsaustausch zwischen Geheimdiensten und normalen Sicherheits- und Strafverfolgungsbehörden ist nur in Ausnahmefällen möglich. Der erfasste Personenkreis ist in Teilen zu unbestimmt und zu weitreichend definiert. Wegen der fehlenden Transparenz der Antiterrordatei müssen zudem die Aufsichtsinstanzen, derzeit die Datenschutzbeauftragten, mit wirksamen Befugnissen ausgestattet sein. Dazu müssen Zugriffe und Änderungen im Datenbestand vollständig protokolliert und den Datenschutzbeauftragten in praktikabel auswertbarer Weise zur Verfügung gestellt werden.

Außerdem ist auch die vollständige und uneingeschränkte Einbeziehung der durch Eingriffe in Art. 10 Abs. 1 (Telekommunikationsgeheimnis) und in Art. 13 Abs. 1 GG (Unverletzlichkeit der Wohnung) erhobenen Daten in die Antiterrordatei nicht mit der Verfassung vereinbar. Solche Daten können allenfalls verdeckt eingestellt werden, so dass sie nicht bei allgemeinen Abfragen zugänglich sind, sondern nur dann, wenn fachrechtliche Eingriffsvorschriften vorliegen, die ihrerseits verfassungsrechtlich gebotene qualifizierte Eingriffsschwellen und einen hinreichend gewichtigen Rechtsgüterschutz sicherstellen.

Insgesamt also eine weitere Ja-Aber-Entscheidung aus Karlsruhe, die im Detail eine ganze Reihe von Einzelregelungen als verfassungswidrig qualifiziert.

 

posted by Stadler at 17:31  

23.4.13

Amtsgericht München bleibt bei seiner Filesharing-Rechtsprechung

Das Amtsgericht München hat sich auch durch die aktuellen Entscheidungen des BGH und des LG München I nicht von seiner bisherigen, äußerst rechteinhaberfreundlichen Rechtsprechung zum Filesharing abbringen lassen und mit Urteil vom 17.04.2013 (Az.: 161 C 17341/11) erneut einen Anschlussinhaber wegen einer Urheberrechtsverletzung zur Zahlung von Schadensersatz und zur Erstattung von Anwaltskosten verurteilt.

Die Entscheidung ist aus drei Gründen erwähnenswert. In dem Verfahren wurde des Gutachten eines IT-Sachverständigen zu der Frage eingeholt, ob die technische Ermittlung des Anschlussinhabers durch die Firma ipoque fehlerfrei erfolgt ist. Das hat der Sachverständige bejaht, obwohl unstreitig war, dass die aufgezeichneten Netzwerkdaten nicht ausreichend signiert waren. Hierzu hat der Sachverständige dann ergänzend erklärt, dass er für eine aus seiner Sicht nur theoretisch mögliche Manipulation der Daten keine Anhaltspunkte gefunden habe.

Zu der weiteren Frage der korrekten Zuordnung der ermittelten IP-Adressen zum Beklagten als Anschlussinhaber, wollte das Gericht kein Sachverständigengutachten mehr einholen, weil es der Ansicht war, dass aufgrund der mehrmaligen Zuordnung von zwei unterschiedlichen IP-Adressen Zuordnungsfehler fernliegend seien. Auch diese These halte ich für durchaus gewagt, nachdem das Gericht nicht beurteilen kann, ob sich nicht vielleicht derselbe Fehler (in der Datenbank der Telekom) in gleicher Weise immer wieder auf die Zuordnungsvorgänge ausgewirkt hat.

Interessant sind ferner die Ausführungen des Gerichts zur sekundären Darlegungslast des Anschlussinhabers. Den Vortrag des Beklagten, er sei weite Teile des Tages an dem der Verstoß stattgefunden haben soll, gar nicht zu Hause gewesen, hielt das Gericht deshalb für unbeachtlich, weil man für eine täterschaftliche Urheberrechtsverletzung nicht körperlich am Rechner sitzen müsse. Hierbei hat das Gericht allerdings unberücksichtigt gelassen, dass der Sachverständige Verstöße zu sechs unterschiedlichen Zeitpunkten bzw. Zeitspannen mit zwei unterschiedlichen IP-Adressen festgestellt hat. Das bedeutet, dass es zwischendurch zu einer Verbindungsunterbrechung und einem Verbindungsneuaufbau gekommen sein muss.

Auch den weiteren Einwand des Beklagten, seine Ehefrau und seine beiden Söhne hätten den Internetzugang ebenfalls genutzt und kämen damit grundsätzlich auch als Verletzer in Betracht, hielt das AG München für unerheblich. Hierzu meint das Gericht, der Beklagte hätte vortragen müssen, dass seine Angehörigen am fraglichen Tag zu Hause waren und das Internet auch tatsächlich genutzt haben. Abgesehen davon, dass jemand, der selbst nicht zu Hause ist, kaum wissen kann, ob ein Familienmitglied gerade zu Hause online ist, erscheint mir diese Vorgabe gerade auch vier bis fünf Jahre nach dem vermeintlichen Verstoß deutlich überzogen. Hier werden die Anforderungen an die sekundäre Darlegungslast in einer Art und Weise überspannt, die faktisch auf eine Beweislastumkehr hinausläuft, was gerade nicht statthaft ist.

Update vom 07.05.2013:
Gegen das Urteil wurde Berufung eingelegt.

posted by Stadler at 17:58  

23.4.13

Klarnamenpflicht: ULD unterliegt Facebook auch beim OVG Schleswig

Facebook darf vorerst auch weiterhin die Konten von Nutzern, die nicht ihre Klarnamen angeben, sperren. Das Oberverwaltungsgericht Schleswig hat die Beschwerden des Unabhängigen Landeszentrums für Datenschutz (ULD) gegen Eilentscheidungen des Verwaltungsgerichts Schleswig zurückgewiesen (Beschlüsse vom 22. April 2013, Az.: 4 MB 10/13 und 11/13).

Auch wenn es sich lediglich um ein Eilverfahren handelt, dürfte es damit für das ULD im Hauptsacheverfahren schwierig werden. Denn das OVG wird seine rechtliche Einschätzung, wonach Facebook nicht an deutsches Datenschutzrecht gebunden ist, vermutlich aufrecht erhalten. Aber vielleicht marschiert Thilo Weichert ja bis zum Bundesverwaltungsgericht.

Warum ich die Ansicht, Facebook sei nicht an deutsches Datenschutzrecht gebunden, für falsch halte und dennoch das Vorgehen des ULD nicht als gerechtfertigt ansehe, habe ich hier und hier erläutert.

 

posted by Stadler at 13:55  
Nächste Seite »