Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

11.11.19

OLG Frankfurt: Neue Entscheidung zum Influencer-Marketing

Die Entscheidungen zum Influencer-Marketing, bei denen es zumeist um die Frage einer verdeckten Werbung geht, häufen sich. Eine einheitliche Linie hat die Rechtsprechung noch nicht wirklich gefunden.

Das Gebot der Trennung von Werbung und Content ergibt sich u.a. aus dem Wettbewerbsrecht. Aber auch das TMG und der RStV, für journalistisch-redaktionelle Inhalte, verlangen eine Kennzeichnung von Werbung.

Das OLG Frankfurt verfolgt in einer aktuellen Entscheidung (Beschluss vom 23.10.2019, AZ.: 6 W 68/19) hierzu eine sehr restriktive Linie. Es unterstellt Influencern regelmäßig ein Handeln im geschäftlichen Verkehr, das aber versucht wird zu verbergen, indem sich der Influencer als eine Person darstellt, die andere an ihrem Privatleben teilnehmen lässt.

Neben der Förderung fremden Wettbewerbs durch Verlinkung auf Leistungen oder Produkte Dritte, geht das OLG Frankfurt davon aus, dass ein Influencer stets sein eigenes Unternehmen fördert. Hierzu führt das Oberlandesgericht aus:

Im Übrigen fördert die Antragsgegnerin mit ihren mit Tags versehenen Posts jedenfalls ihr eigenes Unternehmen (vgl. LG Karlsruhe, Urteil vom 21.03.2019, 13 O 38/18, Rdz. 43 bei juris). Als Influencerin erzielt die Antragsgegnerin Einkünfte damit, dass sie Produkte und auch sich selbst vermarktet. Ausweislich einer Internetveröffentlichung der C-Buchverlage ist die Antragsgegnerin gemeinsam mit ihrem Partner D Autorin eines Buches mit dem Titel „E“, bei dem es sich um einen Zeitschrift1-Online-Bestseller handelt (Anlage ASt 3 zur Antragsschrift). Die Antragsgegnerin nutzt also ihre Bekanntheit als Influencerin, um eigene Produkte zu vermarkten. Ihr Instagram-Account ist daher insgesamt als kommerziell und nicht je nach Post als kommerziell oder privat zu bewerten.

Das bedeutet dann aber, dass ein Influencer mit seinem gesamten Instagram-Account kommerzielle Zwecke verfolgt bzw. kommerzielle Kommunikation betreibt.

Ob sich diese Linie durchsetzen wird oder eine stärker differenzierende Betrachtung, bleibt abzuwarten.

posted by Thomas Stadler at 18:37  

15.10.19

BGH hebt Urteil zu Adblock Plus teilweise auf

Das von Springer gegen Eyeo, den Anbieter des Werbeblockers Adblock Plus, angestrengte Verfahren auf Unterlassung war am Ende sowohl beim BGH als auch beim BVerfG erfolglos.

Der I. Zivilsenat des BGH hatte entschieden (Urteil vom 19.04.2018, Az.: I ZR 154/16), dass das Angebot des Werbeblockers AdBlock Plus weder eine unlautere Behinderung noch eine aggressive geschäftliche Handlung im Sinne des UWG darstellt und die Klage von Springer abgewiesen.

Die dagegen gerichtete Verfassungsbeschwerde hat das Bundesverfassungsgericht nicht zur Entscheidung angenommen (Beschluss vom 22.08.2019, Az. 1 BvR 921/19).

Damit schien die Auseinandersetzung bereits zugunsten von Eyeo entschieden. Allerdings hast nunmehr der Kartellsenat des BGH in einem Verfahren, das RTL gegen Eyeo führt, eine klageabweisende Entscheidung des OLG München teilweise aufgehoben (BGH, Urteil vom 08.10.2019, Az.: KZR 73/17).

