Der große Liberale Burkhard Hirsch schreibt in der Wochenendausgabe der Süddeutschen Zeitung über „Das Ende der Zuschauerdemokratie“ und erweist sich einmal mehr als scharfsinniger Beobachter der politischen Entwicklung.
Dass sich im Moment die politischen Spielregeln ändern und sich die Politik in Zukunft nicht nur wie bisher mit Lobbyisten, sondern vor allen Dingen auch mit dem Bürger beschäftigen muss, haben noch nicht alle erkannt.
posted by Stadler at 16:01
Das Deutschlandradio Kultur hat mich gestern zu dem Konflikt Niggemeier vs. Neven DuMont interviewt und auch nach dem dahinterstehenden Spannungsverhältnis von Meinungsfreiheit und Datenschutz gefragt. Das Interview ist als MP3 verfügbar.
Zu diesem Themenkreis passt auch der Vorschlag eines Gesetzes zur Regulierung personenbezogener Internetdatenveröffentlichungen des Unabhängige Landeszentrums für Datenschutz Schleswig-Holstein (ULD).
posted by Stadler at 15:48
Kommentare deaktiviert für Recht auf Gegenschlag?
Polittheater der Extraklasse bieten Bundesregierung und Bundestag derzeit bei der Frage der sog. Button-Lösung. Die SPD hatte im Sommer einen Gesetzesentwurf eingebracht, den der Rechtsausschuss des Bundestags am 27.10.2010 mit den Stimmen der Regierungskoalition abgelehnt hat. Heute, also nur zwei Tage später, stellt das BMJ einen eigenen Gesetzesentwurf vor, mit dem ebenfalls die sog. Button-Lösung eingeführt werden soll. Beide Gesetzesvorschläge sehen eine Ergänzung von § 312e BGB vor und unterscheiden sich zwar im Wortlaut aber nicht inhaltlich. Denn beide Entwürfe sehen vor, dass im Falle der Nichterteilung eines ausdrücklichen Hinweises auf Entgeltlichkeit und Gesamtkosten der Vertrag unwirksam bzw. nichtig ist.
Die Bundesregierung lehnt also einen Gesetzesentwurf der Opposition ab, um der Öffentlichkeit zwei Tage später einen inhaltlich gleichen Gesetzesentwurf vorzustellen.
In der Sache halte ich die Button-Lösung für ein fragwürdiges Vorhaben, dessen praktischer Nutzen zweifelhaft ist. Die Überschrift „Internetabzocke wirksam bekämpfen„, könnte falsche Hoffnungen wecken. Denn die Abofallenbetreiber halten sich ja auch bislang nicht an die Gesetze und ich frage mich, weshalb die neue Regelung hieran etwas ändern sollte.
posted by Stadler at 14:49
Unter dem bewusst spekulativen Titel „Das Ende der Störerhaftung im Internet“ gehe ich in einem aktuellen Aufsatz für AnwaltZertifikatOnline der Frage nach, ob die Rechtsprechung des BGH, wonach die Haftungsprivilegierungen des TMG nicht für Unterlassungsansprüche gelten, im Lichte der neueren Rechtsprechung des EuGH noch aufrecht erhalten bleiben kann. Der Aufsatz wird voraussichtlich nur kurze Zeit als kostenlose Leseprobe online sein.
posted by Stadler at 10:10
Die Hartplatzhelden haben nach zwei Niederlagen in den Instanzen in der Frage, ob der Württembergische Fußball-Verband ihnen verbieten kann, Videos von Amateuerfußballspielen im Internet zu zeigen, das Endspiel für sich entscheiden können. Der Bundesgerichtshof hat die Urteile des Landgerichts und des OLG Stuttgart aufgehoben und die Klage des Verbandes abgewiesen. (Urteil vom 28. Oktober 2010 Az.: I ZR 60/09).
