Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

14.5.13

Blogger sollten sich stärker vernetzen

Die stärkere Vernetzung der Blogosphäre hat sich das Projekt „Blognetz“ auf die Fahnen geschrieben. Eine im Grunde lobenswerte Idee, der ich mich schon anschließen wollte, bis ich merkte, dass man um sein Blog hinzufügen zu können, ein Facebookprofil braucht und sich zugleich mit der Nutzung seiner Facebook Profil-Daten im Rahmen von blognetz einverstanden erklären und eine Facebook-App autorisieren muss.

Das ist für mich als Blogger ehrlich gesagt starker Tobak. Auch wenn ich ein Facebook-Profil habe, mag ich Facebook aus verschiedensten Gründen nicht besonders und halte es schlicht für den falschen Ansatz, eine stärkere Vernetzung von Bloggern über einen Dienst wie Facebook zu realisieren. Abgesehen davon, dass man damit einen Teil der Blogger von vornherein ausschließt, besteht der Sinn eigener Blogs auch gerade darin, sich nicht von Plattformen wie Facebook oder Google+ abhängig zu machen und sich nicht deren Spielregeln beim Publizieren von Inhalten zu unterwerfen.

Vera Bunse scheint das drüben bei CARTA ähnlich zu sehen, wenn ich ihren Beitrag richtig verstanden habe. Ein offener Ansatz hätte da vielleicht tatsächlich die Möglichkeit geboten, die Blogosphäre zu stärken. Meines Erachtens sollten Blogger vor allem stärker darauf achten, sich gegenseitig zu verlinken. Es wäre wünschenswert ein Bewusstsein dafür zu schaffen, dass man im Zweifel auch auf einen guten Blogbeitrag verlinken kann, anstatt immer nur auf die etablierten Medien zurückzugreifen. Das wäre eine Maßnahme, die die Blogosphäre wirklich stärken könnte. Dafür muss man freilich erst einmal Bewusstsein schaffen. Aber vielleicht nicht unbedingt in geschlossenen Gesellschaften wie Facebook.

posted by Stadler at 22:22  

13.2.13

Deutschland Deine Blogger

„Deutschland Deine Blogger“ ist der Titel eines Buchprojekts der Fachhochschule Mainz, in dem 35 Blogger aus verschiedensten Bereichen porträtiert werden. Unter anderem auch ich und „Internet-Law“. Außerdem werden in dem Werk eine ganze Reihe von Thesen zur Situation und Zukunft der Blogger in Deutschland formuliert.

Die das Projekt betreuenden Kommunikationswissenschaftler Andrea Beyer und Lothar Rolke sehen für Blogs weiterhin Potential und erwarten noch einen deutlichen Schub. In den vergangenen fünf Jahren sei zwar eher eine Stagnation zu beobachten gewesen, bei allerdings steigender Qualität. Gleichzeitig betonen die beiden Wissenschaftler, dass Blogs in Deutschland bei weitem noch nicht den Stellenwert besitzen wie beispielsweise in den USA und sich die Blogger zudem in einer Art Sandwichposition zwischen sozialen Netzwerken einerseits und traditionellen Medien andererseits befinden.

Das Projekt hebt außerdem die Individualität und Authentizität der porträtierten Webpublizisten hervor: „Die Blogs stellen persönliche und spezielle Aspekte zu den entsprechenden Themen vor. Sie sind Nischenprodukte und deshalb der Fundus für Journalisten und Medienfachleute auf der Suche nach Trends“.

Auch wenn es der ein oder andere als Anachronismus betrachten wird, ein Buchprojekt über Blogs zu machen, kann ich das Werk nur empfehlen, zumal ich dort auch auf Blogs gestoßen bin, die ich bislang überhaupt nicht auf dem Radar hatte. Außerhalb der eigenen Filterblase gibt es noch jede Menge guter Blogs zu entdecken.

Ein Interview mit Lothar Rolke zu dem Projekt findet man hier und die offizielle Pressemitteilung hier.

