Bei der Bahn scheinen einige Leute sehr nervös zu sein. Die Bahn hat das Bürgerrechtsportal „netzpolitik.org“ wegen der Veröffentlichung eines internen Gesprächsprotokolls der Bahn abgemahnt. In dem Gespräch, das Vertreter der Bahn mit dem Berliner Datenschutzbeauftragten geführt haben, geht es um das unlängst bekannt gewordene Screeing der Bahn, von dem mehr als 170.000 Bahnmitarbeiter betroffen sein sollen.
Die Bahn behauptet einen Verstoß gegen § 17 Abs. 2 Nr. 2 UWG (sog. Geheimnisverwertung) sowie gegen §§ 823, 826 BGB und verlangt von dem Betreiber, dass er das Dokument vom Netz nimmt und eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgibt.
Die Voraussetzungen der Vorschrift des § 17 Abs. 2 Nr. 2 UWG sind m.E. aus verschiedenen Gründen nicht erfüllt. Der Betreiber von „netzpolitik.org“ hat nicht zu Zwecken des Wettbewerbs, aus Eigennutz oder in der Absicht der Bahn Schaden zuzufügen, gehandelt, sondern aus einem Berichterstattungsinteresse heraus. Damit fehlt es in jedem Fall am subjektiven Tatbestand der Norm.
Aber auch die objektiven Voraussetzungen der Vorschrift sind nicht erfüllt. Es ist bereits fraglich, ob das Dokument auf eine der im Gesetz genannten (unlauteren) Arten erlangt worden ist. Um das abschließend beurteilen zu können, müsste man freilich genauer wissen, woher das Dokument stammt.
Die Frage ist aber auch, ob die Datei überhaupt geheimhaltungsbedürftige Geschäftsgeheimnisse der Bahn enthält, zumal das Dokument ganz offensichtlich verschiedensten Journalisten und Redaktionen bereits vorgelegen hat und daraus in den Medien auch schon mehrfach zitiert worden ist.
Bei der Prüfung der Rechtswidrigkeit ist zudem, gerade im Rahmen von § 823 BGB, eine Interessenabwägung vorzunehmen, bei der die Pressefreiheit und das Informationsbedürfnis der Öffentlichkeit zu berücksichtigen sind und gegen ein evtl. Geheimhaltungsbedürfnis der Bahn abgewogen werden müssen. Insoweit dürfte angesichts des Hintergrunds von einem Überwiegen des Informationsinteresses auszugehen sein.
Die Annahme einer vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung (§ 826 BGB), wie sie die Bahn ebenfalls behauptet, ist gänzlich abwegig und keiner Diskussion wert.
Mir scheint es, dass bei der Bahn einige Leute nicht mehr wirklich bei Trost sind und gerade wild um sich schlagen. Diese Abmahnung ist nicht nur juristisch äußerst fragwürdig, sondern wird das schlechte Image der Bahn nicht verbessern. Vielleicht sollte die Bahn einfach ihre Rechts- und Presseabteilungen zusammen mit Herrn Mehdorn in die Wüste schicken.
Quellen:
Netzpolitik.org
ORF Futurezone