In der Pressemitteilung des BGH wird zur Begründung u.a. ausgeführt:
Der Bundesgerichtshof hat ein ausschließliches Verwertungsrecht des klagenden Verbandes verneint und die Klage dementsprechend abgewiesen. Maßgeblich dafür war, dass die Veröffentlichung der Filmausschnitte entgegen der Ansicht des Oberlandesgerichts keine nach § 4 Nr. 9 Buchst. b UWG unlautere Nachahmung eines geschützten Leistungsergebnisses darstellt. Die vom Kläger erbrachte Leistung der Organisation und Durchführung der Fußballspiele bedarf im Übrigen nach Ansicht des Bundesgerichtshofs keines solchen Schutzes. Der Kläger kann sich über die ihm angehörigen Vereine eine entsprechende wirtschaftliche Verwertung der Fußballspiele in seinem Verbandsgebiet dadurch hinreichend sichern, dass Besuchern der Fußballspiele Filmaufnahmen unter Berufung auf das Hausrecht untersagt werden. Unter diesen Umständen hat der BGH ein besonderes Ausschließlichkeitsrecht von Sportverbänden auch unter den weiteren vom Kläger herangezogenen Gesichtspunkten verneint.
posted by Stadler at 17:14
Über die Novellierung des Jugendmedienschutz-Staatsvertrages wird nunmehr noch in den letzten Landesparlamenten abgestimmt, u.a. in Nordrhein-Westfalen. Dass sich SPD und Grüne dort vor dem Regierungswechsel gegenüber dem JMStV kritisch bis ablehnend geäußert haben, zählt bekanntlich nicht viel. Man will den Staatsvertrag offenbar durchwinken.
Auf dem Server des Landtags finden sich bereits die ersten Stellungnahmen zu einer am 04.11.2010 stattfindenden Ausschussanhörung. Es bleibt zu hoffen, dass im Hinblick auf die fragwürdige „freiwillige“ Alterskennzeichnung für Websites die wirklich relevanten Bedenken nochmals zur Sprache kommen. Die Hoffnung darauf, dass das derzeitige von Über- und Fehlregulierung geprägte Jugendmedienschutzkonzept generell auf den Prüfstand kommt, habe ich aber eigentlich aufgegeben.
posted by Stadler at 15:44
Kommentare deaktiviert für JMStV: Der letzte Akt
Seit einigen Monaten wird über eine sog. Button-Lösung im E-Commerce diskutiert. Es gibt hierzu bereits einen Gesetzesentwurf der SPD, die Bundesregierung hat ebenfalls einen Gesetzesentwurf angekündigt. Justizminsterin Leutheusser-Schnarrenberger fordert zusätzlich eine europaweite Button-Lösung.
Die Vorstellung hinter dieser Button-Lösung ist die, dass ein Vertrag im Internet nur noch dann wirksam geschlossen werden kann, wenn der Verbraucher einen deutlichen Hinweis auf die Entgeltlichkeit und die Kosten erhält und dies durch Klick auf einen entsprechenden Button ausdrücklich bestätigt.
Es ist nun aber keineswegs so, dass das Gesetz nicht bereits jetzt verlangen würde, den Verbraucher auf die Kostenpflichtigkeit und den Preis der Leistung deutlich hinzuweisen. Entsprechende gesetzliche Pflichten ergeben sich z.B. aus § 312c Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 246 § 1 Abs. 1 Nr. 7 EGBGB und aus § 1 PAngV.
Die einzige Neuerung besteht allenfalls darin, dass nunmehr die Wirksamkeit des Vertrages ausdrücklich daran geknüpft werden soll, dass ein solcher Button angeklickt wird.
Man muss ergänzend auch erwähnen, dass der Verbraucher zusätzlich über das bestehende Widerrufsrecht bei Fernabsatzverträgen geschützt ist, so dass er vermeintliche Vertragserklärungen anschließend auch vorsorglich widerrufen kann, was sich im Zweifel auch immer empfiehlt.
Letztlich wird es stets um die Frage gehen, ob ein deutlicher Hinweis auf die Entgeltlichkeit und das Widerrufsrecht erfolgt ist oder nicht. Diese Diskussion wird sich nunmehr nur auf die Frage verlagern, ob der Button vorhanden war oder eben nicht.