Das OLG München hatte mit Urteil vom 17.08.2017 (Az.: U 2184/15 Kart) eine Entscheidung des LG München I bestätigt, in der sowohl kartellrechtliche als auch wettbewerbsrechtliche Unterlassungsansprüche von RTL gegen den Werbeblocker abgelehnt worden waren. Die Entscheidungen beschäftigen sich auch mit dem von Eyeo als Geschäftsmodell angebotenen Whitelisting, das ich in einem älteren Blogbeitrag als rechtlich kritisch bewertet hatte.

Über die aktuelle BGH-Entscheidung hat bislang lediglich Heise berichtet, eine Pressemitteilung des BGH gibt es (bislang) nicht. Nach meinen Informationen hat der BGH das Urteil im Hinblick auf die Klageanträge zu 1, 2, 4 und 5 und den darauf bezogenen Feststellungsantrag zum Schadensersatz aufgehoben und insoweit an das OLG zurückverwiesen.

Ob sich der Kartellsenat des BGH allein auf kartellrechtliche Aspekte stützt oder sich (auch) in Widerspruch zur Entscheidung des I. Zivilsenats setzt, ist derzeit, mangels Vorliegen der Urteilsgründe unklar.

Auch Springer hat noch nicht aufgegeben und vor dem Landgericht Hamburg eine weitere Klage gegen Eyeo erhoben, die sich diesmal auf Urheberrecht stützt. Die Begründung, wonach Adblock Plus die Programmiercodes von Webseiten verändert und und damit direkt in das rechtlich geschützte Angebot von Verlagen eingreift, erscheint bemerkenswert.

Der Streit um Adblock Plus ist also keinesfalls schon beendet, sondern wird die Gerichte noch eine Weile beschäftigen.

posted by Thomas Stadler at 17:12  

16.7.19

OLG Dresden: Affiliate-Links müssen als Werbung gekennzeichnet werden

Das OLG Dresden hat das Portal finanztip.de verpflichtet, bei sog. Affiliate-Links deutlich und unmissverständlich darauf hinzuweisen, dass es sich um Werbung handelt und ferner dazu, die Behauptung zu unterlassen, das Portal sei werbefrei, solange Affiliate-Marketing betrieben wird (Urteil vom 05.07.2019, Az.: 14 U 207/19).

Das Gericht qualifiziert Affiliate-Links als geschäftliche Handlung im Sinne des UWG und nimmt sodann einen Verstoß gegen § 5a Abs. 6 UWG an, weil der kommerzielle Zweck der geschäftlichen Handlung nicht kenntlich gemacht wurde. Insoweit betont das Oberlandesgericht, dass dies auch dann gilt, wenn die Affiliate-Links im Rahmen eines Produkttests oder einer redaktionellen Berichterstattung erfolgen. Auch insoweit sei eine Trennung und Kennzeichnung möglich und nötig.

Wie der kommerzielle Zweck von Affiliate-Links kenntlich zu machen ist, hat das Gericht nicht vorgegeben, allerdings betont, dass dies jedenfalls so deutlich geschehen muss, dass für einen Durchschnittsverbraucher kein Zweifel am Vorliegen eines kommerziellen Zwecks mehr bestehen kann.

Das Gericht geht zudem davon aus, dass die Aussage des Portals, es sei werbefrei, irreführend ist, solange Affiliate-Marketing betrieben wird.

Das OLG hat die Revision nicht zugelassen.

posted by Thomas Stadler at 22:17  

3.5.19

Neues zum Influencer-Marketing

Das Landgericht Karlsruhe hat unlängst mit Blick auf das Instagram-Profil der Influencerin Pamela Reif, die über mehr als vier Millionen Follower verfügt und laut Wikipedia ihren Lebensunterhalt mit der Bewerbung von Fitnessprodukten und Kleidermode verdient, entschieden, dass die Kennzeichnung ihres Instagram-Auftritts als Werbung nicht entbehrlich ist. Insbesondere sei, so das Landgericht der werbliche Charakter nicht für alle – oft jugendlichen, teilweise kindlichen – Nutzer offensichtlich (Urteil v. 21.3.2019, Az.: 13 O 38/18 KfH). Dies gilt umso mehr, als es das Geschäftsmodell von Influencern darstellt, (scheinbar) private mit kommerziellen Posts zu mischen.

