Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

29.10.10

Polittheater um die Button-Lösung

Polittheater der Extraklasse bieten Bundesregierung und Bundestag derzeit bei der Frage der sog. Button-Lösung. Die SPD hatte im Sommer einen Gesetzesentwurf eingebracht, den der Rechtsausschuss des Bundestags am 27.10.2010 mit den Stimmen der Regierungskoalition abgelehnt hat. Heute, also nur zwei Tage später, stellt das BMJ einen eigenen Gesetzesentwurf vor, mit dem ebenfalls die sog. Button-Lösung eingeführt werden soll. Beide Gesetzesvorschläge sehen eine Ergänzung von § 312e BGB vor und unterscheiden sich zwar im Wortlaut aber nicht inhaltlich.  Denn beide Entwürfe sehen vor, dass im Falle der Nichterteilung eines ausdrücklichen Hinweises auf Entgeltlichkeit und Gesamtkosten der Vertrag unwirksam bzw. nichtig ist.

Die Bundesregierung lehnt also einen Gesetzesentwurf der Opposition ab, um der Öffentlichkeit zwei Tage später einen inhaltlich gleichen Gesetzesentwurf vorzustellen.

In der Sache halte ich die Button-Lösung für ein fragwürdiges Vorhaben, dessen praktischer Nutzen zweifelhaft ist. Die Überschrift „Internetabzocke wirksam bekämpfen„, könnte falsche Hoffnungen wecken. Denn die Abofallenbetreiber halten sich ja auch bislang nicht an die Gesetze und ich frage mich, weshalb die neue Regelung hieran etwas ändern sollte.

posted by Stadler at 14:49  

6 Comments

  1. Absurdes Theater. Aber die Abgeordneten haben sowieso keine Zeit: der FDP-Abgeordnete Jimmy Schulz zum Beispiel, lässt zu, dass seine Parteigenossin im BMJ das Zugangserschwerungsgesetz boykottiert und trotz gesetzlichem Zwang nicht tätlich Sperrlisten vom BKA übermittelt werden. Rechtstreue der Regierung interessiert den Abgeordneten aber nicht, da er sich dringend darum kümmern muss, dass Abgeordnete im Plenarsaal auch für Tablett-PCs Schleichwerbung machen dürfen, für die sie sich von anonymen Spendern beschenken lassen: http://twitpic.com/31vcb5

    Was juckt bei solch wichtigen Fragen wie dem Tablett-PCs für Jimmy Schulz dann noch die irdische Frage der Gesetzgebung für Buttons?

    Comment by Jan Dark — 29.10, 2010 @ 15:38

  2. Unabhängig von der Sinnhaftigkeit der Lösung zeigen sich hier wieder einmal die traurig wahren Motive einer politischen Klasse deren einzige Handlungsmaxime PR zu sein scheint.

    Comment by runatthesun — 29.10, 2010 @ 15:43

  3. Ok, Button hin oder her, ich denke eine gewisse Hinweisfunktion und damit weniger Abschlüsse liesse sich darüber schon erreichen.

    Vor allem: Was soll denn die Alternative sein?

    Was wir eigentlich brauchen ist ein wirksamer, außergerichtlicher Kostenerstattungsanspruch gegen die Inkassobüros und Anwälte bei der massenweisen Geltendmachung offensichtlichen unbegründeter Forderungen. Dann hätte sich das Geschäftsmodell schnell erledigt, rein wirtschaftlich.

    Comment by Cannotcareless — 29.10, 2010 @ 16:39

  4. Eine Verbraucherschutz-Webseite hat das ganze mal analysiert.

    Viele Faktoren spielen eine Rolle warum gerade in Deutschland diese Abzocke so ausgeprägt ist:

    http://www.antispam.de/news/?/archives/285-Deutschland-ist-ein-Abzockerparadies.-Wie-kommt-das.html

    Vorsicht! Viel Text

    Comment by Dotzinger — 29.10, 2010 @ 17:01

  5. Dass hier nur eine Anpassung des §312e BGB – der in seiner jetzigen Form für das Gros der „Internetabzocker“ eigentlich ausreichend ist – vorgesehen ist, halte ich für wenig zielführend und blanken Aktionismus.
    Das Problem ist ja nicht die tatsächliche gerichtsfeste Wirksamkeit des Vertrags, sondern dass die Bürger so eingeschüchtert werden durch die Betreiber und ihre Inkassounternehmen, dass sie die relative kleinen Summen lieber zahlen, als es auf einen Rechtsstreit ankommen zu lassen.
    Ich hatte gehofft, dass das BMJ hier im Bereich des Strafrechts aktiv würde, also für solche Angebote einen Straftatbestand des Internetbetrugs feststellen würde. Sicher ist hier die Grenzziehung nicht einfach, aber irgendeine Kanzlei wird sich doch schon finden, die hier ein geeignetes Gesetz schreiben könnte

    Comment by Codago — 1.11, 2010 @ 10:19

  6. Ich gehe auch davon aus, dass die vorgesehene Nichtigkeitsfolge nichts bringen wird.

    Eine Idee der Bundesregierung ist ausweislich der Gesetzesbegründung aber auch, dass Verstöße gegen die „Button-Pflicht“ als Wettbewerbsverstöße verfolgt werden können. Eine solche „Sanktion“ kann ja ganz effektiv sein. Allerdings ist die Regierung dabei m. E. auf dem Holzweg, denn ein Verstoß gegen die „Button-Pflicht“ würde tatsächlich keinen Wettbewerbsverstoß darstellen. Eine solche Folge wäre nämlich mit dem Vollharmonisierungsanspruch der UGP-Richtlinie nicht vereinbar.

    Das scheint übrigens auch die Bundesregierung erkannt zu haben, weshalb sie parallel auch auf eine gemeinschaftsrechtliche Regelung drängt.

    Comment by Thomas Nuthmann — 12.11, 2010 @ 17:59

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