Fraglich bleibt aber auch wie andere Formen des Vertragsschlusses erfasst werden sollen, wie z.B. der per E-Mail.
Insgesamt haben wir es einmal mehr mit einem politischen Vorstoß zu tun, der die Verbraucher beruhigen soll, aber in der Sache wenig bringt.
posted by Stadler at 14:30
Das Landgericht Hamburg hatte in einer neuen Entscheidung (Urteil vom 08.10.2010, Az.: 308 O 710/09) über die Höhe des Schadensersatzes in Fällen des Filesharing zu befinden und diesen mit 15 EUR pro Musiktitel eher niedrig festgesetzt. Die Klägerinnen hatte 300 EUR pro Titel gefordert. Hierbei ist allerdings zu berücksichtigen, dass die Werke bereits 4 Jahre alt waren und das Gericht deshalb nicht mehr von einer übermäßig hohen Nachfrage ausgegangen ist. Andererseits waren Werke der bekannten Künstler Rammstein und Westernhagen betroffen.
Zur Bezifferung des Schadens nach den Grundsätzen der Lizenzanalogie hat das Landgericht auf den GEMA-Tarif VR-OD 5 (Nutzung von Werken im Wege des Music-on-Demand zum privaten Gebrauch) sowie auf den Einigungsvorschlag der Schiedsstelle beim Deutschen Patent- und Markenamt vom 05.05.2010 im Schiedsstellenverfahren zwischen dem BITKOM und der GEMA, zurückgegriffen. Dem werden sich sicherlich nicht alle Gerichte anschließen wollen, zumal in diesen Fällen von anderen Gerichten eine Nutzung in gewerblichem Ausmaß angenommen wird.
Interessant an der Entscheidung ist zudem, dass der ebenfalls als Anschlussinhaber verklagte Vater des Tauschbörsennutzers nicht zur Zahlung von Schadensersatz verurteilt wurde, weil ihn das Gericht nicht als Täter oder Teilnehmer angesehen hat, obwohl er nach Ansicht des Landgerichts als Störer Prüfpflichten verletzt hatte.
posted by Stadler at 18:17
Vor einigen Tagen habe ich über das Spannungsverhältnis von Datenschutz und Meinungsfreiheit gebloggt. Heute hat das Unabhängige Landeszentrums für Datenschutz Schleswig-Holstein (ULD) ein Gesetz zur Regulierung personenbezogener Internetdatenveröffentlichungen vorgeschlagen, durch das als neue Form der Datenverarbeitung das „Veröffentlichen“ eingeführt werden soll. Der Entwurf des ULD sieht hierzu u.a. die Schaffung einer neuen Vorschrift (§ 29a BDSG) vor, die wie folgt lauten soll:
Veröffentlichung
(1) Das Veröffentlichen personenbezogener Daten in Telemedien ist zulässig, wenn dies dem Zweck dient, eine Meinung frei zu äußern und zu verbreiten und kein Grund zu der Annahme besteht, dass das überwiegende schutzwürdige Interesse der Betroffene am Ausschluss der Veröffentlichung überwiegt.
(2) Ein schutzwürdiges Interesse besteht bei besonderen Arten personenbezogener Daten nach § 3 Abs. 9, wenn nicht im Einzelfall das Interesse an der Veröffentlichung offensichtlich überwiegt.
(3) Ein schutzwürdiges Interesse besteht, wenn der Betroffene gegenüber der verantwortlichen Stelle widerspricht, es sei denn, die verantwortliche Stelle legt dem Betroffenen gegenüber das überwiegende Interesse an einer Veröffentlichung dar. Die Darlegung nach Satz 1 kann in der Form des vom Betroffenen erklärten Widerspruchs oder schriftlich erfolgen.