Zu einer komplett gegenteiligen Einschätzung gelangte gerade das Landgericht München I mit Blick auf das Instagram-Profil von Cathy Hummels, der Frau von Fußballer Mats Hummels. Nach dem Urteil des Landgerichts München I vom 29.04.2019 handelt Cathy Hummels zwar geschäftlich, weil sie durch ihre Posts die verlinkten Unternehmen und ihr eigenes Unternehmen fördert. Das aber sei nach Auffassung der Kammer für die Nutzer erkennbar. Ausschlaggebend dafür sind nach Ansicht des Landgerichts München I vor allem die Anzahl der Follower von Hummels und der Umstand, dass es sich um ein öffentliches, verifiziertes und mit einem blauen Haken versehenes Profil handelt.

Die Gegensätzlichkeit beider Entscheidungen wird noch deutlicher, wenn man sich die jeweils zugrundeliegenden Sachverhalte vor Augen führt.

Während das Profil der hauptberuflichen Influencerin Pamela Reif durchaus erkennbar kommerziell ist, ist dies im Fall von Cathy Hummels weit weniger offensichtlich.

Die Begründung des Landgerichts München I ist nicht tragfähig. Der blaue Haken besagt zunächst nur, dass es sich um einen verifizierten Account handelt. Und die bloße Anzahl an Followern kann ebenfalls noch kein Argument für eine geschäftliche Handlung sein. Auch jemand, der rein ideelle Interessen verfolgt, kann 500.000 Follower haben. Das Landgericht München I macht es sich deutlich zu einfach, wenn es öffentliche Profile von Prominenten mit hoher Followerzahl per se als geschäftlich qualifiziert.

Nur über die konkrete Betrachtung und Bewertung der Inhalte eines Profils wird man zur Annahme einer geschäftlichen Handlung gelangen können. Ganz allgemein stellt sich dabei aber die Frage, ob man das Profil insgesamt betrachten kann oder ob man nicht vielmehr auf die einzelnen Inhalte abstellen muss. Was bedeutet es, wenn in einem Profil gelegentlich werbliche Posts auftauchen, aber die überwiegende Mehrzahl der Postings privater bzw. nichtkommerzieller Natur sind? Was genau stellt dann die geschäftliche Handlung dar? Zunächst wohl nur das einzelne kommerzielle Posting. Kann man dann tatsächlich davon ausgehen, dass bereits durch einzelne geschäftliche Postings das Gesamtprofil infiziert wird? Fragen, mit denen sich das Landgericht München nicht auseinandersetzt.

Im Fall des Profils von Cathy Hummels wird überwiegend ganz gezielt der Eindruck erweckt, es würde sich um private Fotos und Postings handeln, die über ihr natürlich glamouröses Leben berichten. Und das ist auch genau die Art und Weise, wie Influencer-Marketing funktioniert. Der werbliche Charakter soll möglichst verschleiert werden und in den Hintergrund treten, damit beim Nutzer der Eindruck erweckt wird, die auftauchenden Produkte seien das, was Cathy Hummels ganz persönlich mag und trägt.

Die Annahmen des Landgerichts München I sind also in zweierlei Hinsicht problematisch. Mit der gegebenen Begründung lässt sich der geschäftliche Charakter des gesamten Profils schwerlich begründen. Wenn das Profil von Cathy Hummels aber insgesamt als geschäftlich zu betrachten wäre, wie das Landgericht München I meint, dann kann man nicht ignorieren, dass genau dies dann relativ konsequent verschleiert wird, so dass sich dem Durchschnittsnutzer der kommerzielle Charakter gerade nicht aufdrängen wird.

