Til Schweiger, brachial wie eh und eh
Das Landgericht Saarbrücken hat einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung, der sich gegen den Schauspieler Til Schweiger richtete, mit Urteil vom 23. November 2017 (Az.: 4 O 328/17) zurückgewiesen. Die Entscheidung hat ein enormes mediales Echo erzeugt. Schweiger hat eine private Nachricht einer Frau, die ihm via Facebook-Messenger geschrieben hatte, mitsamt des Profilbilds der Frau auf seine Facebookseite gestellt. Das Landgericht Saarbrücken hat das im Ergebnis für zulässig gehalten. In der Pressemitteilung des Landgerichts heißt es zur Begründung:
Das Gericht hält zwar den Vorwurf einer Verletzung des Persönlichkeitsrechts für berechtigt, weil der Inhalt privater Nachrichten unabhängig von dem gewählten Kommunikationsweg grundsätzlich nicht an die Öffentlichkeit weitergegeben werden dürfe. Die Kammer sieht den Eingriff in das Persönlichkeitsrecht allerdings durch das Informationsinteresse und das Recht des Beklagten auf Meinungsfreiheit gedeckt. Die Klägerin habe sich mit ihrer Äußerung über ein großes soziales Netzwerk an den prominenten Beklagten gewandt, um an einer in der Öffentlichkeit geführten kontroversen Debatte teilzunehmen. Dabei habe sie sich ihrerseits nicht neutral verhalten, sondern Kritik am Beklagten geäußert und sich zudem auf eine Behauptung des Beklagten gestützt, die nicht erwiesen werden konnte. Die Klägerin habe sich deshalb ebenfalls der öffentlichen Diskussion und der in diesem Zusammenhang geäußerten Kritik, etwa durch Kommentare auf Facebook, stellen müssen. Dabei habe der Beklagte auch den Namen der Klägerin veröffentlichen dürfen. Maßgebend hierfür sei, dass die Klägerin ihrerseits vor der Veröffentlichung durch den Beklagten unter Angabe ihres vollständigen Namens an die Öffentlichkeit gegangen sei, nämlich in einem Internet-Forum mit ca. 25.000 Mitgliedern.
Die Pressemitteilung deutet bereits auf ein fehlerhaftes Sachverhaltsverständnis der Kammer hin. Es bleibt unklar, was uns die Kammer mit dem Hinweis sagen will, die Klägerin habe sich über ein großes soziales Netzwerk an Schweiger gewandt. Es ist ganz augenscheinlich so, dass die Klägerin den Facebook-Messenger gewählt hat, also den Weg einer privaten, nicht öffentlichen, direkten Kommunikation.
Wer eine solche Kommunikation unter Nennung des Namens und Übernahme des Profilbildes des Betroffenen in den öffentlichen Teil von Facebook zerrt, noch dazu wenn man eine Reichweite wie ein Til Schweiger hat, greift in die Privatssphäre des Betroffenen ein, was regelmäßig unzulässig ist, es sei denn, es liegt beispielsweise ein überwiegendes Informationsinteresse vor. Nachdem die betroffene Frau keine „Public Figure“ ist, besteht kein erkennbares Informationsinteresse, ihre privaten Äußerungen, seien sie auch politischer Natur, an die Öffentlichkeit zu zerren. Auch der Ansatz der Kammer, die Frau sei Schweiger nicht neutral entgegengetreten, sonst hätte ihrerseits Kritik geübt, deutet auf ein falsches Rechtsverständnis hin. Dieser Aspekt kann im Rahmen der gebotenen Abwägung selbst dann keine Rolle spielen, wenn die Frau den Schauspieler beleidigt hätte, was nicht der Fall war. Denn die Ahndung privater, rechtsverletzender Äußerungen ist Sache der Gerichte, während der Weg der öffentlichen Anprangerung, den Til Schweiger gewählt hat, eher ein Indiz für die Unzulässigkeit eines derartigen Vorgehens darstellt. Gerade der Umstand, dass Schweiger gezielt eine Prangerwirkung erzeugt, um die Frau lächerlich zu machen, spricht im Rahmen der vorzunehmenden Abwägung gegen die Zulässigkeit der Veröffentlichung.
Bleibt also die Frage zu klären, ob sich die Betroffene ihrer Rechte selbst entledigt hat, indem sie den Vorgang in einer geschlossenen Facebookgruppe mit 25.000 Mitgliedern zur Diskussion gestellt hat und sich damit selbst, wie die Kammer meint, in die Öffentlichkeit begeben hat. Dieser Aspekt ist sicherlich abwägungsrelevant, kann aber meiner Ansicht nach nicht dazu führen, dass das Informationsinteresse die Persönlichkeitsrechte der Betroffenen überwiegt. Zunächst ist eine geschlossene Facebookgruppe, selbst dann wenn sie 25.000 Mitglieder hat und die Zugangshürden sehr niedrig sein mögen, nicht unbedingt öffentlich. Die Inhalte sind nicht allgemein abrufbar und können über gängige Suchtools nicht gefunden werden. Demgegenüber hat Schweiger die Inhalte auf seine Facebook-Seite mit 1,1 Millionen Abonnenten gepostet und damit eine sowohl qualitativ als auch quantitativ den Zugang zu einer ganz anderen ungleich größeren Öffentlichkeit eröffnet.
Hinzu kommt, dass Til Schweiger auch das Profilbild der Frau gepostet hat, was eine Verletzung der Rechte am eigenen Bild darstellt. Dieser Verstoß gegen § 22 KUG wäre selbst dann nicht gerechtfertigt gewesen, wenn Schweiger den Text hätte posten dürfen. Mit diesem Aspekt befasst sich das Gericht, jedenfalls soweit aus der Pressemitteilung ersichtlich, nicht.