(4) Betroffene können ihre Datenschutzrechte gegenüber dem verantwortlichen Telemedien-Diensteanbieter elektronisch an die nach § 5 Absatz 1 Nr. 2 Telemediengesetz zu nennende Stelle richten. Wird die Beschwerde nicht unverzüglich beantwortet, so verletzt die weitere Veröffentlichung schutzwürdige Betroffeneninteressen. Kann die verantwortliche Stelle nicht die Richtigkeit der Daten nachweisen, so tritt neben die Löschungs- und Sperransprüche nach § 35 ein Anspruch auf Hinzufügung einer eigenen Darstellung von angemessenem Umfang. § 57 Abs. 3 Rundfunkstaatsvertrag zu Gegendarstellungen ist sinngemäß anzuwenden.
(5) Die Veröffentlichung von personenbezogenen Daten aus allgemein zugänglichen Quellen hat zu unterbleiben, wenn der entgegen stehende Wille des Betroffenen aus dieser Quelle oder auf andere Weise eindeutig erkennbar ist. Der Empfänger von veröffentlichten Daten hat sicherzustellen, dass Kennzeichnungen bei der Übernahme übernommen werden.
(6) Beabsichtigt ein Telemedien-Diensteanbieter die Veröffentlichung von personenbezogenen Daten zu mehr als 1000 oder von einer unbestimmten Zahl von Personen, so hat er dies auf einer beim Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit eingerichteten Internetseite vorher unter Nennung der Datenart und der Quelle bekanntzugeben.
(7) Verantwortliche Stellen, die personenbezogene Daten veröffentlichen, können diese mit einem Löschdatum versehen. Werden diese Daten von einer anderen verantwortlichen Stelle übernommen, so ist bei der weiteren Veröffentlichung und der sonstigen Verarbeitung das jeweilige Löschdatum zu berücksichtigen.
Der Grundansatz dieser Idee ist zwar zu begrüßen, die inhaltliche Ausgestaltung erscheint aber nicht angemessen und gerade auch im Lichte von Art. 5 GG fragwürdig. Denn diese Regelung beinhaltet in seinem Absatz 3 ein Widerspruchsrecht im Einzelfall. Das bedeutet, dass jederman zunächst Veröffentlichungen zu seiner Person und damit auch seiner Meinung widersprechen kann und die verantwortliche Stelle dann im Einzelfall gegenüber dem Betroffenen reagieren muss und ein überwiegendes Interesse darzulegen hat.
Ein solches Prozedere würde Veröffentlichungen mit Personenbezug erheblich erschweren und sogar die Gefahr begründen, dass man z.B. als Blogger von solchen Veröffentlichungen absieht, weil einem das Risiko eines Widerspruchs und der damit einhergehende Aufwand zu hoch ist. Ich halte diesen Vorschlag daher nicht mit Art. 5 GG für vereinbar. Die Abwägung ist hier deutlich zu Lasten der Meinungsfreiheit ausgestaltet. M.E. sollte man die Veröffentlichung von personenbezogenen Daten die im Zuge einer Berichterstattung oder öffentlichen Kundgabe einer Meinung erfolgt, überhaupt nicht an den Vorgaben des BDSG messen, sondern allein im Rahmen der Abwägung zwischen Persönlichkeitsrecht und Meinungsfreiheit.
posted by Stadler at 12:30
Der BGH hat mit Urteil vom 19.05.2010 (Az.: I ZR 140/08) den alten Meinungsstreit, ob einer (wettbewerbsrechtlichen) Abmahnung eine Originalvollmacht beizulegen ist, weil sie andernfalls nach § 174 Abs. 1 BGB zurückgewiesen werden kann, entschieden. Zumindest dann, wenn die Abmahnung mit einer (vorformulierten) Unterlassungserklärung und damit dem Angebot zum Abschluss eines Unterlassungsvertrags verbunden wird, kommt § 174 Abs. 1 BGB nicht zur Anwendung. Die Vorlage einer Originalvollmacht ist laut BGH in den typischen Abmahnfällen, denen regelmäßig eine Unterlassungserklärung beiliegt, also nicht geboten. Die Abmahnung kann nicht zurückgewiesen werden.
posted by Stadler at 17:10