Beim Thema Influencer-Marketing werden wir vermutlich noch eine ganze Reihe uneinheitlicher Rechtsprechung erleben.

posted by Thomas Stadler at 21:42  

26.4.19

Sind Tweets, in denen auf eine Paywall verlinkt wird, kennzeichnungspflichtig?

Unlängst habe ich auf Twitter die Auffassung vertreten, dass Tweets mit Direktlinks auf ein kostenpflichtiges Verlagsangebot, die durch den Autor, der den fraglichen Artikel verfasst hat, selbst erfolgen, als werbliche Kommunikation zu betrachten sind und entsprechend gekennzeichnet werden müssen. Das hat zu Widerspruch von Journalisten und Juristen geführt.

Aus meiner Sicht liegt in diesen Fällen ein Verstoß gegen § 6 TMG und § 5a Abs. 6 UWG vor. § 6 TMG verlangt, dass kommerzielle Kommunikation, die Bestandteil von Telemedien ist, klar als solche zu erkennen ist. Nach der Legaldefinition in § 2 S. 1 Nr. 5 TMG ist jede Form der Kommunikation umfasst, die der unmittelbaren oder mittelbaren Förderung des Absatzes von Waren oder Dienstleistungen dient. Das trifft auf einen Link, der direkt auf die Paywall einer Zeitung führt, zu. Erst nachdem man auf den Link geklickt hat, erkennt man, dass man es nicht mit einem frei abrufbaren Artikel zu tun hat, sondern den Text vielmehr nur lesen kann, wer ein Abo abschließt. Allerdings schränkt das Gesetz die kommerzielle Kommunikation dahingehend ein, dass Angaben in Bezug auf Waren und Dienstleistungen, die unabhängig und insbesondere ohne finanzielle Gegenleistung gemacht werden, nicht erfasst sein sollen. Hierunter fallen insbesondere Empfehlungen von unabhängigen Dritten. Und an dieser Stelle wird auch die Weichenstellung erfolgen müssen. Verlinkt ein Autor auf seinen eigenen kostenpflichtigen Text, dann fördert er damit unmittelbar seine geschäftlichen Interessen und auch die seines Arbeitgebers/Auftraggebers. Wenn ein Dritter lediglich zu Informationszwecken auf kostenpflichtige Artikel, die sich hinter einer Paywall befinden, verlinkt, kann man das als eine Empfehlung verstehen, die den Tatbestand von § 6 TMG nicht erfüllt.

Wenn man auf § 5a Abs. 6 UWG abstellt, wird die Schlussfolgerung dieselbe sein müssen. Derartige Tweets stellen eine geschäftliche Handlung dar, mit der ein kommerzieller Zweck verfolgt wird. Der Begriff der geschäftlichen Handlung im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG ist denkbar weit. Auch wenn man mit Blick auf das Grundrecht aus Art. 5 GG sicherlich darüber diskutieren kann, ob auch Tweets von völlig unbeteiligten Dritten als geschäftliche Handlung qualifiziert werden können, wird man jedenfalls dann, wenn eine Zeitung oder der Autor selbst, auf ihre eigenen kostenpflichtigen Inhalte hinweisen, eine geschäftliche Handlung annehmen müssen.

Die Handlung muss außerdem geeignet sein, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen. Die Rechtsprechung legt diese geschäftliche Relevant ebenfalls eher weit aus und lässt im Offline-Bereich bereits das Betreten eines Ladenlokals genügen. Vor diesem Hintergrund ist auch die Weiterleitung des Nutzers auf eine Paywall, wo unmittelbar der Abschluss eines Abos angeboten wird, um den Text vollständig lesen zu können, ausreichend. Und das unterscheidet diese Form des Links von solchen, die auf frei abrufbare Inhalte verweisen. In letzterem Fall wird nicht unmittelbar zum Abschluss eines kostenpflichtigen Abos aufgefordert. Solche Tweets haben keine geschäftliche Relevanz.