Andrea Beyer/Lothar Rolke: Deutschland Deine Blogger. Ein persönlicher Report aus der Blogosphäre. Mainz 2013. Preis: 12 Euro zzgl. Versandkosten.

posted by Stadler at 12:24  

14.11.12

Urheberrecht für das 21. Jahrhundert

iRights.info und netzpolitik.org haben gerade einen Text des Kollegen Till Kreutzer mit dem Titel „Auf dem Weg zu einem Urheberrecht für das 21. Jahrhundert“ veröffentlicht, der mir aus der Seele spricht. Kreutzer sieht den Grund für die aktuellen und zunehmenden Auseinandersetzungen darin, dass das Urheberrecht einen Bedeutungswandel durchgemacht hat, dem bislang allerdings in keiner Weise durch gesetzliche Änderungen Rechnung getragen worden ist. Man möchte an dieser Stelle ergänzen, dass sich der Gesetzgeber sogar förmlich gegen diesen Bedeutungswandel stemmt, indem er das Urheberrecht fortlaufend – getrieben durch einen massiven Lobbyismus – zugunsten der gewerblichen Rechteinhaber verschärft.

Nachdem das Urheberrecht, anders als noch vor 20 Jahren, mittlerweile für weite Teile unserer Bevölkerung von Bedeutung ist, hätte damit die Erkenntnis verbunden sein müssen, dass die gestiegene soziale Bedeutung des Urheberrechts auch eine weitaus größere Sozialbindung nach sich ziehen muss. Denn gerade das, was viele – auch das Bundesverfassungsgericht – so gerne als geistiges Eigentum bezeichnen, unterliegt nach dem Grundgesetz einer expliziten Sozialbindung. Konsequenterweise hätte man deshalb die Schrankenbestimmungen zugunsten der Allgemeinheit ausweiten und nicht wie geschehen einschränken müssen. Der Gesetzgeber ist an dieser Stelle deutlich aus dem Tritt geraten und hat sich einseitig und zu Lasten der Allgemeinheit von Urheberrechtslobbyisten leiten lassen. Diese Fehlentwicklung wird er früher oder später korrigieren müssen.

Kreutzer skizziert drei kurzfristige Lösungsansätze, die ich in diesem Blog auch immer wieder thematisiert habe. Nämlich die Verbesserung des Urhebervertragsrechts, mehr Nutzerfreiheiten für den Bildungs- und Wissenschaftsbereich und die Eindämmung der Filesharing-Abmahnungen.

Vage wird Kreutzer allerdings, wenn es um die langfristige Perspektive geht. Seine Idee von der Entkoppelung der Urheber- und Verwertungsrechte klingt gut, dürfte aber schwer gestaltbar sein. Man wird in Zukunft aber die soziale Komponente des Urheberrechts (wieder) stärker in den Vordergrund rücken müssen und stets um einen fairen und offenen Interessenausgleich zu ringen haben.

posted by Stadler at 18:41  

7.11.12

Eine neue Version ist verfügbar: Ein Interview mit Dirk von Gehlen

Der Journalist und Autor Dirk von Gehlen hat im letzten Jahr das vielbeachtete Buch „Mash Up – Lob der Kopie“ veröffentlicht, eine Lektüre die ich im Kontext der Diskussion um den Begriff des geistigen Eigentums gerade auch Juristen empfehlen kann, die bereit sind, sich mit den Grundannahmen auf denen unsere Idee vom Urheberrecht fußt, kritisch auseinanderzusetzen.

Als Nachfolgeprojekt stellt von Gehlen derzeit „Eine neue Version ist verfügbar“ vor. Es handelt sich um ein Buchprojekt, das die Leser und Unterstützer im Wege des Crowdfunding mitfinanzieren und vor allen Dingen auch mitgestalten sollen. In thematischer Hinsicht wird von Gehlen der Frage nachgehen, wie die Digitalisierung unsere Vorstellung von Büchern, von Kunst und Kultur verändert.

Was man sich unter dem Projekt „Eine neue Version ist verfügbar“ genau vorzustellen hat, erläutert Dirk von Gehlen in dem ersten Interview, das dieses Blog überhaupt geführt hat.