Man kann sich jetzt noch die Frage stellen, ob vielleicht eine Privilegierung in Betracht kommt, weil solche Tweets als journalistisch-redaktionell zu bewerten sind. Die früher klare Trennung zwischen Marketing einerseits und journalistischer Tätigkeit andererseits verschwimmt an dieser Stelle. Bei Links auf eigene Texte, die direkt auf eine Paywall führen, fällt es schwer den werblichen Aspekt auszublenden und als untergeordnet zu betrachten. Zu unmittelbar ist der kommerzielle Charakter einer solchen Verlinkung.

Tweets und Postings von Medien und Journalisten, die direkt auf eigene kostenpflichtige Inhalte verweisen, müssen deshalb ausreichend deutlich machen, dass es sich um kommerzielle/werbliche Hinweise handelt.

posted by Thomas Stadler at 21:49  

4.2.19

OLG München: Bestellübersichtsseite von Amazon nicht rechtskonform

Das OLG München hat mit Urteil vom 31.01.2019 (Az.: 29 U 1582/18) eine Entscheidung des Landgerichts München I vom 04.04.2018 (Az.: 33 O 9318/17) bestätigt, die Amazon verpflichtet auf seiner Bestellübersichtsseite vor dem Drücken des Bestellbuttons, die wesentlichen Merkmale der verkauften Ware anzugeben, wobei insoweit eine Verlinkung auf eine entsprechende Produktinformation ausdrücklich als nicht ausreichend angesehen wurde.

Die Entscheidung stützt sich auf § 312j BGB, der verlangt, dass der Unternehmer dem Verbraucher die Informationen gemäß Artikel 246a § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, 4, 5, 11 und 12 EGBGB, unmittelbar vor Abgabe der Bestellung, klar und verständlich in hervorgehobener Weise zur Verfügung stellt.

Wer die Vorschrift, auf die verwiesen wird, liest, wird bemerken, dass die Entscheidung noch deutlich weiter reicht, als es zunächst scheint. Denn der Unternehmer muss nicht lediglich die wesentlichen Eigenschaften der von ihm angebotenen Ware oder Dienstleistung darstellen, sondern u.a. auch Angaben zum Preis, zu den Versandkosten, zur Laufzeit und den Bedingungen der Kündigung des Vertrags. Da eine Verlinkung nicht zulässig sein soll, müssen diese Informationen (nochmals) in vollem Umfang unmittelbar auf der Seite aufgeführt werden, die die Bestellung abschließt. Eventuell wird man sich hier mit Drop-Down-Menüs behelfen können, um die Seite nicht komplett zu überfrachten, aber auch das erscheint ungewiss. Man sollte sich hier durchaus auch vor Augen führen, dass viele Kunden nicht nur eine einzelne Ware bestellen, sondern häufig eine Vielzahl. Wie die abschließende Bestellseite bei umfangreichen Bestellungen künftig aussehen würde, wenn man zu jedem einzelnen Produkt im Volltext nochmals eine Darstellung der wesentlichen Eigenschaften der Ware verlangen würde, kann man sich ausmalen.

Auch wenn die Schlussfolgerung des Gerichts angesichts des Gesetzeswortlauts nicht abwegig erscheint, hinterlässt die Entscheidung ein gewisses Störgefühl.

Die Vorschrift des § 312j BGB geht auf Art. 8 Abs. 2 der Verbraucherrechterichtlinie zurück, die die Voraussetzungen ähnlich normiert. Vor diesem Hintergrund und angesichts des Umstands, dass die Richtlinie eine Vollharmonisierung vorgibt, wäre eine Vorlage an den EuGH wünschenswert gewesen. Dass der EuGH die Richtlinie ähnlich eng auslegt wie das OLG München, ist zumindest nicht zwingend.

Die Entscheidung hat weitreichende Konsequenzen für den gesamten Bereich des E-Commerce, da es derzeit wohl kaum Webshops und Onlinebestellsysteme gibt, die diesen strengen Anforderungen genügen.

Das Urteil zeigt aber auch deutlich, dass im Bereich des E-Commerce mittlerweile eine deutliche Überregulierung herrscht, die auch den Interessen des Verbrauchers nicht mehr dient. Gerade wenn man eine Gesamtbetrachtung aller derzeit gesetzlich normierten Informationspflichten anstellt, gewinnt man den Eindruck, dass sich der Verbraucher dieser Überinformation schon förmlich erwehren muss und dies häufig dann auch tut. Der Sinn und Zweck des Verbraucherschutzes wird damit in sein Gegenteil verkehrt.

posted by Stadler at 21:45  

17.1.19

Wann ist Influencer-Marketing Werbung?

Über die rechtlichen Anforderungen an das Influencer Marketing hatte ich vor einer Weile schon gebloggt. Durch zahlreiche Abmahnungen des Verbands Sozialer Wettbewerb ist im Laufe des letzten Jahres eine erhebliche Unsicherheit bei Bloggern/Influencern entstanden. Speziell die Entscheidung des Landgerichts Berlin gegen die Influencerin Vreni Frost hat für erhebliche Unruhe gesorgt (Urteil des LG Berlin vom 24.05.2018, Az.: 52 O 101/18), wie auch der Fall von Cathy Hummels. Die unzulässige verdeckte Werbung ist hierbei von solchen Inhalten abzugrenzen, die der Berichterstattung dienen.

Dass Beiträge in sozialen Medien über Produkte und Leistungen von Unternehmen, für die der Blogger/Influencer eine Gegenleistung erhält, sei es in Form einer Bezahlung oder Sachleistung, Werbung darstellen, ist relativ klar.

Nach den Vorgaben des UWG ist aber nicht die Gegenleistung der maßgebliche Anknüpfungspunkt, sondern die Förderung des Absatzes des eigenen oder eines fremden Unternehmens (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG). Andererseits muss auch Bloggern eine redaktionelle Berichterstattung über Produkte und Dienstleistungen – einschließlich von Produkttest – möglich sein, ohne, dass dies als Werbung zu qualifizieren ist.

Das Landgericht Berlin ist nun aufgrund des Gesamtbilds der Präsentation der Waren, insbesondere wegen der Verlinkung auf die Instagram-Auftritte der Unternehmen, davon ausgegangen, dass eine Werbung in Bezug auf fremde Waren auch dann vorliegt, wenn der Influencer nachweislich keine Gegenleistung erhalten hat.

In diesem Punkt hat das Kammergericht nach Medienberichten nun aber offenbar das Urteil des Landgerichts Berlin aufgehoben. Wie genau das Kammergericht seine Entscheidung begründet, ist derzeit nicht bekannt.

Worauf das Landgericht allerdings nicht explizit abgestellt hat, ist die Frage, ob auch ein Blogger/Influencer ein Berichterstattungsprivileg genießt. Wenn jemand ein Blog oder ein Social Media Profil zu geschäftlichen Zwecken betreibt, dürfte insoweit die entscheidende Frage die sein, ob er damit in nennenswertem Umfang auch Informations- bzw. Berichterstattungszwecke verfolgt oder, ob es nur darum geht, mit einem kommerziellen Profil Werbeeinnahmen zu generieren. Die Abgrenzung wird im Einzelfall schwierig sein. Redaktionelle Beiträge sind grundsätzlich priviligiert. Damit ist allerdings noch nicht die Frage beantwortet, wann man von einem derart priviligierten Beitrag ausgehen kann. Die maßgebliche Frage ist am Ende, wann ein Beitrag der Information und Meinungsbildung und wann er vorrangig der Werbung für Produkte und Leistungen (Dritter) dient. Und möglicherweise ist die Frage auch die, ob man isoliert auf den einzelnen Beitrag abstellen kann oder ob eine Gesamtbetrachtung des Profils/Angebots vorzuehmen ist. Letzteres hat das Landgericht gemacht, das Kammergericht scheint stärker auf den einzelnen Beitrag abstellen zu wollen. Nachdem man aber beispielsweise auch readktionelle Beiträgen in Anzeigenblätter nicht unbedingt als Werbung qualifiziert, erscheint das Abstellen auf den Schwerpunkt der Betätigung des Influencers nicht unproblematisch.