Herr von Gehlen, Sie haben unter dem Titel „Eine neue Version ist verfügbar“ ein neuartiges Buchprojekt angekündigt, für das Sie im Netz um Unterstützung bitten. Was muss ein Unterstützer tun, was erwarten Sie von Ihm und auf was lässt er sich ein, wenn er Ihr Projekt unterstützt?

Die Unterstützer kaufen ein Buch, das noch nicht geschrieben ist. Gemeinsam stellen wir damit die gelernte Art, Bücher zu schreiben (und auch jede andere Form, Kultur zu produzieren) auf den Kopf: Bisher ist es üblich, dass der kreative Schöpfer in seiner Denkerstube sitzt und den Entstehungsprozess seines Werks geheim hält. Durch die Digitalisierung und die Vernetzung ist es möglich, diesen Prozess zu öffnen und transparent zu machen. So entsteht nicht bloß ein singuläres, unveränderliches Kunstwerk wie bisher, es entstehen Versionen. Ich vergleiche das mit der Art wie wir Software denken, eben auch nicht in einem festen unveränderlichen Gegenstand, sondern in flüssigen Varianten. Ich glaube, dass die Digitalisierung es möglich und vielleicht auch nötig macht, auch Kultur als Software zu denken. Deshalb heißt das Buch „Eine neue Version ist verfügbar“ und deshalb handelt dieses Buchexperiment nicht nur von der Verflüssigung von Inhalten, es probiert diese auch selber aus – übrigens mit einem erstaunlichen Erfolg, der mich sehr freut. Das Projekt läuft seit rund zwei Wochen und hat schon fast 7000 Euro eingesammelt.

Was wird den Leser voraussichtlich erwarten, wenn er irgendwann im nächsten Jahr das Buch in Händen hält? Das Thema haben Sie mit der Frage „Wie verändert die Digitalisierung Kunst und Kultur?“ schon umschrieben. Können Sie den Lesern meines Blogs bereits eine grobe inhaltliche Vorschau bieten?

Bis es dazu kommt, wird der Leser – so er oder sie das will – Bestandteil des Entstehungsprozesses des Buchs. Ich werde ab Ende Dezember wenn die so genannte Fundingphase auf Startnext endet, Versionen des Buches  veröffentlichen, also transparent machen wie das Buch entsteht. Ziel dessen ist, die Leser, die das wollen, miteinzubinden, ihnen Versionen des Buches zu zeigen und so – wenn das gewünscht ist – auch in Diskussionen einzusteigen. Ich weiß nicht, ob das funktionieren kann, ich will es aber ausprobieren, weil ich glaube, dass wir das Netz eher wie einen Raum denken müssen als wie eine reine Transportrampe. Dieser Raum ist für mich ein wenig wie ein Künstlersalon, in dem der Rezipient auch zum aktiveren Teilnehmer werden kann, in dem er Links, Hinweise oder Anmerkungen beisteuert. Vielleicht will er aber auch einfach nur beobachten, wie wirr ich anfange zu schreiben, wie ich Tippfehler mache und wie aus all dem dann ein fertiges Buch lektoriert wird, das dann – so ist es geplant – im Mai 2013 verschickt wird.

Wer wird das Buch letztlich schreiben? Wird es vollständig von Ihnen verfasst werden oder wollen Sie (nur) die Fragmente zusammensetzen, die Ihnen andere liefern? 

Nach meiner derzeitigen Annahme bin ich der Verfasser, allerdings weniger im Sinne eines göttliche Schöpfers als mehr wie ein Gastgeber in einem Künstlersalon. Ich weiß nicht, wie sich das entwickelt und ob das klappen kann, aber das primäre Ziel ist es, meinen Gedanken von Kultur als Software (hier mal für den BR notiert: http://www.br.de/radio/bayern2/sendungen/zuendfunk/netz-kultur/netz/von_gehlen102.html) auszuformulieren. Ich bleibe also der Autor, will diese Rolle aber digitaler interpretieren. Denn nach meinen ersten Buch „Mashup – Lob der Kopie“ habe ich gemerkt, dass wir als Gesellschaft noch recht ratlos vor den Möglichkeiten der digitalen Kopie stehen und eher darüber nachdenken, wie man sie einschränken kann als in ihre eine Chance zu sehen, die man nutzen kann für eine veränderte Form der Kunstproduktion.

posted by Stadler at 17:31  

10.1.10

Wie verändert das Internet unser Denken?