Vermutlich werden diese Fragestellungen die Gerichte noch eine Weile beschäftigen, jedenfalls solange bis eine höchstrichterliche, grundsätzliche Klärung erfolgt ist.

posted by Thomas Stadler at 15:21  

18.10.18

LG Bochum: Datenschutzverstöße können nicht als Wettbewerbsverstöße geahndet werden

Nach bisheriger Rechtsprechung wurden datenschutzrechtliche Vorschriften häufig als sog. Markverhaltensregeln im Sinne von § 3a UWG angesehen, mit der Folge, dass der Verstoß gegen Normen des Datenschutzrechts in der Regel zugleich auch als Wettbewerbsverstoß verfolgt werden konnte.

Seit Geltung der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) gibt es einen juristischen Streit darüber, ob die Vorschriften der Art. 77 bis 84 DSGVO abschließend sind und wettbewerbsrechtliche Ansprüche von Mitbewerbern ausschließen. Dieser Auffassung hat sich jetzt das Landgericht Bochum (Urteil vom 07.08.2018, Az.: I-12 O 85/18) angeschlossen.

Ob sich diese Ansicht durchsetzen wird, wage ich zu bezweifeln. Die Vorschriften der Art. 77 ff. DSGVO regeln ausschließlich die Rechte von betroffenen Personen und mögen insoweit auch abschließend sein. Die betroffene Person ist in Art. 4 Nr. 1 DSGVO legaldefiniert. Drittbetroffene fallen nicht darunter. Die Rechte von mittelbar Betroffenen, die beispielsweise in ihrer Funktion als Wettbewerber beeinträchtigt werden, regelt die DSGVO also nicht, weshalb es sich insoweit auch nicht um eine abschließende Regelung handeln kann. Der Sinn und Zweck der DSGVO besteht auch nicht darin, den bisherigen Rechtsschutz  einzuschränken. Insoweit ist auch zu berücksichtigen, dass die Rechtsprechung des EuGH wenig Neigung zeigt, Vorschriften des EU-Rechts in einer Weise auszulegen, die ihre effektive Rechtsdurchsetzung einschränkt. Der EuGH wird sich daher schwerlich einer Auslegung anschließen, die den Datenschutz im Ergebnis schwächt. Er präferiert vielmehr eine Auslegung, bei der sich das Unionsrecht am wirkungsvollsten durchsetzt.

Man sollte daher ein einzelnes landgerichtliches Urteil nicht überbewerten, auch wenn es sich auf die Ansicht Köhlers stützen kann, der zu den bekanntesten deutschen Wettbewerbsrechtlern zählt. Die Kollegen Löffel Abrar haben sich mit dem Thema ausführlicher beschäftigt.

posted by Stadler at 19:43  

4.11.17

Preisvergleichsportale müssen auf Provisionsvereinbarungen hinweisen

Preisvergleichsportale müssen nach einer aktuellen Entscheidung des BGH (Urteil vom 27.04.2017, Az.: I ZR 55/16) darauf hinweisen, dass ihr Preisvergleich nur solche Anbieter erfasst, die sich für den Fall eines Vertragsschlusses zur Zahlung einer Provision an den Anbieter verpflichtet haben. Dieser Umstand stellt nach Ansicht des Bundesgerichtshofs eine wesentliche Information im Sinne des § 5a Abs. 2 UWG dar.

Nach § 5a Abs. 2 Satz 1 UWG handelt unlauter, wer im konkreten Fall unter Berücksichtigung aller Umstände dem Verbraucher eine wesentliche Information vorenthält, die dieser je nach den Umständen benötigt, um eine informierte geschäftliche Entscheidung zu treffen (Nr. 1), und deren Vorenthalten geeignet ist, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte (Nr. 2).

posted by Stadler at 20:45  

2.11.17

Rechtliche Anforderungen an das Influencer-Marketing

Viele Unternehmen investieren mittlerweile nennenswerte Teile ihres Werbebudgets in das sog. Influencer-Marketing. „Influencer“ mit reichweitenstarken Profilen in sozialen Netzen wie YouTube oder Instagram werben hierbei für Produkte und Services von Unternehmen. Diese Werbeform beschäftigt mittlerweile, wegen Verschleierung des werblichen Charakters, auch zunehmend die Gerichte, wie zwei aktuelle Entscheidungen zeigen.

Das Landgericht Hagen hat mit Urteil vom 13.09.2017 (Az.: 23 O 30/17) den Hinweis auf Produkte auf Instagram samt Verlinkungen auf die Unternehmenswebsites untersagt, wenn nicht kenntlich gemacht wird, dass es sich um Werbung handelt. Das OLG Celle hat die Drogeriemarktkette Rossmann mit Urteil v. 08.06.2017 (Az. 13 U 53/17) zur Unterlassung eines nicht ausreichend gekennzeichneten Instagram Postings eines von Rossmann bezahlten Influencers verurteilt. Den Hashtag #ad am Ende des Postings hat das Oberlandesgericht als nicht ausreichend betrachtet.

Grundsätzlich muss Werbung in Deutschland eindeutig als solche gekennzeichnet sein. Der rechtliche Rahmen hierfür ergibt sich im Bereich des Internets aus dem UWG, dem TMG und dem Rundfunkstaatsvertrag (RStV).

Nach § 5a Abs. 6 UWG handelt unlauter, wer den kommerziellen Zweck einer geschäftlichen Handlung nicht kenntlich macht, sofern sich dieser nicht unmittelbar aus den Umständen ergibt, und das Nichtkenntlichmachen geeignet ist, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte. Nach § 5a Abs. 4 UWG gelten als wesentliche Informationen im Sinne des UWG auch solche Informationen, die dem Verbraucher auf Grund unionsrechtlicher Verordnungen oder nach Rechtsvorschriften zur Umsetzung unionsrechtlicher Richtlinien für kommerzielle Kommunikation einschließlich Werbung und Marketing nicht vorenthalten werden dürfen. In § 6 TMG sind die besonderen Informationspflichten bei kommerzieller Kommunikation aus der E-Commerce-Richtlinie umgesetzt. Die Vorschrift besagt, dass kommerzielle Kommunikation klar als solche zu erkennen sein muss. Darüber hinaus verbietet das UWG in der Nr. 11 der sog. schwarzen Liste (Anhang zu § 3 Abs. 3 UWG) den vom Unternehmer finanzierten Einsatz redaktioneller Inhalte zu Zwecken der Verkaufsförderung, ohne dass sich dieser Zusammenhang aus dem Inhalt oder aus der Art der optischen oder akustischen Darstellung eindeutig ergibt (als Information getarnte Werbung).

Darüber hinaus ist für journalistisch-redaktionell gestaltete Internetangebote in § 58 Abs. 1 RStV normiert, dass Werbung als solche klar erkennbar und vom übrigen Inhalt der Angebote eindeutig getrennt sein muss. Dieses Trennungsgebot verbietet die Vermischung von redaktionellem Content und Werbung.

Wer als Unternehmer rechtskonformes Influencer-Marekting betreiben will, muss in der Vertragsgestaltung mit dem Influencer und/oder der Agentur, die den Influencer vermittelt, darauf achten, den Influencer zu verpflichten, die Werbung klar als solche zu kennzeichnen und auch deutlich von redaktionellen Inhalten zu trennen.

posted by Stadler at 20:41  
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