„HOW IS THE INTERNET CHANGING THE WAY YOU THINK?“ lautet für das Onlinemagazin für Wissenschaftskultur „Edge.org“ die Frage des Jahres 2010. Diese Frage stellt Edge an Wissenschaftler und Denker, wie es auf der Site heißt, und veröffentlicht die eingehenden Antworten. Unter den Befragten befinden sich natürlich eine ganze Menge der üblichen Verdächtigen, u.a. auch Frank Schirrmacher und Nicolas Carr mit ihren kulturpessimistischen Ansätzen. Die FAZ hat sich des Themas angenommen und einige der ersten Antworten ins Deutsche übersetzt.

Die hiesige Debatte war in den letzten Wochen und Monaten sehr stark von Frank Schirrmachers Texten geprägt, die sich in Buchform auch ganz vorne in den Bestsellerlisten wiederfinden. Der These Schirrmachers, dass wir aufgrund einer Überforderung im Informationszeitalter gezwungen werden, Dinge zu tun, die wir nicht wollen, widersprach in erstaunlich überzeugender Art und Weise Sascha Lobo, der im Spiegel den Kulturpessimismus Schirrmachers offen legt.

Auch die Süddeutsche Zeitung hat sich in ihrer Wochenendausgabe („Die Zweimilliardenfrage“ von Johannes Boie) des Themas angenommen und berichtet über das Projekt des Onlinemagazins Edge.

Die Debatte ist wichtig und interessant. Man wird allerdings zu berücksichtigen haben, dass konservative Stimmen wie die Frank Schirrmachers naturgemäß zunächst die Oberhand behalten werden und die Deutungshoheit für sich beanspruchen. Das ist der menschlichen Neigung zum Kulturpessimismus geschuldet, die Karl Valentin mit dem Satz „Früher war sogar die Zukunft besser“ trefflich umschrieben hat.

Dass das Internet das Denken der Menschen verändert, ist dabei vielleicht gar nicht mehr die zentrale Frage. Das menschliche Denken hinkt der technologischen Entwicklung allerdings deutlich hinterher. Wer deshalb mit Schirrmacher glaubt, dass der Mensch dem Internet und seiner Dynamik generell nicht gewachsen wäre, der unterschätzt möglicherweise die menschliche Fähigkeit zur Veränderung und Weiterentwicklung. Schirrmacher ist einer, der derzeit viele Bücher verkauft, weil er den Zeitgeist getroffen hat. Als Vordenker wird er mit seinen vielfach rückwärtsgewandten Thesen deshalb wohl kaum in die Geschichte eingehen. Er liefert dennoch einige wichtige Denkanstöße. Mit seiner Forderung nach einem notwendigen Bildungswandel, weg vom Wissenslernen, hin zu einem „informellen Lernen“, beschreibt Schirrmacher eine der großen Herausforderungen dieser Wissens- und Bildungsgesellschaft.

Wenn das Grundprinzip des Netzes, das in der Verlinkung von Informationen und Inhalten besteht, sich auch als Bildungsprinzip durchsetzen könnte, wäre bereits viel gewonnen. Denn gerade das Erlernen eines verknüpfenden, strukturierenden Denkens stellt neben der Fähigkeit Informationen zu filtern und zu bewerten, das maßgebliche Rüstzeug dar, um sich in der Informationsgesellschaft behaupten zu können. Ob staatliche Bildungsvorgaben wie der Bologna-Prozess, der auf eine stärkere Verschulung des Hochschulwesens setzt, dem nicht eher im Weg stehen, muss kritisch hinterfragt werden.

posted by Stadler at 12:25